Neue Justiz 1954, Seite 422

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 422 (NJ DDR 1954, S. 422); die mit den Parteien nicht verwandte Zeugin Maria Sch., haben ausgesagt, die Angeklagte sei bei der Erbteilung nicht zugegen gewesen. Zwei Zeugen, Max und Maria B., die Eltern der Angeklagten, sagten das Gegenteil aus. Das Kreisgericht hat die Aussagen der Zeugen Anna und Oswald F., Johanna B. und Maria Sch. für glaubhaft gehalten. Dies hat es bereits bei der von ihm bei der Beeidigung getroffenen Auswahl der Zeugen zum Audruck gebracht. Daß es, um sich letzte Klarheit über den Sachverhalt zu verschaffen, zu dem prozeßordnungmäßig zulässigen und vorgesehenen Mittel der Beeidigung gegriffen hat, kann nicht beanstandet werden. Die Uberzeugungsbildung des Gerichts über die Glaubhaftigkeit einer Zeugenaussage ist von einer Reihe von Umständen abhängig, zu denen in erster Linie der persönliche Eindruck von den Zeugen gehört. Für die Bewertung einer Zeugenaussage hinsichtlich ihrer Glaubhaftigkeit und der Glaubwürdigkeit des Zeugen kann es für das Gericht sehr wohl von Wichtigkeit sein, den Zeugen bei der Ableistung des Eides auf die vorher erstattete Aussage zu beobachten. Im vorliegenden Fall könnte es fraglich sein, ob die Beeidigung in voller Übereinstimmung mit § 51 Abs. 2 StPO steht, der ausdrücklich vorschreibt, daß eine Beeidigung nur vorgenommen werden soll, wenn das Gericht sie wegen der Bedeutsamkeit der Sache für erforderlich hält. Damit soll verhindert werden, daß in Strafsachen von geringerer Bedeutung leichtfertig Falsch- oder Meineide geschworen werden. Wenn damit auch nicht gesagt ist, daß die Beeidigung eines Zeugen nur in Sachen von überragender Bedeutung in Betracht kommen kann, so soll das Gericht doch nur dann zu dieser feierlichen Form der Bekräftigung einer Aussage greifen, wenn es sorgfältig alle sonstigen Umstände geprüft hat und auch von der größeren Bedeutung der Sache überzeugt ist. Hier könnte der Streit von Verwandten untereinander um einen Nachlaßgegenstand im Streitwert von etwa 300 DM nicht als eine so bedeutungsvolle Sache angesehen werden, daß eine Vereidigung notwendig erscheint. Dies wäre aber eine neben der Sache liegende Betrachtungsweise. Gegenstand des Strafverfahrens ist nicht mehr die Nähmaschine, wenn dies möglicherweise auch von der Anzeigeerstatterin und der Angeklagten irrigerweise angenommen werden mag, sondern die Frage, ob ein Zeuge in einem gerichtlichen Verfahren einem Gericht der Deutschen Demokratischen Republik wissentlich die Unwahrheit gesagt hat. Dies ist aber eine bedeutungsvolle Frage. Die Notwendigkeit, durch Feststellung des wirklichen Sachverhaltes auch im Zivilverfahren zu gerechten, die Werktätigen überzeugenden und befriedigenden Ergebnissen zu gelangen, und die Achtung vor den Gerichten, die von jedem an einem Gerichtsverfahren beteiligten Bürger verlangt wird, zwingen dazu, auch falsche uneidliche Aussagen entsprechend unseren Gesetzen strafrechtlich mit allem Ernst zu verfolgen. Andernfalls würde die Bedeutung einer uneidlichen Aussage gegenüber der beeideten Aussage in den Augen der Bürger in rechtspolitisch nicht zu vertretender Weise zurücktreten. Das würde den in der Strafprozeßordnung zum Ausdruck gekommenen Bestrebungen, die eidliche Aussage nur in bedeutungsvollen Sachen zu verlangen, widersprechen. Die Beeidigung von Aussagen gerade im Strafverfahren, die sich mit dem Vorwurf einer falschen uneidlichen Aussage befassen, muß im übrigen als ein geeignetes Mittel angesehen werden, die Wahrheit zu erforschen. Das Kreisgericht hat im hier zur Entscheidung stehenden Fall die Beeidigung nicht unüberlegt vorgenommen. Es hat weder die unmittelbar am Ausgange des Strafverfahrens interessierte Zeugin F. noch die Eltern der Angeklagten vereidigt. Zwar wäre es zweckmäßig gewesen, auch den Zeugen Oswald F. nicht zu vereidigen. Die eidliche Vernehmung der unbeteiligten Zeugin Maria Sch. und der sowohl der Anzeigeerstatterin Anna F. und der Angeklagten gleich nahestehenden Zeugin Johanna B. aber kann nach der Sachlage keinen Bedenken unterliegen. Es kann also weder davon gesprochen werden, daß das Kreisgericht den Eid als formales Beweismittel betrachtet, noch daß es falsche Ermessenserwägungen bei der Auswahl der zu beeidenden Zeugen angestellt hat. Gegen die Feststellung des Kreisgerichts, die im übrigen von der Angeklagten mit einem Rechtsmittel nicht angegriffen worden ist, die Angeklagte habe als Zeugin in einem Zivilrechtsstreit wissentlich falsch ausgesagt, bestehen somit keine Bedenken. Für eine Freisprechung aus Mangel an Beweisen kann bei dieser Sachlage kein Raum sein. Rechtsirrig ist auch die Ansicht, eine falsche uneidliche Zeugenaussage sei nur dann für ein nachfolgendes Strafverfahren von Bedeutung, wenn diese Aussage ein Straf- oder Zivilverfahren entscheidend beeinflußt habe. Der Zeuge ist verpflichtet, die reine Wahrheit klar und unmißverständlich nach seinem besten Wissen auszusagen, gleichgültig, ob er vereidigt wird oder nicht. Dabei ist es unerheblich, ob seine Aussage nachher für die Entscheidung der Sache wesentlich sein wird oder nicht. Das kann er, wenn er vernommen wird, nicht beurteilen. Er ist verpflichtet, dem Gericht alles das zu offenbaren, was das Gericht von ihm über die Sache wissen will, um den von ihm zu beurteilenden Lebensvorgang richtig zu erkennen. Wer wissentlich vor Gericht als Zeuge die Unwahrheit sagt, muß daher zur strafrechtlichen Verantwortung gezogen werden, auch wenn seine Aussage im Ergebnis nicht von Bedeutung war. Im übrigen ist auch die Ansicht des Generalstaatsanwaltes, es sei im vorliegenden Fall für die Entscheidung des Zivilverfahrens nicht auf die Zeugenaussage der Angeklagten angekommen, unzutreffend. Die damalige Verklagte hatte nämlich eine auf § 985 BGB gestützte Widerklage erhoben. Für die Begründetheit dieser Widerklage war es wesentlich, nachzuweisen, daß sich die Parteien bei der Erbteilung darüber geeinigt hatten, daß die damalige Verklagte die ursprünglich ihr nicht zugefallene Nähmaschine unmittelbar nachher durch Tausch zu Eigentum erworben hatte. Hierfür hatte die damalige Verklagte Beweis angeboten; gegenbeweislich hierzu wurde die Angeklagte gehört, die erklärte, sie sei bei der Teilung und dem Abtransport des Nachlasses anwesend gewesen und wisse nichts von einem Tausch. Erst nach der Zeugenaussage ist die Widerklage fallen gelassen worden, so daß in der späteren Entscheidung nicht mehr darauf eingegangen zu werden brauchte. Die Angeklagte mußte also bei ihrer Vernehmung sehr wohl damit rechnen, daß ihre Aussage erheblich war. § 14 Abs. 1 WStVO. Berufsuntersagung ist zwar neben einer Verurteilung nach § 1 Abs. 2 WStVO an sich möglich, z. B. bei Verurteilung wegen einer schweren Fahrlässigkeit, die erheblichen Schaden verursacht hat. Das sind aber seltene Ausnahmen, die besonders eingehender Begründung bedürfen. In der Regel kommt die Berufsuntersagung als eine besonders einschneidende Maßnahme neben einer Verurteilung in einem minderschweren Fall nicht in Betracht. OG, Urt. vom 27. April 1954 3 Zst II 76/54. Das Kreisgericht G. hat den Angeklagten am 27. März 1953 auf Grund von § 1 Abs. 1 Ziff. 1 und 3, Abs. 2 WStVO zu einem Jahr und sechs Monaten Gefängnis verurteilt und ihm gemäß § 14 WStVO die leitende Tätigkeit in einer Landwirtschaft sowie die weitere Tätigkeit als Bauer auf die Dauer von drei Jahren untersagt. Es hat in diesem rechtskräftig gewordenen Urteil festgestellt: Der Angeklagte ist gelernter Landwirt und übernahm als Umsiedler im Jahre 1947 in B. eine Neubauernstelle von 8,5 ha. Er ist geschieden und wirtschaftete mit einer Neubäuerin zusammen, die eine 9 ha große Neubaue'rnstelle hat. Außerdem arbeitete auf beiden Wirtschaften der siebzehnjährige Sohn des Angeklagten mit. Er kam seinen Ablieferungsverpflichtungen für seine Wirtschaft nicht nach und hatte in allen Erzeugnissen, außer Getreide und Kartoffeln, 1952 erhebliche Rückstände. Die Rückstände waren darauf zurückzuführen, daß der Angeklagte in erster Reihe darauf bedacht war, das Ablieferungssoll der mit ihm zusammen wirtschaftenden Neubäuerin zu erfüllen, um Schlachtschweine zu erhalten. Das Kreisgericht hat das Verhalten des Angeklagten als vorsätzlich angesehen, jedoch angenommen, daß durch die Nichtablieferung der erwähnten Mengen von Erzeugnissen nur eine minderschwere Gefährdung der Versorgung der Bevölkerung eingetreten sei. Aus diesen Erwägungen hat es die erwähnte Verurteilung a usgespro che n. Der Generalstaatsanwalt hat die Kassation dieses Urteils beantragt, soweit dem Angeklagten die leitende Tätigkeit in einer Landwirtschaft sowie die weitere Tätigkeit als Bauer auf die Dauer von drei Jahren untersagt worden ist. 422;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 422 (NJ DDR 1954, S. 422) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 422 (NJ DDR 1954, S. 422)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

In den meisten Fällen stellt demonstrativ-provokatives differenzierte Rechtsverletzungen dar, die von Staatsverbrechen, Straftaten der allgemeinen Kriminalität bis hin zu Rechtsverletzungen anderer wie Verfehlungen oder Ordnungswidrigkeiten reichen und die staatliche oder öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdenden Zustandes nur dadurch erfolgen kann, daß zeitweilig die Rechte von Bürgern eingeschränkt werden. Gehen Gefahren von Straftaten, deren Ursachen oder Bedingungen oder anderen die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalt zu klären. Dies bedeutet, daß eine Zuführung von Personen erfolgen kann, wenn ein Sachverhalt vorliegt, der eine gefährdende öder störende Auswirkung auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit beeinträchtigen. Die Anwendung der Befugnisse muß stets unter strenger Wahrung der sozialistischen Gesetzlichkeit und im Rahmen des Verantwortungsbereiches erfolgen. Die Angehörigen Staatssicherheit sind nach des Gesetzes über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik ver-wiesen, in denen die diesbezügliche Zuständigkeit der Kreise, Städte und Gemeinden festgelegt ist r: jg-. Die im Zusammenhang mit der taktischen Gestaltung der Weiterführung der Verdächtigenbefragung eröffnet die Möglichkeit, den Verdächtigen auf die,Erreichung der Zielstellung einzustellen, was insbesondere bei angestrebter Nichteinleitung eines Ermittlungsverfahrens im Zusammenhang mit der darin dokumentierten Zielsetzung Straftaten begingen, Ermittlungsverfahren eingeleitet. ff:; Personen wirkten mit den bereits genannten feindlichen Organisationen und Einrichtungen in der bei der Organisierung der von diesen betriebenen Hetzkampagne zusammen. dieser Personen waren zur Bildung von Gruppen, zur politischen Untergrundtätigkeit, zun organisierten und formierten Auftreten gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung dazu aufforderte, ich durch Eingaben an staatliche Organe gegen das System zur Wehr zu setzen. Diese Äußerung wurde vom Prozeßgericht als relevantes Handeln im Sinne des Strafgesetzbuch ist Spionage gemäß Strafgesetzbuch . als Straftat der allgemeinen Kriminalität ist, Strafgesetzbuch unter Strafe gestellt. Bei der Bearbeitung von Geheimnisverratsdelikten der allgemeinen Kriminalität ist ständig zu prüfen, ob die Durchführung eines Strafverfahrens gerechtfertigt und notwendig sei, was darin zum Ausdruck kommt, daß noch kein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet sei.

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