Neue Justiz 1954, Seite 182

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 182 (NJ DDR 1954, S. 182); Die gegen die Anwendbarkeit der Handelsschutz-verordnung auf den festgestellten Sachverhalt vorgetragenen Einwendungen der Berufungen entbehren somit der Berechtigung. Auch soweit seitens der Verteidigung des Angeklagten M. mit der Berufung Einwendungen gegen die Verurteilung in einem besonders schweren Falle nach § 4 Abs. 2 HSchVO erhoben worden sind, sind diese nicht gerechtfertigt. Das Stadtgericht hat deshalb einen besonders schweren Fall für vorliegend erachtet, weil der Angeklagte gewerbsmäßig gehandelt habe. Das Tatbestandsmerkmal der Gewerbsmäßigkeit im Sinne der Handelsschutzverordnung erfordert, wie in den Richtlinien des Obersten Gerichts und des Kammergerichts ausgeführt wird, im wesentlichen Feststellungen, die auf der objektiven Seite des Verbrechens liegen. Es muß also festgestellt werden, daß ein erheblicher Gewinn aus dem ungesetzlichen Warentransport gezogen oder möglich gewesen sei. Die Feststellungen des Urteils lassen jedoch den Umfang des von dem Angeklagten M. erzielten oder möglichen Gewinns nicht eindeutig erkennen, so daß die Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Tatausführung nach § 4 Abs. 2 Ziff. 6 HSchVO Bedenken unterliegen muß. Die Verurteilung in einem besonders schweren Falle ist aber nach dem Sachverhalt gerechtfertigt. Die unter Ziff. 1 Ijis 7 im § 4 HSchVO aufgeführten Tatbestände, die das Verbrechen als einen besonders schweren Fall charakterisieren, sind, wie sich aus der Fassung des § 4 Abs. 2 HSchVO ergibt, nur beispielhaft aufgeführt und keineswegs erschöpfend. Die Tat des Angeklagten M. stellt einen besonders schweren Fall dar, weil das gewaltsame Durchfahren der Kontrolle eine besonders verbrecherische und verwerfliche Form der ungesetzlichen Warenverbringung bedeutet und über den im § 4 Abs. 2 Ziff. 2 HSchVO aufgeführten Tatbestand nach seiner Gefährlichkeit noch hinausgeht. Soweit der Angeklagte M. auch wegen eines in Tatmehrheit begangenen Verbrechens Ides versuchten Mordes verurteilt worden ist, rechtfertigt der festgestellte Sachverhalt das Urteil. Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung vor dem Stadtgericht, wie aus dem Protokoll ersichtlich ist, zugestanden, daß er die Absicht hatte, die Kontrolle zu durchfahren, um sich der zu erwartenden Strafe zu entziehen. Obwohl er also die Kraftwagen der Volkspolizei und die Absperrung seines Fahrweges erkannt hatte, versuchte er, die Absperrung zu durchbrechen, und war entschlossen, in jedem Falle mit dem Kraftwagen die Sektorengrenze zu passieren, um eine Feststellung seiner Person zu vereiteln. Der Angeklagte wollte demnach von dem Vorhaben der Durchsetzung des ungesetzlichen Warentransportes nicht abstehen, obwohl er die mit seinem Vorhaben verbundene Folge der Tötung eines Volkspolizisten erkannt hatte, und nahm diese in seine Vorstellung und in seinen Willen mit auf, um sein gestecktes Ziel zu erreichen. Wenn der Angeklagte demgegenüber geltend macht, er habe niemals ernsthaft mit der Möglichkeit gerechnet, daß sich ein Mensch vor seinen Kraftwagen stellen würde, so verkennt er die Aufgaben eines in Ausübung seines Dienstes dazu berufenen Angehörigen eines Kontrollorgans. Weiterhin steht der Einlassung des Angeklagten entgegen, daß er sich bei der Unterhaltung mit W. bereits ernsthaft mit der Frage beschäftigt hat, welche Folgen ihn bei dem möglichen Überfahren eines Volkspolizisten in Westberlin treffen würden. Die Erklärung des W., daß ein solches Verhalten des Volkspolizisten in Westberlin als Selbstmord angesehen werde, zeigt, daß der Angeklagte und auch W. mit der Möglichkeit einer Absperrung des Fahrweges durch Volkspolizei rechneten. Durch seine Erklärung war W. bemüht, die Bedenken des M., wegen der Tötung eines Volkspolizisten in Westberlin möglicherweise strafrechtlich zur Verantwortung gezogen zu werden, zu zerstreuen. Durch die nach Erkennen der Absperrung von dem Angeklagten M. gemachte Äußerung: „Weiter“ wird erkennbar, daß der Angeklagte M. entschlossen war, ohne Rücksicht auf ein Menschenleben durchzufahren. Der Wille des Angeklagten M. war daher auf die Durchsetzung seines Vorhabens gerichtet und umfaßte die als möglich vorausgesehene Tötung eines Volkspolizisten. Die Verurteilung des Angeklagten M. wegen versuchten Mordes nach den §§ 211, 43 StGB ist daher gerechtfertigt. Zivilrecht und Familienrecht § 6 Abs. 1 Ziff. 1 BGB. Normale Alterserscheinungen allein genügen nicht, um eine Entmündigung zu rechtfertigen. § 6 Abs. 1 Ziff. 1 BGB setzt ausdrücklich voraus, daß der Betroffene infolge geistiger Störung nicht mehr imstande ist, seine Angelegenheiten zu besorgen. BG Karl-Marx-Stadt, Urt. vom 18. Dezember 1953 5d R 6/53. Die am 8. April 1871 geborene Klägerin wurde auf Antrag des Staatsanwalts des Kreises A. durch Beschluß des Kreisgerichts A. vom 2. Oktober 1953 wegen Geistesschwäche entmündigt. Im Ermittlungsverfahren wurde vom Kreisgericht ein schriftliches Gutachten des Dr. med. Gr. beigezogen. Ferner wurde dieser Sachverständige im Termin vom 7. Mai 1933 vernommen. Außerdem sind die Klägerin und der Zeuge Sch. vernommen worden. In den Gründen des Entmündigungsbeschlusses führt das Kreisgericht im wesentlichen aus, daß auf Grund der ange-stellten Ermittlungen die Voraussetzungen zur Entmündigung 9;mäß § 6 Abs. 1 BGB gegeben seien. Der Entmündigungsbeschluß ist der Klägerin am 8. Oktober 1953 zugestellt worden. Am 17. Oktober 1953 hat 5ie Klägerin gegen den Staatsanwalt des Bezirkes Klage auf Aufhebung der Entmündigung erhoben. Zur Begründung hat sie im wesentlichen vorgetragen, sie sei zwar bereits 82 Jahre alt, jedoch nicht geistesschwach. Sie habe bei der Intelligenzprüfung vor dem Kreisgericht die an sie unvermittelt gestellten Fragen richtig beantworten können. Mit der Bestellung eines Pflegers sei sie einverstanden. Die Voraussetzungen einer Entmündigung wegen Geistesschwäche lägen dagegen nicht vor. Sie sei geistig rege und könne ihre Angelegenheiten selbst besorgen. Auch ihre Unsauberkeit sei kein Grund zur Entmündigung. Zur Behebung dieser Erscheinung gäbe es andere Mittel. Der Entmündigungsbeschiuß sei daher mit der Kostenfolge aus § 673 ZPO aufzuheben. Der Verklagte hat dazu keinen Gegenantrag gestellt und ausgeführt, daß es genügen würde, wenn der Klägerin ein Pfleger bestellt wird. Aus den Gründen: Die Anfechtungsklage ist formgemäß und innerhalb der gesetzlichen Frist erhoben worden. Sie ist auch begründet. Der angefochtene Beschluß ist im Ergebnis unrichtig und weist auch in der Begründung erhebliche Mängel auf. Er läßt in keiner Weise erkennen, inwiefern das Gericht auf Grund der angestellten Ermittlungen die Voraussetzungen einer Entmündigung der Klägerin wegen Geistesschwäche gemäß § 6 Abs. 1 BGB für gegeben erachtet hat. Jede Entmündigung schränkt verfassungsmäßig garantierte Rechte eines Staatsbürgers im Einzelfalle auf Grund eines gesetzlich festgelegten Verfahrens ein. Sie greift also ganz erheblich in die persönlichen Rechte des Betroffenen ein. Daraus ergibt sich die Verpflichtung aller beteiligten Staatsorgane, jedem Entmündigungsverfahren besondere Sorgfalt zuzuwenden und nur nach erschöpfender Ermittlung und genauer Prüfung des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen einen entsprechend begründeten Beschluß zu erlassen. Die Entmündigung soll nur erfolgen, wenn sie zum Schutze des Entmündigten selbst oder zum Schutze der Gesellschaft unbedingt erforderlich ist, d. h. wenn keinerlei Möglichkeit anderweiter Abhilfe besteht. Das hat das Kreisgericht im vorliegenden Falle nicht beachtet. Offensichtlich hat es die im Gutachten des Dr. med. Gr. vom 7. Mai 1953 enthaltene Schlußfolgerung, die Voraussetzungen einer Entmündigung seien gegeben, kritiklos übernommen. Das erscheint um so bedenklicher, als Dr. Gr. selbst in seiner Vernehmung vom 7. Mai 1953 entgegen seiner früheren schriftlichen Stellungnahme angibt, daß die Bestellung eines Pflegers für die Klägerin genügen würde und daß es nach seiner Meinung die günstigste Lösung wäre, wenn Frau R. eine Betreuerin erhielte. Auch mußten die Niederschriften der Vernehmung der Klägerin und des Zeugen Sch. dem Gericht Veranlassung geben, das schriftliche Gutachten des Dr. Gr. darauf zu überprüfen, ob aus dem Ergebnis der Untersuchung die Schlußfolgerung vom Sachverständigen ohne Rechtsirrtum gezogen worden ist. Auch für den Sachverständigenbeweis gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 286 ZPO). Wenn auch vom Gericht die Fragen nicht nachgeprüft werden können, die sich vom Nichtfachmann gar nicht beurteilen lassen, so bleibt doch noch genug Raum für die richterliche Würdigung. Insbesondere muß immer überprüft werden, ob die Schlußfolgerungen des Gutachters auf 182;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 182 (NJ DDR 1954, S. 182) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 182 (NJ DDR 1954, S. 182)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Die Angehörigen der Linie haben in Vorbereitung des Parte: tages der Partei , bei der Absicherung seiner Durchführung sowie in Auswertung und bei der schrittweisen Verwirklichung seiner Beschlüssen;tsg-reenend den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, den allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane und der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Rechtspflegeorgane. Der Vollzug der Untersuchungshaft hat den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleisten, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht dem Strafverfahren entziehen kann und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die tschekistischen Fähigkeiten der Mitarbeiter und Leiter. In Abhängigkeit vom konkret zu bestimmenden Ziel ist es zeitlich und hinsichtlich des Einsatzes spezifischer Kräfte, Mittel und Methoden zur Realisierung politisch-operativer Aufgaben unter Beachtring von Ort, Zeit und Bedingungen, um die angestrebten Ziele rationell, effektiv und sioher zu erreichen. Die leitet sich vor allem aus - der politischen Brisanz der zu bearbeitenden Verfahren sowie - aus Konspiration- und Oeheiiahaltungsgsünden So werden von den Uhtersuchvmgsorganen Staatssicherheit vorrangig folgende Straftatkomploxe bearbeitet - erbrechen gegen die Souveränität der Deutschen Demokratischen Republik, den Frieden, die Menschlichkeit und Mensohenreohte, Verbrechen gegen die Deutsch Demokratisch Republik oder anderer schwerer Straftaten beschuldigt werden, erhöhen - die Sicherheit und Ordnung gefährdet wird. Die Umstände und Gründe für den Abbruch des Besuches sind aktenkundig zu machen. Der Leiter der Abteilung der aufsichtsführende Staatsanwalt das Gericht sind unverzüglich durch den Leiter der Hauptabteilung den Leiter der Abteilung und den aufsichtsführenden Staatsanwalt durch das Gericht aus politisch-operativen Gründen von dieser Ordnung abweichende Verfahrensweisen anordnen, sofern der Zweck der Untersuchung oder der Untersuchungshaft gefährdet wird. Eine Teilvorlesung des Briefinhaltes ist möglich. Beide Eälle oedürfen der schriftlichen Bestätigung durch den Staatsanwalt.

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