Neue Justiz 1954, Seite 167

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 167 (NJ DDR 1954, S. 167); daß die verklagte Minderjährige nicht das eheliche Kind des Klägers sei, abgewiesen. Aus den Gründen geht hervor, daß der Kläger sowie ein Zeuge während der gesetzlichen Empfängniszeit mit der Kindesmutter verkehrt haben und beide durch ein Blutgruppengut-, achten nicht ausgeschlossen wurden. Ein erbbiologisches Gutachten stellte die Vaterschaft des Klägers als „eher unwahrscheinlich als wahrscheinlich“ und die des Zeugen als „eher wahrscheinlich als unwahrscheinlich“ hin. Ein beim Kläger durchgeführter Wirbelsäulenvergleich blieb infolge normaler Beschaffenheit der Wirbelsäule ohne Ergebnis. Dem Gericht lag schließlich noch eine sich auf die festgestellten Reifemerkmale beziehende sachverständige Auskunft vor, nach der die Verklagte mit an Gewißheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht aus dem Verkehr des Klägers mit der Kindesmutter herstamme. Obwohl das Kreisgericht zu erkennen gab, daß es sich der Rechtsprechung des Obersten Gerichts anschließen wolle, hat es die Klageabweisung damit begründet, daß die aus dem erbbiologischen Gutachten zu entnehmende Feststellung der Unwahrscheinlichkeit nicht mit dem vom Gesetz gegebenen Begriff der „offenbaren Unmöglichkeit“ identisch sei, wobei noch hinzukomme, daß der Kläger durch den Wirbelsäulenvergleich ebenfalls nicht ausgeschlossen worden sei. Das Kreisgericht hat es, entgegen den deutlichen Hinweisen in den angeführten Urteilen des Obersten Gerichts, überhaupt nicht für notwendig befunden, sich mit der Bedeutung des erbbiologischen Gutachtens auseinanderzusetzen und darzulegen, weshalb denn dessen Ergebnis in dem zur Entscheidung stehenden Rechtsstreit die Vaterschaftsvermutung nicht ausschließe. Es bleibt daher für den kritischen Betrachter nur die Feststellung übrig, daß das Kreisgericht von den Urteilen des Obersten Gerichts nur die Leitsätze gelesen, aber die Entscheidungsgründe dieser Urteile überhaupt nicht studiert hat. Zu der gleichen Annahme kommt man beim Studium des Urteils eines Bezirksgerichts, das sich mit dem Widerspruch aus § 48 EheG auseinandersetzt und dabei ausdrücklich für sich in Anspruch nimmt, der Rechtsprechung des Obersten Gerichts zu folgen. Das Bezirksgericht hatte dabei die Entscheidung 1 Zz 52/50 (OGZ Bd. 1 S. 72) im Sinn, deren allgemeiner Leitsatz dahin geht, daß ein Widerspruch z. B. dann beachtlich sein kann, wenn bei alten Ehen die Frau ihres hohen Alters wegen oder infolge eines durch die Ehe bedingten vorzeitigen KräfteVerbrauchs im Falle der Scheidung in eine wirtschaftlich wesentlich schlechtere Lage gegenüber ihren bisherigen Verhältnissen geraten würde. Dem Urteil des Bezirksgerichts liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Parteien haben im Jahre 1922 die Ehe geschlossen, aus der drei Kinder im Alter von jetzt 14, 21 und 27 Jahren hervorgegangen sind. Seit 1946 leben die Parteien getrennt. Der Ehemann hat Scheidung der Ehe aus § 48 EheG beantragt, während die Verklagte dem Scheidungsbegehren widersprach. Sie führte dazu aus, daß die Zerrüttung allein vom Kläger verschuldet sei. Sie habe mit ihm 23 Jahre lang eine gute Ehe geführt und in der Zeit des Faschismus, in der der Kläger wegen illegaler politischer Betätigung in Haft gewesen sei, große Opfer gebracht. Dies und der Umstand, daß noch minderjährige und unversorgte Kinder vorhanden seien, rechtfertige eine Scheidung der Ehe nicht. Die Erstinstanz hatte der Klage unter Schuldigsprechung des Klägers stattgegeben. Auf die Berufung hat das Bezirksgericht den Widerspruch der Verklagten für beachtlich angesehen und die Klage abgewiesen. Es hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß im Falle der Scheidung der Ehe der Parteien der Grundsatz der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau verletzt werde, da die Verklagte bereits 58 Jahre alt sei und während der langjährigen Ehe, vor allem der Haftzeit des Klägers, große materielle und seelische Opfer auf sich genommen habe. Hierzu käme noch, daß ihre Kräfte vorzeitig verbraucht seien und ihr zukünftiger Unterhalt infolge naheliegender Wiederverheiratung des Klägers gefährdet sei. Diese Auffassung scheint bei oberflächlicher Betrachtung der Rechtsansicht des Obersten Gerichts zu ent- sprechen, doch bei näherem Hinsehen, insbesondere beim Studium der Akten, stößt man sehr bald darauf, daß das Bezirksgericht von einer möglichen, aber durch keine konkreten Umstände unterstützten wirtschaftlichen Schlechterstellung ausgegangen ist. Das Oberste Gericht hatte aber keine Zweifel darüber gelassen, daß es auf eine tatsächliche Gefährdung, die sich allein aus den jeweils konkreten Umständen entnehmen läßt, bzw. auf eine tatsächliche wirtschaftliche Schlechterstellung ankommt. Erst wenn dieser entscheidende Punkt aufgeklärt worden wäre und für das Bezirksgericht ergaben sich aus dem Akteninhalt und dem Parteivorbringen in dieser Richtung Anhaltspunkte , konnte eine rechtlich zutreffende Entscheidung ergehen. Das vorstehende Urteil ist ein beredtes Beispiel dafür, wie sich als Ergebnis fehlerhafter prozessualer Behandlung (§ 139 ZPO) ein Sachverhalt darstellt, der zur Unterordnung unter einen Leitsatz des Obersten Gerichts „geeignet“ ist. Das Fehlen positiver, umfassender gesetzlicher Regelungen auf dem Gebiet des Familienrechts hat die Zivilsenate dazu veranlaßt, gerade in ihren Familienrechtsentscheidungen allergrößte Sorgfalt auf klare, jeden Zweifel ausschließende Formulierungen zu legen. Dieses Bemühen hatte auch im wesentlichen Erfolg, denn aus vielen Entscheidungen der Instanzgerichte ist zu ersehen, daß die Rechtsauffassung des Obersten Gerichts verstanden und dementsprechend fehlerlos beachtet wurde. Man kann deshalb nicht sagen, die hier beanstandete falsche Handhabung habe ihre Ursache in mißverständlichen, unklaren Formulierungen in Urteilen des Obersten Gerichts; vielmehr sind diese Fehler zum größten Teil die Folge eines oberflächlichen, den Kern der Entscheidungen außer acht lassenden Studiums. Dies soll an weiteren Beispielen bewiesen werden. In den zu § 48 EheG ergangenen Entscheidungen des Obersten Gerichts sind mehrere sich ergänzende Leitsätze aufgestellt worden, die sich dahin zusammenfassen lassen: Es widerspricht dem Gesetz, über die festgestellte unheilbare Zerrüttung der Ehe hinaus auf seiten des Klägers noch besondere Gründe zu verlangen, die die Scheidung der Ehe zu rechtfertigen geeignet sein sollen. Die Ehe ist keineswegs nur eine individuelle Angelegenheit der Eheleute selbst, sondern sie hat auch gesellschaftliche Bedeutung. Daher muß bei der Prüfung eines Klagbegehrens nach § 48 EheG festgestellt werden, welchen gesellschaftlichen Wert die Ehe noch hat, wobei eine begründete Aussicht auf Wiederaufnahme normaler ehelicher Beziehungen und damit verbunden gewisse sittliche Momente nicht ohne Einfluß auf die Beachtlichkeit eines Widerspruchs bleiben können. Aus diesen Ausführungen kann nichts anderes entnommen werden, als daß die Frage nach der unheilbaren Zerrüttung der Ehe die primäre Frage ist, mit der Bedeutung, daß ohne die Feststellung einer objektiv vorhandenen Zerrüttung der Ehe ein Scheidungsbegehren, hier aus § 48 EheG, von vornherein unbegründet ist. Weiter muß daraus entnommen werden, daß das Kriterium einer solchen Zerrüttung nicht von moralischen Momenten gebildet wird und schließlich in der Regel moralische Momente allein nicht den in § 48 EheG vorgesehenen Widerspruch rechtfertigen. Ein Bezirksgericht hatte nun folgenden Fall zu entscheiden: Die Ehe, aus der drei Kinder hervor- gegangen sind, bestand 10 Jahre. Der Kläger hat sich bereits 1948 von der Verklagten getrennt und lebt seit dieser Zeit mit einer anderen Frau, die ebenfalls von ihm ein Kind hat, zusammen. Das Bezirksgericht hat sich in diesem Falle, obwohl es sich auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichts beruft, überhaupt nicht damit auseinandergesetzt, ob die Ehe objektiv unheilbar zerrüttet ist, es hat seine Entscheidung vielmehr auf ein „unmoralisches“ Verhalten des Klägers abgestellt. Es hebt hervor, daß der Kläger nicht richtig daran getan habe, sich einer anderen Frau zuzuwenden und daß die von ihm angeführten Trennungsgründe (Ünsauberkeit und Unwirtschaftlichkeit der Verklagten) sein Verhalten nicht rechtfertige. Die Verletzung der gegenseitigen Treupflicht dürfe nicht unterstützt werden, dies würde dem Leichtsinn Vorschub leisten. Das Gericht kommt, nachdem es philo- 167;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 167 (NJ DDR 1954, S. 167) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 167 (NJ DDR 1954, S. 167)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

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