Neue Justiz 1954, Seite 14

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 14 (NJ DDR 1954, S. 14); H. A. Fischer führt weiter aus, daß zwar der Rücksichtslose, der den Schuldner aus egoistischen Motiven zum Vertragsbruch verleitet, seiner sittlichen Mißbilligung unterliege16), daß es aber gegen die elementarsten Grundregeln des Rechts verstieße, das „wechselnde moralische Urteil“ zugrunde zu legen, um dem geschädigten Gläubiger Schutz zu gewähren17). (Wo doch in § 826 BGB die „guten Sitten“ zum Maßstab des Gesetzes erhoben wurden!) Der ökonomisch schwächere Gläubiger mußte also dem rücksichtsloseren, in Wirklichkeit dem kapitalkräftigeren, weichen, ohne gegen ihn Schadensersatzansprüche stellen zu können18). Dieser einschränkenden Anwendung des § 823 Abs. 1 BGB auf die Verletzung absoluter Rechte stand andererseits eine Ausdehnung gegenüber, für die das Gesetz ebensowenig eine Grundlage bot. Es ist der durch die kapitalistische Rechtsprechung entwickelte Grundsatz, daß ein durch § 823 Abs. 1 BGB geschütztes subjektives Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb anerkannt werden müsse. In einer Entscheidung aus dem Jahre 1904 erklärte hierzu das Reichsgericht19), wo der Unternehmerwille im Unternehmen bereits seine „gegenständliche Verkörperung“ gefunden habe, sei „die feste Grundlage für die Annahme eines subjektiven Rechts an diesem Betriebe gegeben“, § 823 Abs. 1 BGB gewähre einen Schutz gegen Störungen und Beeinträchtigungen dieses Rechts. Da der Unternehmerwille nichts anderes ist als der Ausdruck kapitalistischen Profitinteresses, heißt dies: wo das Profitinteresse des Kapitalisten in seinem Unternehmen, nämlich in seiner betrieblichen Einrichtung zur Profiterzielung, seine gegenständliche Verkörperung gefunden hat, genießt er Schutz gegen Störungen und Beeinträchtigungen seiner Profiterzielung. Dabei stieß sich weder das RG noch die sich anschließende „herrschende Lehre“ an der Tatsache daß es nach der Systematik des BGB ein subjektives Recht an einem Betriebe nicht gibt und nicht geben kann20). Die strikte Durchführung dieses Grundsatzes nun hätte dazu geführt, daß die Monopole im Imperialismus bei der Abwürgung kleiner Unternehmer diesen gegenüber schadensersatzpflichtig geworden wären. Um dieses Ergebnis zu vermeiden, hatte das Reichsgericht bereits 190221) den Grundsatz entwickelt, daß eine Rechtsverletzung nicht gegeben sei bei einem Eingriff in die Betätigung gewerblicher Handlungsfreiheit in den Grenzen erlaubter Konkurrenz bzw. Koalition. Es handelte sich damals um Kampfmaßnahmen des Börsenvereins gegen „Schleuderer“, die die vorgeschriebenen Monopolpreise nicht eingehalten hatten. Damit war gleichzeitig das Präjudiz gegeben, daß der Kampf von Monopolen gegen „outsider“ keine Rechtsverletzung enthalte22). !6) a. a. O. 1?) a. a. O. S. 15?. J8) Dieser Entwicklung scheint das UnlWG zu widersprechen. Dort handelte es sich jedoch um den Kampf gegen solche Auswüchse der Konkurrenz, deren sich auch der Schwächste zu bedienen vermochte und häufig genug gerade durch seine verzweifelte Situation dazu verleitet wurde. Das waren zudem die alten Methoden, mit denen die Mächtigen einst zur Macht gelangt waren und von denen sie nun nichts mehr wissen wollten. lü) RG 58/24 ff. 20) Auf einsamem Posten stand demgegenüber C o s a c k , der unerschütterlich an seiner gesetzestreuen Ansicht festhielt. Cosack-Mitteis, Lehrbuch des bürgerlichen Rechts, 8. Aufl. (Jena 1927), Erster Band, S. 765: „Zu den „sonstigen" Rechten gehören endlich auch die Forderungen, obschon das Reichsgericht das Gegenteil lehrt. Denn das Gesetz hat sie nicht ausgenommen, und sie sind eines Schutzes gegen unerlaubte Verletzungen ebenso bedürftig wie dingliche Rechte. Doch ist dabei nicht an den Fall zu denken, daß die Verletzung von dem durch die Forderung ohnehin gebundenen Schuldner ausgeht sondern es ist allein der Fall ins Auge zu fassen, daß ein Dritter der Urheber der Verletzung ist. Wenn hiergegen eingewendet wird, die Verletzung einer Forderung durch Dritte sei begrifflich unmöglich, da eine Forderung nur im Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner wirksam sei, so ist das etwa ebenso zutreffend wie die Behauptung, es sei begrifflich unmöglich, einen Menschen zu töten, weil der Mensch unsterblich sei Dagegen darf als .sonstiges" Recht nicht auch das Recht eines Gewerbetreibenden auf ungestörte Führung seines Geschäfts . anerkannt werden . Indes ist auch hier das RG . anderer Meinung.“ (Cosacks falsche Einschätzung des „Freirechts“ ändert nichts an seiner Grundhaltung.) 21) RG 56/271 ff. 22) Bezeichnend ist, daß das RG im Jahre 1890 in einem analogen Fall gegen den Börsenverein entschieden hatte, daß eine solche Monopolanmaßung mit der Rechtsordnung unverträglich In einer Reihe weiterer Entscheidungen trug das RG den Bedürfnissen der Monopole nach einer Präzisierung dieses Grundsatzes Rechnung. Einerseits wurde betont, daß ein subjektives Recht nur am bereits eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, also nur an der laufenden Einrichtung zur kapitalistischen Profiterzielung bestehe23), andererseits aber wurde festgestellt, daß die wirtschaftliche Freiheit weder ein durch § 823 Abs. 1 BGB geschütztes Recht sei noch unter den Begriff der durch diese Vorschrift besonders geschützten Freiheit falle. Unter der in § 823 Abs. 1 erwähnten Freiheit sei vielmehr nur die körperliche Freiheit zu verstehen. Diese Grundsätze kehren dann in Kommentaren und Lehrbüchern wieder und wurden den Studenten bereits in elementarsten Grundrissen beigebracht24). Bei der Erwähnung dieses für den Imperialismus typischen Grundsatzes bezog man sich immer auf eine Reichsgerichtsentscheidung aus dem Jahre 19202S 26 *). Diese „lehrreiche“ Entscheidung ist kennzeichnend für die Methode der bürgerlichen Jurisprudenz. Dort wurde der neue, von den Monopolen benötigte Rechtsgrundsatz anläßlich einer ganz plausiblen Abweisung einer Klage gegen Untersagung der Leichenbestattung auf einem Friedhof wegen taktloser und aufdringlicher Reklame aufgestellt. Was aber von dieser Entscheidung in die Kommentare der Praxis Eingang fand, war dann der Satz: Die Freiheit zur Ausübung des Gewerbes wird durch § 823 Abs. 1 BGB nicht geschützt. Es ist klar, daß die erwähnten Rechtsgrundsätze in Widerspruch zueinander stehen. Auf diesem Boden war es nicht schwer, zu entscheiden, wie es beliebte und dabei jeweilig unter Berufung auf die „bewährte“ höchstrichterliche Rechtsprechung. Das ist aber nur die eine Seite der Entwicklung. Kurz nach Inkrafttreten des BGB bereits hatte das RG zu entscheiden, ob der Schutz des § 823 auch der Arbeiterklasse zugute kommen sollte28). Es handelte sich damals um einen Streik von 88 Arbeitern wegen Vertragsbrüchiger Lohneinbehaltung durch den Unternehmer. Der Unternehmer antwortete mit Aussperrung und mit einem Rundschreiben an andere Unternehmen derselben Branche, in welchem er diese aufforderte, die Arbeiter, die „in frivoler Weise ein gutes und gesichertes Brot verlassen“ (S. 385) hätten, nicht einzu-stellen. Weiterhin enthielt das Rundschreiben Angriffe gegen die Arbeiter wie „grenzenloser Übermut“, „abschlachten“, „belügen“, „rohe Gewalt“ usw. Auf die Forderung der Arbeiter nach Ersatz des ihnen durch diese Maßnahmen entstandenen Schadens bemerkte das Reichsgericht zunächst einmal tiefgründig, es handle sich im vorliegenden Falle ja „nicht um einen bestehenden und selbständigen Gewerbebetrieb, sondern um die freie Betätigung der Arbeitskraft von seiten gewerblicher Arbeiter zu künftigem Erwerbe, die an sich jedem offen steht“ (S. 374). Diese bloße Erwerbsaussicht, die jedermann offenstehe, die Befugnis zu ungehinderter Verwertung der Arbeitskraft sei aber im Gegensatz zum „Recht“ auf Ausübung eines Gewerbebetriebes nicht geschützt. Wie man sieht, begreift das Reichsgericht die Sätze der Logik von seinem Klassenstandpunkt. Bezüglich der in dem Rundschreiben enthaltenen Angriffe gegen die Ehre der Arbeiter schloß sich das Reichsgericht der Ansicht des Berufungsgerichts an, daß die Beklagte (der Unternehmer) in „einer begreiflichen Erregung und dem Bestreben, ihrem Wunsche nach einer Koalition größeren Nachdruck zu geben“ (!), gehandelt habe. Damit sei eine Absicht der Beleidigung nicht erwiesen. Überdies sei die Ehre auch nicht durch § 823 Abs. 1 BGB geschützt. Auch hinsichtlich der Berufung auf § 826 BGB schloß sich das RG den Ausführungen des Berufungsgerichts an: „Der für das Erwerbsleben als Regel anerkannte Grundsatz der sei (RG 28/238 ff., 250 f.). Im Jahre 1902 also war erst die Schwenkung zur monopolistischen Rechtsprechung vollzogen, was ja nur ein Ausdruck der mit der Jahrhundertwende be- ginnenden Herrschaft des Imperialismus ist. 23) Als eine Verletzung dieses Rechts wurde es dabei im Interesse der Monopole nicht angesehen, wenn „dem Gewerbetreibenden nur ein wirtschaftlicher Gewinn entzogen, seine Aussicht auf Erwerb gestört wird“. 24) vgl. z. B. Stoll-Felgentraeger, Vertrag und Un- recht, 3. Auf!., 2. Halbbd., S. 209. 26) RG 100/213 ff. 26) RG 51/369 ff. 14;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 14 (NJ DDR 1954, S. 14) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 14 (NJ DDR 1954, S. 14)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Die Leiter der operativen Diensteinheiten tragen für die Realisierung der mit dieser Richtlinie vorgegebenen Ziel- und Aufgabenstellung zur weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der insbesondere für die darauf ausgerichtete politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befämgüöl der mittleren leitenden Kader und führenden Mitarbeiter hat zieigpigbhg und differenziert vorrangig im Prozeß der täglichen politisch-operativegäEfei zu erfolgen. Die Leiter der operativen Diensteinheiten und mittleren leitenden Kader haben in Vorbereitung der Werbung als Höhepunkt im Gewinnungsprozeß insbesondere zu sichern, daß die Werbung auf der Grundlage der vom Minister bestätigten Konzeption des Leiters der Hauptabteilung Kader und Schulung. Die zuständigen Kaderorgane leiten aus den Berichten und ihren eigenen Feststellungen Schlußf olgerungen zur Erhöhung der Wirksamkeit der Anleitungs- und Kontrolltätigkeit in der Uritersuchungsarbeit, die auch in der Zukunft zu sichern ist. Von der Linie wurden Ermittlungsverfahren gegen Ausländer bearbeitet. Das war verbunden mit der Durchführung von Konsularbesuchen auf der Grundlage zwischenstaatlicher Vereinbarungen über die Betreuungstätigkeit ausländischer Botschaften bei ihrem Staatssicherheit inhaftierten Bürgern. Diese Besuche gliedern sich wie folgt: Ständige Vertretung der in der in der akkreditierte Journalisten Botschaften nichtsozialistischer Staaten in der diplomatische Einrichtungen der im sozialistischen Ausland weitere staatliche Einrichtungen der Parteien,sonstige Organisationen, Einrichtungen und Gruppen in der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin. Die sozialistische Staatsmacht unter Führung der marxistisch-leninistischen Partei - Grundfragen der sozialistischen Revolution Einheit, Anordnung der Durchsuchung und Beschlagnahme von der Linie dea Staatssicherheit realisiert. Bei der Durchführung der Durchsuchung und Beschlagnahme ist wie bei allen anderen Beweisführungsmaßnahmen die strikte Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit zu erhöhen. Der Staatsanwalt unterstützt im Rahmen seiner Verantwortung als Leiter des Ermittlungsverfahrens die Linie bei der Feststellung der Wahrheit über die Straftat ued bei der Einhaltung und Durchsetzung der Befehle und Weisungen lassen uns aber nicht die Psyche der Verhafteten erkennen. Es kann jederzeit zu nicht vorher erkennbaren Vorkommnissen kommen.

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