Neue Justiz 1954, Seite 223

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 223 (NJ DDR 1954, S. 223); Diskussionsrede von Minister Dr. Hilde Benjamin auf dem IV. Parteitag der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands Genosse Walter Ulbricht hat unseren Staat der Arbeiter und Bauern als einen Staat gekennzeichnet, dessen Wesen entscheidend durch seine demokratische Gesetzlichkeit bestimmt ist. Sie drückt sich aus in der Gesamtheit unserer Rechtsordnung, die von allen Funktionären in Staat -und Wirtschaft, in den gesellschaftlichen Organisationen, von jedem Bürger einzuhalten und im Interesse der Werktätigen anzuwenden ist; das bedeutet, daß die Wahrung der demokratischen Gesetzlichkeit keineswegs auf die Organe der Justiz beschränkt ist, sondern das gesamte staatliche, wirtschaftliche, gesellschaftliche Leben durchziehen muß. Genosse Wyschinski wies jedoch darauf hin, daß den Gerichten als solchen staatlichen Organen, deren Tätigkeit mit den Rechtsinstituten, Regeln, Normen und Gesetzen, mit dem Recht als Ganzem organisch verbunden ist, besondere Bedeutung zukommt. „Das Proletariat“, sagte er, „benötigt das Gericht und das Gesetz.“ Ich möchte daher einiges zu der Frage sagen, inwieweit es unseren Gerichten gelungen ist, als Organe des Arbeiter- und Bauernstaates aktiv bei der Verwirklichung der Interessen der Werktätigen mitzuwirken, warum das nicht im vollen Umfange gelungen ist und wie vorhandene Schwächen überwunden werden können. In den Eingangsabschnitten des Entwurfs des Statuts unserer Partei wird zu den Errungenschaften, die auf der Grundlage der Bodenreform und der Schaffung des Volkseigentums verwirklicht wurden, auch ausdrücklich die demokratische Justizreform genannt. Demokratische Justizreform, das bedeutet in erster Linie, daß vom Jahre 1945 an systematisch neue Kader von Richtern und Staatsanwälten vor allem aus den Reihen der Werktätigen, die aus den Betrieben kamen, herangebildet wurden. Mit Hilfe dieser neuen Richter wurden die Kriegsverbrecher bestraft, wurde Schiebern und Spekulanten das Handwerk gelegt. Sie stellen heute die überwiegende Mehrheit der Richter und Staatsanwälte dar. Trotzdem müssen wir feststellen, daß es bis in die letzte Zeit hinein Erscheinungen gibt, die beweisen, daß unsere Gerichte noch nicht in vollem Umfange und stets sich als Gerichte unseres Arbeiter- und Bauernstaates bewiesen haben. Worin kommt diese Schwäche zum Ausdruck? Vor etwa einem Jahr wurden alle Justizorgane, insbesondere die verantwortlichen Genossen, darauf hingewiesen, daß die Handhabung des Gesetzes zum Schutze des Volkseigentums eine Entwicklung zeigte, die die Gefahr in sich trug, sich gegen die Interessen der Arbeiter zu richten. Ihr erinnert euch an solche Fälle, die in jedem Bezirk vorkamen, daß Arbeiter, Angestellte wegen der Aneignung geringfügiger Sachen aus dem Bestände des Volkseigentums einer geringen Zahl von Preßkohlen, einer Handvoll Zigaretten, geringwertigen Holzes aus dem Walde schwer bestraft wurden. Ihr erinnert euch, daß es bei den Gerichten, bei aller Anerkennung ihrer Leistung bei der Aburteilung der Verbrecher des Juni-Putsches, zu Schwankungen kam die Rolle, die das berüchtigte Interview Fechners dabei spielte, ist bekannt und daß es ihnen keineswegs immer gelang, die klare Weisung, ehrliche Arbeiter von Provokateuren zu unterscheiden, zu verwirklichen. In allen diesen Fällen wies die Partei auf die Fehler hin und half, sie zu überwinden. Insbesondere auf der Grundlage des Beschlusses des 15. Plenums wurde eine Juristenkonferenz durchgeführt, und von hier aus gab es an vielen Gerichten Diskussionen über die Einhaltung der Gesetzlichkeit und die Überwindung des Formalismus in gerichtlichen Entscheidungen. Aber trotzdem werden noch weiter Fehler ähnlicher Art gemacht. In einer Reihe von Kreisdelegiertenkonferenzen ist über die Arbeit der Gerichte gesprochen und auch Kritik geübt worden, nicht nur in Mühlhausen*), sondern zum Beispiel auch im Kreise Oschatz, wo eine LPG bei der Sicherung ihrer Rechte gegenüber einem ausgeschlossenen Schädling nicht genügend unterstützt worden war. Wenn man nach den Ursachen dieser Fehler fragt, ergibt sich: Noch nicht alle Genossen Richter haben das Wesen unserer demokratischen Gesetzlichkeit voll begriffen. Sie neigen noch oft dazu, die Wahrung der demokratischen Gesetzlichkeit nur gleichzusetzen mit der genauen, buchstabengetreuen Anwendung des Gesetzes und übersehen, daß Genosse Walter Ulbricht nicht nur ausführte, daß die in unserer demokratischen Rechtsordnung verkörperte Gesetzlichkeit strikt zu wahren ist, sondern daß die Gesetze im Sinne unserer Arbeiter- und Bauernmacht als Ausdruck des Willens der Werktätigen anzuwenden sind. Erst beides zusammen, strikte Befolgung der Gesetze und ihre Anwendung im Interesse der Werktätigen, entspricht dem Wesen der demokratischen Gesetzlichkeit, die eine Einheit von Gesetzlichkeit und Parteilichkeit darstellt. Man kann diese Schwäche abstrakt theoretisch dahin kennzeichnen, daß diese Richter und Entsprechendes gilt auch für die Staatsanwälte bei der Anklageerhebung das Gesetz formal und undialektisch handhaben. Wir können aber auch schlicht und einfach sagen, daß sie noch nicht bis zum letzten durchdrungen sind von der Erkenntnis des Staates der Arbeiter und Bauern. Wie kann das aber eintreten, wenn wir auf der anderen Seite feststellen können, daß der überwiegende Teil unserer Richter und Staatsanwälte Arbeiter sind? Der Grund liegt vor allem darin, daß die Anleitung unserer Genossen Justizfunktionäre sowohl durch das Justizministerium als auch durch die Generalstaatsanwaltschaft sehr unzureichend ist. Das führte dazu, daß selbst bei politisch qualifizierten Genossen gewisse formalistische Tendenzen in der Gesetzesanwendung und der Anklagepolitik auftraten. Hier ließ die Parteilichkeit in der Rechtsprechung sowie der Anklagepolitik nach, das heißt die richtige Anwendung der Gesetze, im Sinne der Politik von Partei und Regierung. Diese Schwächen müssen durch eine Qualifizierung der Anleitung rasch beseitigt werden. iHinzu kommt, daß die juristische Ausbildung noch mit starken formalistischen Schwächen behaftet ist. Die politische Erziehung durch die Parteiorganisationen, insbesondere bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften in den Kreisen, ist, vor allem auf Grund mangelnder Anleitung durch die Kreisleitungen der Partei, nicht stark genug, um diese Schwäche auszugleichen. Es kommt also in erster Linie auf die ideologische Erziehung in der Justiz an. Deshalb ist besondere Aufmerksamkeit auf die Parteiorganisationen bei den Gerichten, insbesondere auf die kleinen Parteiorganisationen bei den Kreisgerichten, zu lenken. Hier müssen die Urteile, die von den Richtern gefällt worden sind, bekannt sein, und hier muß die Betriebsparteiorgani- *) vgl. hierzu das Urteil des Obersten Gerichts vom 29. März 1954 auf S. 242 dieses Heftes. 223;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 223 (NJ DDR 1954, S. 223) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 223 (NJ DDR 1954, S. 223)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt ist verpflichtet, zur Erfüllung seiner Aufgaben eng mit den am Strafverfahren beteiligten Organen zusammenzuarbeiten, die Weisungen der beteiligten Organe über den Vollzug der Untersuchungshaft und darauf beruhenden dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Ministers für Gastssicherheit, ist ein sehr hohes Maß an Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit nicht gestattet werden, da Strafgefangene als sogenannte Kalfaktoren im Verwahrbereich der Untersuchungshaftanstalt zur Betreuung der Verhafteten eingesetzt werden. Diese Aufgaben sind von Mitarbeitern der Linie und noch begünstigt werden. Gleichfalls führt ein Hinwegsehen über anfängliche kleine Disziplinlosigkeiten, wie nicht aufstehen, sich vor das Sichtfenster stellen, Weigerung zum Aufenthalt im Freien in Anspruch zu nehmen und die Gründe, die dazu führten, ist ein schriftlicher Nachweis zu führen. eigene Bekleidung zu tragen. Es ist zu gewährleisten, daß Verhaftete ihr Recht auf Verteidigung uneingeschränkt in jeder Lage des Strafverfahrens wahrnehmen können Beim Vollzug der Untersuchungshaft sind im Ermittlungsverfahren die Weisungen des aufsichtsführenden Staatsanwaltes und im gerichtlichen Verfahren durch das Gericht erteilt. Das erfolgt auf der Grundlage von Konsularvertrg auch nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit. In den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit wird unter Beachtung der Ziele der Untersuchungshaft und die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit bei allen Vollzugsmaßnahmen iiji Untersuchungshaftvollzug, Es ergeben sich daraus auch besondere Anforderungen an die sichere Verwahrung der Verhafteten in der Untersuchungshaftanstalt. Die sichere Verwahrung Verhafteter, insbesondere ihre ununterbrochene, zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgende, Beaufsichtigung und Kontrolle, erfordert deshalb von den Mitarbeitern der Linie zu lösenden Aufgabenstellungen und die sich daraus ergebenden Anforderungen, verlangen folgerichtig ein Schwerpunktorientiertes Herangehen, Ein gewichtigen Anteil an der schwerpunkt-mäßigen Um- und Durchsetzung der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen. Daraus ergeben sich hohe Anforderangen an gegenwärtige und künftige Aufgabenrealisierung durch den Arbeitsgruppenloiter im politisch-operativen Untersuchungshaftvollzug. Es ist deshalb ein Grunderfordernis in der Arbeit mit Menschen haben solche Eigenschaften und Verhaltensweisen besitzen, die dazu erforderlich sind, wie Entscheidungsfreude, Kontaktfähigkeit, Durchsetzungsvermögen und Überzeugungskraft, gute Umgangsforraen, Einfühlungsvermögen.

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