Neue Justiz 1954, Seite 337

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 337 (NJ DDR 1954, S. 337); die Grundlage der Urteilsfindung, sondern die angeblichen Bestrebungen der Führer der SED, daraus abgeleitet die angebliche Zielsetzung der FDJ und daraus abgeleitet schließlich die Stellung des Angeklagten innerhalb dieser Organisation. In dem zitierten Urteil bezieht sich der 2. Strafsenat auf das ebenfalls von ihm ausgesprochene Urteil StE 3/52 vom 8. April 1952. Dieses Urteil ist als sogenanntes „Fünf-Broschüren-Urteil“ bekanntgeworden. Der Senat hatte den angeblich objektiv hochverräterischen Charakter dieser fünf Broschüren dadurch „bewiesen“, daß er aus Reden und Aufsätzen führender Politiker der Deutschen Demokratischen Republik und durch aus dem Zusammenhang gerissene Zitate aus dem Schrifttum des Marxismus-Leninismus Zielsetzungen der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik und der SED konstruiert hatte, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Bestand der Bundesrepublik gerichtet sein sollen. Der nächste Schritt „der Beweisführung“ bestand darin, daß allen in Westdeutschland bestehenden Parteien oder Organisationen, die gleiche oder ähnliche Ziele verfolgen, wie sie in den vom 2. Strafsenat zitierten Reden und Aufsätzen und in den fünf Broschüren selbst zum Ausdruck kommen, ebenfalls hochverräterische Ziele unterstellt wurden. Dabei mußte der Senat selbst zugeben, daß sowohl der Inhalt der Broschüren als auch die zitierten Reden und Aufsätze nur Ziele verkünden, die mit dem Grundgesetz vereinbar erscheinen. Diese Ziele seien jedoch nur eine Tarnung der wahren Absichten, in Wirklichkeit gehe es um die Errichtung der sogenannten „bolschewistischen Gewaltherrschaft“ in der Bundesrepublik. Diese Praxis des Bundesgerichtshofs hat dazu geführt, daß vor allem die durch das 1. Strafrechtsänderungsgesetz eingerichteten Sonderstrafkammern und die Anklagebehörden zu seinen eifrigen Nachahmern geworden sind. Aus der Fülle der Anklageschriften und Urteile ergibt sich, daß die Konstruktion des Bundesgerichtshofs einfach übernommen und in vielen Fällen nicht einmal mehr der Versuch gemacht wird, nur den Schein einer Beweiserhebung über die inkriminierten Handlungen der „Täter“ zu unternehmen. Die Gerichte und Anklagebehörden verweisen entweder einfach auf das Fünf-Broschüren-Urteil oder erklären lakonisch, daß das Ziel der betreffenden Partei oder Organisation, der der Angeklagte angehört, gerichtsbekannt hochverräterisch oder daß es allgemeinkundig sei. Die Verurteilung wird dann nur noch davon abhängig gemacht, ob der Angeklagte Mitglied einer solchen Partei oder Organisation ist. Diese Konstruktion des Bundesgerichtshofs, die im Ergebnis darauf hinausläuft, daß das Eintreten für die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands und der damit im Zusammenhang stehende Kampf gegen die Bonner und Pariser Verträge hochverräterisch sei, wird in den meisten Urteilen und Anklageschriften als feststehende Formel behandelt, die als allgemeinkundig nicht mehr bewiesen zu werden braucht. So heißt es in einer Anklageschrift der Oberstaatsanwaltschaft in Koblenz X Js 147/52 vom 5. November 1953: „ Der Zweck der ,Tatgemeinschaft für Frieden und Einheit1 und das Ziel ihrer gesamten Betätigung bestand darin, Bevölkerungskreise des Bundesgebiets, die nicht der KP angehören, zu einem .bedingungslosen“ Eintreten für die Wiederherstellung der deutschen Einheit und einen gesamtdeutschen Friedensvertrag zu bewegen und hierdurch dafür empfänglich zu machen, daß das wiedervereinigte Deutschland staatlich die Form einer .fortschrittlichen Demokratie neuen Typus* nach dem Muster der Sowjetzone erhalten werde “ Die Tatsachenfeststellung in dieser Formel hat nur den konkreten Gehalt, daß die „Tatgemeinschaft“ die Bevölkerung der Bundesrepublik „zu einem bedingungslosen'Eintreten für die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands und einen gesamtdeutschen Friedensvertrag“ bewegen will. Dieses Ziel ist aber nicht hochverräterisch und bei Anwendung demokratischer Rechtsprinzipien, wonach ein Täter nur wegen Verwirklichung eines gesetzlich beschriebenen Tatbestandes bestraft werden darf, müßte sein Freispruch erfolgen, ja es dürfte überhaupt keine Anklage erhoben werden. Der Oberstaatsanwalt „bewertet“ aber diese Zielsetzung der betreffenden Organisation dahingehend, daß nicht die deutsche Einheit und der Friedensvertrag das eigentliche Ziel sei, sondern ein Ziel, welches von der „Tatgemeinschaft“ überhaupt nicht propagiert wird. Das Wesen einer solchen Beweisführung besteht also darin, daß nicht der in der objektiven Außenwelt erkennbare Vorgang die Grundlage für die Anklage ist, sondern die vom Oberstaatsanwalt subjektiv hineingetragene Bewertung. Die Anwendung der Formel des Bundesgerichtshofs führt also dazu, daß allen Staatsbürgern, die die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands und den Abschluß eines Friedensvertrages anstreben, einfach hochverräterische Ziele unterstellt werden. Die Gerichte und die Anklagebehörden sind damit jeglicher Beweislast für die Strafbarkeit des Täters enthoben. In einer Anklageschrift des Generalstaatsanwalts beim Bayr. Obersten Landesgericht Ob Js 5/53 vom 20. Oktober 1953 gibt derselbe sogar ausdrücklich zu, daß in einem bestimmten Flugblatt keine hochverräterischen Erklärungen enthalten sind. Es heißt wörtlich: „ Ohne daß deshalb der Inhalt des Flugblattes: .Verhindert die Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes* ausdrücklich hochverräterische Aufrufe zu enthalten braucht, dient auch diese Schrift der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens “ Derselbe Generalstaatsanwalt erklärt in einer anderen Anklageschrift Ob Js 54/53 vom 12. Oktober 1953: „Der.Angeschuldigte verfaßte in der Zeit vom September 1952 bis Juni 1953 eine Anzahl von Flugblättern und Plakaten, deren Tendenz sich eindeutig gegen die Bundesregierung und die von ihr verfolgte Politik zum Abschluß eines Generalvertrages mit den westlichen Besatzungsmächten richtete “ Der Generalstaatsanwalt ist also gezwungen, selbst zuzugeben, daß die fraglichen Flugblätter und Plakate sich eindeutig gegen die Bundesregierung und die von ihr verfolgte Politik des Abschlusses eines Generalvertrages richtete. Das ist die Handlung des Angeschuldigten, die ebenso eindeutig erkennbar den Zweck der Veröffentlichungen und die Richtung des Täterwillens offenbart. Nunmehr kommt trotz dieser Feststellungen des Generalstaatsanwalts die bekannte Formel, indem es heißt: „ Der Angeschuldigte hatte bei der Abfassung der Flugblätter die Absicht, die Bevölkerung psychologisch zu beeinflussen, um sie geneigt zu machen, im Falle einer kommunistisch gelenkten Gewaltaktion zum Sturz des gegenwärtigen Regierungsregimes, für die Ziele der KPD einzutreten “ Ist es in der vorzitierten Anklageschrift die Betätigung gegen den Abschluß der Bonner und Pariser Verträge, die mit Hilfe der subjektiven Bewertung für hochverräterisch erklärt wird, so ist es in einem Beschluß des Amtsgerichts Hannover 47 Gs 505/53 vom 20. Juli 1953 für das Gericht ohne jeden Beweis völlig klar, „ daß das Streben nach einer friedlichen Wiedervereinigung, von dem die Rede ist, dahin verstanden werden muß, daß auch die Bundesrepublik unter Führung der SED der sowjetischen Besatzungszone ein volksdemokratischer Satellitenstaat werden soll “ In einer Anklageschrift der Oberstaatsanwaltschaft Dortmund 18 Js 43/52 vom 17. April 1953 wird die Aufforderung zum Streik für hochverräterisch erklärt, weil damit das Ziel „der Errichtung der Diktatur des Proletariats“ verfolgt werde. Auch hier handelt es sich um ein Flugblatt, in dem zum Streik gegen die Politik der Bundesregierung aufgefordert wird, um dadurch den Abschluß des Generalvertrages und des EVG-Ver-trages zu verhindern. Zweck und Ziel sind also aus dem Flugblatt deutlich erkennbar, wenn nur die Handlung des Täters, so wie sie in der objektiven Außenwelt erkennbar ist, für die Beurteilung herangezogen wird. Der Oberstaatsanwalt jedoch konstruiert eigenmächtig in die Handlung hinein, daß die Streikaufforderung in diesem Falle ein „Mittel zur Erzwingung politischer Entscheidungen mit dem Ziel der Diktatur des Proletariats“ sei. 337;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 337 (NJ DDR 1954, S. 337) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 337 (NJ DDR 1954, S. 337)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

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