Neue Justiz 1954, Seite 268

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 268 (NJ DDR 1954, S. 268); rung unserer gesamten Verwaltung, insbesondere auch für die meisten der hier aufgeführten Fälle geltend der Justiz und der Staatsanwaltschaft, heute so erweitert, vertieft und gesichert ist, daß einem berechtigten Verlangen des Bürgers in der Kreis- bzw. Bezirksebene im allgemeinen entsprochen werden wird. Die Kreis- und Bezirksgerichte, die Bezirksjustizverwaltungsstellen, die Staatsanwälte der Kreise und Bezirke als Instrumente der Arbeiter- und Bauernmacht kennen ihre Aufgaben und erfüllen sie im Interesse der Werktätigen. Sie verdienen daher das volle Vertrauen der Bevölkerung. Die Westberliner VO Nr. 501 ein Mittel zur Unterdrückung der freien Meinungsäußerung Von KARL-HEINZ RAKOW, wissenschaftl. Assistent, und ERICH BUCHHOLZ, wissenschaftl. Aspirant, Institut für Strafrecht der Humboldt-Universität zu Berlin Westberlin, der Teil der Hauptstadt Deutschlands, in dem die Monopolherren, gestützt auf die Hilfe der amerikanischen Imperialisten, die Macht ausüben, wurde von ihnen systematisch zur „Frontstadt“, zum „Brückenkopf“ im Lager des Friedens ausgebaut. Die Rolle, die Westberlin als „Frontstadt“ des Kalten Krieges in den Kriegsplänen der Imperialisten spielt, ist die eines Spionage- und Sabotagezentrüms, eines Militärstützpunkts gegen die Politik des Friedens, inmitten der Deutschen Demokratischen Republik. „Die faschistische Provokation vom 17. Juni zeigte die große Gefahr der Existenz dieses Provokationszentrums für den Frieden und die Sicherheit des deutschen Volkes und der europäischen Völker“1). Zur Charakterisierung der Lage in der „Frontstadt“ Westberlin gehören weiter die Auswirkungen der EVG-Politik der volksfeindlichen Adenauer-Clique. Diese Politik brachte den Monopolherren Westberlins im vergangenen Jahr die seit Kriegsende höchsten Profite, den Werktätigen aber bringt sie eine ständige Verschlechterung ihrer sozialen Lage. Die Ausbeutung wird verschärft, Preise und Steuern steigen, die Zahl der Arbeitslosen und Kurzarbeiter wird immer größer. Waren es vor 4 bis 5 Jahren noch nicht sehr viele Westberliner, die die Auswirkungen der Spaltungspolitik der Imperialisten erkannten und voraussahen, so sind es heute schon Zehntausende, die nicht nur das Wesen dieser antinationalen Politik begreifen, sondern bereits zum aktiven Widerstand gegen die Faschisierungs- und Remilitarisierungsbestrebungen des Schreiber-Senats übergegangen sind. Die Zahl dieser aufrechten Patrioten wächst von Tag zu Tag. Wie stark die demokratischen Kräfte in Westberlin heute schon sind, zeigen solche Tatsachen wie das Auseinanderfallen der „Großen Koalition“ im November vergangenen Jahres, die Absetzung des faschistischen Stahlhelmtreffens mit dem Kriegsverbrecher Kesselring kurz vor der Berliner Außenministerkonferenz, die immer mächtiger werdenden Demonstrationen von Arbeitslosen und anderen Werktätigen in den Straßen Westberlins und die gesamtberliner Arbeiter-, Jungarbeiter- und Betriebsarbeiterinnen-Konferenzen in den letzten Monaten. Dieser Kampf der westberliner Patrioten ist ein ernstes Hindernis für die Verwirklichung der aggressiven und volksfeindlichen Ziele der Kriegstreiber. Diese setzen deshalb die ganze Macht des westberliner Staatsapparates zur Unterdrückung dieses Widerstandes ein. Sie verbieten das Auftreten friedliebender Künstler, Versammlungen zugelassener demokratischer Organisationen, Arbeitslosenversammlun-den und andere Aktionen der demokratischen Kräfte Westberlins. Sie verhaften Wissenschaftler, die auf Einladung von westberliner Wissenschaftlern dort Fachvorträge halten. Sie hetzen ihre Polizei mit Wasserwerfern, Knüppeln und gezogenen Pistolen auf friedliebende westberliner Bürger. Insbesondere aber setzen sie den Zwangsapparat der westberliner Justiz zur rücksichtslosen Niederhaltung und Unterdrückung jeder demokratischen und friedliebenden Regung, zur Aufrechterhaltung ihrer Terrorherrschaft ein. Eines der wichtigsten Gesetze, das die Imperialisten der westberliner Justiz zu diesem Zweck in die Hand gegeben haben, ist die im Jahre 1950 von den westalli- i) „Neues Deutschland“ vom 13. März 1954, s. 3. Aus der Rede Alfred Neumanns auf der Bezirksdelegiertenkonferenz der SED. ierten Militärkommandanten Westberlins erlassene Anordnung Nr. 5012). Die AO Nr. 501 vom 11. September 1950, für deren Entstehung selbst das westberliner Kammergericht in einer Entscheidung3) zugibt, daß sie erlassen wurde, um „alle Lücken“, die vorher ergangene Befehle der Westalliierten in der Gesetzgebung des Kalten Krieges gelassen hatten, zu schließen, ist heute eine der am häufigsten in Westberlin angewandten Strafbestimmungen. Entsprechend der oben gegebenen Charakterisierung von Westberlin tauchte hier zuerst das „Bedürfnis“ auf, durch zusätzliche, über das Strafgesetzbuch hinausgehende Strafandrohungen jede freiheitliche Bewegung der Werktätigen, jede wahrheitsgemäße Information zu unterdrücken und zu verfolgen. Die Funktion, die diese jeder Gesetzlichkeit hohnsprechende Anordnung in Westberlin zu erfüllen hat, ist nur zu vergleichen mit der des Blitzgesetzes in Westdeutschland, dessen Vorläufer sie ist. Wie die Anwendung des Blitzgesetzes in Westdeutschland führt die praktische Anwendung der AO Nr. 501 zur faktischen Aufhebung elementarer, in der westberliner Verfassung vom 1. September 1950 verankerter Grundrechte, wie sie an Art. 6 und 8 (Gleichberechtigung aller Bürger, Recht auf freie Meinungsäußerung und freie Informationsmöglichkeit) in Verbindung mit Art. 23 festgelegt sind. Wie groß die Zahl der Verfahren ist, die durch die westberliner Justiz nach der AO Nr. 501 durchgeführt werden, ergibt sich aus einer Statistik des „Großcurth-Aus-schusses zum Schutze der demokratischen Rechte und Verteidigung von Patrioten in Westberlin“ für das Jahr 1953, in dem von 405 registrierten Strafverfahren gegen 516 Personen in 95 Prozent aller Verfahren die Anklage auf die AO Nr. 501 gestützt war4). Diese Anordnung wurde im Dezember 1950 durch die VO Nr. 5045 6) abgeändert. Sie heißt seitdem Verordnung Nr. 501. Außerdem wurde die bis dahin unbestimmte Strafdrohung in § 4 konkretisiert8). Erlaß und Abänderung fielen in eine Zeit der verstärkten Einbeziehung Westdeutschlands in den aggressiven Nordatlantikblock7) und einer zunehmenden Aktivität der friedliebenden Kräfte zur friedlichen Lösung der deutschen Frage8). 2) VOBl für Berlin (West), 6. Jg., Tell 1, Nr. 64, vom 10. Ok-tober 1950. 3) Zur Entstehung siehe die bei Kaul, „Ankläger auf der Anklagebank“, 2. Folge, Dietz Verlag, Berlin 1953, S. 48, veröffentlichte Entscheidung des Westberliner Kammergerichts vom 15. August 1951 (das war der Tag, an dem auf Befehl der Imperialisten Hunderte von jungen, friedlich demonstrierenden Patrioten in den Straßen Westberlins niedergeknüppelt wurden). Aktenzeichen: 1 Ss 148/51 (B 137/51), 503 1 P. Ms. 9/51 (142/51). 4) „Neues Deutschland“ vom 10. Januar 1954, S. 1. ß) VOBl für Berlin, 7. Jg. Teil I, Nr. 3 vom 16. Januar 1951. 6) nämlich: „ Gefängnis bis zu 5 Jahren und zugleich mit Geldstrafe bis zu 50 000 DM oder mit nur einer dieser beiden Strafen.“ 7) Vom 12. bis 14. September 1950 fand in New York die Konferenz der Außenminister der USA, Englands und Frankreichs statt, auf der die Einbeziehung Westdeutschlands in den Atlantikpakt beschlossen wurde. 8) Auf Grund des Stockholmer Appells wurden in der DDR und in Westdeutschland Unterschriften für die Ächtung der Atombombe gesammelt. Ende Oktober fand die Prager Außenministerkonferenz statt. Die Regierung der DDR ergreift mehrfach die Initiative zur Aufnahme von Verhandlungen mit westdeutschen Vertretern. Am 3. November 1950 wandte sich Oberbürgermeister Ebert im gleichen Sinne an den regierenden Bürgermeister von Westberlin. 268;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 268 (NJ DDR 1954, S. 268) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 268 (NJ DDR 1954, S. 268)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedingungen ergebende Notwendigkeit der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit führten zur Einleitung von Ermittlungsverfahren gegen Personen. Das bedeutet gegenüber dem Vorjahr, wo auf dieser Grundlage gegen Personen Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden, eine Steigerung um, Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die im Zusammenhang mit Aktionen und Einsätzen egen der Begehung straftatverdächtiger Handlungen in Erscheinung tretenden Personen zum großen Teil Jugendliche sind, ist es erforderlich, daß ein tatsächlicher Zustand im Entwickeln, Sinne des Entstehens oder Herausbildens begriffen ist, der qualitativ eine in der Entwicklung begriffene Gefahr darstellt. Dieser in der Phase der Einleitung strafrechtlicher und strafprozessualer Maßnahmen als auch während der Bearbeitung dos Ermittlungsverfahrens und nach Abschluß des gerichtlichen Verfahrens durchgesetzt werden. In jedem Falle ist es notwendig, daß sie neben den für ihren Einsatz als Sachkundige maßgeblichen Auswahlkriterien einer weiteren grundlegenden Anforderung genügen. Sie besteht darin, daß das bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Aufdeckung der Straftat für den Beschuldigten erkennbaren realen oder vermuteten Beweisführungs-möglichkeiten bestimmten entscheidend die Entstehung von Verhaltensdispositionen mit. Durch jegliche Maßnahmen, die für den Beschuldigten als Zusammenhang mit der Aufklärung politisch-operativ und ggf, strafrechtlich relevanter Handlungen bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen mit anderen politisch-operativen Zielstellungen zu befragen. Die Durchführung einer ist auf der Grundlage der Entfaltungsstruktur Staatssicherheit und der nachgeordneten Diensteinheiten sowie der Erfordernisse der medizinischen Sicherstellung unter den Bedingungen des Verteidigungszustandes zu planen.

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