Neue Justiz 1954, Seite 267

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 267 (NJ DDR 1954, S. 267); Normen und deren Auslegung durch die Gerichte der Deutschen Demokratischen Republik verfolgt. Die „Präsidentenbriefe“ als eine umfangreiche Sammlung solcher konkreten Fälle sind ein sehr beachtliches Informationsmaterial. Sie ermöglichen einen guten Überblick oder ergänzen den vorhandenen zumindest in aufschlußreicher Weise. An den Präsidenten wenden sich nicht wenig Querulanten und Vielschreiber, die an anderen Stellen mit Recht abgewiesen worden sind. Groß ist heute auch noch die Zahl der Schreiber, denen ideologische Zurückgebliebenheit die Einsicht in die Richtigkeit staatlicher Maßnahmen oder gerichtlicher Entscheidungen verwehrt, und solcher, die ihren persönlichen Vorteil über das gesellschaftliche Interesse stellen. Im letzten Falle wird vielfach ein Nutzen, der letzten Endes auch für den Unbefriedigten vorhanden ist, nicht erkannt. Daß unsere Gerichte es in der Vergangenheit oft nicht vermochten, ihre Entscheidungen überzeugend zu begründen, hat viele Betroffene veranlaßt, dem Präsidenten Wilhelm Pieck ihren Fall vorzutragen. Dies gilt für einen gewissen Teil aller Urteile, aber am auffallendsten tritt es in Ehesachen, und speziell bei Unterhaltsregelungen, in Erscheinung. Hier zeigt sich nicht selten noch immer ein höchst bedauerlicher Formalismus der Rechtsprechung, der dazu führt, daß solche Entscheidungen nicht verstanden werden, sondern Mißbilligung erfahren. Entscheidungen des Obersten Gerichts, die einen rechtlichen Grundsatz festlegen, kehren, nahezu wörtlich, auszugsweise in Urteilsgründen immer wieder, ohne daß daneben genügend auf die besonderen Umstände' des vorliegenden Falles in einfacher und verständlicher Weise eingegangen wird. Unsere Menschen verstehen deshalb mitunter nicht, daß ein neu ’ gewonnener Rechtsstandpunkt dem gesellschaftlichen Fortschritt dient, und noch seltener, daß, richtig betrachtet, ihre eigene Situation mit der Entscheidung durchaus nicht ausweglos geworden ist. Dem Unverständnis mancher Frauen gegenüber der Auslegung der Gleichberechtigung der Geschlechter durch unsere Gerichte, das in einer beträchtlich hohen Zahl von Eingaben ausgedrückt ist, hätte sicherlich oftmals durch eine warmherzige Überzeugungsarbeit des Gerichts entgegengewirkt werden können. Überzeugen wird das Gericht aber nur dann, wenn es sich den Menschen, in deren persönliches Leben sein Spruch eingreift, zutiefst verantwortlich fühlt. Im Urteil muß für den einzelnen, den es angeht und letztlich für alle klar zum Ausdruck kommen, daß das Gericht alle Umstände des Falles sorgfältig erwogen, daß es sich wirklich „Gedanken gemacht“ hat. Aus Eheurteilen, die der Kanzlei des Präsidenten Vorgelegen haben, sprach manchmal ein befremdender Mangel an Einfühlungsvermögen gegenüber Frauen, die ohne Feststellung eigener Schuld geschieden wurden. Es erscheinen immer wieder in den Urteilsgründen Äußerungen etwa folgender Art: Die Aufgaben der Frau beim Aufbau unserer Wirtschaft ließen ein „Faulenzer-“ oder „Parasiten“leben der geschiedenen Frauen nicht zu, diese könnten einen „Rentenanspruch aus der Ehe“ nicht herleiten, die Ehe sei „kein Versorgungsinstitut“ usw. Wenn ein Gericht solche Feststellungen trifft, so wird es auch darzutun haben, wie es sich die zukünftige Entwicklung in den wirtschaftlichen Verhältnissen der betreffenden Frau gedacht hat, und ihr damit Wege weisen. Andererseits nehmen unter den Eingaben an unseren Präsidenten solche wegen laufender Lohnpfändungen für Unterhaltsverpflichtungen einen breiten Raum ein. Ein Teil derselben erwies sich nach Überprüfung von zuständiger Stelle als tatsächlich unvertretbar hohe Belastung. Durch Gewährung von Pfändungsschutz oder mit der Abänderungsklage war dann zumeist Abhilfe möglich. Einige solcher Pfändungen, bei denen es sich um unverschuldet entstandene, beträchtlich hohe Unterhaltsnachzahlungen handelte, hatten zu äußersten sozialen Notständen von Familien geführt. Dies wäre zu vermeiden gewesen, wenn die BGL der Betriebe, denen die Lohnpfändungs- und Überweisungsbeschlüsse zugestellt worden sind, Kenntnis von den Pfändungen erlangt und sich der Sache angenommen hätten. Eine Rückfrage in der Rechtsauskunftsstelle des Kreisgerichts würde in diesen Fällen sicherlich bereits Erfolg gezeitigt haben. Es gehört u. E. mit zu den Aufgaben der BGL, sich im Rahmen der Sorge um den arbeitenden Menschen darum zu kümmern, ob Teile des Arbeitseinkommens nicht zur Auszahlung gelangen. Das heißt selbstverständlich nicht, daß die Interessen des Unterhaltsberechtigten mißachtet werden sollen. Die Kanzlei des Präsidenten hat wiederholt mit Hilfe der BGL säumige Unterhaltsschuldner zu regelmäßiger Erfüllung ihrer Verpflichtungen veranlaßt. Auf Grund von Eingaben wegen Unterhalts kam es mehrfach dahin, daß Unterhaltsgläubiger und Unterhaltsschuldner, die bis dahin Hemmungen hatten, miteinander offen und vernünftig zu reden, sich in einer Aussprache vor dem Kreisgericht einigten. Zumeist geschah es in der Weise, daß der Gläubiger zu Protokoll des Gerichts Verzicht auf Unterhaltsrückstände (ganz oder teilweise) erklärte und der Schuldner bestimmte feste Zusagen für künftige Leistungen abgab. Vor zwei Jahren bereits machte es sich zufolge gehäufter Eingaben an den Präsidenten notwendig, an verantwortlicher Stelle darauf hinzuwirken, daß auch Vorbestrafte ohne Schwierigkeit in den Arbeitsprozeß eingegliedert werden. In jüngerer Zeit erwies es sich wieder nach den Schreiben an den Präsidenten , daß manche Betriebe die Übernahme der Verantwortung für die Einstellung von Bewerbern mit Strafregistervermerk als Facharbeiter scheuen und daß aus diesem Grunde qualifizierte Facharbeiter mit untergeordneten Arbeiten als Ungelernte beschäftigt werden. Es konnte Klarstellung und Berichtigung im einzelnen erfolgen. Die hier angeführten Arten von Eingaben stellen natürlich nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Sach-inhalt aller dar. Die Kanzlei des Präsidenten der Deutschen Demokratischen Republik hat, ohne etwa als Rechtsmittelinstanz tätig zu werden, stets und insbesondere in der gegenwärtigen Situation da wir uns inmitten einer ständig fortschreitenden Entwicklung auf dem Gebiete des Rechts befinden wichtige Aufgaben auf diesem Gebiet zu erfüllen. Diese decken oder überschneiden sich nicht mit den Funktionen der Instanzen im gerichtlichen Verfahren, mit denen der Instrukteure der Bezirksjustizverwaltungsstellen und des Ministeriums der Justiz und mit der Kassation. Unbefriedigende Entscheidungen, die von diesen Filtern nicht zurückgehalten wurden, führen zu Eingaben der Bürger an ihren Präsidenten. Da dieser Weg in aller Regel dann eingeschlagen wird, wenn nach der Meinung der Betroffenen andere Stellen versagt haben, so finden wir bei dem Präsidenten der Republik gegenwärtig einen so umfangreichen Überblick über problematische Auswirkungen der Rechtsprechung bzw. geltender Gesetze wie kaum an anderer Stelle. Die gewissenhafte Ausnutzung dieser Quelle hat in der Vergangenheit auf manchen Gebieten bereits gute Früchte gezeitigt. Sie ist im Zuge der Auswirkungen des 15. Plenums des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands noch intensiver geworden. Der Bürger hat in unserem Staate viele Möglichkeiten, sein demokratisches Recht zur Kritik und zur Beschwerde wahrzunehmen. Glaubt er, sich an den Präsidenten wenden zu müssen, so erfährt sein Vorbringen die von ihm erwartete gewissenhafte Überprüfung. Der Präsident der Republik bzw. seine Kanzlei stellt jedoch keine zusätzliche staatliche Verwaltungsstelle dar, die im eigenen Bereich verwaltungsmäßige Anordnungen trifft oder gar an Stelle des Gerichts in eine Sadie eingreift. Die Erfahrungen aus den Eingaben an den Präsidenten über praktische Ergebnisse von Gesetzgebung und Rechtsprechung in der Deutschen Demokratischen Republik bilden den Anlaß zu regelmäßigen Aussprachen mit Vertretern der Regierung, der Fachministerien, des Generalstaatsanwalts der Deutschen Demokratischen Republik und anderer sachlich berührter Organe. Es ist klar, daß die hier geübte kritische Beleuchtung der Auswirkung geltender Normen geeignet ist, der Entwicklung des Rechts in unserem Staate zu nutzen. Ist hier dargelegt worden, welche sorgfältige Beachtung alle kritischen Äußerungen aus der Bevölkerung finden, die an den Präsidenten der Republik, Wilhelm Pieck, gelangen, so muß doch andererseits darauf nachdrücklich hingewiesen werden, daß die Demokratisie- 267;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 267 (NJ DDR 1954, S. 267) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 267 (NJ DDR 1954, S. 267)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls dem Untersuchungsorgan und dem Leiter der Untersuchungshaftanstalt bereits vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit zur konsequenten und differenzierten Anwendung des sozialistischen Strafrechts durchzusetzen. die Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines Ermit tlungsverfahrens. Gemäß ist nach Durchführung strafprozessualer Prüfungshandlungen von der Einleitung eines Ermit tlungsverfah rens Wird bei der Prüfung von Verdachtshinweisen festgestellt, daß sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege ermöglichen. In der Untersuchungspraxis Staatssicherheit hat diese Entscheidungsbefugnis der Untersuchungsorgane allerdings bisher keine nennenswerte Bedeutung. Die rechtlichen Grundlagen und Möglichkeiten der Dienst-einheiten der Linie Untersuchung im Prozeß der Vorbeugung und Bekämpfung von Versuchen des Gegners zur Inspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit in der DDR. Vertrauliche Verschlußsache Vergleiche Schmidt Pyka Blumenstein Andrstschke: Die sich aus den Parteibeschlüssen sowie den Befehlen und Weisungen des Ministors für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben für die Linie Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der subversiven Angriffe, Pläne und Absichten des Feindes sowie weiterer politisch-operativ bedeutsamer Handlungen, die weitere Erhöhung der Staatsautorität, die konsequente Verwirklichung der sozialistischen Gesetzlichkeit und zur Ge-Währ lei stung von Ordnung und Sicherheit, zu verbinden. Diese Probleme wurden in zentralen und dezentralisierten Dienstberatungen detailliert erläutert.

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