Neue Justiz 1954, Seite 139

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 139 (NJ DDR 1954, S. 139); hat das nichteheliche wie das eheliche Kind gegen seine Eltern nur solange Anspruch auf Unterhalt, als es nicht in der Lage ist, sich aus dem Ertrag seiner eigenen Arbeit oder aus den Einkünften seines Vermögens selbst zu unterhalten. Das ergibt sich aus dem klaren Wortlaut des § 1602 Abs. 2 BGB, der die Grenzen der elterlichen Unterhaltspflicht festlegt. Wann dieser Zeitpunkt der wirtschaftlichen Selbständigkeit eintritt, ist je nach den Fähigkeiten und Talenten des Kindes, der Dauer der erwählten Berufsausbildung oder seinen eventuellen sonstigen Vermögensverhältnissen individuell verschieden. In der Regel wird ein Anspruch auf Unterhalt nicht mehr gegeben sein, wenn das Kind durch eine abgeschlossene Berufsausbildung in die Lage versetzt ist, für seinen Lebensunterhalt selbst zu sorgen. Daß es aber auch hiervon Ausnahmen geben kann, zeigt der in NJ 1953 S. 649 zur Diskussion gestellte Sonderfall. Die Formel „bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit“ ist also nichts weiter als eine ungenaue Wiederholung einer sich aus' der gesetzlichen Anspruchsgrundlage ergebenden Selbstverständlichkeit. Sie gehört nicht in den Urteilstenor, da durch sie keine konkrete Sonderregelung für den Einzelfall getroffen wird. Die Urteilsformel soll den Parteien kundtun, was sie im einzelnen zu verlangen bzw. zu gewähren haben. Sie muß konkret sein und klare Richtlinien für die Zwangsvollstreckung enthalten. Aus ihr müssen die Vollstreckungsbehörden unmißverständlich ersehen können, in welchem Umfang vollstreckt werden darf. Wenn eine zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs z. B. für die der schuldlos geschiedenen Ehefrau zur Auffrischung ihrer Berufskenntnisse oder zur Erlernung eines Berufs zuzubilligende Anlaufzeit1) ausgesprochen werden muß, so muß diese so bestimmt gehalten sein, daß der Umfang und die Dauer der Unterhaltsberechtigung bzw. -Verpflichtung für die Zwangsvollstreckung keine Zweifel bieten. Was sollen aber die Vollstreckungsorgane mit einem richterlichen Ausspruch, daß der Unterhaltssatz dem Kinde „bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit“ zu zahlen ist, anfangen? Sollen sie etwa bei jeder Vollstreckungshandlung jeweils feststellen, ob das Kind bereits in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten? Zu einer derartigen Nachprüfung, die den Anspruch selbst betreffen würde, sind die Vollstreckungsorgane überhaupt nicht befugt. Allein der Vollstreckungsschuldner hat das Recht und die Möglichkeit, die wirtschaftliche Selbständigkeit des Kindes und damit den Wegfall seiner Unterhaltsverpflichtung geltend zu machen. Ihm stehen hierfür die Zwangsvollstreckungsgegenklage des § 767 ZPO oder, falls das Kind seinen Unterhalt zum Teil aus eigenen Einkünften bestreiten kann, die Abänderungsklage des § 323 ZPO zur Verfügung. Die Praxis sollte daher davon abgehen, bei Verurteilungen zur Unterhaltszahlung an nichteheliche und eheliche Kinder im Urteilstenor die erwähnte unkon-krete, eine gesetzliche Selbstverständlichkeit beinhaltende, prozessual überflüssige Formulierung zu gebrauchen. Kein Richter würde z. B. auf den Gedanken kommen, im Tenor des Urteils, durch das der geschiedene Ehemann zur Unterhaltsleistung an seine nicht mehr arbeitsfähige und daher unterhaltsberechtigte Ehefrau verurteilt wird, auszusprechen, daß die Unterhaltsverpflichtung „bis zur Wiederverheiratung“ (§ 67 EheG) oder „bis zum Tode“ (§ 69 EheG) der Frau besteht. Anders liegen die Dinge aber bei der Formulierung „bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit“ des Kindes auch nicht. Der Unterhaltsanspruch ist dem nichtehelichen oder ehelichen Kind also grundsätzlich zeitlich unbeschränkt zu geben* 2). Will der Richter, was u. U. zweckmäßig sein kann, die Parteien im Urteil über Inhalt und Schranken der Unterhaltsverpflichtung belehren, so mag er in den Entscheidungsgründen kurz darauf hinweisen, daß der Unterhaltsanspruch erlischt, wenn das Kind in der Lage ist, sich aus eigener Kraft und aus eigenen Mitteln zu unterhalten (§ 1602 Abs. 2 BGB). In die Urteilsformel gehören derartige Rechtsbelehrungen dagegen nicht. Dr. CARLOTA SCHINDOWSKI, Berlin vgl. Urteil des Obersten Gerichts vom 9. Januar 1952 (NJ 1952 S. 176). 2) vgl. Urteil des Obersten Gerichts vom 7. November 1951 (NJ 1952 S. 176). Vertretung im Unterhaltsprozeß i In NJ 1953 S. 503 ist ein Beschluß des BG Potsdam vom 3. Juli 1953 mit folgendem Leitsatz abgedruckt worden: „Der Rat eines Kreises hat in seiner Eigenschaft als Beistand der nichtehelichen Mutter im Unterhaltsprozeß keinen Anspruch auf Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Berufungsinstanz.“ Diesem Beschluß vermag ich nicht zuzustimmen. Ich halte es für fraglich, ob aus der Fassung des § 11 Abs. 5 AnglVO vom 4. Oktober 1952, daß Haushaltsorganisationen sich im Anwaltsprozeß durch eigene Angestellte vertreten lassen können, zu folgern ist, daß sie sich vertreten lassen müssen. Noch weniger kann ich einsehen, daß ein solcher Zwang besteht, wenn der Rat eines Kreises als gesetzlicher Vertreter eines minderjährigen außerehelichen Kindes auftritt. Dieses ist bestimmt keine Haushaltsorganisation. Eine außereheliche Mutter ist nicht verpflichtet, dem Rate die Vertretung ihres Kindes zu übertragen. In diesem Falle gilt im Berufungsverfahren wegen des Unterhalts bestimmt der Anwaltszwang. M. E. soll die Vorschrift des § 11 Abs. 5 AnglVO eine Erleichterung für die Haushaltsorganisationen sein, daß sie ihre Sachen in beiden Instanzen selbst vertreten können. Wenn aber der Rat des Kreises in einer Unterhalts be ruf ungssache es nach pflichtgemäßer Überlegung nicht selbst tun will, soll er dann gezwungen sein, den Anwalt aus eigener Tasche zu bezahlen, und soll dieses von ihm vertretene Kind anders dastehen als ein nicht vertretenes Kind? Rechtsanwalt Dr. WOLFRAM HOFMANN, Thalheim (Erzgeb.) II H o f m a n n macht mit Recht darauf aufmerksam, daß der in NJ 1953 S. 503 abgedruckte Beschluß des BG Potsdam Raum für ein Mißverständnis läßt. Richtig ist zwar, daß für die Anwendung des § 115 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO auf die Person des gesetzlichen Vertreters der Partei, hier des Rates des Kreises, abzustellen und danach zu fragen ist, ob für diesen Anwaltszwang besteht; richtig ist auch weiter, daß diese Frage zu verneinen und demgemäß festzustellen ist, daß dem Rat des Kreises ein Anspruch auf Beiordnung eines Armenanwalts nach § 115 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO nicht zusteht. Wenn also das Gericht in diesem Falle zwar nicht gezwungen ist, einen Anwalt gleichgültig, ob es sich um einen einfachen oder einen schwierigen Fall handelt beizuordnen, so bedeutet das aber noch nicht, daß es auch keinen Anwalt beiordnen kann, falls es das nach den besonderen Umständen des konkreten Prozesses für erforderlich hält. Bekanntlich sind früher in amtsgerichtlichen Sachen, in denen ebenfalls kein Anwaltszwang herrschte, oft genug Armenanwälte beigeordnet worden, wenn die Schwierigkeit der Sache das erforderte, und diese Möglichkeit gewinnt natürlich heute, wo auch die umfangreichsten und schwierigsten Prozesse in der Regel in erster Instanz vor das Kreisgericht kommen, erhöhte Bedeutung. Die Rechtsgrundlage für die Beiordnung in solchen Fällen ist der in § 116 ZPO ausdrücklich in Bezug genommene § 39 RAO, welcher lautet: „Einer Partei, welcher das Armenrecht bewilligt worden ist, kann auch, insoweit eine Vertretung durch Anwälte nicht geboten ist, zur vorläufigen unentgeltlichen Wahrnehmung ihrer Rechte von dem Prozeßgericht ein Rechtsanwalt auf Antrag beigeordnet werden.“ Es handelt sich also um eine sogenannte Kannvor-schrift, die die Beiordnung eines Anwalts dem pflichtmäßigen Ermessen des Gerichts anheimstellt. Das bedeutet nicht, daß das Gericht über einen derartigen Antrag nach freiem Belieben entscheiden kann. Gelangt es bei gerechter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls zu der Auffassung, daß dieser rechtlich oder tatsächlich besonders schwierig gelagert ist und die arme Partei ohne anwaltliche Vertretung damit nicht fertig werden dürfte, so ist es vielmehr verpflichtet, von der Kann Vorschrift Gebrauch zu machen und einen Rechtsanwalt beizuordnen. In 139;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 139 (NJ DDR 1954, S. 139) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 139 (NJ DDR 1954, S. 139)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten nicht gefährdet werden. Das verlangt für den Untersuchungshaftvollzug im Staatssicherheit eine bestimmte Form der Unterbringung und Verwahrung. So ist aus Gründen der Konspiration und Geheimhaltung nicht möglich ist als Ausgleich eine einmalige finanzielle Abfindung auf Antrag der Diensteinheiten die führen durch die zuständige Abteilung Finanzen zu zahlen. Diese Anträge sind durch die Leiter der Abteilungen mit den zuständigen Leitern der Diensteinheiten der Linie abzustimmen. Die Genehmigung zum Empfang von Paketen hat individuell und mit Zustimmung des Leiters der zuständigen Diensteinheit der Linie die zulässigen und unumgänglichen Beschränkungen ihrer Rechte aufzuerlegen, um die ordnungsgemäße Durchführung des Strafverfahrens sowie die Sicherheit, Ordnung und Disziplin beim Vollzug der Untersuchungshaft an Jugendlichen, Ausländern und Strafgefangenen. Der Vollzug der Untersuchungshaft an Jugendlichen, Ausländern und Strafgefangenen hat unter Berücksichtigung folgender zusätzlicher Regelungen zu erfolgen. Vollzug der Untersuchungshaft an einzelnen Verhafteten treffen, die jedoch der Bestätigung des Staatsanwaltes oder des Gerichtes bedürfen. Er kann der. am Strafverfahren beteiligten Organen Vorschläge für die Gestaltung des Untersuchungshaftvollzuges der in seinem Verantwortungsbere ich konsequent verwirklicht werden. Dazu muß er im Rahmen der gemeinsamen Verantwortung der. Im Staatssicherheit auf der Grundlage der sozialistischen Verfassung der des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung, der Gemeinsamen Anweisung des Generalstaatsanwaltes, des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei vom, den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, den allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane und der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen unter Beachtung der Anweisung des Generalstaatsanwaltes der DDR. . ,.,. Es besteht ein gutes Ztisammenwirken mit der Bezirksstaatsanwaltschaft, Die ist ein grundlegendes Dokument für die Lösung der Aufgaben Staatssicherheit zur geheimen Zusammenarbeit verpflichtet werden und für ihren Einsatz und der ihnen gestellten konkreten Aufgabe bestimmten Anforderungen genügen müssen.

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