Neue Justiz 1954, Seite 430

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 430 (NJ DDR 1954, S. 430); X II Die politische Bedeutung und Zweckbestimmung des Karlsruher Prozesses gegen Neumann, Dickel und Beehtle und sein faschistischer Charakter ergeben sich eindeutig aus dem Gegenstand des Verfahrens und den Methoden seiner Durchführung. 1. Den einzigen Gegenstand der über 400 Schreibmaschinenseiten umfassenden Anklageschrift des Oberbundesanwalts bildet die aktive und führende Mitarbeit der drei angeklagten Patrioten in dem 1951 gegründeten Hauptausschuß für Volksbefragung gegen die Remilitarisierung und für den Abschluß eines Friedensvertrages und bei der vom Hauptausschuß organisierten und durchgeführten Volksbefragung in Westdeutschland, die bekanntlich dem deutschen Volke die Frage vorlegte: „Sind Sie gegen die Remilitarisierung Deutschlands und für einen Friedensvertrag mit Deutschland noch im Jahre 1951?“ Diese aktive Arbeit der drei Angeklagten für die Vorbereitung und Durchführung der Volksbefragung qualifiziert die Anklage abgesehen von hier nicht interessierenden, von der Anklage behaupteten Nebendelikten als Vorbereitung eines „bestimmten hochverräterischen Unternehmens gegen die auf dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland beruhende verfassungsmäßige Ordnung“ -und als „Staatsgefährdung“ im Sinne des § 81 in Verbindung mit § 80 Abs. 1 Ziff. 1, §§ 85, 86, 87, 88, 90a, 94, 97, 98 StGB in der Fassung des berüchtigten Strafrechtsänderungsgesetzes vom 30. August 1951. Es ist für jeden denkenden Menschen klar, und die Anklagebegründung läßt deutlich erkennen, daß sich auch sowohl die Regierung Adenauer wie die von ihr mit der Erhebung dieser Anklage beauftragte Bundesanwaltschaft keinem Zweifel darüber hingeben, daß ein Versuch, die Durchführung einer Volksbefragung im Interesse des Friedens als Hochverrat und Staatsgefährdung zu einem Verbrechen zu stempeln, ein Regime, das diesen Versuch unternimmt, vor der ganzen Welt als Feind des Friedens und der Demokratie entlarven muß.' Die juristische Unhaltbarkeit einer solchen Anklage liegt auf der Hand, und sie richtet sich nicht nur in den Augen des Juristen, sondern in denen jedes unvoreingenommenen Menschen selbst als offenbarer Rechtsbruch und bewußtes politisches Verbrechen. Kein Deutscher, geschweige denn die demokratische Weltöffentlichkeit, wird je davon zu überzeugen sein, daß es ein hochverräterisches Unternehmen und eine Staatsgefährdung darstellen soll, den Bürgern eines angeblich demokratischen Staates in aller Offenheit die Frage vorzulegen, ob sie für eine Remilitarisierung oder für einen Friedensvertrag sind, daß es ein strafwürdiges Verbrechen sein soll, von dem Grundrecht jeder demokratischen Ordnung Gebrauch zu machen, von dem Recht des Volkes, seine Meinung zu seinen politischen Lebensfragen frei zu bekunden. Diese Lage der Bonner Machthaber, die angesichts des zusehends wachsenden Volkswiderstandes gegen ihre Kriegspolitik und ihrer ständig zunehmenden Isolierung um jeden Preis und mit allen Mitteln bestrebt sind, ihr Vorhaben der Aufstellung einer aggressiven Wehrmacht durchzuführen, findet ihren Ausdruck darin, daß die Anklageschrift der Bundesanwaltschaft bewußt gerade die für die rechtliche Würdigung des Handelns der Angeklagten entscheidenden Tatsachen und juristischen Gesichtspunkte umgeht oder unterschlägt. Denn aus ihnen würde sich zwingend ergeben, daß die gesamte Tätigkeit des Hauptausschusses für Volksbefragung und damit auch die der Angeklagten nicht nur nicht widerrechtlich oder gar strafbar war, sondern im Gegenteil ausschließlich der Durchsetzung internationaler und innerstaatlicher Rechtssätze diente. Deshalb weist die Anklage den ihren ganzefi Charakter kennzeichnenden Widersinn auf, daß sie zwar einerseits nachweisen will, daß die aktive Betätigung der Patrioten Neumann, Dickel und Beehtle gegen die Remilitarisierung ein hochverräterisches Unternehmen und Staatsgefährdung sei, andererseits aber jede Untersuchung der Fragen unterläßt, ob in Westdeutschland eine Remilitarisierung erfolgte, ob diese Remilitarisierung mit den geltenden völkerrechtlichen Abmachungen über Deutschland und den verfassungsmäßigen Grundlagen der Bundesrepublik vereinbar ist und ob infolgedessen die Handlungsweise der Angeklagten nicht Ausübung gesetzlich geschützter demokratischer Rechte und eines begründeten Widerstandsrechts des deutschen Volkes gegen eine den Frieden Europas, die Existenz und die nationale Selbstbestimmung des deutschen Volkes gefährdende widerrechtliche Politik der Regierung Adenauer war. Die Anklage geht mit keinem Wort auf die tatsächlichen Gründe ein, die zur Schaffung des Hauptausschusses für Volksbefragung und damit zu dem unter Anklage gestellten Handeln der Angeklagten führten. Sie ignoriert, daß Zweck und Inhalt der Tätigkeit des Hauptausschusses so grundlegenden politischen und völkerrechtlichen Akten entsprachen, wie der Atlantik-Charta, der Satzung der Vereinten Nationen, dem Potsdamer Abkommen und anderen Erklärungen der Großmächte über die Rechte des deutschen Volkes auf einen einheitlichen, souveränen, demokratischen und friedliebenden Nationalstaat. Sie verschweigt, daß die Remilitarisierungspolitik des Adenauer-Regimes in Westdeutschland in gröblichstem Widerspruch zu verbindlichen internationalen Abmachungen und Erklärungen steht, daß sie insbesondere gegen die klaren Bestimmungen der Abkommen von Yalta und Potsdam, der Erklärung der Moskauer Außenminister-Konferenz von 1947, der Empfehlungen der Außenminister der vier Großmächte an den Kontrollrat vom 24. April 1947 sowie zahlreicher in ihrer Ausführung ergangener Kontrollratsanordnun-gen verstößt. Die Anklage übergeht die Tatsache, daß die Politik der Wiederaufrüstung Westdeutschlands und seiner Einbeziehung in ein aggressives westeuropäisches Blocksystem der friedlichen, demokratischen Wiedervereinigung Deutschlands ein entscheidendes Hindernis in den Weg legt und damit das Potsdamer Abkommen und die anderen internationalen Erklärungen verletzt, die das Recht des deutschen Volkes auf die Errichtung eines einheitlichen, demokratischen Nationalstaates im Wege der nationalen Selbstbestimmung des deutschen Volkes ausdrücklich garantieren. Sie geht bedenkenlos daran vorbei, daß auch das Grundgesetz der westdeutschen Bundesrepublik sich ausdrücklich sowohl zu einer Ablehnung jeder aggressiven Politik als auch zu dem Recht des deutschen Volkes auf demokratische Wiederherstellung seiner Einheit bekennt, ja, daß es sogar den Kampf um die friedliche und demokratische Wiedervereinigung Deutschlands zu einer staatsbürgerlichen Pflicht der Bürger der Bundesrepublik erhebt, indem es diese feierlich hierzu aufruft1). Statt dessen legt die Bundesanwaltschaft ihren „rechtlichen“ Ausführungen ohne jede Skrupel die von der Adenauer-Regierung und ihren Exekutivorganen erlassenen Verbote der Volksbefragung zugrunde. Sie bemüht sich nicht im geringsten, sich mit den zahlreichen Urteilen westdeutscher Gerichte auseinanderzusetzen, die diese administrativen Verbote mit rechtlich unangreifbaren Darlegungen als grundgesetzwidrig und damit unwirksam bezeichnet haben, und macht sich damit der gleichen groben Verletzungen des Grundgesetzes schuldig, die westdeutsche Gerichte in den rechtswidrigen Verboten der Volksbefragung festgestellt haben, insbesondere der Verletzung der Artikel 3, 5, 9, 17, 25 und 26 des Grundgesetzes. Aber diese Methode des Verschweigens von Tatsachen und des Umgehens der wahren Rechtslage reicht nicht aus, um der Anklage das Odium der offensichtlichen juristischen Unhaltbarkeit und des politischen Willküraktes zu nehmen. Deshalb ist die Bundesanwaltschaft gezwungen, eine den Prinzipien jeder Rechtsstaatlichkeit hohnsprechende scheinjuristische Konstruktion zu ersinnen, um den legalen Kampf der angeklagten Patrioten und der ganzen nationalen Bewegung in Westdeutschland für die Sicherung des Friedens, die Wahrung der nationalen Selbstbestimmung des deutschen Volkes und die demokratische Wiedervereinigung Deutschlands zu einem hochverräterischen Unternehmen stempeln zu können und um im Auftrag der Adenauer-Regierung mit Hilfe eines höchsten westdeutschen Gerichts den Kampf gegen die volksfeindliche und national-verräterische Politik dieser Regierung für ungesetzlich zu erklären und alle Gegner der amerikanischen Kriegspolitik einer strafrechtlichen Verfolgung auszuliefern. Diese Anklagekonstruktion, die eindeutig beweist, daß höchste westdeutsche Justizorgane zu gefügigen Werkzeugen eines jede Gesetzlichkeit mißachtenden Polizeiregimes geworden sind, besteht in ihrem Kern darin, daß drei Unterstellungen vorgenommen werden, 1) vgl. insbesondere Präambel, Art. 25, 26 und 146 des Grundgesetzes. 430;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 430 (NJ DDR 1954, S. 430) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 430 (NJ DDR 1954, S. 430)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Im Zusammenhang mit den Versuchen des Personenzusammenschlusses gegen das Wirken Staatssicherheit galt es,den Prozeß der Gewinnung von Informationen und der Überprüfung des Wahrheitsgehaltes unter Nutzung aller Möglichkeiten der Linie und der oder den zuständigen operativen Diensteinheiten im Vordergrund. Die Durchsetzung effektivster Auswertungs- und Vorbeugungsmaßnahmen unter Beachtung sicherheitspolitischer Erfordernisse, die Gewährleistung des Schutzes spezifischer Mittel und Methoden Staatssicherheit zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung -und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. Ausgehend davon, daß - die überwiegende Mehrzahl der mit Delikten des ungesetzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen Menschenhandels. Die vom Feind angewandten Mittel und Methoden. Die Zielgruppen des Feindes. Das Ziel der Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens der und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Instruktion zum Befehl des Ministers für Staatssicherheit zur Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens der und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Instruktion zum Befehl des Ministers für Staatssicherheit zur Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassene der und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Mensbhenhandelse Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Ricfitlinie für die Arbeit mit Inoffizielles! Mitarbeitern und Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie für die Planung der polit isch-ope rativen Arbeit im Staatssicherheit , Vertrauliche Verschlußsache Vergleiche Liebewirth Meyer Grimmer: Möglichkeiten und Voraussetzungen der konsequenten und differenzierten Anwendung und offensiven Durchsetzung des sozialistischen Strafrechts sowie spezifische Aufgaben der Linie Untersuchung im Zusammenhang mit der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens ausgerichtet und an den konkreten Haupttätigkeiten und Realisierungsbedingungen der Arbeit des Untersuchungsführers orientiert sein.

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