Neue Justiz 1954, Seite 24

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 24 (NJ DDR 1954, S. 24); Ganz sicher fühlte sich die Sicherheitsdirektion jedoch noch nicht. Man stützte sich noch auf einige formelle Gründe: So seien z. B. die Statuten des Vereins schon deshalb völlig gesetzwidrig, weil sie zwar für die Schlichtung von innerhalb des Vereins entstehenden Streitigkeiten ein aus vier Personen zusammengesetztes Schiedsgericht vorsahen, das sich dann einen Vorsitzenden zu wählen habe. „Weiters“ hatten die Statuten auch die Frage geregelt, was geschehen sollte, wenn sich die vier Schiedsrichter nicht über die Person des Vorsitzenden einigen könnten: Dann sollte der Vereinsvorstand den Vorsitzenden bestimmen. Aber wie, wenn nun ein Vorstandsmitglied selbst an einem derartig zu schlichtenden Streit beteiligt sein würde, was sollte dann geschehen? Daran hatten die Proponenten nicht gedacht! Die Statuten sind also unklar, und das ist gemäß § 4 Abs. 2 lit. g des Vereinsgesetzes von 1951 verboten. Außerdem enthalte auch der § 19 der Statuten eine eklatante Verletzung des § 27 Abs. 2 des Vereinsgesetzes. Dort sei nämlich bestimmt, was mit dem Vereinsvermögen geschehen solle, wenn der Verein behördlich aufgelöst würde. Daß diese Fassung des § 19 der Statuten wörtlich mit einem von der Behörde selbst empfohlenen Musterstatut übereinstimmte, störte den Hofrat nicht. Diese Gründe erschienen ausreichend, um am 25. August 1952 dem Proponenten Puchinger einen Bescheid zuzustellen, der die Bildung des Vereins gemäß § 6 des Vereinsgesetzes untersagte. Verhängnisvoll für den S’cherheitsdirektor war nur, daß er diesen Bescheid nicht auch dem Proponenten Dichtl zustellen ließ. Proponent Dichtl gab sich mit der Ablehnung nicht zufrieden; am 12. September 1952 legte er gegen den Untersagungsbescheid Berufung bei der „Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit“ im Bundesministerium des Innern ein. Ganz kurze Zeit darauf nur etwas über sechs Monate später am 21. März 1953 wurde die Berufung beschieden. Der Bescheid trägt die Unterschrift des Bundesministers Helmer und untersagte ebenfalls die Bildung des Vereins. Der Herr Minister ließ das Argument, der Verein könnte für den „Anschluß“ Österreichs an Deutschland und für ein „Großdeutschland“ werben, fallen. Statt dessen führte er folgendes aus: Nach § 2 der Statuten strebe der Verein „österreichisches Initiativkomitee für eine friedliche Lösung des Deutschlandproblems“ mit dem Sitz in Wien die Sammlung aller Personen, die an einer friedlichen Lösung des Deutschlandproblems ohne Militarismus in Frieden und internationaler Zusammenarbeit interessiert sind, an, wobei dieser Zweck durch Vorträge, Abhaltung von Versammlungen, Diskussionsabende, Publikationen, Presse und Rundfunk, sowie Herausgabe eines Organs erreicht werden solle. Sowohl nach dem Vereinsnamen als auch nach den vorstehenden Statutenbestimmungen wolle der beabsichtigte Verein somit die friedliche Lösung des Deutschlandproblems zum Gegenstand seiner Tätigkeit machen. „Die Lösung des Deutschlandproblems ist unter den gegebenen Verhältnissen eine weltpolitische Angelegenheit diffiziler Natur, die einem internationalen Forum, vor allem den unmittelbar beteiligten Großmächten, obliegt. Die Behandlung dieser Fragen durch einen Verein könnte von den Besatzungsmächten als unzulässige Einmischung angesehen werden und würde voraussichtlich Folgen nach sich ziehen, die im Hinblick auf die derzeitige Besetzung Österreichs durch die Alliierten geeignet wären, die staatlichen Interessen Österreichs zu gefährden.“ Der Herr Bundesminister bemerkte offenbar gar nicht, daß er mit diesen Ausführungen einer Gruppe der Alliierten die Absicht unterstellte, das „Deutschlandproblem“ entweder überhaupt nicht oder aber wenn, dann nicht mit friedlichen Mitteln und im Wege internationaler Verständigung lösen zu wollen. Angesichts der Manöver und Ausflüchte der imperialistischen Regierungen gegenüber den wiederholten konstruktiven Verhandlungsangeboten der Sowjetunion erscheint die Ansicht des Herrn Bundesministers allerdings nicht ganz unbegründet. Zu bezweifeln ist nur, ob die Herren, denen er sich mit der Untersagung des Initiativkomitees dienstbar erweisen wollte, ihm für diese Enthüllung ihrer geheimen Absichten sehr dankbar gewesen sind. Was die übrigen Verbotsgründe betraf, so konnte sich der Bundesminister der Erkenntnis nicht verschließen, daß sie keineswegs durchgreifen konnten. Er zog es vor, auf sie überhaupt nicht einzugehen. Nur mit der Frage des Vorsitzenden des Schiedsgerichts setzte sich der Minister auseinander: „Der Berufungswerber meint, daß auch in diesem Falle der Vorsitzende des Schiedsgerichts vom Vereinsvorstand zu bestimmen gewesen wäre, worin keine Gesetzwidrigkeit liege, die vorgesehene Regelung hätte vielmehr nur ein nicht ganz erfreuliches Vorrecht des Vorstandes dargestellt. Dieser Ansicht kann nicht beigepflichtet werden, da der angeführte Mangel derart war, daß eine nach dem Vereinsgesetz 1951 erforderliche Voraussetzung nicht vollständig erfüllt war.“ So lautete denn der Spruch des Ministers: „Der Berufung wird keine Folge gegeben.“ Proponent Dichtl gab sich auch hiermit nicht zufrieden. Nachdem ihm der Bescheid am 22. April 1953 zugestellt worden war, erhob er am 2. Juni 1953, da der administrative Instanzenzug erschöpft war, Beschwerde gemäß Art. 144 der Bundesverfassung an den Bundesverfassungsgerichtshof. Am 7. Oktober 1953 nun entschied der Bundesverfassungsgerichtshof unter dem Vorsitz seines Präsidenten, in Anwesenheit des Vizepräsidenten und unter Mitwirkung von dreizehn weiteren Doktoren beider Rechte über die Beschwerde und gab ihr statt. Der Spruch lautete: „Durch den angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Vereinsrechte verletzt. Der Bescheid wird daher als verfassungswidrig aufgehoben. Der Bund (Bundesministerium für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer die mit S. 1500, bestimmten Kosten binnen zwei Wochen bei Zwangsfolge zu bezahlen.“ Auf welchem Wege kam das Bundesverfassungsgericht zu diesem erfreulichen Ergebnis? Setzte es sich mit dem Zweck des Initiativkomitees auseinander, erkannte es, daß dann, wenn eine friedliche Lösung des „Deutschlandproblems“ nicht gelingen sollte, nicht nur die „staatlichen Interessen“ Österreichs sondern sogar sein „staatlicher Bestand“ gefährdet sein könnte? Erging es sich in subtilen Erörterungen über die Möglichkeit der Schlichtung möglicher Streitigkeiten? Mitnichten! Das Bundesverfassungsgericht fand einen anderen Weg. Wem hatte der Sicherheitsdirektor den Untersagungsbescheid zugestellt? Dem Proponenten Puchinger. Warum nicht auch dem Zweitproponenten Dichtl? Genügte die Zustellung an Puchinger? Jawohl, meinte der Herr Bundesminister. Er führte aus: Nach den Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) sei ein Untersagungsbescheid, falls mehrere Personen als Proponenten auf-treten und einer von ihnen als Zustellungsbevollmächtigter bezeichnet wird, diesem mit Wirkung für alle zuzustellen. Werde eine Anzeige über die Bildung eines Vereins von mehreren Proponenten eingereicht, ohne daß einer von ihnen als Zustellungsbevollmächtigter bezeichnet wird wie es hier der Fall gewesen sei , so gelte gemäß § 26 Abs. 2 AVG derjenige als Zustellungsbevollmächtigter, dessen Unterschrift an erster Stelle stehe. Nun hätten Puchinger und Dichtl die Anzeige zwar auf gleicher Höhe unterschrieben, aber Puchinger links und Dichtl rechts. Da Schriftstücke von links nach rechts gelesen würden, habe also Puchinger zuerst unterzeichnet, er sei als Zustellungsbevollmächtigter anzusehen, die Zustellung daher auch mit Wirkung gegen Dichtl erfolgt. Diesen lichtvollen Ausführungen konnte der Bundesverfassungsgerichtshof nicht folgen. Er gab seine Rechtsansicht dahin kund: „Es ist aber aus der Eingabe nicht in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zu ersehen, welcher der beiden Antragsteller, die die Eingabe in gleicher Höhe gezeichnet haben, als an erster Stelle stehend anzusehen ist. In einem solchen Falle bleibt es bei der allgemeinen Norm, daß allen Beteiligten zuzustellen ist. Die Sicherheitsdirektion wäre daher verpflichtet gewesen, jedem der beiden Proponenten 24;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 24 (NJ DDR 1954, S. 24) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 24 (NJ DDR 1954, S. 24)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

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