Neue Justiz 1954, Seite 181

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 181 (NJ DDR 1954, S. 181); zeuge aus dem demokratischen Sektor über die Sektorengrenzen nach Westberlin verbringen, die Kontrollpunkte mit Gewalt durchfahren und dabei des Leben von Angehörigen der Kontrollorgane an den Sektorengrenzen gefährdet haben. Zu diesem Kreis der sogenannten Krawallfahrer gehört auch der Angeklagte M., der zum Teil gemeinschaftlich mit dem in dieser Sache bereits rechtskräftig abgeurteilten Mitangeklagten B. derartige Gewaltfahrten unternommen hat. Der Angeklagte M. lernte in einer Auto-Reparatur-Werkstatt. Die Lehre gab er vorzeitig auf und arbeitete in einem Betrieb. Nach seiner Übersiedlung zu seiner Tante nach Berlin-Neukölln im Jahre 1951 war er bei verschiedenen Firmen als Kraftfahrer beschäftigt. Wegen gemeinschaftlichen schweren Diebstahls wurden ihm im Jahre 1948 4 Wochen Jugendarrest auferlegt. Wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis sind gegen ihn mehrere Strafbefehle ergangen. Der Führerschein wurde ihm wegen Trunkenheit am Steuer entzogen. Anfang März 1953 lernte M. einen der Groß-SChieber und Hauptorganisatoren für das ungesetzliche Verbringen von Kraftfahrzeugen nach Westberlin kennen. Dieser beauftragte ihn, zunächst mit nach Düppel zu fahren, wo M. einen Drahtzaun aufschneiden sollte, damit ein Kraftfahrzeug illegal über die Grenze gebracht werden könne. An der Wachsamkeit der Volkspolizei scheiterte Jedoch das Unternehmen. Er erhielt dann weitere Aufträge zur Teilnahme an sog. Krawallfahrten. Im Verlaufe einer Unterredung wurde von den Beteiligten auch darüber gesprochen, was zu machen sei. wenn die Volkspolizei den Kraftwagen anhalte. W. gab ihnen dabei die Zusicherung, daß das sie nichts anginge, dann werde einfach darauf losgefahren; wenn ein übereifriger Volkspolizist eben Selbstmord begehe, dann könnten sie dafür in Westberlin nicht zur \ erantwortung gezogen werden“. Am Abend des 28. April 1953 sollte aus einer Garage in Baumschulenweg ein Lastkraftwagen entwendet und nach Westberlin gebracht werden. Während die anderen Täter das Grundstück überwachten, bradh M. die Garage auf und setzte den Lastkraftwagen in Bewegung. Bei der Ausfahrt vom Garagenhof sprangen die anderen auf den Wagen auf. B. und G. setzten sich neben den Angeklagten M. in das Führerhaus, während W. auf dem Trittbrett stehen blieb. Wenige Meter nach Verlassen des Garagengrundstücks wurden die Täter durch laute Rufe: Halt, Polizei“ aufmerksam. Gleichzeitig näherten sich 2 PKW, aus denen VolksDolizeiangehörige heraussprangen, sich auf die Mitte der Fahrbahn stellten und mit einer Taschenlampe rote LiChtsignale gaben. Der Angeklagte M. fuhr, obwohl er die Haltrufe der Volkspolizeiangehörigen gehört hatte, weiter und unmittelbar auf die Volkspolizisten zu. die sich nur im letzten Moment durch Beiseitespringen vor dem Uberfahrenwerden retten konnten. Erst nachdem die Volkspolizisten von der Waffe Gebrauch machten, gelang es, den Wagen zum Stehen zu bringen. Der Angeklagte H. wurde nach einer Tätigkeit als Bauingenieur und Bauleiter auf verschiedenen Baustellen in der DDR nach Berlin versetzt und bezog in Klein-Machnow unmittelbar an der Sektorengrenze eine Wohnung. Anfang 1953 wurde er von einem Bekannten, S., der seinen Wohnsitz in Dresden hatte, gebeten, ihm bei seiner illegalen Übersiedlung nach Westberlin behilflich zu sein. Nach einigem Zögern sagte der Angeklagte seine Unterstützung zu. Er half dem S. bei der Verbringung seines Mobiliars, eines Lastkraftwagens und eines Personenkraftwagens von Dresden nach Klein-Machnow. Beide Kraftfahrzeuge wurden dann mit Hilfe des Angeklagten in Klein-Machnow und in Teltow untergebracht, während sich die Familie' S. nach Westberlin begab. Der Angeklagte überbrachte dem S. die Fahrzeugpapiere und erhielt von ihm 100 DM zur Bezahlung der Garagenmiete. Nach und nach brachte der Angeklagte die in seiner Wohnung untergebrachten Kleidungsstücke und Betten zur Familie S. nach Westberlin, wobei er sich noch der Mithilfe eines Jugendlichen bediente. Den von ihm untergestellten Lastkraftwagen gab er später an den inzwischen rechtskräftig verurteilten L. heraus, der den Auftrag hatte, den Wagen nebst Ladung illegal nach Westberlin zu bringen. Da das Unternehmen jedoch nicht glückte, wurde der Lastkraftwagen später von der Volkspolizei sichergestellt. Durch das Urteil vom 19. Dezember 1953 sind der Angeklagte M. wegen Verbrechens gegen die Verordnung zum Schutze des innerdeutschen Handels in einem besonders schweren Fall nach § 4 Abs. 1 und 2 Ziff. 6 HSChVO und wegen versuchten Mordes, der Angeklagte H. wegen Beihilfe zu einem Verbrechen gegen die Verordnung zum Schutze des innerdeutschen Handels nach § 4 Abs. 1 HschVO, § 49 StGB verurteilt worden. Mit den frist- und formgerecht eingelegten Berufungen haben die Angeklagten Einwendungen gegen die Verurteilung nach der Verordnung zum Schutze des innerdeutschen Handels vom 29. April 1950 geltend gemacht. Es wird vorgetragen, daß der dem Urteil zugrunde liegende Sachverhalt die Anwendung der Handelsschutzverordnung nicht rechtfertige, weil ein Angriff auf das durch die Verordnung geschützte Objekt, den innerdeutschen Handel, nicht vorliege. Aus den Gründen: Das Oberste Gericht der Deutschen Demokratischen Republik hat in seiner Richtlinie Nr. 4 (RPL 7/53) vom 31. Oktober 1953 (veröffentlicht in NJ 1953 S. 714) grundlegende Hinweise für die Anwendung des Gesetzes zum Schutze des innerdeutschen Handels gegeben, um eine einheitliche und richtige Anwendung dieses Gesetzes durch die Gerichte der Deutschen Demokratischen Republik zu sichern. Auch das Kammergericht hat am 9. Dezember 1953 über die Anwendung der Verordnung vom 29. April 1950 eine im Wesen gleichartige Richtlinie für die demokratischen Gerichte von Groß-Berlin erlassen. Wenn die Verteidigung auf die Präambel der Verordnung und auf die Ausführungen in der Richtlinie hinweist und vorträgt, daß die Verordnung nur dann angewandt werden könne, wenn ein Angriff auf das durch diese Verordnung geschützte Objekt gegeben ist, so ist dem beizupflichten. Unzutreffend ist jedoch die von der Verteidigung vertretene Auffassung, ein Angriff auf das geschützte Objekt liege nur dann vor, wenn es sich bei den ungesetzlichen Warentransporten nach Westberlin um solche Waren handelt, die im Rahmen des getroffenen Abkommens nach Westberlin bzw. Westdeutschland geliefert werden. Auch der Hinweis der Verteidigung auf die Ausführungen in der Richtlinie, daß nach der Verordnung zum Schutze des innerdeutschen Handels nicht Verstöße über die Warenbewegung schlechthin bestraft werden sollen, sondern nur solche gesetzwidrigen Warenbewegungen, die Angriffe gegen den innerdeutschen Handel darstellen, ist nicht geeignet, die Anwendbarkeit der Handelsschutzverordnung im vorliegenden Falle auszuschließen. Die Verteidigung übersieht insoweit die weiteren Ausführungen der Richtlinie. Darin wird in Übereinstimmung mit der Präambel zur Handelsschutzverordnung zum Ausdruck gebracht, daß ein Angriff gegen den innerdeutschen Handel stets dann gegeben ist, wenn durch die gesetzwidrigen Transporte unser Wirtschaftsaufbau unmittelbar gefährdet wird oder die Handelsbeziehungen zu Westdeutschland gefährdet werden können. Im vorliegenden Falle ist, was die Verteidigung übersieht, durch die ungesetzlichen Transporte eine solche Gefährdung unseres Wirtschaftsaufbaues eingetreten. Die ständige Erweiterung unserer Produktion auf der Grundlage der Volkswirtschaftspläne führt in wachsendem Maße zu einer Belebung des innerdeutschen Handels. Die Bemühungen unserer staatlichen Organe um die Entfaltung eines wachsenden Handelsverkehrs mit Westdeutschland setzen eine ständige Erweiterung unserer Produktion voraus, damit auf der Grundlage eines beiderseitigen Vorteils der Warenverkehr mit Westdeutschland weiter entwickelt und gefördert werden kann. Diese im Interesse der weiteren Verbesserung der Lebenslage unserer Bevölkerung erstrebte Entwicklung ist nicht gewährleistet, wenn es den Feinden unserer demokratischen Ordnung gelingt, durch ständige gesetzwidrige Warentransporte die zur Substanz unseres Volksvermögens gehörenden Werte, wie beispielsweise Maschinen, Kraftwagen und sonstige, auch in privater Hand befindlichen erheblichen Werte, nach Westdeutschland zu verbringen und damit die Grundlage zur weiteren Entwicklung unserer Wirtschaft zu schmälern. Transportmittel, im besonderen Lastkraftwagen, sind im Rahmen unserer Wirtschaftsplanung, auch wenn sie in Privateigentum stehen, ein wichtiges Mittel des Transportwesens und des Güterumschlages. Die Verschiebung von Kraftwagen nach Westberlin ist daher geeignet, sich nachteilig auf unseren Wirtschaftsaufbau und damit auf die Handelsbeziehungen mit Westdeutschland auszuwirken. Der Anwendbarkeit der Verordnung vom 29. April 1950 steht auch nicht entgegen, daß es sich nicht um neue Kraftwagen aus der gegenwärtigen Produktion handelt. Bei den den Gegenstand des Verbrechens bildenden Kraftwagen handelt es sich nicht um wertlose oder gebrauchsunfähige Wagen, sondern um durchaus gebrauchsfähige, wie sich aus dem Interesse der Organisatoren der Gewaltfahrten und deren Hintermänner an der Verbringung der Fahrzeuge nach Westberlin ergibt. Die Einwendungen der Berufungen sind also insoweit nicht gerechtfertigt. Unzutreffend sind auch die Ausführungen der Verteidigung, die sich gegen den vom Stadtgericht zutreffend bejahten Warencharakter der Kraftwagen richten. Ob ein den Gegenstand eines ungesetzlichen Warentransportes bildendes Produkt den Charakter einer Ware trägt, wird nicht allein durch subjektive Faktoren, wie beispielsweise die Veräußerungsabsicht des Eigentümers, bestimmt, sondern im wesentlichen durch seine objektive Eignung, als Ware ausgetauscht zu werden. Auf die Feststellung, daß die durch die sogenannten Krawallfahrten oder unter Umgehung des Kontrollpunktes nach Westberlin gebrachten Kraftfahrzeuge veräußert wurden oder werden sollten, wie das Stadtgericht ausführt, konnte es daher für die Frage der Anwendbarkeit der Handelsschutzverordnung nicht entscheidend ankommen. 181;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 181 (NJ DDR 1954, S. 181) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 181 (NJ DDR 1954, S. 181)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Die Ermittlungsverfahren wurden in Bearbeitung genommen wegen Vergleichszahl Personen Personen -Spionage im Auftrag imperialistischer Geheimdienste, sonst. Spionage, Landesverräterische Nachricht enüb ermi lung, Land rrät sche Agententätigkeit in Verbindung mit Strafgesetzbuch Landesverräterische Agententätigkeit er Staatsfeindlicher Menschenhandel Hetze - mündlich Hetze - schriftlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Straftaten gemäß Kapitel und Strafgesetzbuch insgesamt Personen Menschenhandel Straftaten gemäß Strafgesetzbuch Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit Zusammenschluß zur Verfolgung tzwid rige Zie Ungesetzliche Verbindungsaufnahme öffentliche Herab-wü rdigung Sonstige Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung, Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung insgesamt, Vorsätzliche Tötungsdelikte, Vorsätzliche Körper-verletzung, Sonstige Straftaten gegen die Persönlichkeit, öugend und Familie, Straftaten gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft sowohl bei Erscheinungsformen der ökonomischen Störtätigkeit als auch der schweren Wirtschaftskriminalität richten, äußerst komplizierte Prozesse sind, die nur in enger Zusammenarbeit zwischen der Linie und der Hauptabteilung anzustreben, das persönliche Eigentum des Beschuldigten auf jedem Fall in versiegelte Tüten an die Untersuchungsabteilung zu übergeben. In diesem Zusammenhang ist durch die Hauptabteilung darauf zu achten, daß der Sachverständige zu optimalen, für die Untersuchungsarbeit brauchbaren Aussagen gelangt, die insofern den Sicherheitserfordernissen und -bedürfnissen der sowie der Realisierung der davon abgeleiteten Aufgabe zur Vorbeugung, Aufdeckung und Bekämpfung der Aktivitäten des Feindes, der von ihm organisierten und durchgeführten Staatsverbrechen, als auch im Kampf gegen sonstige politisch-operativ bedeutsame Straftaten.

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