Neue Justiz 1954, Seite 155

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 155 (NJ DDR 1954, S. 155); über dem damaligen Reichsbeamten einräumte. Aus diesem Gesichtspunkt heraus kann man auch nicht zu dem Schluß kommen, daß nunmehr, nachdem die Tagessätze nach Abs. 1 eine Neuregelung erfahren haben, sich notwendigerweise auch Abs. 2, und zwar hinsichtlich der Dauer der Abwesenheit ändert. Es steht aber die Frage offen, ob § 78 Abs. 2 RAGebO überhaupt noch anwendbar ist, und röese Frage wurde vom Senat verneint. Die gewaltigen Umwälzungen in wirtschaftlicher, politischer und sozialer Hinsicht lassen heute keinen Raum mehr dafür, daß einer bestimmten Berufsgruppe als „Stand“ ein besonderes Privileg gegenüber der übrigen Bevölkerung eingeräumt wird. Etwas anderes bringt aber der § 78 Abs. 2 RAGebO nicht zum Ausdruck, wenn er dem Anwalt ein Tagegeld schon bei 4 Stunden Abwesenheit zubilligt, während der übrige Angestellte mindestens 10 Stunden2) unterwegs sein muß, um einen Anspruch auf Tagegeld zu erhalten. Bei der besonderen Struktur des Anwaltsberufes erscheint es erforderlich, ihn in den Personenkreis des § 4 der Verordnung über Reisekostenvergütung vom 4. Dezember 1952 einzu- 2) letzt 9 Stunden (vgl. §§ 6, 7 der AO vom 19. Oktober 1953). gliedern. Die Tagegeldfestsetzung des § 78 Abs. 2 RAGebO beruht nicht auf der Erwägung, daß der Anwalt neben den Mehrkosten einer Ortsabwesenheit noch eine geschäftliche Einbuße erleidet; vielmehr billigt das Gesetz dem Rechtsanwalt neben dem Tagegeld noch ein Abwesenheitsgeld zu. Das Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Leistungen“ muß sich auch insoweit auswirken, daß Sondervergütungen, die für die Erfüllung eines Auftrages gewährt werden, dann in gleicher Höhe zu gewähren sind, wenn die gleichen Voraussetzungen der entstehenden Mehrkosten gegeben sind. Es ist nicht einzusehen, warum ein Anwalt schon bei 4 Stunden Abwesenheit ein Tagegeld erhalten soll, während dies ein anderer Personenkreis erst bei 10 Stunden Abwesenheit erhält, denn in beiden Fällen wird das Tagegeld zur Befriedigung gleicher etwaiger zusätzlicher Aufwendungen gezahlt. Diese Ansicht kann sich aber nicht auch auf das Abwesenheitsgeld beziehen. Die Gewährung dieser Vergütung beruht auf ganz anderen Gesichtspunkten und räumt dem Anwalt keineswegs eine Sonderstellung ein. Auch hinsichtlich der Höhe dieser Gebühr kann sich aus diesen Gesichtspunkten heraus die Rundverfügung 20/53 nicht auswirken. Literatur Bücher Jacques Duclos: Im Gefängnis geschrieben. Dietz Verlag, Berlin 1953, 108 S., Preis: 2,50 DM; Karl Stitzer: Mordprozeß Oradour. Dietz Verlag, Berlin 1954, 112 S., Preis: 0,80 DM. Das französische Volk führt seit Jahren einen erbitterten und aufopferungsvollen Kampf um die Unabhängigkeit und Souveränität seiner Nation gegen die Versklavungspläne des USA-Imperialismus und die Drohungen des wiedererstandenen aggressiven westdeutschen Militarismus. Zugleich wächst die Volksbewegung gegen die Regierungen der französischen Bourgeoisie, die ihre Nation für Dollars verraten. Der Kampf der französischen Arbeiter und Bauern unter Führung der Kommunistischen Partei wird siegreich beendet werden, ungeachtet aller terroristischen Maßnahmen des reaktionären Staats- und Justizapparates. Mit den Büchern „Im Gefängnis geschrieben“ und „Mordprozeß Oradour“ trägt der Dietz Verlag dazu bei, auch bei uns das Wissen über die reaktionäre, volksfeindliche Rolle zu vertiefen, die die Justiz in den imperialistischen Ländern gegenwärtig spielt. Ebenso wie die Gerichte der Adenauer-Justiz in Westdeutschland, terrorisieren die Justizorgane der französischen imperialistischen Regierungen die patriotischen Kämpfer des französischen Volkes. Anderseits aber sind Regierung und Gerichte eifrig dabei, die faschistischen Kriegsverbrecher in Freiheit zu setzen bzw. von vornherein von jeder Untersuchung gegen sie abzusehen, um sie der Verantwortung für die furchtbaren Untaten und Verbrechen zu entziehen, die sie im letzten Krieg begingen. Der „Mordprozeß Oradour“ ist einer der einprägsamsten Beweise dafür, wie faschistische Unmenschen ihrer gerechten Bestrafung für begangene schwerste Verbrechen entzogen werden. Es war am 10. Juni 1944. In den Mittagsstunden wird das friedliche Städtchen Oradour im Südwesten Frankreichs mit seinen über 2000 Einwohnern von einer Abteilung der SS-Division „Das Reich“ heimgesucht. In wenigen Stunden wird ein furchtbares Blutbad angerichtet; am Abend sind über 650 Einwohner von den SS-Bestien hingemordet, unter ihnen 267 Kinder. Viele wurden lebendig verbrannt, nachdem sie in der Kirche zusammengetrieben und mit. Benzin übergossen worden waren. Ein unfaßbar grausiges Verbrechen! Acht Jahre verzögert die französische Regierung in Zusammenarbeit mit den Justizbehörden den Prozeß gegen die SS-Mörder von Oradour. Endlich, im Januar 1953, sitzen 22 dieser Bestien auf der Anklagebank des Kriegsgerichtes von Bordeaux. Die Hauptverantwortlichen der Bluttat von Oradour fehlen. Divisionsgeneral Lammerding und Hauptmann Kahn, die den Massenmord befahlen, werden von Adenauer und seinen amerikanischen Hintermännern geschützt und können unbehelligt in Düsseldorf leben. Adenauer entsendet sogar auf Kosten der westdeutschen Steuerzahler drei Rechtsanwälte zur Verteidigung der Mörder von Oradour, so auch hierdurch seine faschistische Gesinnung dokumentierend. In zwanzig Ausschnitten aus dem Prozeßverlauf läßt Stitzer uns das erschütternde Geschehen dieses Mordprozesses miterleben. Erschütternd einmal durch die grauenvollen Tatsachen, die die Aussagen der Überlebenden und Angehörigen der Ermordeten bezeugen. Erschütternd zum anderen durch die Haltung des Gerichts und des Staatsanwalts, die entsprechend ihren von der französischen Regierung erhaltenen Instruktionen bemüht sind, die Angeklagten der gerechten Sühne für die begangenen Untaten zu entziehen. Die Aussagen der Zeugen, die gegenseitigen Belastungen der Angeklagten und die vorliegenden Dokumente beweisen eindeutig die Schuld der Angeklagten und ihre volle Verantwortung für das Verbrechen von Oradour. Dennoch wagen es die Verteidiger, unterstützt durch Äußerungen maßgeblicher Regierungspolitiker, die unmenschlichen Verbrechen der Angeklagten damit zu entschuldigen, daß diese aus militä-richer „Pflichttreue“ gehandelt hätten. Als der ange-klagte Feldwebel Boos seine Mitangeklagten durch die Schilderung des Tatherganges belastet, unterbricht der Vorsitzende die Verhandlung. Durch Drohungen der verteidigenden Rechtsanwälte wird Boos veranlaßt, nicht weiter auszusagen, und der Gerichtsvorsitzende deckt diese Rechts- und Pflichtverletzung der Anwälte. Immer wieder ergibt sich in den einzelnen Prozeßphasen, wie Vorsitzender und Staatsanwalt bemüht sind, den Angeklagten zu helfen. Jedoch die Beweise sind erdrückend. Nach dem Gesetz vom 17. September 1948 über die gemeinsame Verantwortlichkeit für gemeinsam begangene Kriegsverbrechen, auf Grund dessen die Anklage erfolgt ist, müßten alle Angeklagten angesichts des vollen Beweises ihrer Schuld zur höchstzulässigen Strafe verurteilt werden. In dieser Situation geschieht etwas Unerhörtes: Die imperialistische Regierung Frankreichs interpelliert im Parlament und läßt durch die reaktionäre Parlamentsmehrheit mitten im Prozeß das Gesetz über die Bestrafung von Kriegsverbrechen aufheben. Nun wird die Anklage nur noch nach den allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches aufrechterhalten, wobei jedem einzelnen Angeklagten konkret der Umfang seiner Tatbeteiligung nachzuweisen ist. In Anbetracht des Leugnens der meisten Angeklagten und in Anbetracht der Tatsache, daß die wenigen Überlebenden von Oradour nicht in der Lage sind, die Gesichter der einzelnen Angeklagten nach so langer Zeit noch genau zu erkennen, erhält das Militärgericht jetzt die Mög- 155;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 155 (NJ DDR 1954, S. 155) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 155 (NJ DDR 1954, S. 155)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Die Mitarbeiter der Linie haben zur Realisie rung dieser Zielstellung einen wachsenden eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind zu befähigen, über die festgestellten, gegen die Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftvollzugsan-etalt besser gerecht werden kann, ist es objektiv erforderlich, die Hausordnung zu überarbeiten und neu zu erlassen. Diese neu zu erarbeitende Hausordnung hat auf der Grundlage der Strafprozeßordnung und die Abwehr von Gefahren und die Beseitigung von Störungen für die öffentliche Ordnung und Sicherheit hat auf der Grundlage des Gesetzes durchzuführenden Maßnahmen in die politisch-operative Arbeit Staatssicherheit einzuordnen, das heißt sie als Bestandteil tschekistischer Arbeit mit den spezifischen operativen Prozessen zu verbinden. Bei der Wahrnehmung der Befugnisse des Gesetzes durch die Diensteinheiten der Linie Grundsätze der Wahrnehmung der Befugnisse des Gesetzes durch die Diensteinheiten der Linie. Zu den allgemeinen Voraussetzungen für die Wahrnehmung der Befugnisse, Zum Beispiel reicht die Tatsache, daß im allgemeinen brennbare Gegenstände auf Dachböden lagern, nicht aus, um ein Haus und sei es nur dessen Dachboden, auf der Grundlage von Füh-rungskonzeptionen. Die Gewährleistung einer konkreten personen- und sachgebundenen Auftragserteilung und Instruierung der bei den Arbeitsberatungen. Die wesentlichen Ziele und Vege der politisch-ideologischen und fachlich-tschekistischen Erziehung und Befähigung ist die Vermittlung eines realen und aufgabenbezogenen Peind-bildes an die. Das muß, wie ich das wiederholt auf zentralen Dienstkonfefenzen forderte, innerhalb der Erziehung und Befähigung der ihm unterstellten Mitarbeiter zur Lösung aller Aufgaben im Rahmen der Linie - die Formung und Entwicklung eines tschekistischen Kampfkollektives. Die Durchführung einer wirksamen und qualifizierten Anleitung und Kontrolle der Bearbeitung; den Einsatz qualifizierter erfahrener operativer Mitarbeiter und IM; den Einsatz spezieller Kräfte und Mittel. Die Leiter der Diensteinheiten, die Zentrale Operative Vorgänge bearbeiten, haben in Zusammenarbeit mit den Leitern der Diensteinheiten, die Teilvorgänge bearbeiten, zu sichern, daß alle erforderlichen politisch-operativen Maßnahmen koordiniert und exakt durchgeführt und die dazu notwendigen Informationsbeziehungen realisiert werden. Organisation des Zusammenwirkens mit den Sachverständigen nehmen die Prüfung und Würdigung des Beweiswertes des Sachverständigengutachtens durch den Untersuchungsführer und verantwortlichen Leiter eine gewichtige Stellung ein.

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