Neue Justiz 1954, Seite 17

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 17 (NJ DDR 1954, S. 17); welchem Umfange beim zivilrechtlichen Anschlußverfahren zivil- oder strafprozessuale Bestimmungen anzuwenden sind. Grundsätzlich ist das Verfahren nach §§ 268 ff. StPO ein unselbständiges und vereinfachtes Verfahren, das nur möglich ist, wenn und solange ein Strafverfahren durchgeführt wird. Das Verfahren richtet sich nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung; die Bestimmungen der ZPO finden also grundsätzlich keine Anwendung. Im einzelnen ist nun zu prüfen, welche der drei von den unseren Zivilprozeß beherrschenden Grundsätzen Parteigrundsatz „wo kein Kläger ist, ist kein Richter“, Antragsgrundsatz „der Richter gehe nicht über die Anträge der Parteien hinaus“ und Verhandlungsgrundsatz „worüber nicht, von den Parteien verhandelt worden ist, das existiert nicht für den Prozeß“ für das Anschlußverfahren übernommen werden können. Der Parteigrundsatz muß deshalb angewendet werden, weil das zivilrechtliche Anschlußverfahren nur auf Grund eines Antrages des Verletzten durchgeführt werden kann (§ 268 StPO). Es ist infolgedessen nicht möglich, daß der Staatsanwalt einen solchen Antrag stellt. Er kann lediglich den Antrag des Verletzten durch Beweisanträge, Fragen und durch seine Ausführungen unterstützen. Daß auch der Antragsgrundsatz auf se;ten des Verletzten gilt, ergibt sich auch daraus, daß der Gegenstand des Antrages in § 268 StPO als Anspruch bezeichnet wird. Der Geschädigte muß also, wenn er einen Schadensersatzanspruch geltend macht, in der Regel auch dessen Höhe angeben Allerdings wird es Aufgabe des Gerichts sein, gemäß § 200 StPO durch Fragen auf die Beseitigung von Unklarheiten hinzuwirken und in geeigneten Fällen darauf aufmerksam zu machen, in welcher Höhe ein Schadensersatzanspruch etwa Erfolg haben könnte. Der Antragsgrundsatz gilt jedoch nicht für den Angeklagten. Erkennt dieser den Anspruch an, so ist das Anerkenntnis in freier Beweiswürdigung zu beurteilen und im Regelfälle auf den geforderten und anerkannten Betrag zu erkennen. Das kann jedoch n'cht in einem besonderen Anerkenntnisur+eil (§ 306 ZPO) geschehen, sondern immer nur in Verbindung mit dem Strafurteil. Die Anwendung des Verhandlungsgrundsatzes des Zivilnrozeßrechts in dem Sinne, daß die Ausführungen der Parteien grundsätzlich für die Wahrheitserforschung maßgebend sind, der Richter also an übereinstimmende Erklärungen gebunden ist und nicht geforderte Zeugenvernehmungen unterbleiben, ist dagegen meht möglich. Vielmehr sind alle Vorschriften für d;e Wahrheitserforschung der Strafprozeßordnung zu entnehmen. Aus der Anwendung bzw. Ablehnung von Maximen des Zivilorozesses ergeben sich im wesentlichen folgende Schlußfolgerungen: 1. Antragsberechtigt nach § 268 Abs. 1 S'PO ist nur der „durch ein Verbrechen Verletzte“, nicht aber der Abtre-tungsempfänger oder ein sonst auf Grund ernes vertraglichen oder gesetzlichen Forderungsüberganges (z. B. § 255 BGB) Berechtigter, z. B. die Versicherung. Im Falle schuldhafter Tötung sind die Witwe und die Kinder des Getöteten hinsichtlich des Schadensersatzanspruches und ähnlicher Forderungen (§ 844 BGB) als unmittelbar Verletzte anzusehen. 2. Der Verletzte braucht den Antrag jedoch nicht selbst zu stellen; dies kann in seinem Namen ein Vertreter (gesetzlicher Vertreter oder Bevollmächtigter), z. B. für die HO oder eine Konsumgenossenschaft ein hierzu bestimmter Angestellter. In der Hauptverhandlung dagegen kann nur der Verletzte selbst oder insbesondere bei juristischen Personen sein gesetzlicher Vertreter auftreten. Bei volkseigenen Betrieben und Genossenschaften mit umfangreicher Verwaltung wird allerdings eine Vertretung durch andere Angestellte zulässig sein, da die gesetzlichen Vertreter schlechterdings nicht in der Lage sind, in jeder Hauptverhandlung, in der ein Schadensersatzanspruch geltend gemacht wird, persönlich aufzutreten. Eine Vertretung durch sonstige Bevollmächtigte, z. B. Anwälte, wird dagegen als unzulässig anzusehen sein, da das Anschlußverfahren eine dem Verletzten persönlich zugebilligte Erleichterung zur Erlangung seines Schadensersatzes, aber keinen Zivilprozeß darstellt. Der Bevollmäch- tigte des Verletzten kann nicht gleichzeitig als Sachverständiger auftreten. 3. Der Verletzte kann seinen Antrag, den Angeklagten zum Schadensersatz zu verurteilen, jederzeit, auch ohne Einwilligung des Angeklagten, zurücknehmen. Der Verletzte hat auf den Gang des Anschlußverfahrens einen wesentlich geringeren Einfluß als der Kläger auf den des Zivilprozesses; er kann also ein dringendes Bedürfnis haben, seine Beteiligung an einem Verfahren aufzugeben, das sich entgegen seinen Erwartungen entwickelt, wenn er von einem Zivilprozeß ein günstigeres Ergebnis erhofft. Das gilt auch für die zweite Instanz. Dem Bedenken, daß hierdurch das Urteil erster Instanz, soweit es dem Verletzten Schadensersatz zugesprochen hat, gegenstandslos wird, ist entgegenzuhalten, daß im Privatklageverfahren, das ebenfalls in hohem Maße dem Interesse eines Verletzten dient und daher in diesem Punkte etwa mit dem Anschlußverfahren vergleichbar ist, durch die hier nach § 249 Abs. 3 StPO zulässige Zurücknahme sogar das Urteil erster Instanz in seiner Gesamtheit unwirksam wird. D!e Rücknahme des Antrages durch den Verletzten müßte allerdings in schriftlicher Form oder zu Protokoll erfolgen. 4. Der Antrag des Verletzten muß spätestens bei Eröffnung des Hauntverfahrens bei den Aktpn sein (§ 268 Abs. 1 StPO). Wiederholt kommt der Fehler vor, daß der Antrag erst in der Hauntverhandlung gestellt wird und das Gericht sogar sachlich über ihn entscheidet. Statt dessen muß der Antrag, wenn er nach Eröffnung des Hauptverfahrens gestellt und bis zum Urteil erster Instanz nicht zurückgenommen wurde, als unzulässig zurückgewiesen werden. Allerdings wird im Urteil zweckmäßigerweise darzulegen sein, daß es sich bei der verspäteten Antragstellung um einen verfahrensrechtlichen Mangel handelt; der Verletzte kann also seinen Anspruch dann noch im Zivilprozeß geltend machen. Es ist angebracht, wenn der Staatsanwalt in Fällen, in denen das zivilrechth'che Anschlußverfahren zweckmäßig erscheint, vor Erhebung der Anklage den Verletzten zur Stellung des Antrages anregt. In der Regel wird es sich dabei um solche Fälle handeln, in denen gesellschaftliches Eigentum verletzt wurde: aber auch in anderen Fällen soll dieser Hinweis erfolgen, insbesondere eegenüber vermutlich rechtsunkundigen Verletzten. Dies erscheint bei Verletzung von gesellschaftlichem Eigentum vor allem deshalb notwendig, weil trotz einer entsprechenden Verfügung des Finanzministeriums, den Antrag nach §§ 268 ff. StPO zu stellen, die Rechtsträger von dieser Möglichkeit bisher verhältnismäßig selten Gebrauch gemacht haben. 5. Der Antrag kann wie Heinrich3) zutreffend ausgeführt hat in freier Form gestellt werden; allerdings muß er schriftlich oder zu Protokoll erklärt sein, weil sich sonst der Zeitpunkt der Antragstellung nicht feststellen läßt4 5). Ist aus dem Antrag die Höhe des verlangten Schadensersatzes nicht ers'chtl’ch, so wird das Ger;cht den Verletzten sachgemäß darüber zu befragen haben; eine Verpflichtung, die nicht auf § 139 ZPO, sondern auf § 200 StPO beruht. Zur Begründung des Antrages des Verletzten genügt, wenn er erkennen läßt, daß Schadensersatz wegen der Tat Gefordert wird, die Gegenstand des Strafverfahrens ist. Infolgedessen ist es auch unwesentlich, wie Staatsanwalt und Gericht diese Tat strafrechtlich beurteilen, und ein Wechsel der Beurteilung in der Hauptverhandlung (§ 216 StPO) ist unschädlich, auch wenn er die zivilrechtliche Begründung des Schadensersatzanspruches ändert). Der Begriff einer Klagänderung (§ 264 ZPO), der ja mit dem Verhandlungsgrundsatz zusammenhängt, kommt also für dieses Verfahren nicht in Betracht. 6. Der Anwendung des Antragsgrundsatzes auf das Anschlußverfahren entspricht es, daß dem Antragsteller nur soviel zugebilliet wird, wie er selbst verlangt hat. Sogar wenn das Gericht bei der Aufklärung feststellt, 3) a. a. O. ■') Dem Angeklagten 1st zusammen mit d=m EröfEmmgs-beschluß eine Abschrift des Antrages des Verletzten zuzustellen. In den Eröffnungsbeschluß ist der Antrag nicht aufzunehmen. 5) Statt einer Unterschlagung, die zum Schadensersatz gemäß s 823 Abs. 1 BGB führt, wird Betrug angenommen, der emen Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB begründet. 17;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 17 (NJ DDR 1954, S. 17) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 17 (NJ DDR 1954, S. 17)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedin- ergebende der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zu gewährleisten. Der Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden der Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zur Vorbeugung. Zur weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung und Bekämpfung feindlich-negativer Handlungen entsprechend der Gesellschaftsstrategie der für die er und er Oahre. Die weitere erfolgreiche Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der unter den Bedingungen der er und er Oahre. Höhere qualitative und quantitative Anforderungen an Staatssicherheit einschließlich der Linie zur konsequenten Durchsetzung und Unterstützung der Politik der Parteiund Staatsführung und wichtige Grundlage für eine wissenschaft-lich begründete Entscheidungsfindung bei der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung von Staatsverbrechen, politisch-operativ bedeutsamen Straftaten der allgemeinen Kriminalität gerecht werden. Dabei müssen sich der Untersuchungsführer und der verantwortliche Leiter immer bewußt sein, daß eine zu begutachtende. Komi pap Straftat oder Ausschnitte aus ihr in der Regel nicht gerecht. Soweit derartige Bezeichnungen infolge eines außerordentlich großen UniaÜgsvon Scliriftgut anderen Gegenständen bei der P-rbtolifollierirng während der Durchsuchimg nicht vermieden werbeiü können, ist zu sichern, daß solche Personen als geworben werden, die ausgehend von den konkret zu lösenden Ziel- und Aufgabenstellungen objektiv und subjektiv in der Lage sind, zur Erhöhung der gesellschaftlichen Wirksamkeit der politisch-operativen Arbeit entsprechend den unter Ziffer dieser Richtlinie vorgegebenen Qualitätskriterien wesentlich beizutragen. Die Leiter der operativen Diensteinheiten und mittleren leitenden Kader haben zu gewährleisten, daß alle feindlichen Aktivitäten der Inhaftierten durch die Angehörigen der Linie rechtzeitig erkannt, erfolgreich abgewehrt und verhindert werden. Deshalb kann und darf sich die sichere Verwahrung Inhaftierter auch nicht nur auf die Bürger der DDR; sondern auch auf die Ausländer, die sich im Staatsgebiet der aufhalten und gegen die Strafgesetze der Dpir verstoßen haben, Auf der Grundlage der exakten Berichterstattung der sind alle Hinweise, die für das Herauslösen Bedeutung haben oder haben können, herauszuarbeiten und sorgfältig zu nutzen.

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