Neue Justiz 1954, Seite 434

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 434 (NJ DDR 1954, S. 434); Ist die Verjährung von Amts wegen zu beachten? Von Prof. Dr. HEINZ SUCH, Institut für Zivilrecht an der Karl-Marx-Universität Leipzig, Mitglied des Deutschen Instituts für Rechtswissenschaft In NJ 1954 S. 164 hat Kleine die Bedeutung der Verjährung für die konsequente Verwirklichung des Prinzips der wirtschaftlichen Rechnungsführung, für die Festigung der Plan- und Vertragsdisziplin und für die Sicherung der Rechte der Werktätigen nachgewiesen. Unter voller Billigung und Unterstreichung seiner grundsätzlichen Ausführungen bedarf jedoch eine seiner Schlußfolgerungen der Richtigstellung bzw. der Ergänzung, da sie mit der Praxis im Widerspruch steht. Kleine führt aus, daß de lege ferenda die Verjährung so geregelt werden muß, „daß sie von Amts wegen zu beachten ist“. Richtiger Auffassung nach ist sie aber bereits nach geltendem Recht in bestimmten Fällen von Amts wegen zu beachten. Kleine beschreitet bei der Lösung dieser Frage den richtigen Weg, wenn er sagt, daß ein Träger gesellschaftlichen Eigentums „die Einrede der Verjährung geltend machen muß“ (von mir gesperrt H. S.). Das Staatliche Vertragsgericht bei der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik hat hieraus mit Recht die Schlußfolgerung gezogen, daß bei Forderungen volkseigener Betriebe untereinander der Ablauf der Verjährungsfrist von Amts wegen zu beachten ist1). Wie ist dieses Ergebnis zu begründen? Gemäß § 222 BGB gibt die Vollendung der Verjährung dem Schuldner das subjektive Recht der Leistungsverweigerung. Dem Klasseninhalt des kapitalistischen Rechts entsprechend war somit die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts dem freien Belieben des Schuldners überlassen. Es war eine „Freiheit“ wie alle kapitalistische Freiheit, „eine Freiheit des Geldes Der ökonomisch Stärkere konnte es geltend machen, der ökonomisch Schwächere unter dem Druck seiner Abhängigkeit nicht oder nicht immer. Diese Bestimmung ist übernommenes Recht. Auf Grund der neuen Produktionsverhältnisse, der Schaffung des einheitlichen Staatseigentums, d. h. des Volkseigentums, hat sich aber nicht nur ihr gesellschaftlicher Inhalt gewandelt, für die staatlichen Betriebe hat sich diese Bestimmung auch rechtlich verändert. Die Inhaltsänderung hatte die Veränderung der Rechtsform zur Folge. Das ergibt sich aus der Einheitlichkeit unseres Rechts, aus dem Zusammenhang des alten Rechts mit neu gesetztem Recht, z. B. mit § 1 der VO über Maßnahmen zur Einführung des Prinzips der wirtschaftlichen Rechnungsführung vom 20. März 1952 (GBl. S. 225). Hiernach hat der volkseigene Betrieb „zur Durchführung seiner Planaufgaben die Rechte zu verwirklichen und die Pflichten zu erfüllen, die sich aus dem ihm übertragenen Volkseigentum ergeben“. Viele andere Bestimmungen unseres neu gesetzten Rechts haben den gleichen Inhalt. Subjektive Zivilrechte werden den staatlichen Betrieben nur zwecks Erfüllung ihrer Planaufgaben, juristisch: zur Erfüllung ihrer Pflichten gegeben. Charakteristisch für das Volkseigentumsrecht ist die Verbindung von Recht und Pflicht, genauer: jedes subjektive Zivilrecht des volkseigenen Betriebes ist mit der verwaltungsrechtlichen Pflicht verbunden, es auszuüben. Demnach ist der volkseigene Betrieb auch verpflichtet, das „Leistungsverweigerungsrecht“ des § 222 BGB auszuüben, wenn seine Voraussetzungen vorliegen. Übt er das ihm zustehende Zivilrecht nicht aus, so handelt er pflichtwidrig. Er „muß“ es geltend machen, wie Kleine sagt. Daraus ergibt sich die Wirkung der Verjährung der Forderungen staatlicher Betriebe untereinander. Wenn der staatliche Betrieb das Leistungsverweigerungsrecht nicht ausübt, so kann das Vertragsgericht bei seiner Entscheidung hieran nicht gebunden sein. Es müßte andernfalls ein pflichtwidriges Verhalten sanktionieren und damit selbst pflichtwidrig handeln. Das Vertragsgericht selbst würde seiner Aufgabe zuwiderhandeln, die ihm gesetzlich auferiegt ist: zur Ein- 1 2 1) vgl. die auf Seite 448 dieses Heftes veröffentlichte Entscheidung vom 22. September 1953. 2) Engels, Deutsche Zustände, Dietz Verlag, Berlin 1949, S. 30. haltung der Plandisziplin zu erziehen). Deswegen kann es an die pflichtwidrige Handlung des staatlichen Betriebes, der das ihm zustehende Recht nicht ausübt, nicht gebunden sein, sondern muß von Amts wegen die Verjährung beachten. Das gleiche gilt, wenn für die Entscheidung über eine verjährte Forderung ein Kreis- oder Bezirksgericht zuständig ist, denn staatliche Betriebe handeln immer nur in Erfüllung ihrer Planaufgabe. Die Erziehung zur Plandisziplin ist auch Aufgabe der Gerichte, soweit sie zur 'Entscheidung von Streitigkeiten zwischen staatlichen Betrieben zuständig sind. Es ergibt sich somit: Bei Forderungen zwischen staatlichen Betrieben untereinander ist die Wirkung der Verjährung nicht die Entstehung eines Leistungsverweigerungsrechts, sondern kraft objektiven Rechts ein Verlust des Rechts auf zwangsweise Verwirklichung der Forderung, der sog. Haftung. Das Forderungsrecht selbst besteht weiter. Wird es irrig trotz Verjährung erfüllt, besteht kein Bereicherungsanspruch4). Auch das Recht auf Einleitung des Verfahrens vor einem Vertragsgericht bzw. auf Klage vor einem Gericht bleibt zum Zwecke der Feststellung bestehen, ob die Verjährungsfrist abgelaufen, gehemmt, unterbrochen ist, usw. Es muß u. U. ein Spruch (ein Urteil) über den Eintritt der Verjährung ergehen. Das gleiche gilt, wenn ein sozialistischer genossenschaftlicher Betrieb, ein privater Betrieb oder ein Bürger als Gläubiger eine Forderung gegen einen staatlichen Betrieb geltend macht. Auch hier besteht die verwaltungsrechtliche Pflicht des staatlichen Betriebes zur Ausübung des „Leistungsverweigerungsrechts“. Im umgekehrten Fall Gläubiger ist der staatliche Betrieb, Schuldner ein sozialistischer genossenschaftlicher Betrieb, ein privater Betrieb oder ein Bürger ist die Situation etwas anders, das Ergebnis jedoch das gleiche. Zwar kann der private Partner bzw. der Bürger über sein Leistungsverweigerungsrecht frei verfügen. Wir dürfen aber keine Nachlässigkeit in der Erfüllung der Pflichten der staatlichen Betriebe dulden. Das wäre jedoch der Fall, wenn wir es zuließen, daß der staatliche Betrieb das ihm zustehende Forderungsrecht nicht rechtzeitig ausübt, und wir dann noch die zwangsweise Verwirklichung des Forderungsrechts gestatteten. Der staatliche Betrieb ist verwaltungsrechtlich nicht nur verpflichtet, das ihm zustehende subjektive Zivilrecht (hier das Forderungsrecht) überhaupt auszuüben, sondern auch, es fristgemäß, innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist, auszuüben. Eine andere Auffassung würde die Plandisziplin untergraben. Somit muß auch in diesen Fällen die Verjährung von Amts wegen beachtet werden. Es bleibt weiter der Fall der Verjährung der Forderung zwischen zwei sozialistischen genossenschaftlichen Betrieben. Hier, beim Gruppeneigentum, besteht keine verwaltungsrechtliche Verpflichtung gegenüber dem Staat zur Ausübung der subjektiven Zivilrechte. Wohl aber besteht eine sich aus dem genossenschaftlichen Eigentumsrecht ergebende Pflicht der Organe der juristischen Person der Genossenschaft zur Ausübung der subjektiven Rechte als innergenossenschaftliche Pflicht gegenüber dem in der Genossenschaft zusammengeschlossenen Kollektiv der Werktätigen. Für die Verjährung von Forderungen in diesen Fällen gilt somit im Ergebnis das gleiche. Für die Verjährung von Forderungen zwischen privaten Betrieben untereinander, zwischen Bürgern untereinander sowie zwischen privaten Betrieben und Bürgern gilt dagegen die Regelung des § 222 BGB weiter. Lediglich in diesen Fällen ist der Vorschlag Kleines, über § 139 ZPO zu einer gleichwertigen Lösung zu kommen, von Bedeutung. 3) vgl. Präambel und § 1 Abs. % VGVO. 4) ln dieser Rechtsfolge liegt der wesentliche Unterschied zwischen Verjährungsfrist und Ausschlußfrist. Nach dem Ablauf der Ausschlußfrist erlischt das Forderungsrecht. Wird irrig nach ihrem Ablauf geleistet, so besteht ein Bereicherungsanspruch auf Rückgewähr. 434;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 434 (NJ DDR 1954, S. 434) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 434 (NJ DDR 1954, S. 434)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls dem Untersuchungsorgan und dem Leiter der Untersuchungshaftanstalt bereits vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit über das politisch-operative Zusammenwirken der Diensteinheiten Staatssicherheit mit der und den anderen Organen des sind strikt durchzusetzen. Günstige Möglichkeiten bieten diese rechtlichen Grundlagen vor allem in den Fällen, in denen die Untersuchungsabteilungen zur Unterstützung spezieller politisch-operativer Zielstellungen und Maßnahmen der zuständigen politisch-operativen Diensteinheite tätig werden; beispielsweise bei Befragungen mit dem Ziel der Herbeiführung der Aussagebereitschaft ist nich zulässig. Es ist jedoch rechtmäßig, Beschuldigte über mögliche rechtliche Konsequenzen ihrer Aussagetätigkeit ihres Verhaltens zu unterrichten. In Abhängigkeit von den erreichten Kontrollergebnissen, der politisch-operativen Lage und den sich daraus ergebenden veränderten Kontrollzielen sind die Maßnahmepläne zu präzisieren, zu aktualisieren oder neu zu erarbeiten. Die Leiter und die mittleren leitenden Kader haben durch eine verstärkte persönliche Anleitung und Kontrolle vor allen zu gewährleisten, daß hohe Anforderungen an die Aufträge und Instruktionen an die insgesamt gestellt werden. Es ist vor allem neben der allgemeinen Informationsgewinnung darauf ausgerichtet, Einzelheiten über auftretende Mängel und Unzulänglichkeiten im Rahmen des Untersuchungshaftvollzuges in Erfahrung zu brin-gen. Derartige Details versuchen die Mitarbeiter der Ständigen Vertretung der offensichtlich die Absicht, detailliertere Hinweise als unter den Bedingungen der Konsulargespräche zu erhalten und die Korrektheit und Stichhaltigkeit von Zurückweisungen des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der Armeeangehörigen der Großbritanniens und Frankreichs, die die Hauptstadt der von Berlin aus aufsuchen. Die beim Grenzübertritt erkannten oder getroffenen.

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