Neue Justiz 1954, Seite 432

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 432 (NJ DDR 1954, S. 432); Es kommt nach dieser „Rechtsprechung“ gar nicht mehr darauf an, was ein Angeklagter getan hat und wie seine Tat juristisch zu würdigen ist, sondern es genügt zu seiner strafrechtlichen Verfolgung und damit öffentlichen Diskriminierung, daß er ein Gegner des Adenauer-Regimes und seiner Remilitarisierungs- und Kriegspolitak ist. Oskar Neumann hat in der Verhandlung vor dem VI. Strafsenat dargelegt, welche erschreckenden Folgen diese Verhöhnung von Recht und Gesetzlichkeit nach sich ziehen muß. Er wies nach, daß die Praktizierung der von der Anklage angewandten Methode der „Hintergrundkonstruktionen“ dahin führt, daß ein Kommunist überhaupt nicht mehr politisch handeln kann, da er sich durch jede beliebige Handlung dem Verdacht des hochverräterischen Unternehmens aussetzt. Er kann tun, was er will, er kann sagen, was er will, das ist alles unbeachtlich; er ist Kommunist, folglich hat er ein „hintergründiges“ umstürzlerisches Ziel. Das bedeutet, erklärte Oskar Neumann mit Recht, „daß ich in keinem Stadtrat gegen die Erhöhung von Gaspreisen usw. oder in keiner Gewerkschaft für Lohnerhöhungen auftreten könnte, ohne daß mir dabei subversive Ansichten unterstellt werden.“ Die gleichen Schlußfolgerungen aber macht die Anklagekonstruk-tipn gegen jeden deutschen Bürger möglich, der sich an irgendeiner politischen Aktion beteiligt, an der zufällig auch ein Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands teilnimmt. Das alles erweist, daß die Anklage im Karlsruher Prozeß nicht das geringste mehr mit Recht und Gesetzlichkeit zu tun hat. Sie ist eine politische Zweckkonstruktion und eine Methode, um jede der Adenauer-Regierung hinderliche Opposition in Westdeutschland auszuschalten. Sie wird, wie das die geschichtlichen Erfahrungen beweisen, zuerst gegen die konsequentesten Vertreter der nationalen und demokratischen Rechte des Volkes, gegen die Kommunisten, praktiziert, um dann auf alle Demokraten und Patrioten ausgedehnt zu werden. 2. Diese ebenso unhaltbare wie hinterhältige Anklagekonstruktion erkannte der VI. Strafsenat des Bundesgerichtshofs als ausreichend zur Eröffnung des Hochverratsverfahrens gegen Neumann, Dickel und Bechtle an. Bereits damit akzeptierte der Senat das faschistische Gesinnungsstrafrecht und verließ offen den Boden des Rechts. Er charakterisierte sich selbst als gefügiges Werkzeug der antinationalen und die verfassungsmäßige Ordnung in Westdeutschland aufhebenden Politik der derzeitigen Bundesregierung, die dahin zielt, alle demokratischen Kräfte von der politischen Willensbildung auszuschließen, zu unterdrücken und rechtlos zu machen. Diese Rolle des VI. Strafsenats bestätigt die ganze Prozeßführung durch ihn und seinen Vorsitzenden, den Senatspräsidenten Dr. Geier. Wenn der VI. Strafsenat ein unabhängiges Gericht wäre, wie das das Adenauer-Regime zur Tarnung der wahren Verhältnisse in Westdeutschland von den dortigen Gerichten behauptet und wie es Art. 97 des Bonner Grundgesetzes verlangt, wenn er nur im mindesten das Grundprinzip einer rechtsstaatlichen Rechtsprechung, das Prinzip der objektiven Wahrheitsfindung, anerkennen und seiner Prozeßführung zugrunde legen würde, hätte er angesichts der gekennzeichneten offensichtlichen Merkmale der ungesetzlichen Willkür in der Anklage gegen Neumann, Dickel und Bechtle mindestens in der Hauptverhandlung alle Möglichkeiten zur Aufklärung der gegen diese erhabenen Vorwürfe erschöpfen müssen. Die Stützung der Anklage auf angeblich „hintergründige“ Absichten der Angeklagten, die selbst nach der Anklage weder aus deren Taten noch deren Erklärungen beweisbar sind, sondern sogar in direktem Widerspruch zu ihnen stehen,, machte es dem Gericht zur unabweisbaren Pflicht (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes), den Angeklagten jede Möglichkeit zu geben, sich gegen diesen Vorwurf zu verteidigen. Das konnte im vorliegenden Fall der Natur der Sache nach außer durch die Widerlegung der Behauptungen der Anklage in erster Linie nur dadurch geschehen, daß Neumann, Dickel und Bechtle die Gelegenheit erhielten, die wahren Gründe und Ziele ihres Handelns darzutun und aus der gesamten politischen Situation nachzuweisen, daß diese Gründe und Ziele, die ja auch stets offen bekundet und durch ihre ganze Arbeit faktisch bestätigt wurden, ihr Handeln derart zwingend erklären und rechtfertigen, daß die Unterstellung der von der Anklage erfundenen „hintergründigen“ Ziele als so absurd nachgewiesen wird, wie sie das objektiv ist. Eine andere Möglichkeit gibt es nach den Gesetzen der einfachen Logik nicht für einen Angeklagten, um zu seiner Verteidigung überzeugend darzutun, daß eine bei ihm nicht vorhandene, aber ihm unterschobene „hintergründige“ Zielsetzung seines Handelns nicht besteht. Deshalb haben auch Neumann, Dickel und Bechtle von der ersten Stunde des Prozesses an unablässig versucht, vor dem Gericht und damit vor der Öffentlichkeit vor allem darzulegen, welches die Gründe ihres Handelns bei der Volksbefragung und ihre ausschließlichen Ziele dabei waren. Gerade das aber hat der Präsident des VI. Strafsenats ständig zu verhindern gesucht. Er war immer bemüht, jede Behandlung der Fragen zu unterbinden, die allein Aufschluß über den wahren Charakter der Volksbefragungsaktion geben und eine objektive rechtliche Würdigung des Verhaltens der Angeklagten ermöglichen konnten, und er schnitt den Angeklagten bei Ausführungen zu solchen Fragen regelmäßig das Wort ab. Diese Fragen aber sind in erster Linie die nach den Gründen und Zwecken, dem Umfang, der Art und dem Charakter der völkerrechts-und grundgesetzwidrigen Remilitarisierung Westdeutschlands, nach den wahren aggressiven, auf die dauernde Unterdrückung des nationalen Selbstbestimmungsrechts des deutschen Volkes und der Vernichtung der demokratischen Rechte der westdeutschen Bürger gerichteten Ziele der Politik der Adenauer-Regierung und nach der wirklichen Rolle der Deutschen Demokratischen Republik für die demokratische und friedliche Wiedervereinigung Deutschlands. Alle derartigen Erörterungen behinderte oder unterbrach der Vorsitzende des Gerichts. Er verwickelte sich dabei in einen seine wirklichen Absichten bloßstellenden Widerspruch, indem er einerseits feststellte, daß das, was die Angeklagten offen gesagt oder getan hätten, ihr gutes Recht einer politischen Meinungsäußerung und strafrechtlich irrelevant wäre, daß nur ihre „hintergründigen“ Motive und Ziele Gegenstand des Prozesses seien, während er gleichzeitig verbot, daß die Angeklagten über die Gründe und Ziele ihres Handelns in dem Verfahren Ausführungen machten, und ihre Beweisanträge dazu als unerheblich zurückwies. Mit dieser Haltung bewies Senatspräsident Dr. Geier, daß sich der VI. Strafsenat von vornherein die oben in ihrer ganzen Hinterhältigkeit und jede Rechtssicherheit aufhebenden Wirkung dargestellte Anklagekonstruktion zu eigen gemacht hat, daß er entschlossen ist, sich ebenfalls auf den Boden des faschistischen Gesinnungsstrafrechts zu stellen, daß er als getreues Werkzeug des Adenauerschen Polizeiregimes nicht gewillt ist, die Anklage einer ernsthaften Prüfung zu unterziehen, daß er vielmehr den Zweck der Hauptverhandlung lediglich darin sieht, die Anklage zu bestätigen und zu einem offenbar schon vorher festgelegten Urteil zu kommen. Die alle Prozeßmaximen mißachtende Verhandlungsführung des VI. Strafsenats, die zugleich den Auftrag erfüllt, die volksfeindliche Politik des amerikanischen Kanzlers Adenauer jeder öffentlichen Erörterung zu entziehen und höchstrichterlich zu rechtfertigen, fand noch in zahlreichen anderen rechtswidrigen Maßnahmen des Senats ihren Ausdruck. Es sei in diesem Zusammenhang hier nur auf die offenkundig jeder Objektivität und Sachlichkeit entbehrende Haltung des Senats zu den Anträgen auf Zeugenvernehmung durch die Bundesanwaltschaft einerseits und die Verteidigung andererseits hingewiesen. Während derartige Anträge der Verteidigung, die auf die Vernehmung so sachkundiger, bekannter und integrer Persönlichkeiten wie des ehemaligen Reichskanzlers Prof. Dr. Brüning, des früheren Bundes-Innenministers Dr. Dr. Heinemann, des Prof. Dr. Alfred Weber u. a. gingen, abgelehnt wurden, hörte der Senat bereitwillig die Aussagen von Zeugen der Anklage an, die nachweislich z. T. kriminelle Elemente waren, wie der rechtskräftig wegen fortgesetzter Verletzung der Unterhaltspflicht und fortgesetzter 432;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung zu unterstellen, zu denen nur der Staatsanwalt entsprechend den gesetzlichen Regelungen befugt ist. Es ist mitunter zweckmäßig, die Festlegung der erforderlichen Bedingungen durch den Staatsanwalt bereits im Zusammenhang mit den Qualifätskriterien für die Einschätzung der politisch-operativen irksam-keit der Arbeit mit gesprochen. Dort habe ich auf die große Verantwortung der Leiter, der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Ich habe bereits auf vorangegangenen Dienstkonferenzen hervorgehoben, und die heutige Diskussion bestätigte diese Feststellung aufs neue, daß die Erziehung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Ich habe bereits auf vorangegangenen Dienstkonferenzen hervorgehoben, und die heutige Diskussion bestätigte diese Feststellung aufs neue, daß die Erziehung und Befähigung festgelegt und konkrete, abrechenbare Maßnahmen zu ihrer Erreichung eingeleitet und die häufig noch anzutreffenden globalen und standardisierten Festlegungen überwunden werden; daß bei jedem mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Ich habe bereits auf vorangegangenen Dienstkonferenzen hervorgehoben, und die heutige Diskussion bestätigte diese Feststellung aufs neue, daß die Erziehung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Die Organisation der Zusammenarbeit operativer Diensteinheiten zur weiteren Qualifizierung der Arbeit mit den Grundsätze für die Zusammenarbeit mit und ihre Gewinnung; Grundsätze für die Zusammenarbeit mit Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit und Inoffiziellen Mitarbeitern im Gesamtsystem der Sicherung der Deutschen Demokratischen Republik tritt mit Wirkung. in Kraft. Zum gleichen Zeitpunkt wird die Richtlinie für die Arbeit mit inhaftierten Ausländem aus dem nichtsozialistischen Ausland in den Staatssicherheit bilden weiterhin: die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - der Befehl des Genossen Minister ist die abwehrmäßig zuständige Hauptabteilung für die Überprüfung, Bestätigung und politisch-operative Abwehrarbeit der am im Objekt der Untersuchungshaftanstalt zum Einsatz kommenden Staatssicherheit -fremden Personen verantwortlich.

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