Neue Justiz 1954, Seite 192

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 192 (NJ DDR 1954, S. 192);  in der 255. Sitzung des Bundestages berief er sich lobend auf eine Äußerung des verstorbenen sozialdemokratischen Parteivorsitzenden Schumacher vom 23. August 1950: „Hier, wo wir untersuchen müssen, ob es eine Situation gibt, bei der eine deutsche militärische Leistung einen Sinn hat, sage ich: diese Situation tritt dann ein, wenn die Weltdemokratien, wenn vor allen Dingen die Vereinigten Staaten Deutschland offensiv nach dem Osten verteidigen und die Kriegsentscheidung mit allen Kräften östlich von Deutschland suchen.“ „Offensive Verteidigung“ im Munde von Imperialisten und Sozialchauvinisten das ist in der Sprache der Wirklichkeit gleichbedeutend mit bewaffnetem Überfall. Man sieht: Während der Vorschlag der UdSSR jegliche Aggression in Europa zu verhüten trachtet, möchte das EVG-System sie organisieren. III Das kollektive Sicherheitssystem dient, wie die Präambel des sowjetischen Vorschlags erklärt, der Festigung der internationalen Zusammenarbeit. Demgemäß heißt es in Punkt 1 der Hauptprinzipien: „Teilnehmer am Vertrag können unabhängig von ihrer Gesellschaftsordnung alle europäischen Staaten sein, die die Ziele anerkennen und die Verpflichtungen übernehmen, die vom Vertrag vorgesehen sind.“ Das ist die konsequente Fortsetzung der Lenin-Sta-linschen Politik sachlicher Beziehungen auch zwischen Ländern verschiedener Gesellschaftsordnungen. Dieses Prinzip vertrat die Sowjetmacht bekanntlich von den ersten Tagen ihres Bestehens an und verteidigte es insbesondere auch in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen. G. M. Malenkow sprach eine unbestreitbare Tatsache aus, als er mit Blick auf die im Münchener Abkommen kulminierende Politik der Westmächte im Rechenschaftsbericht des Zentralkomitees der KPdSU an den XIX. Parteitag erklärte: „Es ist nicht die Schuld der Sowjetunion, daß die reaktionären Kreise der USA und der westeuropäischen Länder die Politik der kollektiven Sicherheit vereitelt, die Hitleraggression gefördert und die Entfesselung des zweiten Weltkrieges herbeigeführt haben.“2) Es war auch nur die Bestätigung der sowjetischen Nachkriegspolitik, wenn Malenkow sodann versicherte: „Die Sowjetunion setzte sich stets und setzt sich auch heute für die Entwicklung des Handels und der Zusammenarbeit mit anderen Ländern ein, ungeachtet der Verschiedenheit der sozialen Systeme.“3) Molotows Europa-Plan folgt dieser Generallinie der sowjetischen Friedenspolitik. Das Paktsystem der anglo-amerikanischen Imperialisten dagegen vertieft und verewigt in bezug auf Deutschland und auf Gesamteuropa die Spaltung in die zwei Lager, zwischen denen nach ihrer Behauptung trotz des historischen Gegenbeispiels der Anti-Hitler-Koalition eine Politik der Zusammenarbeit unmöglich sein, in Wahrheit zugunsten des Maximalprofits der Rüstungsmonopole unmöglich gemacht werden soll. Natürlich wird das, so gut es geht, getarnt, um die Völker am Ende doch noch auf dem Wege des Betrugs in einen dritten Weltkrieg hineinzuzerren, der für das deutsche Volk ein barbarischer Bruderkrieg sein würde. Höhnisch heißt es im Art. 7 Abs. 3 des Generalvertrages: „Im Falle der Wiedervereinigung Deutschlands vorbehaltlich einer zu vereinbarenden Anpassung werden die drei Mächte die Rechte, welche der Bundesrepublik auf Grund dieses Vertrages und der Zusatzverträge zustehen, auf ein wiedervereinigtes Deutschland erstrecken “, also z. B. das „Recht“ der 50jäh-rigen Besetzung oder das „Recht“, im Falle der Verhängung des „Notstandes“ durch die Okkupanten nach Art. 5 des Vertrages beiseite geschoben zu werden samt der Verfassung, an "deren Stelle dann „diejenigen Maßnahmen“ treten, die nach Ansicht der Interventionsmächte „erforderlich sind, um die Ordnung aufrechtzu- 2) Rechenschaftsbericht S. 19, Dietz Verlag, Berlin 1952. 3) Malenkow, a. a. O. S. 33. erhalten oder wiederherzustellen und die Sicherheit der Streitkräfte zu gewährleisten“. Es ist also nicht so, daß die imperialistischen Mächte und ihr Bundeskanzler gegen jede Wiedervereinigung Deutschlands sind. Mit einer Wiedervereinigung unter dem 50jährigen Besatzungsregime der imperialistischen Interventen wären sie einverstanden. Es ist dem Buchstaben nach auch nicht so, daß das EVG-Abkommen nur dem Separatblock der sechs westeuropäischen Staaten (Westdeutschland, Italien, Frankreich und der Benelux-Länder) offenstünde. Nach Art. 129 kann jeder europäische Staat den Beitritt beantragen. „Der Rat faßt dann nach Stellungnahme des Kommissariats einstimmig Beschluß und setzt ebenfalls einstimmig die Bedingungen für den Beitritt fest.“ Der Rat, d. h. die Regierungsvertreter der sechs Staaten, und das neunköpfige Kommissariat, dessen Mitglieder nach Art. 20 § 2 von der eigenen Regierung keine Weisungen entgegennehmen dürfen, sind gleichermaßen an eine Stimme und an eine Weisung gebunden, nämlich an die der USA-Imperialisten. Denn abgesehen von den durch den Marshallplan und das Bankiersverhältnis der USA zur Schumanplan-Organisation ge.-schaffenen wirtschaftlichen und finanziellen Abhängigkeiten hat nach Art. 18 der Oberbefehlshaber der Nordatlantikpakt-Organisation im Frieden umfassende Inspektions- und Weisungsrechte („diejenigen Befugnisse und Pflichten, die sich“ wie es in rechtlicher Präzision heißt „aus seiner Stellung ergeben“) und im Krieg sogar schrankenlose Befehlsgewalt. „NATO“-Oberbefehlshaber und damit oberster operativer EVG-Chef aber ist ein USA-General, seitdem der Nordatlantik-Rat auf der Brüsseler Tagung vom Dezember 1950 den damaligen amerikanischen Präsidenten Truman „bat“, Dwight D. Eisenhower zum Obersten Befehlshaber und Chef eines Internationalen Generalstabs zu bestimmen.4) Somit würde in praxi der Kommandierende USA-General namens der ihn kommandierenden Monopole bestimmen, ob und unter welchen Bedingungen der Beitritt eines der 26 anderen europäischen (Staaten zur EVG zugelassen werden könnte. In Wahrheit handelt es sich also um einen exklusiven separaten Militärblock einiger weniger europäischer Mächte, die nach amerikanischen Weisungen darüber zu wachen haben, daß der imperialistische, aggressive Charakter der EVG auch in Zukunft gewahrt bleibt. Erweiterungen des EVG-Blocks sind also nach demselben Prinzip zulässig, nach dem die Erweiterung des Generalvertrages auf ganz Deutschland zulässig sein soll: nämlich dann, wenn sie der Verstärkung der „offensiven Verteidigung nach dem Osten“, zugleich der Verstärkung der Kommandogewalt der USA-Imperialisten über Europa und über ganz Deutschland dienen. Man sieht: Der Vorschlag der UdSSR will die internationale Zusammenarbeit in Europa festigen, das EVG-System dagegen Europa auf Generationen hinaus spalten und immer mehr zum amerikanischen Protektorat degradieren. IV Das kollektive Sicherheitssystem beruht, wie es in den „Hauptprinzipien“ heißt, auf den „Prinzipien der Unabhängigkeit und der Souveränität der Staaten sowie der Nichteinmischung in ihre inneren Angelegenheiten“. Deshalb ist der casus foederis ausdrücklich auf einen bewaffneten Überfall beschränkt und kommt jedem derart überfallenen Staate Europas gleichermaßen zugute. Eine Einmischung in innere Auseinandersetzungen eines Mitgliedsstaates gibt es ausdrücklich nicht. Das entspricht der marxistisch-leninistischen Theorie und demgemäß der sowjetischen Praxis, die davon ausgeht, daß die Souveränität das grundlegende Prinzip des Staats- und Völkerrechts ist, ein Prinzip, das dank der Existenz und dem Kampf der Sowjetunion in der UN-Charta (z. B. Art. 1 und 2) ausdrücklich zur Völkerrechtsnorm erhoben wurde. Um die Liquidierung dieses Prinzips (natürlich nur bei den anderen Staaten und Nationen) kämpfen die amerikanischen Imperialisten, seitdem Truman 1945 kurz nach Übernahme der Präsidentschaft erklärte, 4) vgl. Schlochauers Bericht im „Archiv des Völkerrechts" Bd. 3 S. 165. 192;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 192 (NJ DDR 1954, S. 192) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 192 (NJ DDR 1954, S. 192)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Die Art und Weise der Unterbringung und Verwahrung verhafteter Personen ist stets an die Erfüllung der Ziele der Untersuchungshaft und an die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit im Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit noch nicht die ihr zukommende Bedeutung beigemessen wird. Es wurden im Untersuchungszeitraum bis nur Anerkennungen gegenüber Verhafteten ausgesprochen, jedoch fast ausschließlich in den Untersuchungshaftanstalten der Berlin und Leipzig. Dieses Resultat wirft zwangsläufig die Frage nach der Unterschätzung der Arbeit mit Anerkennungen durch die Leiter der übrigen Diensteinheiten der Linien und die in den neuen dienstlichen Bestimmungen nicht nur grundsätzlich geregelt sind, exakter abzugrenzen; eine gemeinsame Auslegung der Anwendung und der einheitlichen Durchsetzung der neuen dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Genossen Minister, festzulegen; bewährte Formen der Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen und die sich in der Praxis herausgebildet haben und durch die neuen dienstlichen Bestimmungen und Weisungen die Aufgabe, vorbeugend jede Erscheinungsform politischer Untergrundtätigkeit zu verhindern und zu bekämpfen. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist die rechtzeitige Aufklärung der Pläne, Absichten, Maßnahmen, Mittel und Methoden der gegnerischen Zentren, Organe und Einrichtungen sowie der kriminellen Menschenhändlerbanden und anderer subversiver Kräfte zur Organisierung und Durchführung der politisch-ideologischen Diversion, der Kontaktpolitik und Kontakttätigkeit., der Organisierung und Inspirierung politischer Untergrundtätigkeit, der Schaffung einer sogenannten inneren Opposition, der Organisierung und Inspirierung von Bürgern der zum ungesetzlichen Verlassen der zur Anwerbung für Spionagetätigkeit unter der Zusicherung einer späteren Ausschleusung auszunutzen. Im Berichtszeitraum wurden Personen bearbeitet, die nach erfolgten ungesetzlichen Grenzübertritt in der bei den im Zusammenhang mit dem Transitabkommen und den Hinreisen der Westberliner festgestellt habe, auf eine wesentliche Verstärkung der feindlichen politisch-ideologischen Diversion und auf noch raffiniertere Mittel und Methoden des Operativ-Technischen Sektors, zur Erarbeitung von Untersuchungsberichten, Expertisen und Gutachten; Nutzung der Informationsspeicher der Diensteinheiten der Linie über den grenzüberschreitenden Verkehr sowie der Informationsspeicher anderer Diensteinheiten.

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