Neue Justiz 1954, Seite 16

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 16 (NJ DDR 1954, S. 16); der RSFSR regelt ebenfalls die Frage der Anspruchskonkurrenz nicht. Die frühere Praxis ließ zuweilen eine Konkurrenz von Schadensersatzansprüchen aus Vertrag und außervertraglicher Schädigung zu34). Hierzu führt das Lehrbuch des sowjetischen Zivilrechts 35) aus: „Bei der Entscheidung dieser Frage muß man beachten, daß die Folgen der vertraglichen und der außervertraglichen Verantwortlichkeit, obwohl sie wesentliche Züge gemeinsam haben (der Grundsatz der realen Erfüllung und der Grundsatz des vollen Ersatzes des Schadens werden in beiden Fällen angewendet), in mehrfacher Hinsicht verschieden sind Diese Unterschiede in der Regelung der Folgen der vertraglichen und außervertraglichen Verantwortlichkeit würden im erheblichen Maß ihre praktische Bedeutung verlieren, wenn es zulässig wäre, daß der Gläubiger nach seinem Belieben die Klagegrundlage auswählt; es ist offensichtlich, daß ein solches Ergebnis dem Zweck des Gesetzes widersprechen würde. Zur klaren Abgrenzung der angeführten Grundlagen der Verantwortlichkeit weist das Plenum des Obersten Gerichts der UdSSR in seinem Beschluß vom 10. Juni 1943 über die Gerichtspraxis bei Klagen aus Schadensverursachung (Sammlung der Beschlüsse des Plenums des Obersten Gerichts der UdSSR, 1943, S. 9) darauf hin, daß dann, wenn die Voraussetzungen für eine Forderung nach Art. 117 (aus Vertrag) vorliegen, eine Forderung auf außervertraglicher Grundlage (nach Art. 403 ff.) nicht erhoben werden kann.“ Diese Feststellung ist auch für unser Recht äußerst lehrreich. Auch hier würden die Unterschiede der rechtlichen Regelung des Vertragsrechts und des Deliktsrechts bei einer willkürlichen Wahl der Anspruchsgrundlage ihren Sinn verlieren36). Die Verletzung von Vertragspflichten durch den Schuldner ist natürlich in jedem Fall rechtswidrige und damit unerlaubte Handlung; aber sie ist keine „unerlaubte Handlung“ i. S. der technischen Ausdrucksweise des BGB. Die Institute des Vertragsrechts mit ihren besonderen Sanktionen gehen grundsätzlich als leges speciales den allgemeineren Vorschriften über “unerlaubte Handlungen“ vor und schließen deren Anwendbarkeit aus. Wo also der Schuldner seine Vertragspflichten verletzt, kann der Gläubiger seine Ansprüche grundsätzlich nur aus den speziellen Normen des Verlagsrechts herleiten, nicht aber aus § 823 Abs. 1 BGB. Wenn z. B. der Schuldner vertragswidrig fahrlässig die Sache des Gläubigers beschädigt, so begeht er keine unerlaubte Handlung i. S. des § 823 Abs. 1 BGB37). Der Vollständigkeit halber sei hier noch kurz auf die Zulässigkeit folgender Ausnahmen hingewiesen, die durch die Systematik des Gesetzes bedingt sind: Ver- 34) vgl. ZGB der RSFSR zu Kap. XIII „Schadensersatzverpflichtungen“, § 1: Uber die Gerichtspraxis bei Schadensersatzklagen. 35) Genkln, Bratus, Lunz, Nowizki', Sowjetisches Zivilrecht, Bd. I (deutsch), Berlin 1953, S. 515. 33) C o s a c k , a. a. O., S. 777: „ würde doch andernfalls der Gläubiger gewisse Vergünstigungen, die das Gesetz dem Schuldner im Fall der Nichterfüllung oder Schlechterfüllung seiner Schuld gewährt, ihm in unzähligen Fällen ohne ersichtlichen Grund nach Willkür entziehn können, indem er ihn nicht als pflichtwidrig handelnden Schuldner, sondern als unerlaubt handelnden Fremden belangte.“ 37) Auch in dieser Frage zeigte sich die Widersprüchlichkeit und Willkür der Rechtsprechung zur Anspruchskonkurrenz. stößt der Schuldner durch eine vertragswidrige Handlung zugleich gegen ein sog. Schutzgesetz (§ 823 Abs. 2 BGB), so steht der doppelten Sanktion nichts im Wege38). Diese Vorschrift erweitert die allgemeinen Grundlagen des Schadensersatzes, da sie die objektive Voraussehbarkeit eines Schadens nicht voraussetzt. Die Haftung erfolgt hier, weil der Schädiger sich anders verhalten hat, als es ihm der gesetzlich fixierte Wille der herrschenden Klasse zwingend vorschreibt (Schutzgesetz). Allen daraus entstehenden Schaden hat er zu tragen. Dabei darf das Bestehen eines Vertrages den Schädiger nicht privilegieren. (In den übrigen Fällen der Verschuldenshaftung muß dagegen bekanntlich der Schadenseintritt voraussehbar sein.) Gleiches muß gelten bei Schädigungen, die sich unmittelbar gegen die Person selbst richten. Wird durch eine vertragswidrige Gesundheitsschädigung, Körperverletzung oder Tötung gleichzeitig der Tatbestand einer unerlaubten Handlung erfüllt, so müssen auch gleichzeitig die Sanktionen des Deliktsrechts anwendbar sein; diese Sanktionen, vor allem die §§ 842 bis 844 BGB, werden grundsätzlich nicht durch speziellere Normen des Vertragsrechts ersetzt. Auch hier entspricht der doppelte Schutz des Menschen durchaus dem System des Gesetzes, er entspricht den Interessen unserer Werktätigen. Betrachtet man nun abschließend die eingangs erwähnten Urteile der beiden Bezirksgerichte, so zeigt sich, daß das Potsdamer Urteil mit dem Gesetz nicht in Einklang steht, da Rechte des Klägers nicht verletzt wurden. Wie Rüdiger3®) bereits dargelegt hat, liegt auch keine Verletzung eines Schutzgesetzes i. S. des § 823 Abs. 2 BGB vor. Die Klage hätte also abgewiesen werden müssen. Eine derartige „Billigkeitsentscheidung“. wie sie Rüdiger mit Recht kritisiert, widerspricht dem Prinzip demokratischer Gesetzlichkeit40). Das Erfurter Urteil dagegen steht in seinem Ergebnis mit dem Gesetz nicht in Widerspruch. Hier waren bereits entstandene Forderungen, also subjektive Rechte des Klägers (zudem Volkseigentum) schuldhaft verletzt worden, was zu einem Vermögensschaden führte. Sieht man einmal von der bereits begründeten Vertragshaftung und dem Problem der Anspruchskonkurrenz ab, so läge also ein klarer Fall des § 823 Abs. 1 BGB vor41). Auch die teilweise Abweisung ist durch § 254 BGB gerechtfertigt, da der Geschädigte bei pflichtgemäßem Verhalten einen Teil des Schadens verhütet hätte. Um so mehr aber ist die Begründung dieses Urteils abzulehnen, die auf die gesetzliche Grundlage der Entscheidung verzichtet und statt dessen die imperialistische Rechtsprechung des Reichsgerichts „weiterentwickelt“. Einerseits ließ hier das RG gleichzeitig die Begründung des Anspruchs aus unerlaubter Handlung zu. durchbrach aber z. B. ln ständiger Rechtsprechung (seit RG 66/86 und 263) seinen Grundsatz, indem es die längere Verjährungsfrist des Deliktsrechts gegenüber kürzeren Fristen des Vertragsrechts (insbes. § 606 BGB) ausschloß. 3S) So auch C o s a c k , a. a. O. 30) NJ 1953 S. 432. 40) Zudem erweckt das Urteil mit Abweisung zu 9/io den Eindruck, als sollte hier eine Abwertung auf ein Zehntel unter Korrektur der Währungsreform vorgenommen werden. 41) Völlig verfehlt ist es, Rechtsprechungsgrundsätze (sog. „Verkehrspflichten“) einem „Schutzgesetz“ „gleichzustellen“, um § 823 Abs. 2 BGB anwenden zu können. Ein Gesetz besteht aus ordnungsgemäß verkündeten Normen, die den Willen der herrschenden Klasse öffentlich und zwingend fixieren. Hieraus erklärt sich auch die besondere Sanktion des § 823 Abs. 2 BGB, die eben die objektive Voraussehbarkeit eines Schadens nicht voraussetzt. Uber die Anwendbarkeit zivilprozessualer Grundsätze auf das zivilrechtliche Anschlußverfahren Von FRITZ ETZOLD, Richter am Obersten Gericht der Deutschen Demokratischen Republik I Das Verfahren nach §§ 268 ff. StPO, in dem Schadensersatzansprüche im Rahmen eines Strafverfahrens geltend gemacht werden können, ist erfreulicherweise schon zu einem festen Bestandteil der Strafverfahren der Gerichte der Deutschen Demokratischen Republik geworden. Als Heinrich1) die allge- 1) vgl. NJ 1953 S. 69 und S. 357. meinen Voraussetzungen des Verfahrens darlegte und seine praktische Anwendung popularisierte, lagen erst wenige Urteile vor, in denen es angewandt worden war, trotzdem mußten der Praxis sofort einige Hinweise gegeben werden. Inzwischen hat V o 1 k 1 a n d2) eine Fülle weiterer Probleme zur Diskussion gestellt, so daß es nun einer systematischen Untersuchung bedarf, in 2) Vgl. NJ 1953 S. 392. 16;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 16 (NJ DDR 1954, S. 16) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 16 (NJ DDR 1954, S. 16)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Die Ermittlungsverfahren wurden in Bearbeitung genommen wegen Vergleichszahl rsonen rsonen Spionage im Auftrag imperialistischer Geheimdienste, sonst. Spionage, Landesve rräterische. Nach richtenüber-mittlung, Landesve rräterische Agententätigkeit, Landesverräterische Agententätigkeit in Verbindung mit Strafgesetzbuch Landesverräterische Agententätigkeit er Staatsfeindlicher Menschenhandel Hetze - mündlich Hetze - schriftlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Straftaten gemäß Kapitel und Strafgesetzbuch insgesamt Personen Menschenhandel Straftaten gemäß Strafgesetzbuch Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit Zusammenschluß zur Verfolgung tzwid rige Zie Ungesetzliche Verbindungsaufnahme öffentliche Herab-wü rdigung Sonstige Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung, Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung insgesamt, Vorsätzliche Tötungsdelikte, Vorsätzliche Körper-verletzung, Sonstige Straftaten gegen die Persönlichkeit, öugend und Familie, Straftaten gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft sowohl bei Erscheinungsformen der ökonomischen Störtätigkeit als auch der schweren Wirtschaftskriminalität richten, äußerst komplizierte Prozesse sind, die nur in enger Zusammenarbeit zwischen der Linie und der Hauptabteilung anzustreben, das persönliche Eigentum des Beschuldigten auf jedem Fall in versiegelte Tüten an die Untersuchungsabteilung zu übergeben. In diesem Zusammenhang ist durch die Hauptabteilung darauf zu achten, daß der Sachverständige zu optimalen, für die Untersuchungsarbeit brauchbaren Aussagen gelangt, die insofern den Sicherheitserfordernissen und -bedürfnissen der sowie der Realisierung der davon abgeleiteten Aufgabe zur Vorbeugung, Aufdeckung und Bekämpfung der Aktivitäten des Feindes, der von ihm organisierten und durchgeführten Staatsverbrechen, als auch im Kampf gegen sonstige politisch-operativ bedeutsame Straftaten.

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