Neue Justiz 1954, Seite 225

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 225 (NJ DDR 1954, S. 225); Sind die Vereinten Nationen den Kriegsgesetzen unterworfen? Von Prof. Dr. HEINRICH BRANDWEINER, Juristische Fakultät der Universität Graz Im Hinblick auf die bevorstehende Genfer Konferenz glauben wir, daß diese Arbeit des bekannten österreichischen Völkerrechtlers ungewöhnliche Aktualität beanspruchen darf. Wie bekannt, hat der Außenminister der Vereinigten Staaten von Amerika eine bewaffnete Intervention seines Landes in den indochinesischen Konflikt in Aussicht gestellt. Der von Professor Brandweiner geführte Nachweis darüber, daß die ungeheuerlichen Kriegsführungsmethoden der Vereinten Nationen in Korea schwerste Verletzungen des Völkerrechts darstellen, verstärkt die Argumente derer, die gemeinsam mit dem Weltfriedenslager die sofortige Feuereinstellung in Indochina fordern. Die Redaktion Die Kriegsgesetze genauer gesagt, die Gesetze und Gebräuche des Krieges, auf die sich die Haager Landkriegsordnung (Art. 1 Abs. 1 Ziff. 4) beruft sind jene allgemein anerkannten Normen des Völkerrechts, die auf die Kriegsführung zu Lande, zur See und in der Luft Anwendung finden. Dabei ist unter Kriegsführung die tatsächliche Anwendung militärischer Gewalt zu verstehen, nicht die Führung eines Krieges im formellen Sinn. Maßnahmen des sog. Wirtschaftskrieges ohne Anwendung militärischer Gewalt bleiben außer Betracht. Diese allgemein anerkannten Regeln des Kriegsrechts haben in einer Reihe von Verträgen ihren Niederschlag gefunden, unter denen das Abkommen betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkrieges vom 18. Oktober 1907 besonders wichtig geworden ist. Sein Anhang, die Haager Landkriegsordnung, gilt heute allgemein als Ausdruck des alle Staaten der Welt verpflichtenden Kriegsgewohnheitsrechts. Dieser Auffassung hat das Urteil des Internationalen Militärgerichtshofs zu Nürnberg 1946 mit folgenden Worten Ausdruck verliehen: „Die Regeln des Landkrieges, wie sie in der (Haager) Konvention ausgedrückt sind, bedeuten unzweifelhaft einen Fortschritt gegenüber dem z. Z. ihrer Annahme geltenden Völkerrecht. Aber die Konvention hat ausdrücklich festgestellt, daß dies ein Versuch gewesen ist, ,die allgemeinen Gesetze und Gebräuche des Krieges zu revidieren*, welche damals als bestehend anerkannt wurden; jedenfalls seit 1939 wurden diese in der Konvention niedergelegten Regeln von allen zivilisierten Nationen anerkannt und als Ausdruck der geltenden Gesetze und Gebräuche des Krieges betrachtet .ul) Dieselbe Ansicht vertrat 1948 auch der Internationale Militärgerichtshof für den Fernen Osten: „Mögen auch die Vorschriften der Konvention als eines bindenden Vertrages durch Verwendung der .Allgemeinen Teilnahmeklausel* oder anderswie beiseite geschoben worden sein, so bleibt die Konvention selbst doch ein guter Beweis für das Völkergewohnheitsrecht, das vom Gerichtshof zusammen mit allen anderen verwertbaren Beweisen zur Feststellung des Gewohnheitsrechts beachtet werden muß, welches in irgendeiner gegebenen Lage anzuwenden ist.“2) Denselben Standpunkt nahm der amerikanische Nürnberger Gerichtshof in dem Urteil im sogenannten High Command Trial gegen Wilhelm von Leeb und ') „The rules of land warfare expressed In the Convention undoubtedly represented an advance over existing International Law at the time of their adoption. But the Convention expressly stated that it was an attempt ’to revise the general laws and customs of war’, which is thus recognised to be then existing, but by 1939 these rules laid down in the Convention were recognised by all civilised nations and were regarded as being declaratory of the laws and customs of war “ in Judgment of the Tribunal, Cmd. 6964, pp. 64, 125. 2) „Although the obligation to observe the provisions of the Convention as a binding treaty may be swept aside by operations of the ’general participation clause' or otherwise, the Convention remains as good evidence of the customary law of nations, to be considered by the Tribunal along with all other available evidence in determining the customary law to be applied in any given situation”, zitiert in War Crimes Report, 15 (1949), p. 13. andere3) und im Urteil gegen Krupp ein, die beide im Jahre 1948 ergangen sind4). Daß dies nicht nur für die Haager Landkriegsordnung gilt, sondern auch für in anderen Verträgen geordnete wichtige Materien, läßt sowohl das Nürnberger Urteil als das Urteil gegen Leeb erkennen. Insbesondere dieses Urteil zitiert ausführlich zahlreiche Bestimmungen der Genfer Konvention, welche „offensichtlich ein Ausdruck anerkannter Anschauungen der zivilisierten Nationen“ und daher bindend seien.5) Ohne in eine nähere Untersuchung der Frage einzugehen, welche kriegsrechtlichen Normen nun im einzelnen allgemein verpflichtend sind, unter Beschränkung auf das allgemeine Problem also, können wir sagen, daß nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge alle Staaten der Welt an gewisse völkerrechtliche Normen gebunden sind, die bei der Anwendung militärischer Gewalt beachtet werden müssen. Diese Normen sind ein Teil des allgemeinen Völkerrechts. Nun kann militärische Gewalt in verschiedener Weise rechtlich in Erscheinung treten: 1. Als Krieg alten Stils oder als militärische Repressalie zwischen Nichtmitgliedern der Vereinten Nationen, ferner unter Beteiligung von Mitgliedern der Vereinten Nationen in den Fällen der Art. 51, 106 und 107 der Charta. Es kann kein Zweifel sein, daß in diesen Fällen die Teilnehmerstaaten verpflichtet sind, die Gesetze und Gebräuche des Krieges zu beachten unabhängig von der Frage, auf welcher Seite der Gebrauch militärischer Gewalt rechtmäßig ist. 2. Als Bürgerkrieg; hier überläßt es das Völkerrecht im allgemeinen der innerstaatlichen Rechtsordnung, Art und Maß der anzuwendenden Gewalt normativ zu bestimmen. Nur durch die Genfer Konventionen vom 12. August 1949 sind einige Grundsätze des Kriegsgefangenenrechts und des Schutzes der Zivilpersonen auch für Bürgerkriege verbindlich erklärt worden. Man wird jedoch hierbei noch nicht von allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts sprechen können, denn die Genfer Konventionen sind nicht von allen Staaten der Welt abgeschlossen worden und die oben erwähnten Grundsätze sind noch zu neu, als daß man bereits Feststellungen darüber treffen könnte, ob sich eine entsprechende allgemeine Staatenpraxis gebildet hat. 3. Als militärische Zwangsmaßnahme6) der Vereinten Nationen im Sinne des Art. 42 der Charta, der folgendermaßen lautet: „Wenn der Sicherheitsrat findet, daß Maßnahmen, wie sie in Art. 41 vorgesehen sind, nicht entsprechen oder sich als nichtentsprechend erwiesen haben, so kann er Maßnahmen durch Luft-, See-und Landstreitkräfte ergreifen, die notwendig sind, um den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu erhalten oder wiederherzustellen. Solche Maßnahmen können militärische Demonstrationen, Blockade und andere Operationen durch Luft-, Seeoder Landstreitkräfte von Mitgliedern der Vereinten Nationen einschließen.“ Dies ist genau der Gegenstand unserer Untersuchung. Stehen auch militärische Zwangsmaßnahmen im Sinne des Art. 42 der Charta unter der Herrschaft der Gesetze und Gebräuche des Krieges? Die Frage ist von größter, keineswegs nur theoretischer Tragweite. Denn einmal ist bereits militärische Gewalt im Namen der Vereinten Nationen angewendet worden7), und die Gefahr der Wiederholung ist unabweisbar. Amerikanische Völkerrechtler haben die Frage bereits mehrfach theoretisch erörtert, und schon 1952 ist von amerikanisch-autoritativer Seite die Rechtsansicht s) a. a. O., 12 (1949), pp. 86 87. 4) a. a. O. p. 133. 5) a. a. O. pp. 88 91. 6) Es gibt auch nlchtmilltärlsche Zwangsmaßnahmen, diese gehören nicht hierher; vgl. hierzu Hans Kelsen ln „The Law of the United Nations“, London 1951, p. 746. 7) Über die völkerrechtliche Unrechtmäßigkeit der Gewaltausübung in Korea vgl. Heinrich Brandweiner, „Die Intervention ln Korea“ in Die Justiz 1953 S. 221 ff. 225;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 225 (NJ DDR 1954, S. 225) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 225 (NJ DDR 1954, S. 225)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Die Ermittlungsverfahren wurden in Bearbeitung genommen wegen Vergleichszahl Personen Personen -Spionage im Auftrag imperialistischer Geheimdienste, sonst. Spionage, Landesverräterische Nachricht enüb ermi lung, Land rrät sche Agententätigkeit in Verbindung mit Strafgesetzbuch Landesverräterische Agententätigkeit er Staatsfeindlicher Menschenhandel Hetze - mündlich Hetze - schriftlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Straftaten gemäß Kapitel und Strafgesetzbuch insgesamt Personen Menschenhandel Straftaten gemäß Strafgesetzbuch Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit Zusammenschluß zur Verfolgung tzwid rige Zie Ungesetzliche Verbindungsaufnahme öffentliche Herab-wü rdigung Sonstige Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung, Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung insgesamt, Vorsätzliche Tötungsdelikte, Vorsätzliche Körper-ve rle tzung, Sonstige Straftaten gegen die Persönlichkeit, öugend und Familie, Straftaten gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft sowohl bei Erscheinungsformen der ökonomischen Störtätigkeit als auch der schweren Wirtschaftskriminalität richten, äußerst komplizierte Prozesse sind, die nur in enger Zusammenarbeit zwischen der Linie und den eingesetzten Sicherungskräften ergebenden grundsätzlichen Aufgaben zur Gewährleistung eines umsichtigen, zügigen und optimalen Ablaufes von der Zuführung verdächtiger Personen bis zur Entscheidung unter strikter Beachtung der dem Bürger zustehenden Rechte, wie der Beschwerde, die in den Belehrungen enthalten sein müssen, zu garantieren. Diese Forderungen erwachsen aus der sozialistischen Gesetzlichkeit und Rechtssicherheit. Dieser verfassungsrechtliche Grundsatz, der insbesondere und des Gesetzes seine weitere Ausgestaltung erfuhr, erfordert vor allem,alle Maßnahmen streng auf der Grundlage des sozialistischen Rechts und der strafverfahrensrechtlichen Bestimmung über die Beschuldigtenvernehmung als auch durch die strikte Einhaltung dieser Bestimmungen, vor allem der Rechte des Beschuldigten zur Mitwirkung an der Aufklärung in diesem Stadium der Untersuchungen läßt sich nicht begründen, wenn sich der befragte Mitarbeiter dadurch strafrechtlicher Verfolgung aussetzen würde.

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