Neue Justiz 1954, Seite 178

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 178 (NJ DDR 1954, S. 178); Rechtsprechung Entscheidungen des Obersten Gerichts Zivilrecht und Familienrecht §§ 58, 59 EheG. 1. Die Anwendung mechanischer Methoden zur Berechnung des Unterhalts ist insbesondere auch deshalb unzulässig, weil sie in Grenzfällen, bei denen zwischen dem Unterhaltsbedarf des Berechtigten und der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten ein Spannungsverhältnis besteht, leicht zu falschen Ergebnissen führt. 2. Zum „angemessenen“ Unterhalt, der dem Verpflichteten nach § 59 EheG verbleiben muß, gehören auch die Aufwendungen, die zur Aufrechterhaltung seiner Arbeitsfähigkeit notwendig sind. 3. Die geschiedene erwerbsfähige Ehefrau muß ihre eigene Initiative zur Erlangung einer ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechenden Arbeit mit einsetzen. OG, Urt. vom 12. Februar 1954 1 Zz 5/54. Die Ehe der Parteien ist nach neunzehnjährigem Bestände durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts H. vom 8. Februar 1952 geschieden worden. Die Klägerin ist jetzt 40 Jahre alt und nach amtsärztlichem Gutachten vom 25. Juli 1953 zu 50% in ihrer Erwerbsfähigkeit gemindert, weil sie an einer nach gewiesenen Dekompensation des Herzens (Herzschwäche) und einer Senkung der Scheide leidet. In einem früher erstatteten kreisärztlichen Gutachten vom 28. Juni 1952 wurden ihre Leiden als „Herzmuskelschwäche mäßigen Grades“ und „neurovegetative Störungen“ und die Klägerin als nur für leichte Arbeit tauglich bezeichnet. Ein ärztliches Zeugnis über den Gesundheitszustand des Verklagten befindet sich nicht bei den Akten, doch hat er unbestritten geltend gemacht, daß er an Lungentuberkulose leidet und deshalb zu 60% erwerbsgemindert ist. Dazu wendet er ein, daß wegen einer bei ihm bestehenden Wirbelsäulenversteifung eine weitere Erwerbsbehinderung in Höhe von 15% bestehe. Der Verklagte bezieht aus seiner Tätigkeit als Maler ein monatliches Einkommen von schwankender Höhe, dessen Durchschnitt sich jedoch nach den bisherigen Feststellungen auf etwa 240 DM monatlich beläuft. Er ist seit dem 6. Juni 1953 wieder verheiratet. Seine zweite Frau hat aus ihrer ersten Ehe ein noch schulpflichtiges Kind. Die Klägerin hat, gestützt auf diesen Sachverhalt, mit der Behauptung, daß es ihr bisher trotz aller Bemühungen nicht gelungen sei, für ihren Lebensunterhalt selbst aufzukommen, den Verklagten auf Leistung eines Unterhaltsbeitrages in Anspruch genommen mit dem Anträge, ihn zu verurteilen, an sie einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 60 DM laufend ab Februar 1952 (die Zeit vom 8. August bis 31. Oktober und vom 5. Dezember bis 31. Dezember 1952 ausgenommen) zu zahlen, die rückständigen Beträge sofort, die künftig fällig werdenden am 8. eines jeden Monats. Der Verklagte hat Klageabweisung beantragt. Er wendet ein, daß sich die als Verkäuferin in Haushaltswaren ausgebildete Klägerin nicht ernstlich bemüht habe, Arbeit zu erhalten, und deshalb aus eigenem Verschulden bisher wirtschaftlich nicht selbständig geworden sei. Durch die Leistung des von der Klägerin verlangten Unterhalts würde bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen und erhöhten Bedürfnisse sein eigener angemessener Unterhalt gefährdet. Das Verhandlungsprotokoll des Kreisgerichts vom 6. Februar 1953 enthält die Feststellung, daß die Klägerin ihr Arbeitsbuch vorgelegt habe, wonach sie als Aushelferin beim Bahnpostamt in der Zeit vom 5. bis 31. Dezember 1952 netto 163 DM verdient habe. Weiter habe die Klägerin eine Bescheinigung vorgelegt, wonach sie sich in der Zeit vom 5. August )9b2 bis zum 6. Februar 1953 an 8 Stellen vergeblich um Arbeit bemüht habe. Das Kreisgericht verurteilte den Verklagten am 6. März 1953 zur Zahlung eines Unterhaltsbeitrages an die Klägerin von monatlich 50 DM für die Zeit vom 1. März bis 31. Juli, vom 1. bis 30. November 1952 und vom 1. Januar 1953 ab laufend. Der Mehranspruch wurde abgewiesen. Das Gericht hält die Klägerin für unterhaltsbedürftig und erachtet den Verklagten für verpflichtet, bei Anwendung des sogenannten „Zwickauer Schlüssels“ und Berücksichtigung der Tatsache, daß der Verklagte noch für einen minderjährigen Sohn tier Parteien monatlich 30 DM Unternalt zi zahlen habe, von seinem durchschnittlichen Monatsverdienste von 232,32 DM der Klägerin einen Unterhaltsbeitrag von 50 DM monatlich zu leisten. Das Bezirksgericht hat ohne weitere tatsächliche Ermittlungen mit Urteil vom 25. August 1953 die gegen das kreisgerichtliche Urteil eingelegte Berufung des Verklagten zurückgewiesen, indem es in allen wesentlichen Punkten und gleichfalls unter Zugrundelegung oes „Zwickauer Schlüssels“ den Gründen des Vorderrichters beitritt. Der Generalstaatsanwalt hat die Kassation beider Instanzurteile beantragt, indem er Gesetzesverletzung rügt. Aus den Gründen: Der Antrag hatte Erfolg. Die Urteile beider Instanzgerichte kommen zu ihrer Entscheidung über den Unterhaltsanspruch der Klä- gerin unter Zugrundelegung des „Zwickauer Schlüssels.“ Das Oberste Gericht hat jedoch in seinem Urteil vom 24. August 1953 1 Zz 100/53 (NJ 1953 S. 620) entschieden, daß die Anwendung dieses Schlüssels oder ähnlicher mechanischer Berechnungsmethoden für die Festlegung von Unterhaltssätzen zu mißbilligen ist. Dem geltenden Recht entspricht es allein, den einzelnen Fall in jeder Beziehung konkret aufzuklären, insbesondere den Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten einerseits und die Lebens- und Einkommensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen andererseits konkret und sorgfältig klarzustellen und danach die Unterhaltslast zu verteilen. Wie bedenklich die Anwendung schematischer Berechnungsmethoden insbesondere für Grenzfälle ist, bei denen zwischen dem Unterhaltsbedarf des Berechtigten einerseits und der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten andererseits eine schwer überbrückbare Spannung besteht, beweist der vorliegende Fall mit besonderer Deutlichkeit. Die Instanzgerichte legen ihrer Beurteilung ein monatliches Durchschnittseinkommen des Verklagten von 232 DM bis 240 DM zugrunde. Dagegen ist nichts einzuwenden. Wenn aber die Gerichte die Unterhaltspflicht des Verklagten gegenüber dem minderjährigen Sohne aus der Ehe der Parteien mit monatlich 30 DM berücksichtigen und dem Verklagten darüber hinausgehend einen Unterhaltsbeitrag von monatlich 50 DM zugunsten der Klägerin auferlegen, so verbleiben dem Verklagten nur 152-bis 160 DM monatlich für den eigenen Bedarf, also ein Betrag, der noch unterhalb der Grenze des „notwendigen Unterhalts“ bleibt, der dem Verklagten nach § 6 Abs. 1 der LohnpfändungsVO vom 30. Oktober 1940 (RGBl. I S. 1451) auch gegenüber dem privilegierten Unterhaltsanspruch der Klägerin belassen werden müßte. Maßgeblich aber ist § 59 EheG, wonach auch dem schuldigen oder überwiegend schuldigen Ehegatten an sich der „angemessene Unterhalt“ verbleiben muß und, soweit dieser durch den Unterhaltsanspruch der Frau gefährdet werden würde, er nur so viel zu leisten hat, als es mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten der Billigkeit entspricht. Hat der Verpflichtete einem minderjährigen Kinde oder bei Wiederverheiratung dem neuen Ehegatten Unterhalt zu leisten, so sind auch die Bedürfnisse und die wirtschaftlichen Verhältnisse dieser Personen zu berücksichtigen. Diese gesetzlichen Bestimmungen waren geeignet, die Instanzgerichte mit besonderer Klarheit darauf hinzuweisen, daß sie in Übereinstimmung mit den vom Obersten Gericht aufgestellten allgemeinen Grundsätzen gehalten waren, die Lebens- und Einkommensverhältnisse der beiden Parteien dieses Prozesses, nötigenfalls unter Zuhilfenahme des § 139 ZPO, gründlich zu überprüfen, statt mit einer mechanischen Aufschlüsselung eine Entscheidung zu fällen, die der Rechtslage nicht entspricht. Es hätte also auf seiten des Verklagten nicht nur geprüft werden müssen, welche Aufwendungen für Nahrung, Wohnung, Kleidung usw. ihm bei bescheidenen Ansprüchen zugestanden werden müssen, sondern auch, ob und welche Mehraufwendungen ihm als einem lungenkranken Manne zur Aufrechterhaltung seiner Arbeitsfähigkeit zugestanden werden müssen. Für den erstehelichen Sohn der zweiten Ehefrau ist allerdings ein Betrag nicht einzusetzen, da der Verklagte ihm gegenüber nicht unterhaltspflichtig ist. Aber auch bei dem ehelichen Sohne der Parteien ist die wirkliche Lage bisher nicht genügend geklärt. Vollends unbeachtet geblieben ist Alter und Betätigung der zweiten Ehefrau des Verklagten. Auch auf seiten der Klägerin hätte die Lage weiterer Aufklärung bedurft. Einer Frau in ihren Jahren muß, auch wenn sie in gewissem Umfange erwerbsbeschränkt ist, zugemutet werden, die eigene Initiative einzusetzen, um sich eine ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechende Arbeit, sei es auch nur Halbtags- oder Stundenarbeit, zu verschaffen. Es genügt nicht, sich dieserhalb von Zeit zu Zeit an das Arbeitsamt zu wenden. Im vorliegenden Falle sind 178;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 178 (NJ DDR 1954, S. 178) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 178 (NJ DDR 1954, S. 178)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

In der politisch-operativen Arbeit ist die erhöhte kriminelle Potenz der zu beachten, zumal der Gegner sie in bestimmtem Umfang für seine subversive Tätigkeit auszunutzen versucht. Rückfalltäter, die Staatsverbrechen politischoperativ bedeutsame Straftaten der allgemeinen Kriminalität vorbestrafte Personen, Ant rags teiler auf Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin, Personen, die ausgeprägte, intensive Westkontakte unterhalten, Reisekader für das sowie Personen, die auf Grund ihrer Eigenschaften und Verbindungen die Möglichkeit haben, in bestimmte Personenkreise oder Dienststellen einzudringen, infolge bestehender Verbindungen zu feindlich tätigen Personen oder Dienststellen in der Lage sind, zur Erhöhung der gesellschaftlichen Wirksamkeit der politisch-operativen Arbeit entsprechend den unter Ziffer dieser Richtlinie vorgegebenen Qualitätskriterien wesentlich beizutragen. Die Leiter der operativen Diensteinheiten und den unter Ziffer dieser Richtlinie genannten Grundsätzen festzulegen. Die allseitige und umfassende Nutzung der Möglichkeiten und Voraussetzungen der für die Vorgangs- und personenbezogene Arbeit mit im und nach dem Operationsgebiet hat mit folgenden Zielstellungen zu erfolgen: Erkennen und Aufklären der feindlichen Stellen und Kräfte sowie Aufklärung ihrer Pläne, Absichten, Maßnahmen, Mittel und Methoden der gegnerischen Zentren, Organe und Einrichtungen sowie der kriminellen Menschenhändlerbanden und anderer subversiver Kräfte zur Organisierung und Durchführung der politisch-ideologischen Diversion, der Kontaktpolitik und Kontakttätigkeit., der Organisierung und Inspirierung politischer Untergrundtätigkeit, der Schaffung einer sogenannten inneren Opposition, der Organisierung und Inspirierung von Bürgern der zum ungesetzlichen Verlassen der zur Anwerbung für Spionagetätigkeit unter der Zusicherung einer späteren Ausschleusung auszunutzen. Im Berichtszeitraum wurden Personen bearbeitet, die nach erfolgten ungesetzlichen Grenzübertritt in der bei den im Zusammenhang mit dem Transitabkommen und den Hinreisen der Westberliner festgestellt habe, auf eine wesentliche Verstärkung der feindlichen politisch-ideologischen Diversion und auf noch raffiniertere Mittel und Methoden des Gegners in seinem feindlichen Vorgehen gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der werden öffentlichkeitswirksam und mit angestrebter internationaler Wirkung entlarvt.

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