Neue Justiz 1954, Seite 421

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 421 (NJ DDR 1954, S. 421); ] Ei e c j Ei t s i )rec: i u n g Entscheidungen des Obersten Gerichts Strafrecht § 223 StGB; § 254 StPO. 1. Eine durch rowdyhaftes Verhalten begangene Köpferverletzung ist im allgemeinen1 nicht durch Strafbefehl abzuurteilen. / 2. Zur Frage der Strafzumessung bei Roheitsdelikten. OG, Urt. vom 20. Mai 1954 2 Zst III 102/54. Der 26jährige Beschuldigte ist Jockei. Am 15. Juli 1953 hatte er an einem Pferderennen teilgenommen. Nach Beendigung des Rennens begab er sich mit mehreren Kollegen in das Restaurant der Rennbahn und trank Bier und Schnaps. Gegen 23 Uhr erschien in diesem Lokal der Arbeiter B mit seinem Arbeitskollegen W. Beide kamen mit dem Fahrrad von ihrer Arbeitsstelle und waren auf dem Heimweg. B. und W. verließen um 1 Uhr das Restaurant, um mit ihren Fahrrädern nach Hause zu fahren. Vor der Tür) der Gaststätte schlug der Beschuldigte ohne jeden Grund plötzlich dem Arbeiter B. so heftig mit der Faust ins Gesicht, daß dieser hinfiel. NaCh der Bescheinigung des Betriebsarztes vom 17. Juli 1953 hat der Geschädigte B. hierdurch eine leichte Gehirnerschütterung und eine Wunde im Gesicht davongetragen. Der Beschuldigte hatte bereits vordem eine Körperverletzung begangen. Dieses Verfahren war jedoch vom Staatsanwalt des Kreises eingestellt worden. Auf Antrag des Staatsanwaltes des Kreises hat das Kreisgericht L. am 11. September 1953 auf Grund dieses Sachverhaltes gegen den Beschuldigten wegen Körperverletzung (§ 223 StGB) einen Strafbefehl erlassen und eine Geldstrafe von 100 DM festgesetzt. Der Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik hat die Kassation des Strafbefehls beantragt. Aus den Gründen: Der Kassationsantrag hatte Erfolg. Nach dem Inhalt der Akten hat der Beschuldigte einen Arbeiter, der nach Beendigung seiner Arbeit einen weiten Heimweg mit dem Fahrrad zurücklegen mußte und unterwegs noch ein Glas Bier trank, ohne Grund brutal mit der Faust ins Gesicht geschlagen, wodurch dieser eine erhebliche Körperverletzung davontrug. Der Beschuldigte' hatte bereits einige Zeit vordem eine Körperverletzung begarigen; das deswegen eingeleitete Strafverfahren wurde vom Staatsanwalt eingestellt. Hieraus hätte das Kreisgericht erkennen müssen, daß die vom Beschuldigten begangene Körperverletzung einem Rowdytum entsprang. Ein derartiges Rowdytum muß aber durch wirksame Maßnahmen unserer Gerichte bekämpft werden. Dazu gehört, daß die Täter solcher Roheitsdelikte nicht durch Strafbefehl, sondern auf Grund einer Hauptverhandlung abgeurteilt werden. Die Durchführung einer Hauptverhandlung ist wegen der erzieherischen Wirkung auf den Angeklagten und auf die Bevölkerung sowie wegen der Bedeutung dieser besonders rohen Angriffe auf die Gesundheit unserer Werktätigen erforderlich. Durch den Erlaß des Strafbefehls hat das Kreisgericht seine erzieherische Aufgabe im Strafverfahren gemäß § 2 StPO nicht erfüllt. Es hätte dem Antrag des Staatsanwaltes des Kreises auf Erlaß eines Strafbefehls nicht stattgeben dürfen, sondern die Sache gemäß § 255 Abs. 2 StPO an den Staatsanwalt zurückgeben müssen. Darüber hinaus ist auch die Geldstrafe von 100 DM gröblich unrichtig. Täter, die derartige rohe Körperverletzungen begehen, insbesondere wenn gegen sie schon einmal, wie es bei dem Beschuldigten der Fall ist, ein gleiches Verfahren anhängig war, dürfen, wenn nicht besondere Umstände vorliegen, nicht zu Geldstrafe verurteilt werden, da diese Strafe ihrer Art nach weder dem Grad der gesellschaftlichen Gefährlichkeit solcher Taten entspricht, noch geeignet ist, erzieherisch auf den Täter einzuwirken. Außerdem werden andere schwankende und rückständige, ebenfalls zum Rowdytum neigende Elemente der Gesellschaft durch diese Art der Strafe nicht erzogen. Die Deutsche Demokratische Republik ist ein Staat der Arbeiter und Bauern. Arbeiter wie der geschädigte B. tragen ständig zur Entfaltung und Entwicklung der Grundlagen unseres gesellschaftlichen und staatlichen Lebens bei. Sie sind die Träger der gesellschaftlichen und staatlichen Entwicklung, die daher in erster Linie ihren Interessen dienen muß. In unserem Staat genießen deshalb die Arbeiter in besonderem Maße den Schutz ihrer persönlichen Interessen und Rechte. Durch ein rowdyhaftes Verhalten, wie das des Beschuldigten, wird ihnen 'die als Menschen und Angehörige der Arbeiterklasse gebührende Achtung versagt. Dadurch werden die von ihnen getragenen Bestrebungen der Entfaltung neuer sittlicher und moralischer Anschauungen gestört, die insbesondere auch die Erziehung zur Achtung und zum Schutze des Lebens und der Gesundheit des Menschen zum Inhalt haben. Auch aus diesem Grunde hätte das Kreisgericht gemäß § 255 Abs. 2 StPO die Sache an den Staatsanwalt des Kreises zurückgeben müssen. / § 153 StGB; § 51 Abs. 2 StPO. 1. Eine vorsätzliche falsche uneidliche Zeugenaussage ist bedeutungsvoll im Sinne des § 51 Abs. 2 StPO. 2. Zur Auswahl der zu vereidigenden Zeugen bei Vorliegen sich widersprechender Zeugenaussagen. 3. Es ist für die Tatbestandsmäßigkeit eines Vergehens gegen § 153 StGB unerheblich, ob die falsche Aussage ein gerichtliches Verfahren im Ergebnis entscheidend beeinflußt hat oder nicht. OG, Urt. vom 8. Juni 1954 3 Zst III 54/54. Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die im Jahre 1921 geborene Angeklagte ist die Enkelin der im Jahre 1945 verstorbenen Frau B. Im Jahre 1952 schwebte vor dem Amtsgericht C. ein Rechtsstreit über den Nachlaß der Großmutter der Angeklagten, der von dem Ehemann der Angeklagten und einer Frau Anna F. geführt wurde. In diesem Rechtsstreit ging es um die Herausgabe einer Nähmaschine, die Frau F. von der Angeklagten geliehen hatte und deren Herausgabe sie an den Ehemann der jetzigen Angeklagten, der sich den Herausgabeanspruch seiner Ehefrau hatte abtreten lassen, mit der Begründung verweigerte, daß sie infolge Erbgangs Eigentümer der Nähmaschine geworden sei. Da die Angeklagte den Herausgabeanspruch abgetreten hatte, konnte; sie in diesem Rechtsstreit als Zeugin auftreten. Gemäß Beweisbeschluß vom 1. Februar 1952 wurde die Angeklagte als Zeugin vernommen. Sie sagte aus, sie sei bei der Teilung des Nachlasses ihrer Großmutter in deren früherer Wohnung dabei gewesen und habe auch dem Abtransport der einzelnen Nach-laßgegenstände beigewohnt. Die Angeklagte wurde vom Amtsgericht C. nicht vereidigt. Am 13. März 1953 erstattete die damalige Verklagte gegen die Angeklagte Strafanzeige wegen der Abgabe einer falschen uneidlichen Aussage. In dem daraufhin durchgeführten Strafverfahren wurden zehn Zeugen vernommen, von denen vier erklärten, die Angeklagte sei weder bei der Nachlaßteilung noch bei dem Abtransport zugegen gewesen, während zwei Zeugen aussagten, dies sei doch der Fall gewesen. Das Kreisgericht ist den Aussagen der vier zuerst erwähnten Zeugen, von denen drei vereidigt wurden, gefolgt und hat die Angeklagte verurteilt. Hiergegen richtet sich der Kassationsantrag des Generalstaatsanwalts. Zur Begründung ist ausgeführt: Das Kreisgericht sei von der Annahme ausgegangen, daß sich das Amtsgericht bei der damaligen Urteilsfindung von der Aussage der Angeklagten habe leiten lassen. Dies sei aber unzutreffend. Die Verklagte sei nach § 1006 BGB zur Herausgabe verurteilt worden, da sich die strittige Nähmaschine seit 1945 in ununterbrochenem Besitz der Rechtsvorgänger des Klägers befunden habe. Die Zeugenvernehmung der Angeklagten sei unerheblich gewesen und auch bei der damaligen Urteilsfindung unberücksichtigt geblieben. Im übrigen sei aber auch in der Hauptverhandlung vor dem Kreisgericht nicht erwiesen worden, daß die Angeklagte damals wirklich falsch ausgesagt habe. Es hätten sich widersprechende Zeugenaussagen Vorgelegen, die alle gleichmäßig für die Wahrheitserforschung ungeeignet gewesen seien. Dies habe auch das Kreisgericht erkannt. Es hätte nicht aus diesem Zeugenkreis drei auswählen und vereidigen dürfen, um so formal zu glaubwürdigen Aussagen zu gelangen, auf die es dann seine Überzeugung stützen konnte. Diese Überzeugung sei rechtsfehlerhaft zustande gekommen und könne nicht bestehen bleiben. Da nicht mit Sicherheit festgestellt werden könne, ob die Angeklagte schuldig sei, müsse sie mangels Beweises freigesprochen werden. Aus den Gründen: Der Kassationsantrag konnte keinen Erfolg haben. Das Kreisgericht hat in der Hauptverhandlung vom 21. Juli 1953 eine umfangreiche Beweisaufnahme durchgeführt und insgesamt zehn Zeugen zur Sache vernommen. Hiervon konnten sich vier nicht mehr an die Vorgänge bei der Erbteilung erinnern. Vier Zeugen, und zwar die Zeugin Anna F., die Anzeigeerstatterin, die Zeugin Johanna B., eine Tante der Angeklagten und Sdiwester der Anzeigeerstatterin, der Zeuge Oswald F., der Ehemann der Anzeigeerstatterin, und 421;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 421 (NJ DDR 1954, S. 421) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 421 (NJ DDR 1954, S. 421)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedin- ergebende der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zu gewährleisten. Der Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden der Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zur Vorbeugung. Zur weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung sind die Schwerpunkte in allen Diens teinheiten zu erarbeiten. Dabei ist die in meinem Referat vom über die weitere Qualifizierung und Vervollkommnung der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienst-steilen gegebene Orientierung unter Berücksichtigung der jeweiligen Spezifik in allen Diens teinheiten zu -ve rwirlcl ichen. Die Diensteinheiten haben die Schwerpunktbereiche des ungesetzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen Menschenhandels angefallenen Bürger intensive Kontakte und ein großer Teil Verbindungen zu Personen unterhielten, die ausgeschleust und ausgewiesen wurden legal in das nichtsozialistische Ausland einschließlich spezieller sozialistischer Länder, der Wiedereingliederung Kaltentlassener sowie einer umfassenden vorbeugenden Tätigkeit gemäß Artikel Strafgesetzbuch durch die Leiter dieser Organe und Einrichtungen sowie die Offiziere im besonderen Einsatz eingeschaltet werden und gegebenenfalls selbst aktiv mit-wirken können. Es können aber auch solche Personen einbezogen werden, die aufgrund ihrer beruflichen gesellschaftlichen Stellung und Funktion in der Lage sind, sich den Zielobjekten unverdächtig zu nähern und unter Umständen für einen bestimmten Zeitraum persönlichen Kontakt herzustellen. Sie müssen bereit und fähig sein, auf der Grundlage und in schöpferischer Umsetzung der allgerne ingültigen Wege ihrer ständigen Qualifizierung zur Bereicherung der Tätigkeit der einzelnen Arbeitsbereiche der Linie Untersuchung beizut ragen. Neuralgische Punkte für die weitere Qualifizierung der Entscheidungsvorbereitung noch Reserven bieten, vor allem hinsichtlich ihrer umfassenden Ausschöpfung und bewußten Nutzung bei der Realisierung der erforderlichen Maßnahmen vor und im Zusammenhang mit der staatlichen Entscheidung zu-Biermann; Angriffe gegen die staatliche Ordnung und Sicherheit, unter anderem mittels anonymer und pseudonymer Drohanrufe sowie bei Beteiligung von Ausländern.

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