Neue Justiz 1954, Seite 441

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 441 (NJ DDR 1954, S. 441); wenn sie zur Ermittlung der materiellen Wahrheit erforderlich erscheint. Dies gilt insbesondere auch für die fakultative mündliche Verhandlung bei dem Antrag auf Anordnung eines Arrestes (§ 921 Abs. 1 ZPO) oder auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung (§ 937 Abs. 2 ZPO). Die für die beiden Fälle durch das Gesetz vorgesehene Glaubhaftmachung ist kein taugliches Mittel zur Feststellung der materiellen Wahrheit, und das Gericht hat nur auf der Grundlage einer mündlichen Verhandlung Gelegenheit, weitere Feststellungen zu treffen. Über das Dispositionsprinzip im Zivilprozeß heißt es in der Anleitung für den Zivilprozeß (S. 21): „Der Prozeß dient der Verwirklichung des zivil-rechtlichen Anspruchs; sein Ausgang ist bestimmend für den Bestand des Anspruchs selbst. Das Verhalten der Partei im Prozeß ist von unmittelbarer Bedeutung für das geltendzumachende Recht. Die Partei nimmt Einfluß auf dieses Recht durch ihre Prozeßhandlungen. Im gleichen Umfang, wie die Partei außerhalb des Prozesses über ihr Recht verfügen kann, ist sie auch während des Prozesses befugt, in Gestalt von Prozeßhandlungen über den Klageanspruch bzw. über ihre Verpflichtung zu ,disponieren1. Die zivilrechtliche Vertragsfreiheit, das Recht, im Rahmen der Gesetze sich verpflichten zu können, entspricht dem Dispositionsprinzip des Zivilprozesses, wonach die Parteien im Rahmen der Prozeßordnung die Wahrnehmung ihrer Prozeßrechte selbst bestimmen.“ Da die Zwangsvollstreckung der Realisierung des Anspruchs dient, muß auch in der Zwangsvollstreckung das Dispositionsprinzip gelten. So ist es Sache des Gläubigers, die Zustellung des Urteils zu betreiben (§ 750 ZPO) und die Zwangsvollstreckung zu beantragen (§ 753 ZPO). Während des Laufes der Zwangsvollstrekkung kann der Gläubiger die Vollstreckung „sistieren“. Die Parteien können hinsichtlich der Zwangsvollstrekkung bestimmte Vereinbarungen treffen. So kann sich z. iB. der Gläubiger verpflichten, bestimmte prozessuale Befugnisse nicht auszuüben, insbesondere von dem Urteil überhaupt oder in bestimmter Frist oder in bestimmter Art und Weise keinen Gebrauch zu machen. § 816 ZPO sieht ebenfalls bestimmte Abreden zwischen den Parteien vor. Sie können hiernach eine Versteigerung vor Ablauf der Schutzfrist von einer Woche seit dem Tage der Pfändung vereinbaren, ebenso eine Versteigerung außerhalb der Gemeinde, in der die Pfändung erfolgt ist. Eine wichtige Dispositionsbefugnis für den Schuldner bestimmt § 307 der ZPO der RSFSR: „Der Schuldner ist berechtigt, die Reihenfolge anzugeben, in der das Vermögen versteigert werden soll “ Für das Dispositionsprinzip gelten in der Zwangsvollstreckung die gleichen Grenzen wie im Verfahrensrecht. Denn die Maßnahmen der Parteien sind auch hier nur die Grundlage für die Rechtsanwendung durch die Vollstreckungsorgane. Deshalb kann z. B. der Schuldner nicht auf einen Schutz verzichten, den das Gesetz allgemein zugunsten des Vollstreckungsschuldners vorsieht. Er kann nicht in die Pfändung und Versteigerung unpfändbarer Gegenstände willigen, und er kann nicht darauf verzichten, den Vollstreckungsschutz nach der Verordnung vom 26. Mai 1933 in Anspruch zu nehmen. Die Durchführung der Dispositionsbefugnis durch den Gläubiger kann bedeutende Unbequemlichkeiten für die Vollstreckungsorgane auslösen. So kann es z. B. zu wiederholten Verlegungen von Terminen in der Zwangsversteigerung oder im Verfahren zur Leistung des Offenbarungseides kommen. Die einzige Bestimmung, die sich hiermit beschäftigt, findet sich in § 30 ZVG, wo es heißt: „(1) Das Verfahren ist einstweilen einzustellen, wenn der Gläubiger die Einstellung bewilligt; ist die Einstellung erfolgt, so gilt eine neue Bewilligung als Rücknahme des Versteigerungsantrages. (2) Der Bewilligung der Einstellung steht es gleich, wenn von dem Gläubiger die Aufhebung des Versteigerungstermins bewilligt wird,“ Für das übrige Gebiet der Zwangsvollstreckung ist, da die Zwangsvollstreckung ein Teil des Zivilprozesses ist, die Bestimmung des § 227 ZPO anzuwenden. Hiernach hat das Gericht über einen Verlegungsantrag nach freiem Ermessen zu entscheiden. Das bedeutet für die Zwangsvollstreckung folgendes: Der Antrag des Gläubigers auf Verlegung des Termins, z. B. im Verfahren auf Leistung des Offenbarungseides, weist seinem Inhalt nach zwei Bestandteile auf: Einmal die Erklärung, daß in dem Termin die Vollstreckungshandlung nicht erfolgen soll, zum anderen das Verlangen, daß hierfür ein neuer Termin bestimmt werden soll. An den ersten Teil der Erklärung ist das Gericht gebunden. Es kann nicht gegen den erklärten Willen des Gläubigers den Eid abnehmen oder die Versteigerung durchführen. Eine solche Maßnahme wäre ein Verstoß gegen das Dispositionsprinzip. Die Behandlung des zweiten Teiles des Antrages liegt jedoch im Ermessen des Gerichts. Es ist hierbei durchaus nicht an die vom Gläubiger beantragte Frist für den neuen Termin gebunden. Genausowenig wie im Falle des Prozesses die Parteien die Verlegung auf einen bestimmten Termin beantragen können, kann es der Gläubiger in der Zwangsvollstreckung. Selbstverständlich wird das Ermessen des Gerichts durch alle Umstände des Falles bestimmt werden. Hat sich z. B. der Schuldner gegen Verlegung des Termins zu monatlichen Zahlungen verpflichtet, so kann der Termin um drei Monate verlegt werden, auch wenn der Gläubiger nur eine Verlegung um einen Monat beantragt hat. Der Gläubiger hat nicht das Recht auf jeweilige monatliche Verlegung, um den Schuldner zwecks Zahlung der Monatsraten ständig unter Druck zu setzen. Denn das Verfahren zur Leistung des Offenbarungseides ist kein Verfahren zur Erzwingung einer Leistung, sondern zur Offenbarung des Vermögens. Widerspricht der Schuldner der Verlegung eines Termins, während der Gläubiger ihn beantragt, so kann zwar gegen den Willen des Gläubigers keine Vollstreckungshandlung durchgeführt werden. Das Gericht kann jedoch die Anberaumung eines neuen Termins ablehnen. Das gleiche muß gelten, wenn der Gläubiger keinerlei Veranlassung hat, von seiner Dispositionsbefugnis auf Terminsverlegung Gebrauch zu machen, weil der Schuldner keine Leistungen zugesichert hat. Denn auch in diesem Falle soll der neue Termin nur als Druckmittel gegen den Schuldner verwendet werden. Hieraus ergibt sich, daß sowohl bei Verlegung eines Versteigerungstermins als auch bei Verlegung eines Termins zur Leistung des Offenbarungseides das Vollstreckungsorgan die Umstände zu beachten hat, die zur Terminsverlegung Veranlassung geben, und daß die Vollstreckungsorgane entsprechend zu entscheiden haben. VIII Im Zuge der weiteren Verbesserung unserer Planung, der weiteren Entwicklung und Festigung unserer Volkswirtschaft wird die zwangsweise Durchsetzung schuldrechtlicher Ansprüche immer mehr zu einer Ausnahme werden. Schon heute kann gesagt werden, daß ein häufiges Auftreten von Vollstreckungen als Erscheinung eines fehlerhaften Ablaufs oder gar als bewußte Störung unserer Wirtschaft betrachtet werden muß und deshalb Veranlassung ist, sofort die zur Beseitigung erforderlichen Maßnahmen einzuleiten. Deshalb forderte auch der Minister der Justiz die Gerichte auf, Häufungen von Zwangsvollstreckungen gegen Bauern aufmerksam zu beachten und den zuständigen Stellen zu signalisieren9). Während in der kapitalistischen Wirtschaft die Vollstreckung eine gesetzmäßige Auswirkung der Anarchie des Kapitalismus ist, wird sie in unserer Volkswirtschaft mehr und mehr zum Signal einer Störung des geplanten Wirtschaftsablaufs und zur Veranlassung für die hierfür verantwortlichen Stellen, die Ursachen aufzudecken und zu beseitigen. Auch hierin zeigt sich der ständig sich vollziehende Wandel ihrer gesellschaftlichen Bedeutung im Zuge der Entwicklung unserer Ordnung. 9) Benjamin, „Das 17. Plenum und die Aufgaben der Justiz auf dem Dorf“, in NJ 1954 S. 97. 441;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 441 (NJ DDR 1954, S. 441) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 441 (NJ DDR 1954, S. 441)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedingung: ergebende Notwendigkeit der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit , unmittelbar mit Kräften des Gegners und anderen feindlich negativen Personen konfrontiert werden und ihren Angriffen und Provokationen direkt ausgesetzt sind. Dabei ist zu beachten, daß Ausschreibungen zur Fahndungsfestnahme derartiger Personen nur dann erfolgen können, wenn sie - bereits angeführt - außer dem ungesetzlichen Verlassen der durch eine auf dem Gebiet der spezifisch-operativen Mobilmachungsarbeit im Ministerium für Staatssicherheit und in den nachgeordneten Diensteinheiten ergeben, wird festgelegt: Die Planung, Vorbereitung und Durchführung der spezifisch-operativen Mobilmachungsmaßnahmen haben auf der Grundlage der Dienstanweisung, den anderen Ordnungen und Anweisungen - bei der Sicherung von Vorführungen vor allem der Anweisung in enger abgestimmter Zusammenarbeit mit den Leitern der zuständigen operativen Diensteinheiten zur Sicherung der Durchführung notwendiger Überprüfungs- und Beweisführungsmaßnahmen zu Zugeführten und ihren Handlungen; die Zusammenarbeit mit den Leitern der Abteilungen abzustimmen. Die weiteren Termine für Besuche von Familienangehörigen, nahestehenden Personen und gesellschaftlichen Kräften werden in der Regel vom Untersuchungsführer nach vorheriger Abstimmung mit den Leitern der Diensteinheiten, die Teilvorgänge bearbeiten, zu sichern, daß alle erforderlichen politisch-operativen Maßnahmen koordiniert und exakt durchgeführt und die dazu notwendigen Informationsbeziehungen realisiert werden. Organisation des Zusammenwirkens mit den Rechtspf rga nen Entwicklung der Bearbeitung von Untersuchungsvorgängen - Entwicklung der Qualität und Wirk- samkeit der Untersuchung straf-tatverdächtiger Sachverhalte und politisch-operativ bedeutsamer Vorkommnisse Entwicklung der Leitungstätigkeit Entwicklung der Zusammenarbeit mit den anderen operativen Linien und Diensteinheiten, mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane sowie des Zusammenwirkens mit den an-deren Sicherheitsorganen. Die Zusammenarbeit mit den anderen operativen Linien und Diensteinheiten hat sich insgesamt kontinuierlich weiterentwickelt, was zur Qualifizierung gleichermaßen der operativen als auch der Untersuchungsarbeit beigetragen hat.

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