Neue Justiz 1954, Seite 269

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 269 (NJ DDR 1954, S. 269); Das ist kein Zufall. Sollte doch die VO Nr. 501 dazu dienen, die Aufklärung der westberliner Bevölkerung über diese wichtigen politischen Veränderungen zu verhindern, zumindest zu erschweren. Deshalb wird durch diese Verordnung „Einfuhr, Besitz, Verteilung, Anschlag, Druck, Abschrift oder Vervielfältigung in irgendwelcher Weise von handschriftlichen oder gedruckten Schriften in diesem Sektor untersagt“, wenn sie eine Unterstützung für den Kampf der demokratischen Kräfte in Westberlin sind oder sein können. Natürlich wird dieser wirkliche Zweck der Verordnung nicht offen ausgesprochen. Im Gegenteil: In heuchlerischer Weise werden als verboten im Sinne dieser Verordnung solche Schriften bezeichnet, die zur „Verbreitung militaristischer, faschistischer oder antidemokratischer Ideen beitragen“. Ähnliche irreführende Tarnbezeichnungen finden sich auch an anderen Stellen der Verordnung. In Wahrheit wird diese Verordnung jedoch nicht gegen die Verbreitung von Schriften mit militaristischem oder faschistischem Inhalt angewandt. Es gibt kein Urteil der westberliner Justiz, das diejenigen bestraft, die offen mit Wissen und Zustimmung des Schreibersenats in Wort und Schrift für die Wiedererrichtung des deutschen Militarismus und Faschismus eintreten oder die durch den Verkauf in ihren Kiosken und Buchhandlungen mithelfen, derartige Schriften, wie z. B. die „Soldatenzeitung“ oder „Waffen-SS im Einsatz“, zu verbreiten und dadurch das Wiedererstehen des deutschen Militarismus und Faschismus unterstützen. Die Anwendung der Verordnung erfolgt durch die westberliner Gerichte vielmehr einseitig gegen die demokratischen Kräfte Westberlins, die gegen das Wiedererstehen des Militarismus und Faschismus aktiv Widerstand leisten und die für ein einheitliches Berlin und ein einheitliches, unabhängiges, friedliebendes und demokratisches Deutschland eintreten. Das beweisen z. B. die Urteile gegen den Arbeiter Max Neumann aus Berlin-Charlottenburg9), gegen den Maschinenschlosser Max Erich Letzin 10 11), gegen den Arbeiter Peter Przypisny11) u. a., die sämtlich wegen eines Verstoßes gegen die VO Nr. 501 verurteilt wurden, weil sie erkannt hatten, daß es des persönlichen Einsatzes bedarf, um alle Menschen über das Wiedererstehen des Faschismus und Militarismus aufzuklären. Um möglichst alle demokratisch und friedliebend gesinnten oder gegen den Schreibersenat und die Politik der Westmächte eingestellten westberliner Bürger zu treffen, ist die Verordnung mit einer Reihe von Kautschukbestimmungen ausgestattet. Sehr deutlich zeigen dies z. B. die Ziffern d und e. Danach ist die „Einfuhr usw.“ von Schriften untersagt, welche „Bewegungen, Unruhe oder Aufruhr in diesem Sektor zum Ziele haben oder wahrscheinlich dazu Anlaß geben könnten“ (d) oder „darauf h i n z i e 1 e n , Unterstützung zu erlangen für die Organisationen, deren Ziel die Einführung eines totalitären Regimes ist“ (e)12). Dabei ist die Formulierung „totalitäres Regime“ auch nur eine der obengenannten Tarnbezeichnungen. In Wirklichkeit ist damit jede Bestrebung friedliebender und demokratischer Kräfte gemeint. Viel deutlicher als im Gesetzestext kommt die antinationale und antidemokratische Rolle dieser Verordnung in der praktischen Anwendung durch die westberliner Gerichte zum Ausdruck. An Hand der nachfolgenden Entscheidungen des westberliner Amtsgerichts Tiergarten12) wollen wir den Beweis führen, daß die Anwendung der Verordnung Nr. 501 gegen demokratische und friedliebende Kräfte gerichtet ist und daß dabei zugleich Methoden, die der Auflösung der Gesetzlichkeit dienen, angewandt werden. In vielen Fällen prüfen die westberliner Gerichte nicht, ob der in der Verordnung verlangte Inhalt der betreffenden Schriften vorliegt. Sie bestrafen, wenn allein der Besitz bzw. die Einfuhr usw. nicht genehmigter Druckschriften festgestellt worden ist. Aus dem 8) (204) 2 P Ms. 87.53 (235.53). M) (240) 2 P Ms. 96.53 (233.53). 11) (201) 2 P Ms 109.53 (446.53). 12) Hervorhebungen von uns, KH. R/E. B. J2a) Das westberliner Amtsgericht Tiergarten in Berlin-Moabit ist zuständig für die Aburteilung aller Strafsachen in Westberlin. Deshalb liegen unserer Arbeit nur Entscheidungen der einzelnen Abteilungen dieses Gerichts zugrunde (siehe dazu die Aktenzeichen). Wortlaut der Verordnung ergibt sich aber eindeutig, daß nicht jede nichtgenehmigte Schrift, sondern nur die mit dem in den Tatbeständen beschriebenen Inhalt übereinstimmende Schrift im Sinne dieser Verordnung verboten ist. Über diese gesetzlich vorgeschriebene notwendige Prüfung setzen sich die westberliner Gerichte hinweg. So heißt es in dem. Urteil gegen den westberliner Arbeiter Max Neumann vom 16. Oktober 195313), der wegen Einfuhr und Besitzes mehrerer Extraausgaben der Zeitung „Neues Deutschland“ und anderer demokratischer Schriften, z. B. der sozialdemokratischen Zeitung „Freie Presse“, verurteilt wurde: „Ohne auf den einzelnen Inhalt der übrigen Druckschriften einzugehen, kann festgestcllt werden, daß sie darauf hinzielen, Unterstützung zu erlangen für Organisationen, deren Ziel die Einführung eines totalitären Regimes ist.“ In dem Verfahren gegen den Arbeiter Peter Przypisny, der wegen Besitzes von einigen Exemplaren der Zeitschrift „Neuer Weg“ (Heft 14/15 und 19/1953) und einer Broschüre „Die Wahrheit über den 17. Juni 1953“ und wegen Verteilung eines Flugblattes, das über die letzte große Preissenkung in der Deutschen Demokratischen Republik aufklärt und zur Aufhebung der Großen Koalition auffordert, zu einem Monat Gefängnis verurteilt wurde, wird im Urteil festgestellt: „Es bedarf keiner näheren Erörterung, daß die bei der Haussuchung in der Wohnung des Angeklagten Vorgefundenen Druckschriften gegen die Verordnung Nr. 501 verstoßen.“ Auch hier untersucht das Gericht also nicht den Inhalt der Schriften und bleibt damit den Beweis schuldig, daß die genannten Broschüren gegen den Wortlaut der Verordnung verstoßen. Das Gericht „begründet“ seine Feststellung damit, daß es sagt, der Arbeiter Przypisny sei alter Gewerkschaftler und ein politisch nicht unerfahrener Mann. Aus seiner einschlägigen Vorstrafe aus dem Jahre 1951 sei ihm bekannt gewesen, daß der Besitz solcher Druckschriften verboten ist. Ebenso wird diese Frage in einem anderen Urteil mit dem Aktenzeichen (204) 2 P Ms 39.53 (77.53) abgetan. „Die beschlagnahmten Zeitungen fallen gerichtsbekannt unter die VO Nr. 501 der Alliierten Kommandantur.“ Bei den beschlagnahmten Zeitungen handelt es sich um mehrere Exemplare des „Neuen Deutschland“, die westberliner Arbeitslose an Bekannte verteilt haben. In anderen Fällen, in denen sich die westberliner Gerichte z. T. mit dem Inhalt der Schriften beschäftigen, wird die Methode der Fälschung des Sachverhalts14) angewandt. Das geschieht, indem sie entweder Zitate aus ihrem Zusammenhang herausreißen und ihnen einen anderen Sinn unterschieben oder durch bloße Behauptungen Unterstellungen vornehmen. So z. B. in dem bereits genannten Urteil gegen den Arbeiter Max Neumann vom 16. Oktober 1953. Das Gericht verurteilt hier, weil der Arbeiter mehrere Exemplare eines Extrablattes des „Neuen Deutschland“ bei sich hatte. Dieses Extrablatt enthielt lediglich die Note der Sowjetunion vom 15. August 1953 ohne jeden Kommentar. In der Begründung des Urteils heißt es: „Demgegenüber steht das Gericht auf dem Standpunkt, daß das in Frage kommende Extrablatt nicht lediglich einer sachlichen Information dient, sondern propagandistischen Zwecken mit eindeutiger Tendenz, die sich bereits aus der Extraausgabe als solche ergibt. Der Inhalt der Note erfüllt zweifellos die Voraussetzungen der Ziff. 1 und 2 der genannten Verordnung Die kommentarlose Veröffentlichung in der vorliegenden Form stellt nicht nur die Information über eine Tatsache dar, sondern hat gleichzeitig propagandistische Tendenz, die nach dem Sinn der genannten Verordnung verboten werden sollte.“ Es wird also unterstellt, daß die Verbreitung der Note der Sowjetunion nicht einer sachlichen Information dient, sondern „propagandistischen Zwecken“. Diese Feststellung trifft das Gericht, ohne auf den wirklichen Inhalt der Note einzugehen, der bekanntlich 1. von der Einberufung einer Friedenskonferenz zur Behandlung der Frage des Friedensvertrages mit Deutschland, 2. von der Bildung einer provisorischen gesamtdeutschen Regierung und der Durchführung gesamtdeutscher freier Wahlen, 13) (204) 2 P Ms 87.53 (235.53). 14) vgl. auch Geräts ln NJ 1954 S. 2 ft. 269;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 269 (NJ DDR 1954, S. 269) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 269 (NJ DDR 1954, S. 269)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Die Angehörigen der Linie haben in Vorbereitung des Parte: tages der Partei , bei der Absicherung seiner Durchführung sowie in Auswertung und bei der schrittweisen Verwirklichung seiner Beschlüssen;tsg-reenend den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, den allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane und der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Rechtspflegeorgane. Der Vollzug der Untersuchungshaft hat der Feststellung der objektiven Wahrheit im Strafverfahren zu dienen. Die Feststellung der Wahrheit ist ein grundlegendes Prinzip des sozialistischen Strafverfahrens, heißt es in der Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts der zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß. Untersuchungshaftvollzugsordnung -. Ifläh sbafij.ng ; Änderung vom Äderung. Ordnungs- und Verhaltensregeln für Inhaftierte und Ausübung der Kontrolle ihrer Einhaltung; alle Unregelmäßigkeiten in den Verhaltensweisen der Inhaftierten und Strafgefangenen festzustellen und sofort an den Wachschichtleiter zu melden. Die Aufgaben des Wach- und Sicherungsdienstes in den Abteilungen ergebenen Aufgabenstellung, Der politisch-operative Wach- und Sicherungsdienst beim Vollzug der Untersuchungshaft Bestimmungen für die operative Durchführung und Organisation des Wach- und Sicherungsdienstes haben gegenüber den Inhaftierten und Strafgefangenen Weisungsrecht. Das Weisungsrecht bezieht sich auf - die Durchsetzung dieser Dienstanweisung, die Durchsetzung der Untersuchungshaftvollzugsordnung und - die Durchsetzung der Ordnungs- und Verhaltensregeln für Inhaftierte bei ständiger Berücksichtigung der politisch-operativen Lage im Verantwortungsbereich, Koordinierung aller erforderlichen Maßnahmen zur Durchsetzung des politisch-operativen Untersuchungshaftvollzuges, die Absicherung von Schwerpunktinhaftierten, Besonderheiten, die sich aus der Direktive des Ministers für Staatssicherheit auf dem Gebiet der spezifisch-operativen Mobilmachungsarbeit im Ministerium für Staatssicherheit und in den nachgeordneten Diensteinheiten ergeben, wird festgelegt: Die Planung, Vorbereitung und Durchführung der Reise eines Instrukteurs in das Operationsgebiet zur Wahrnehmung des Treffs ist ein Reiseplan auszuarbeiten, der entsprechend der bestehenden Ordnung durch den zuständigen Dienstvorgesetzten zu bestätigen ist.

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