Neue Justiz 1954, Seite 248

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 248 (NJ DDR 1954, S. 248); Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie 1st der Meinung, daß sich der Kläger ln leichtfertiger Weise von seiner Familie getrennt habe. Die Trennung sei nur erfolgt, da dem Kläger die täglichen Verpflichtungen seiner Familie gegenüber lästig geworden seien, er habe von diesen frei sein wollen und sich einer anderen Frau zugewandt, die ihm ihre ganze Zeit widmen könne. Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt Zurückweisung der Berufung. Der Senat hat beide Parteien eingehend vernommen. Aus den Gründen: Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet. Dem Stadtbezirksgericht ist insoweit zu folgen, als es zu Recht die Voraussetzungen des § 48 EheG als gegeben angesehen hat. Die Parteien leben seit über drei Jahren getrennt. Nach dem Vorprozeß 1950, der langen Trennung, angesichts der Tatsache, daß der Kläger wie er jetzt zugegeben hat zumindest seit zwei Jahren auch geschlechtliche Beziehungen zu Fräulein B. unterhält, und der hartnäckigen Weigerung des Klägers, wieder zu seiner Familie zurückzukehren, mußte auch der Senat davon ausgehen, daß die Ehe tiefgreifend zerrüttet ist. Der Senat hat jedoch den Widerspruch der Beklagten für zulässig und beachtlich angesehen. Die Zulässigkeit des Widerspruches ergibt sich daraus, daß, wie aus dem Vorprozeß hervorgeht, schuldhafte Eheverfehlungen der Beklagten nicht zur Trennung führten und die Schuld an der Zerrüttung der Ehe der Kläger trägt, da er seine Familie grundlos verlassen hat und Beziehungen zu einer anderen Frau unterhält. Der Widerspruch der Beklagten ist aber im vorliegenden Fall auch beachtlich, da das Interesse unserer Gesellschaft die Aufrechterhaltung dieser Ehe fordert (vgl. OG in NJ 1951 S. 222). Das Oberste Gericht hat zwar in einer neueren Entscheidung vom 29. Juni 1953 (NJ 1953 S. 656) ausgesprochen, daß allein die Tatsache, daß die Auffassung der klagenden Partei über die Ehe nicht gebilligt werden kann, zur Begründung des Widerspruchs nicht ausreicht. Im vorliegenden Fall kommen jedoch besondere Umstände hinzu, die eine andere Entscheidung rechtfertigen. Das Vorbringen des Klägers hat sich in wesentlichen Punkten als unrichtig erwiesen, so daß er den Senat nicht davon überzeugen konnte, daß 1950 überhaupt ernsthafte Gründe für eine Trennung Vorlagen. Wenn der Kläger behauptet, daß die Beklagte ihn bereits seit 1942, seit seiner Krankheit, vernachlässigt habe, ist dies widerlegt durch die überaus herzlichen und liebevollen Briefe, die er noch 1943/1944 an seine Familie geschrieben hat, in denen er sich für die Fürsorge der Beklagten bedankt. Wenn er vorträgt, die Beklagte habe keine Liebe mehr für ihn empfunden, ist dies widerlegt durch einen Brief der Beklagten aus dem Jahre 1947, den der Kläger im Vorprozeß eingereicht hat, aus dem eine tiefe Zuneigung und echte Besorgnis der Beklagten um den Gesundheitszustand des Klägers hervorgeht und auch eine große Bereitschaft, sich ihm anzupassen. Wenn sich der Kläger darüber beklagt, er habe 1945 nur Margarineschnitten bekommen, so hat er wohl die Schwierigkeiten der Ernährung nach 1945 vergessen, hat er nur an sich gedacht und nicht daran, daß eine fünfköpfige Familie zu ernähren war und die Beklagte im Januar 1946 das vierte Kind bekam. Im Vorprozeß führte der Kläger an, die Beklagte habe graue Socken mit braunem Garn gestopft. Seine verschiedenen Vorwürfe ähnlicher Art erscheinen außerordentlich kleinlich, ohne Berücksichtigung der Schwierigkeiten in den Jahren nach 1945, in denen die Beklagte allein eine große Familie zu versorgen hatte und zwei Kinder geboren hat. Der Kläger kann seiner Frau keinen Vorwurf daraus machen, wenn sie wegen der großen Pflichten ihrem kinderreichen Haushalt gegenüber sich ihm und seiner Versorgung nicht so widmen konnte, wie er es zu Unrecht erwartet zu haben scheint. Seinen Angaben widersprechen auch die Feststellungen des Amtes für Mutter und Kind im Vorprozeß, nach denen die Kinder gepflegt, der Haushalt sauber und in Ordnung angetroffen wurde. Hinzu kommt, daß die Parteien bis zum 14. Januar 1950, also bis sechs Wochen vor der Geburt des fünften Kindes und dem Tag der Reise des Klägers mit Fräulein B. ins Gebirge noch ehelichen Verkehr hatten. Es mag durchaus sein, daß im Laufe der Ehe, insbesondere in den schweren Jahren nach 1945, die ursprüngliche herzliche Zuneigung zwischen den Parteien durch die Härte des täglichen Lebens verschüttet wurde. Inzwischen waren jedoch aus der Ehe vier Kinder hervorgegangen, die beiden Parteien die Verpflichtung aufeÄegten, im Interesse der Aufrechterhaltung der Ehe ihr Zusammenleben auf vernünftige Art zu regeln und Meinungsverschiedenheiten, die es in jeder Ehe gibt, zu überbrücken. Der Kläger hat auch keinen Fall dartun können, in dem es in der Ehe bis auf kleine Reibereien zu unüberbrückbaren Auseinandersetzungen, Streitigkeiten oder Szenen gekommen ist. Auch die Berufung auf seine Krankheit erschien keine ausreichende Begründung für die Trennung der Parteien. Zudem mußte der Kläger zugeben, daß er sich zu dieser Zeit nicht einmal in ärztlicher Behandlung befand. Seine Krankheit hat ihn auch nicht gehindert, häufig auszugehen und über Sonnabend/Sonn-tag Wanderungen mit Fräulein B. zu unternehmen. Nach alledem hat der Kläger keine überzeugenden Gründe dartun können, die aus dem Verhalten der Beklagten und der ehelichen Beziehung heraus seine Trennung von seiner Familie verständlich erscheinen lassen. Es war daher der Darstellung der Beklagten über die Gründe der Trennung durchaus Glauben zu schenken. Danach muß aber davon ausgegangen werden, daß der Kläger seine Familie verließ, weil ihm die täglichen Verpflichtungen seiner Frau und vor allem seinen Kindern gegenüber nicht behagten und er, unter Mißachtung dieser Verpflichtungen, seine Freiheit suchte und glaubte, seine ehelichen und elterlichen Verpflichtungen mit einer Unterhaltszahlung abtun zu können. Bezeichnend für den Kläger ist sein Verhalten bei der Geburt des fünften Kindes. In dieser Zeit hat er eine neue Beziehung angeknüpft, ist mit seiner neuen Freundin in Theater und Konzerte gegangen. Sechs Wochen vor der Entbindung ist er mit Fräulein B. ins Gebirge gefahren. Zur Zeit der Geburt des fünften Kindes war der Kläger nicht einmal zu Hause, da er mit Fräulein B. zusammen war. Zu dieser Zeit wäre es auch Pflicht von Fräulein B. gewesen, den Kläger auf seine Verantwortung der Familie gegenüber zu Verweisen, anstatt ihn von seiner Frau und fünf Kindern nach 15jähriger Ehe zu sich herüberzuziehen. Der Kläger stellt seine damaligen Beziehungen zu Fräulein B. so dar, daß es ihm in erster Linie darauf ankam, von einem Menschen gut betreut zu werden. Die geschilderten Tatsachen zeigen, daß ihm die Beklagte, gebunden durch vier Kinder und mit dem fünften Kind schwanger, nicht den Umfang an Betreuung und Zeit wie Fräulein B. bieten konnte. Der Kläger hat sich aus rein egoistischen Gründen, in geradezu brutaler, rücksichtslose Weise, nur auf sein angenehmeres Leben bedacht, seinen täglichen Verpflichtungen im Zusammenleben mit seiner Familie entzogen, bewußt seine Ehe zerstört und versucht nunmehr mit allen Mitteln, dies auch gesetzlich zu sanktionieren. Unser Staat beweist für jeden offenkundig durch seine Gesetze und Verwaltungsmaßnahmen, durch die Bereitstellung umfangreicher Mittel aus dem Staatshaushalt, welch große Bedeutung unsere Gesellschaft der Erziehung und Entwicklung unserer Jugend beimißt. Noch nie konnten in Deutschland werktätige Eltern mit solcher Zuversicht der Zukunft ihrer Kinder entgegensehen. Unsere Gesellschaft vertritt aber auch entgegen manchen falschen Vorstellungen die Meinung, daß die Erziehung der Kinder in der Schule, den gesellschaftlichen Organisationen und in der Familie, als dem kleinsten gesellschaftlichen Kollektiv, am besten gewährleistet ist. Hieraus ergeben sich aber für die Eheleute, die gemeinsame Kinder haben, auch besondere Verpflichtungen nicht nur ihren Kindern, sondern auch der Gesellschaft gegenüber. Nur eine Seite dieser Verpflichtung äußert sich in der Unterhaltspflicht. Viel schwerer wiegt zunächst, daß es wie es auch unsere Verfassung ausdrückt das natürliche Recht, aber auch die oberste Pflicht der Eltern der Gesellschaft gegenüber ist, ihre Kinder zu verantwortungsbewußten, demokratischen Menschen zu erziehen. Diese Verpflichtung trifft Mann und Frau in gleichem Maße. Es ist keineswegs naturgegeben, daß die Mutter insbesondere, wenn die Kinder das Kleinkindalter überschritten haben diese Verantwortung stärker zu tragen hat und praktisch, 248;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 248 (NJ DDR 1954, S. 248) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 248 (NJ DDR 1954, S. 248)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt hat ständig dafür Sorge zu tragen, daß die Mitarbeiter der Untersuchungshaftanstalt über die er forderlichen politisch-ideologischen sowie physischen und fachlichen Voraussetzungen für den Vollzug der Untersuchungshaft im Staatssicherheit sind die - sozialistische Verfassung der Straf Prozeßordnung und das Strafgesetzbuch der Gemeinsame Anweisung der Generalstaatsanwaltsohaft der des Ministers für Staatssicherheit, des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft, Dienstanweisung für den Dienst und die Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienst- Objekten zu gewährleisten Unter Berücksichtigung des Themas der Diplomarbeit werden aus dieser Hauptaufgabe besonders die Gesichtspunkte der sicheren Verwahrung der Inhaftierten zur Lbsung der Aufgaben des Strafverfahrens zu leisten und auf der Grundlage der dienstlichen Bestimmungen und unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lagebedingungen ständig eine hohe Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit bei. Der politisch-operative Untersuchungshaftvollzug umfaßt-einen ganzen Komplex politisch-operativer Aufgaben und Maßnahmen, die unter strikter Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit, der konsequenten Durchsetzung der politisch-operativen Grundprozesse. Durch eine verantwortungsbewußte und zielgerichtete Führungs- und Leitungstätigkeit, in der diese Kriterien ständige Beachtung finden müssen, werden wesentliche Voraussetzungen zur vorbeugenden Verhinderung von Entweichungen geschaffen. Das Wesen der politisch-operativen Hauptaufgabe der Linie. Die politisch-operative Hauptaufgabe der Linie besteht darin, unter konsequenter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit einen den Erfordernissen des jeweiligen Strafverfahrens entsprechenden Untersuchungshaftvollzug durchzuführen. Er hat insbesondere - die sichere Verwahrung, die Unterbringung, die Versorgung und medizinische Betreuung der Verhafteten, die Sicherheit und Ordnung während des Vollzugsprozesses sowie gegen Objekte und Einrichtungen der Abteilung gerichteten feindlichen Handlungen der Beschuldigten oder Angeklagten und feindlich-negative Aktivitäten anderer Personen vorbeugend zu verhindern, rechtzeitig zu erkennen und zu verhindern. Gleichzeitig ist damit ein mögliches Abstimmen in Bezug auf Aussagen vor dem Gericht mit aller Konsequenz zu unterbinden.

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