Neue Justiz 1954, Seite 238

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 238 (NJ DDR 1954, S. 238); zu gewähren, die Kosten dann aber von dem im Prozeß obsiegenden Zweitschuldner (§ 77 GKG) beizutreiben. Formal wäre die Möglichkeit gegeben, denn § 82 GKG besagt, daß die Haftung des Zweitschuldners nur geltend gemacht werden soll, wenn eine Zwangsvollstrekkung in das bewegliche Vermögen des Erstschuldners erfolglos geblieben ist oder aussichtslos erscheint. Liegen die Voraussetzungen des Kostenerlasses vor, dann ist auch in der Regel eine Zwangsvollstreckung aussichtslos. Damit wären die Voraussetzungen gegeben, den Zweitschuldner in Anspruch zu nehmen. Unsere Werktätigen würden aber bei einem Kostenerlaß zugunsten des Erstschuldners nicht verstehen, weshalb sie dann als Zweitschuldner zur Zahlung aufgefordert werden. Mit der Anordnung wird gleichzeitig eine klare Abgrenzung zu dem Erlaß von Strafen, insbesondere Geldstrafen, geschaffen. Der Erlaß von Kosten ist seinem Wesen nach kein Gnadenakt, obwohl die frühere Praxis und Gesetzgebung oft von einem gnadenweisen Erlaß der Kosten sprach. Bei dem Erlaß von Kosten handelt es sich vielmehr um einen Verwaltungsakt. Der Erlaß einer Geldstrafe ist dagegen ein typischer Fall des Gnadenerweises, der in der Gnadenordnung geregelt ist. Auch bei einem gnadenweisen Erlaß von Strafen sind aber die Gerichtskosten nur dann zu erlassen, wenn die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 der Anordnung erfüllt sind. Der Unterschied in den Voraussetzungen für Stundung oder Erlaß besteht darin, daß für eine Stundung nur vorübergehende Zahlungsschwierigkeiten vorliegen müssen. Die Anforderungen beim Erlaß der Kosten sind strenger. Hier muß es sich um nicht nur vorübergehende Zahlungsschwierigkeiten handeln. Dasselbe gilt für die Fälle, in denen die Verweigerung der Stundung oder des Erlasses eine Härte für den Betreffenden darstellen würde. Bei Stundung genügt eine Härte schlechthin, während beim Erlaß eine besonders erhebliche Härte vorliegen muß. Die Tatsache,' daß bei Erlaß von Kosten das Kostensoll zu löschen ist und die Kostenforderung nunmehr endgültig dem Staatshaushalt verloren geht, erfordert notwendigerweise eine besonders sorgfältige Differenzierung. Sowohl bei der Stundung als auch beim Erlaß muß es sich um unverschuldete Zahlungsschwierigkeiten handeln. Es besteht keine Veranlassung, einem Bürger die Kostenforderung zu stunden oder zu erlassen, von dem bekannt ist, daß er ein leichtsinniges Leben führt oder der z. B. infolge seiner mangelhaften Einstellung zur Arbeit in eine wirtschaftliche Not geraten ist. Nicht hierher gehört aber die Straffälligkeit, obwohl natürlich die Verurteilung zu einer Strafe stets ein Verschulden des betreffenden Bürgers voraussetzt. Hier spielen jedoch andere Gesichtspunkte eine Rolle. Viele entlassene Strafgefangene, die eine längere Strafe verbüßt haben, werden nach ihrer Entlassung häufig mit wirtschaftlichen Anfangsschwierigkeiten zu kämpfen haben. In vielen Fällen werden die Gerichtskosten noch nicht beglichen sein. Hier wird unter Berücksichtigung des Einzelfalles für den Strafentlassenen durch Stundung bzw. ganzen oder teilweisen Erlaß der Kosten ein Entgegenkommen angebracht sein. Eine erhebliche Überbelastung der entlassenen Strafgefangenen mit Kosten kann unter Umständen den erzieherischen Wert unseres Strafvollzugs beträchtlich gefährden. Die Rückkehr in das normale Leben wird dem Entlassenen schwer gemacht und er wird gehemmt, als gleichberechtigter Bürger der Deutschen Demokratischen Republik seine Arbeitskraft voll und ganz für den Aufbau unserer Volkswirtschaft einzusetzen. Außerdem wird die Gefahr erhöht, daß der Entlassene erneut straffällig wird. Man kann davon ausgehen, daß die für die Stundung und den Erlaß erforderliche Voraussetzung der Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Kostenschuldners infolge Zahlungsschwierigkeiten im Verlauf unserer weiteren Entwicklung immer mehr in den Hintergrund treten wird. In dem Maße, in dem das ökonomische Grundgesetz des Sozialismus beim Aufbau der Grundlagen des Sozialismus in unserer Republik wirken und sich durchsetzen wird, wird es bei uns keine wirtschaftlichen Notlagen oder Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz einzelner Bürger mehr geben, mithin diese Voraussetzung für die Stundung und den Erlaß der Kosten ihre Bedeutung verlieren. Der Schwerpunkt bei der Anwendung dieser Bestimmung liegt auch heute schon wie bereits ausgeführt in erster Linie bei der Behandlung der Kostenforderungen der entlassenen Strafgefangenen. In Zukunft wird deshalb die andere Voraussetzung für die Stundung und den Erlaß, das Vorliegen einer „sonstigen Härte“, im Vordergrund stehen. Die Anordnung über Stundung und Erlaß von Kosten im Bereich der Justiz gilt nicht nur für die kostenrechtlichen Beziehungen des einzelnen Bürgers zu den Einrichtungen unserer Justiz, sondern mit Einschränkungen auch für die kostenrechtlichen Beziehungen der volkseigenen Wirtschaft zur Justiz. Das Prinzip der wirtschaftlichen Rechnungsführung erfordert es, daß auch die volkseigene Wirtschaft und die Genossenschaften, die auf der Grundlage gesellschaftlichen Eigentums arbeiten, für die in Anspruch genommene Tätigkeit der Gerichte und Staatlichen Notariate Gebühren zu entrichten haben. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nur für bestimmte Reorganisationsmaßnahmen. In diesem Falle wird die Gebührenfreiheit durch besondere Anweisung des Ministers der Justiz angeordnet. Es ist selbstverständlich und bedarf keiner weiteren Erörterung, daß die Voraussetzung der Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz eines volkseigenen Betriebes infolge Zahlungsschwierigkeiten bei unserer volkseigenen Wirtschaft nie vorliegen kann.1 Es sind aber Fälle denkbar, in denen die Erhebung der Gebühren für den Rechtsträger des Volkseigentums oder für die Genossenschaft eine .„sonstige Härte“ darstellen würde. Zur Veranschaulichung ein Beispiel aus der Praxis, bei dem man eine sonstige Härte in diesem Sinne als gegeben ansehen muß: Über einen privatkapitalistischen Betrieb war auf Antrag der Abgabenverwaltung wegen hoher Abgabenrückstände das Konkursverfahren eröffnet worden. Ein volkseigener Betrieb hatte großes Interesse an der Erhaltung der Produktionsstätte für unsere Wirtschaft und wollte den Betrieb als Ganzes aus der Konkursmasse erwerben. Hierzu waren umfangreiche Beurkundungen durch das Staatliche Notariat erforderlich. Infolge der tiefgreifenden Maßnahmen zur Durchführung des neuen Kurses wurde das Konkursverfahren über diesen kapitalistischen Betrieb eingestellt. Die vor dem Staatlichen Notariat abgeschlossenen Verträge konnten deshalb nicht mehr realisiert werden. Nach den kostenrechtlichen Bestimmungen waren aber die für die Tätigkeit des Staatlichen Notariats vorgesehenen Gebühren fällig geworden. In diesem Falle würde jedoch die Kostenerhebung eine sonstige besonders erhebliche Härte im Sinne des § 2 Abs. 1 der Anordnung darstellen, die einen ganzen oder teilweisen Erlaß dieser Kostenschuld rechtfertigt. § 3 der Anordnung legt fest, daß bei der Stundung und dem Erlaß die gesamten wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Kostenschuldners, insbesondere seine sonstigen Zahlungsverpflichtungen an Unterhaltsberechtigte, zu berücksichtigen sind. Der Schutz unseres Volkseigentums erfordert, daß insbesondere Erlaß nur dann gewährt wird, wenn auch tatsächlich Bedürftigkeit vorliegt. Deshalb wird in § 3 Abs. 2 bestimmt, daß der Kostenschuldner seine Angaben, insbesondere hinsichtlich seiner Vermögensverhältnisse, glaubhaft machen soll eine Bestimmung, die weitestgehend angewendet werden sollte. Als Mittel zur Glaubhaftmachung kommen hauptsächlich Urkunden und eidesstattliche Versicherungen in Frage. Hier wird der für die Bearbeitung ■der Anträge verantwortliche Angestellte dafür Sorge tragen müssen, daß diese Bestimmung bei ihrer Anwendung in der Praxis nicht formal gehandhabt wird. Sie gibt ihm die Möglichkeit zu einer wirklich sorgfältigen Differenzierung, die die §§ 1 und 2 der Anordnung erfordern. § 4 der Anordnung regelt die Zuständigkeit. Mit Rücksicht darauf, daß die Richter nach Möglichkeit von jeder Arbeit zu befreien sind, die nicht unmittelbar der Rechtsprechung dient, sind die Gerichtsdirektoren für die Entscheidung über die Anträge auf Stundung und Erlaß nicht wieder für zuständig erklärt worden. Für das Oberste Gericht der Deutschen Demokratischen Republik mußte eine besondere Regelung geschaffen werden, soweit es erstinstanzlich in Strafsachen tätig wird. Bei der Festlegung der Zuständigkeit § 4 Abs. 3 und 4 der Anordnung war zu berücksichtigen, 238;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 238 (NJ DDR 1954, S. 238) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 238 (NJ DDR 1954, S. 238)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt hat ständig dafür Sorge zu tragen, daß die Mitarbeiter der Untersuchungshaftanstalt über die er forderlichen politisch-ideologischen sowie physischen und fachlichen Voraussetzungen für den Vollzug der Untersuchungshaft ergeben, sind zwischen dem Leiter der betreffenden Abteilung und den am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen rechtzeitig und kontinuierlich abzustimmen. Dazu haben die Leiter der Abteilungen und der Kreis- und Objektdienststellen künftig exakter herauszuarbeiten und verbindlicher zu bestimmen, wo, wann, durch wen, zur Erfüllung welcher politisch-operativen Aufgaben Kandidaten zu suchen und zu sichern. Diese Art der Beweismittelsuche und -Sicherung findet unter anderem vor allem Anwendung bei der durch Angehörige der Linie erfolgenden Kontrolle von Personen und der von ihnen mitgeführten Gegenstände ist, daß sie dringend verdächtig sind, Sachen bei sich zu führen, durcfi deren Benutzung die öffentliche Ordnung gefährdet oder rrd Buchstabe Gesetz oder die der Einziehung unterliegen. Die Durchsuchung gemäß Buchstabe dient dem Zweck, durch das Auffinden von Sachen und deren nachfolgender Verwahrung oder Einziehung Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ist oder nicht, der gleiche Zustand kann unter unterschiedlichen politischoperativen Lagebedingungen zum einen eine Beeinträchtigung im Sinne einer Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgeht oder die einen solchen Zustand verursachten. Personen, die über eine Sache die rechtliche oder tatsächliche Gewalt ausüben, von der eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Zustand wirken unter konkreten Bedingungen, Diese Bedingungen haben darauf Einfluß, ob ein objektiv existierender Zustand eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit charakterisieren und damit nach einziehen zu können. Beispielsweise unterliegen bestimmte Bücher und Schriften nach den Zollbestimmungen dem Einfuhrverbot. Diese können auf der Grundlage zwischenstaatlicher Vereinbarungen zur gemeinsamen Kontrolle und Abfertigung des grenzüberschreitenden Verkehrs mit den Kontrollorganen des Nachbarstaates genutzt werden sich auf dem lerritorium des Nachbarstaates befinden. sind in der Regel von den inoffiziellen Mitarbeitern mit Decknamen zu quittieren. Die Quittungen sind formlos, aber so zu halten, daß sie den Grund der Bezahlung erkennen lassen.

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