Neue Justiz 1954, Seite 426

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 426 (NJ DDR 1954, S. 426); mit anderen Institutionen, die ihre verbrecherische Tätigkeit organisieren, zu erkennen, d. h. nicht nur Tatfragen (quaestio facti) zu entscheiden, sondern auch eine richtige Analyse dieser Beziehungen vom Standpunkt der juristischen Doktrin, eine richtige juristische Qualifikation dieser verbrecherischen Tätigkeit zu geben, d. h. in entsprechender Weise auch die juristischen Fragen (quaestio iuris)' zu lösen.“3) Nachdem er dann auf verschiedene Lehrmeinungen eingegangen ist, äußert er weiter: „Man muß die Teilnahme vielmehr im weiteren Sinne des Wortes auffassen, d. h. als Gesamtheit der Handlungen vieler oder einiger Personen, die nicht nur das betreffende verbrecherische Resultat hervorgerufen haben, sondern auch in diesem oder jenem Maße oder Grad, auf direkte oder indirekte Weise, mittelbar oder unmittelbar das Eintreten des verbrecherischen Resultats, das das Endziel der verbrecherischen Tätigkeit ist, vorherbestimmt oder erleichtert haben“.4 5 6) Schließlich führt er aus: „Für den Begriff der Teilnahme ist nicht das Vorhandensein eines Kausalzusammenhanges, sondern eines Zusammenhanges der gegebenen Person mit dem begangenen Verbrechen überhaupt erforderlich. . In dieser Beziehung trifft die englische Doktrin eher zu. Nach englischem Recht wird derjenige als der Teilnahme schuldig erachtet, der, ohne daß er unmittelbar eine verbrecherische Handlung verübt hat und ohne daß er bei ihrer Ausführung anwesend war, doch auf diese oder jene Weise mit ihr verbunden ist. Dabei kann die Herstellung der Verbindung mit der Tat sich entweder auf die Zeit vor der Begehung des Verbrechens oder auf die nachfolgende Zeit beziehen.““) Hierzu ist zunächst zu bemerken, daß sich die Ausführungen Wyschinskis in allen von ihm gegebenen Beispielen auf die Fälle von Begünstigung, Nichtanzeige oder Gefangenenbefreiung beziehen. Obwohl Wyschinski von der Hehlerei nicht spricht, schließt er sie allerdings auch nicht ausdrücklich aus dem Kreis seiner Erwägungen aus. Hierzu hatte er auch keine Veranlassung, da sich aus dem Kern der Abhandlung ergibt, daß diese in keiner Weise auf die Hehlerei bezogen werden kann. Einmal gibt es nach sowjetischem Strafrecht keine selbständigen Straftatbestände für Begünstigung und Nichtanzeige. Diese werden vielmehr ganz allgemein als Formen der Teilnahme angesehenG), während die Hehlerei ein eigener Straftatbestand ist7). Zweitens aber spricht Wyschinski ausschließlich von Staatsverbrechen; seine Darlegungen beziehen sich nämlich auf den Prozeß gegen die Teilnehmer an dem „antisowjetischen und rechtstrotzkistischen Block“ (Bucharinprozeß). Es handelt sich also nicht um die Frage der Teilnahme an der Tat anderer, sondern um die der Teilnahme an der Verschwörung überhaupt. Wer aber an einer Verschwörung teilnimmt, ist nach unseren Gesetzen nicht Teilnehmer an einem Verbrechen anderer, sondern begeht selbst ein Verbrechen und ist als Mittäter nach dem Grade seiner Verantwortlichkeit zu bestrafen. Die Bemerkungen Wyschinskis zur Teilnahmelehre können also zur Stützung der Auffassung des Kammergerichts nicht verwendet werden. Ebenso unmöglich ist es anzunehmen, die Vortat wäre, solange die entwendete Sache nicht abgesetzt ist, noch nicht vollendet, da erst die Veräußerung der Beute den vom Vortäter beabsichtigten Erfolg herbeiführe. Ganz abgesehen davon, daß dann in allen Fällen, in denen der Täter die entwendete Sache nicht unmittelbar für sich selbst verwenden will, die Vortat vor der Weitergabe der Sache unvollendet also im Versuchsstadium steckengeblieben wäre, ist bei allen Vermögensdelikten, auf die sich ja die Hehlerei beziehen muß, das Gelingen oder Nichtgelingen der Verwertung der erlangten Sachen für die Tatbestandsmäßigkeit der Hand- s) Sowjetische Beiträge zur Staats- und Rechtstheorie, Verlag Kultur und Fortschritt, Berlin 1953, S. 101. 4) ebenda-S. 103. 5) ebenda S. 105/106. 6) Art. 17 und 18 des StGB der RSFSR. 7) Art. 164 und 164a des StGB der RSFSR. 426 lung nach unseren Strafgesetzen bedeutungslos. Es kann also auch zur Begründung der Auffassung, Hehlerei sei eine Form der Teilnahme, nicht mit der Erwägung operiert werden, die „Tatzielerreichung“ habe mit dem „juristischen“ Begriff der „Tatvollendung“ nichts zu tun, da es auf die „Tatzielerreichung“ bei den als Vortat in Betracht zu ziehenden Delikten nicht ankommt. Aber auch aus einem anderen Grunde kann die Hehlerei keine Teilnahme an der Vortat sein. Wer an der strafbaren Handlung eines anderen teilnimmt, nimmt an dem Angriff des anderen gegen ein von diesem verletztes Objekt teil, das durch unsere Rechtsordnung geschützt ist. Täter und Teilnehmer greifen also begriffsnotwendig das gleiche Objekt an. Richten sich die beiderseitigen Angriffe gegen verschiedene Objekte, so sind verschiedene Strafgesetze verletzt und demzufolge liegen auch verschiedene strafbare Handlungen vor; dann kann auch von einer Teilnahme nicht mehr gesprochen werden. Es erhebt sich also die Frage, ob die Hehlerei sich gegen dasselbe Objekt wie die Vortat, die ein Vermögensdelikt sein muß, richtet, ob also auch die Hehlerei ein Vermögensdelikt ist. Die Bestimmungen über die Hehlerei stehen zusammen mit denen über die Begünstigung im 21. Abschnitt des Strafgesetzbuchs. Nun geht zwar das StGB, das in seinem Kern aus dem Jahre 1870 stammt, weder im allgemeinen noch im Aufbau von den Erkenntnissen der demokratischen Strafrechtswissenschaft aus, es muß vielmehr mit dem Geist eines demokratischen Rechtsbewußtseins erfüllt werden; dadurch gewinnen seine Bestimmungen einen neuen, unseren gesellschaftlichen Verhältnissen entsprechenden Inhalt. Immerhin kann aber die Stelle einer Strafbestimmung im Gesetz überhaupt, auch die im StGB, Anhaltspunkt dafür sein, welche gesellschaftlichen Beziehungen durch sie geschützt werden sollen. Nach der Systematik unseres StGB gehört die Hehlerei jedenfalls nicht zu den Vermögensdelikten. Dies hat auch das Kammergericht in der vorstehenden Entscheidung insofern berücksichtigt, als es sie mit der Begünstigung zusammen betrachtet und beide Straftaten als Formen der Teilnahme am Verbrechen eines anderen ansieht. Schützen nun Begünstigung und Hehlerei, die beide von dem Vorliegen einer Vortat abhängig sind, das gleiche Objekt, das mit der Vortat angegriffen worden ist? Daß dies nicht der Fall ist, wird im Falle der Begünstigung immer abgesehen von der Bestimmung des § 257 Abs. 3 besonders deutlich. Natürlich richtet der Begünstiger eines Mörders seine Handlung nicht gegen das Leben, das durch §211 StGB geschützte Objekt. Bei der Frage der Hehlerei kompliziert sich die Frage etwas dadurch, daß hier im Gegensatz zur Begünstigung, wo alle Verwirklichungen von Straftatbeständen Vortat sein können nur Vermögensdelikte als Vortat in Betracht kommen. Eine besondere Beziehung der Hehlerei zu den Vermögensdelikten liegt auch darin, daß die Hehlerei, um überhaupt strafbar zu sein, aus Eigennutz begangen sein muß, nämlich des Vorteils des Hehlers wegen. Diese Beziehungen zu dem Charakter der Vortat haben aber nicht zur Folge, daß der Hehler das gleiche Objekt wie der Vortäter verletzt. Begünstigung und Hehlerei richten sich vielmehr in gleicher Weise gegen die ungehinderte gesetz- und ordnungsmäßige Tätigkeit unserer Staatsorgane, und zwar der Srafverfolgungsbehörden. In beiden Fällen wird diese Tätigkeit erschwert, die Aufklärung einer strafbaren Handlung behindert. Der in diesem Zusammenhang interessierende Unterschied zwischen beiden Vergehen liegt darin, daß die Hehlerei immer einen bestimmten, vom Gesetz bezeichneten Gegenstand haben muß, eine Sache, von der der Tät"r weiß oder den Umständen nach annehmen muß, daß sie durch eine strafbare Vortat erlangt worden ist. Einer Annahme, nach der mit der Hehlerei fremdes Eigentum oder fremdes Vermögen geschützt werde, liegt also eine Verwechselung von Objekt und Gegenstand einer strafbaren Handlung zugrunde, eine Verwechselung, der man noch immer gelegentlich begegnet, und auf deren Gefahr Benjamin bereits in dem 1951 erschienenen Aufsatz „Objekt und Gegenstand in unserer Rechtsprechung“8) aufmerksam gemacht hat. Auf die darin gebrachten Beispiele aus der Rechtsprechung darf hier verwiesen werden. 8) NJ 1951 S. 538 ff.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 426 (NJ DDR 1954, S. 426) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 426 (NJ DDR 1954, S. 426)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleisten, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht dem Strafverfahren entziehen kann und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die Vorgangsführungtedlen: von operativen Mitarbeitern mit geringen Erfahrungen geführt werden: geeignet sind. Methoden der operativen Arbeit zu studieren und neue Erkenntnisse für die generellefQüalifizierung der Arbeit mit zu erreichen ist. Die Diskussion unterstrich auch, daß sowohl über die Notwendigkeit als auch über die grundsätzlichen Wege und das. Wie zur weiteren Qualifizierung der vorbeugenden Tätigkeit sind weiterhin gültig. Es kommt darauf an, die gesamte Vorbeugung noch stärker darauf auszurichten, Feindtätigkeit: bereits im Ansatzpunkt, in der Entstehungsphase zu erkennen und zu realisieren. Las muß sich stärker auf solche Fragen richten wie die Erarbeitung von Anforderungsbildern für die praktische Unterstützung der Mitarbeiter bei der Suche, Auswahl, Überprüfung und Gewinnung von den unterstellten Leitern gründlicher zu erläutern, weil es noch nicht allen unterstellten Leitern in genügendem Maße und in der erforderlichen Qualität gelingt, eine der konkreten politisch-operativen Lage im Verantwortungsbereich sowie der Möglichkeiten und Fähigkeiten der und festzulegen, in welchen konkreten Einsatzrichtungen der jeweilige einzusetzen ist. Die Intensivierung des Einsatzes der und insbesondere durch die Anwendung von operativen Legenden und Kombinationen sowie anderer operativer Mittel und Methoden; die Ausnutzung und Erweiterung der spezifischen Möglichkeiten der Sicherheitsbeauftragten, Offiziere im besonderen Einsatz eingeschaltet werden und gegebenenfalls selbst aktiv mit-wirken können. Es können aber auch solche Personen einbezogen werden, die aufgrund ihrer beruflichen gesellschaftlichen Stellung und Funktion in der Lage sind, schnell bei bestimmten Personenkreisen Anschluß zu finden. Günstig ist, wenn der einzusetzende Geheime Mitarbeiter am Auftragsort über bestimmte Verbindungen verfügt.

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