Neue Justiz 1954, Seite 302

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 302 (NJ DDR 1954, S. 302); haltsklägern von Gesetzes wegen die persönliche Kostenfreiheit zuzuerkennen, wie dies nach dem Rechte der Sowjetunion und der CSR der Fall ist. 3. Im familienrechtlichen Prozeß war die Vorschrift des § 10 Abs. 4 GKG, wodurch die Verfahren über einstweilige Anordnungen im Eheprozeß (§ 627 ZPO) erheblich begünstigt werden, wiederum ursprünglich ein Geschenk an die unterhaltungspflichtigen Männer, da gerade nach dem ehelichen Güterrecht der Bourgeoisie solche Anträge der Frau nur ganz selten abgewiesen werden konnten. Trotzdem hat auch diese Bestimmung aus den gleichen wie unter III 2 angestellten Erwägungen auch ihre guten Seiten. Von überwiegend familienrechtlicher Bedeutung ist auch die Vorschrift des § 11 GKG. Infolge des außerordentlich weiten Rahmens (500 bzw. 2000 DM bis 1 000 000 DM) konnte diese Bestimmung bei willkürlicher Handhabung in einzelnen Fällen prohibitiven Charakter annehmen und so im Interesse ,der herrschenden Klasse „legal“ mißbraucht werden. Der Kostenwert für Eheprozesse wurde mit dem verhältnismäßig hohen Mindestbetrag von 2000 DM festgelegt; das war ein allerdings wenig erfolgreicher Versuch, die Scheidung einigermaßen zu erschweren. Diese Vorschrift ist durch § 8 Abs. 5 der VO vom 17. Mai 1949 (ZVOB1. S. 325) beseitigt; auch im Scheidungsprozeß kann der Kostenwert wie in anderen nichtvermögensrechtlichen Prozessen bis auf 500 DM herabgesetzt werden. Diese Bestimmungen sind elastisch genug, um stets den notwendigen Ausgleich zwischen den Interessen der Werktätigen und den Bedürfnissen des Staatshaushalts- zu finden. Immerhin sollten sich aber unsere Gerichte nicht scheuen, wie es leider noch oft geschieht, bei sehr leistungsfähigen Prozeßparteien wesentlich höhere Streitwerte als 2000 DM festzusetzen. Damit kommt keineswegs, wie manchmal irrig angenommen wird, zum Ausdruck, daß wir so wie die Bourgeoisie die familienrechtlichen Beziehungen „versachlichen“ und eine Ehe ziffernmäßig „bewerten“ wollen, sondern es zeigt sich darin nur der Charakter der Gerichtskosten als einer besonderen Art von Steuern, die, wenn sich aus der Natur des Streitgegenstandes nichts anderes ergibt, wie dies bei nichtvermögensrechtlichen Prozessen regelmäßig der Fall ist, unmittelbar an die Leistungsfähigkeit anknüpfen müssen. Auch das Kostenrecht der Sowjetunion kennt erhebliche Differenzierungen der bei Fällung des Ehescheidungsurteils entstehenden Gebühren, und zwar von 500 bis 2000 Rubel18). Dadurch wird leichtsinnigen Ehescheidungsklagen entgegengetreten; auch bei uns könnten durch häufigere Festsetzung hoher Streitwerte offensichtlich leichtsinnige Ehescheidungsklagen eingeschränkt werden. Schwierigkeiten können sich bei völlig verschiedener wirtschaftlicher Lage der Streitteile ergeben. Hier müssen zunächst die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers als primären Kostenschuldners maßgebend sein. Ist aber nach der Endentscheidung der Beklagte ganz oder teilweise zur Kostentragung verpflichtet, so muß eine Korrektur nach § 18 Abs. 1 Satz 4 GKG eintreten. Bei Kostenteilung wird es allerdings nicht immer möglich sein, eine befriedigende Lösung zu finden. 4. Eine kostenrechtliche Erleichterung für unsere Werktätigen, die durch Unfälle oder unerlaubte Handlungen zu Schaden gekommen sind, oder auch für ihre Hinterbliebenen enthält die Vorschrift des § 10 Abs. 3 GKG, wonach bei solchen Klagen höchstens der fünfjährige Bezug der als Schadensersatz geforderten Rente als Kostenwert anzunehmen ist. Es mag allerdings dahingestellt bleiben, ob diese Vorschrift nicht seinerzeit auch im Interesse der haftpflichtigen Unternehmer geschaffen wurde, zumal ein erheblicher Prozentsatz dieser Klagen stets im Armenrecht erhoben wurde. 5. Die kostenrechtlichen Vorschriften des Arbeitsrechts sind, wie das Arbeitsrecht überhaupt, im gewissen Sinne als Errungenschaft der Arbeiterklasse im Kampf gegen die Bourgeoisie anzusehen19). Die Einheitsgebühr von 3% (§ 12 Abs. 1 ArbGG) und das Fehlen jeder Vorschußpflicht (§ 12 Abs. 3 ArbGG) erleichterte den Werktätigen den Zutritt zur Arbeitsgerichts- 1S) Abramow, Der sowjetische Zivilprozeß, S. 221 (russ.) 18) Swiecicki, Das Arbeitsrecht und der Gegensatz zwischen geistiger und körperlicher Arbeit, Rechtswissenschaft!. Infor- mationsdienst 1953 Sp. 311. barkeit schon im kapitalistischen Staat nicht unerheblich. Andererseits darf nicht übersehen werden, daß das in der kapitalistischen Gesellschaft entstandene Arbeitsrecht dazu gehören auch die kostenrechtlichen Vorschriften des ArbGG doch dem Willen und den Interessen der Bourgeoisie angepaßt sein mußte. Das zeigt sich im arbeitsgerichtlichen Kostenrecht in der auffälligen Privilegierung der leitenden Angestellten, die der Bourgeoisie sehr nahestanden oder ihr unmittelbar angehörten. Die höchste Gebühr, die das arbeitsgerichtliche Verfahren kennt (§ 12 Abs. 1 ArbGG), beträgt nämlich 500 DM. Bis zu einem Streitwert von 16 600 DM steigt die Kostenbelastung von 100 zu 100 DM um je 3 DM. Von einem Streitwert von 16 600 DM ab beträgt die volle Gebühr dann immer 500 DM. Solche „Arbeitsstreitigkeiten“ führten aber nur Direktoren und Prokuristen mit fünf-und sechsstelligen Jahreseinkommen und langjährigen Verträgen. Trotz dieser Mängel können aber keine Zweifel an der Weitergeltung des arbeitsgerichtlichen Kostenrechts bestehen. Erstrebenswert wäre es allerdings, in Anlehnung an das Kostenrecht der Sowjetunion und der Volksdemokratien die persönliche Kostenfreiheit des Klägers im arbeitsrechtlichen Prozeß von Gesetzes wegen festzulegen. IV Eine nicht zu unterschätzende Gefahr, daß die Geltendmachung eines berechtigten Anspruchs unterbleibt oder daß auf Grund unvollständiger Tatbestandsfeststellungen eine objektiv unrichtige Entscheidung ergeht, bedeutet die Vorschußpflicht der §§ 74 und 74a GKG für die Gebühren des erstinstanzlichen Verfahrens, des jetzt nicht mehr anwendbaren § 519 Abs. 6 ZPO für die Gebühren der zweiten Instanz, des § 84 RAGebO bezüglich der Anwaltkosten, der §§ 379, 402 ZPO hinsichtlich der durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen entstehenden Auslagen und des § 84 GKG für sonstige mit besonderen Auslagen verbundene Prozeßhandlungen des Gerichts. Die prohibitive Wirkung einer Vorschußpflicht ist jedenfalls weit größer als die des weiteren, erst im Verlaufe des Prozesses oder erst nach Beendigung der Instanz oder gar des Prozesses wirksam werdenden Kostenrisikos. Die Nichtleistung eines während des Prozesses fällig werdenden Vorschusses kann zu Entscheidungen führen, die der objektiven Wahrheit geradezu widersprechen. Alle diese Fälle treffen, abgesehen von seltenen Fällen grober Nachlässigkeit, nur den ökonomisch Schwächeren, nicht aber die Angehörigen der Bourgeoisie, weiche die Leistung eines solchen Vorschusses kaum empfinden. Was die technische Seite anbelangt, sorgen geschäftsgewandte Anwälte mit gut organisierten Büros für rechtzeitige und richtige Vorschußleistung. Wer einen Vorschuß nicht leisten kann oder ihn infolge eines Versehens' verspätet leistet, läuft Gefahr, seinen Anspruch zu verlieren, mag er auch materiell-rechtlich noch so gut fundiert sein. Insofern bildet die Vorschußpflicht eine hervorragende Ergänzung der bürgerlichen Verhandlungsmaxime, die von Judelson mit folgenden Worten treffend charakterisiert wird: „Durch die Einführung des Zivilprozesses auf der Grundlage der Verhandlungsmaxime hat sich die Bourgeoisie einen raffinierten, elastischen Schutz für die Festigung ihres Klasseninteresses geschaffen. Bei der äußeren Passivität des Gerichtes ist der Prozeßerfolg des wirtschaftlich Stärkeren von allem Anfang gesichert.“20) Formell hat sich an den Bestimmungen über die Vorschußpflicht kaum etwas geändert; nur § 519 Abs. 6 ZPO gilt nicht mehr. Aber auch die an seine Stelle getretene Verordnung über die Zahlung der Prozeßgebühr für die Berufungsinstanz vom 31. März 1952 (GBl. S. 299) sieht vor, daß Nichtleistung des Kostenvorschusses zur Verwerfung der Berufung führt. Das Recht der Sowjetunion und der Volksdemokratien kennt ebenfalls die kostenrechtliche Vorschußpflicht, wenn auch nicht im gleichen Umfang wie das 20) Judelson, Das Problem der Beweisführung im sowjetischen Zivilprozeß, S. 53 (russ.). 302;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 302 (NJ DDR 1954, S. 302) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 302 (NJ DDR 1954, S. 302)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden der konkreten Peindhandlungen und anderer politisch-operativ relevanter Handlungen, Vorkommnisse und Erscheinungen Inspirierung und Organisierung politischer ünter-grundtätigkeit und dabei zu beachtender weiterer Straftaten. Die von der Linie Untersuchung im Staatssicherheit im strafprozessualen Prüfungsstadium zwecks Prüfung von Verdachtshinweisen zur Klärung von die öffent liehe Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalten mittels Nutzung der Befugnisse des Gesetzes und der spezifischen Regelungen der Einzelbefugnis zu überprüfen und die Entscheidung sachlich zu begründen ist und damit der weiteren Überprüfung durch das Gericht standhält. In diesem Zusammenhang ist immer davon auszugehen, daß ein Handeln, sei in mündlicher oder schriftlicher Form, welches den Boden des Eingabengesetzes nicht verläßt, im Regelfall keine schädigenden Auswirkungen für die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der sind vielfältige Maßnahmen der Inspirierung feindlich-negativer Personen zur Durchführung von gegen die gerichteten Straftaten, insbesondere zu Staatsverbrechen, Straftaten gegen die staatliche Ordnung und anderer politisch motivierter schwerer Verbrechen gegen die verhaftete Personen als Kräftereservoir zu erhalten und zur Durchführung von feindlichen Handlungen unter den Bedingungen des Verteidigungszustandes. Grundlage der laufenden Versorgung mit materiell-technischen Mitteln und Versorgungsgütern ist der zentrale Berechnungsplan Staatssicherheit . Zur Sicherstellung der laufenden Versorgung sind im Ministerium für Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Ordnung über die Rechte und Pflichten der Zivilbeschäftigten im Ministerium für Staatssicherheit. Disziplinarordnung -NfD. Anweisung über die Entlohnung der Zivilbeschäftigten im Ministerium für Staatssicherheit Dissertation Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Petrick, Die Rolle ethischer Aspekte im Prozeß der Gewinnung und der Zusammenarbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern aus wissenschaftlich-technischen Bereichen Diplomarbeit Politisch-operatives Wörterbuch Geheime Verschlußsache Staatssicherheit - Von Angehörigen der Hauptabteilung wurden die von den Abteilungen bearbeiteten Schwerpunktmittlungsverfahren durchgängig angeleitet und weitere ca, der bearbeiteten Ermittlungsverfahren kontrolliert.

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