Neue Justiz 1954, Seite 13

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 13 (NJ DDR 1954, S. 13); § 823 Abs. 1 BGB4) entwickelt wurden, da diese Gesetzesformel wie sich zeigen wird für die richtige Entscheidung in beiden Urteilen von Bedeutung ist. Bekanntlich herrschte allgemein die Ansicht, daß nur absolute Rechte, nicht aber Forderungsrechte unter den Schutz des § 823 Abs. 1 BGB fallen. Hierfür bietet die Gesetzesbestimmung jedoch keinerlei Grundlage, wie mehrfach auch in der früheren bürgerlichen Literatur zugegeben wurde. Vielmehr bedeuten die Worte „das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen“, daß durch diese Norm ein jedes subjektive Recht geschützt ist. Die widersprechende Scheinargumentation des ehemaligen Reichsgerichts aus solchen Formulierungen wie in § 437 BGB „Forderung oder eines sonstigen Rechts“5) verstößt gegen die Anfangsgründe der Logik6) und wurde daher auch mit Recht als nicht stichhaltig abgelehnt7). In der Folgezeit war die bürgerliche Jurisprudenz auch längst notgedrungen dazu übergegangen, die Versagung des Schutzes für obligatorische Rechte aus anderen Erwägungen her abzuleiten und auf derartige formelle Schlußfolgerungen aus Wortlaut oder System des Gesetzes zu verzichten. In den ersten Jahren nach Inkrafttreten des BGB dagegen waren die Meinungen innerhalb der bürgerlichen Literatur zu dieser Frage geteilt8). Ein Teil der Schriftsteller stützte sich bei der Ablehnung des Schutzes für Forderungsrechte auf die überkommene, gerade in Deutschland besonders scharfe Ausprägung der Dogmatik von der obligatio. Danach sollte das vinculum obligationis seiner „Rechtsnatur“ nach durch Drtte nicht verletzt werden können, es sollte nur die Beteiligten etwas angehen9). Auf gleicher Linie stand die verbreitete Ablehnung der Rechtsform des ius ad rem. Diese Dogmatik fand auch in den ersten Beratungen zum Entwurf des BGB ihren Niederschlag10 *), während die weiteren Beratungen in dieser Frage dann äußerst unklar und widerspruchsvoll waren11). Kurz vor der Jahrhundertwende hatte es den Anschein, als ob die Auffassung, der Deliktsschutz solle sich auch auf Forderungsrechte erstrecken, durchdringen würde. In dieser Situation entstand eben die Vorschrift des 8 823 Abs. 1, die diesen Schutz nicht ausschloß. Erst die folgende kapitalistische Praxis hat dann den Forderungsrechten diesen Schutz wieder versagt. Diese Entwicklung ist keineswegs zufällig. Man darf sich nur bei der Suche nach den Ursachen nicht verwirren lassen durah die bunte Fülle einander wider-snrechender Begründungen, die nur der ideologische Reflex bestimmter ökonomischer Verhältnisse sind. Die Dosma+jk von der Unbeeinflußbarkeit, der Obligation durch Dritte, die Verwahrung gegen die Möglichkeit der Einmischung durch Dritte richtete sich in ihrem Kern gegen jede Bevormundung bürgerlicher Schuld-verhältni.sse durch den Absolutismus. Sie war daher Ausdruck bürgerlicher Rechtsanschauungen innerhalb der spezifisch preußisch-deutschen Verhältnisse. Weiterhin schuf die begriffkche Unmöglichkeit“ der Verletzung der Obligation durch Dritte die theoretische Rechtfertigung für den Haftungsausschluß bei der Ab- 4) „Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körner, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen ' zum Ersätze des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.“ 5) RG 57'355 f. (1904). 0) Ebenso die Behauptung, aus dem Zusammenhang „das Eigentum oder ein sonstiges Recht“ könne man folgern, daß nur eigentumsähnliche Rechte gemeint seien. 1) Die formalen Argumente aus dem System des BGB wurden ebenso wie diese Scheinargumentation von Plancks Kommentar zum BGB, 3. Aufl. (1907), Bd. n, zu § 823, II, 1, f, 6 zerstört. Otto Christ. Fischer, Die Verletzung des Gläubigerrechts als unerlaubte Handlung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich (Jena 19051. S. 71 f., wies ebenfalls die Unsinnigkeit dieser Schlußfolgerung nach und bezeichnete sie mit Recht als unerfindlich. 8) Zusammenstellung der Literatur in RG 57/354. 0) Diese Dogmatik stand im Widerspruch zum preußischen ALR I, 6 1 ff. Ja, sogar für den deutschen Geltungsbereich des französischen Rechts wurde diese Beschränkung contra legem später durch das RG eingeführt. 1°) Motive n/727 ff. U) vgl. Protokolle n/567 ff. dingung der bei den feudalen Grundbesitzern beschäftigten Landarbeiter durch die Kapitalisten12) und unterstützte gleichzeitig die für den Industriekapitalismus notwendige aber durch den Staat behinderte skrupellose Spekulation. Mit der weiteren historischen Entwicklung entfiel die Grundlage dieser im wesentlichen gegen die Bevormundung durch den Absolutismus gerichteten Rechtsanschauungen. Es machte sich die Tatsache geltend, daß eine generelle Haftung für Vermögensschädigungen durchaus den Rechtsanschauungen des Industriekapitalismus entsprach13). Der mit Beginn des 20. Jahrhunderts erneut einsetzende Ausschluß des Deliktsschutzes für Forderungsrechte hat demgegenüber seine Ursache in der sich im Imperialismus verschärfenden Konkurrenz. Hierdurch sollten nicht mehr die Kapitalisten schlechthin geschützt werden; vielmehr galt es nun, die ökonomisch Stärksten auf Kosten der übrigen zu begünstigen. Diese ökonomischen Ursachen hat soweit ich sehe innerhalb der bürgerlichen Literatur H. A. Fischer, wenn auch auf seine Art, so doch am klarsten ausgedrückt. Zwar lehnt au~h er zunächst den Schutz von Forderungsrechten durch § 823 Abs. 1 BGB aus dogmatischen Gründen, und zwar wegen der „Struktur der Obligation“ ab. Damit sieht er sich aber vor der weiteren Fraee. ob nicht der von ihm abgelehnte Schutz über § 826 BGB doch wieder teilweise erreicht werden kann. Und hier endlich sagt er, worum es geht: um die Fälle der Verleitung zum Vertragsbruch14). „Meist läßt sich der Schuldner zum Vertragsbruch nur verleiten wenn er sich Vorteile davon verspricht, und diese Vorteile ihm von dem Dritten in Aussicht gestellt werden. Bei Arbeitsverträgen wird also der .wegenga gierende1 Dritte meist kapitalkräftiger als der Schuldner sein Die Haftung dieser dritten Personen als Anstifter des Schuldners zum Delikt des 8 826 BGB oder als selbständige Täter läßt sich theoretisch leicht begründen. Um so mehr muß sich der Rechter bei der praktischen Einzelanwendung des § 826 Schranken auf erlegen und darf nur bei groben Verstößen gegen die Rechtsmoral die bezeichnete Gesetzesstelle gegen den beklagten Dritten verwerten. Treibt den Dritten nur Rache oder niedrige Schädigungsabsicht gegenüber dem Gläubiger zu der Vereitlung der Erfüllung durch den Schuldner, so. steht seine Haftung fest. Meist aber werden egoistische Motive vorwiegen: nicht der Nachteil des Gläubigers, sondern der eigene Vorteil bestimmt ihn, auf den Schuldner einzuwirken: so bei der Verleitung zum Bruche gültiger Konkurrenzklauseln durch Eintritt in ein Konkurrenzgeschäft, bei Verträgen, welche auf Verrat von Geschäftsgeheimnissen abzielen. Überhaupt liegen die hier in Betracht kommenden Fälle meist auf dem Boden des wirtschaftlichen Konkurrenzkampfes: doppelter Verkauf einer Sache, doppelte Vermietung und Verpachtung desselben Gegenstandes, doppeltes Engagement derselben Arbeitskraft.“15) 12) Im Interesse der Junker erließen daher einzelne Länder besondere Gesetze gegen diese „Abstiftung“. Art. 95 Abs. 1 des EGBGB sicherte die Weitergeltung dieser Gesetze: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche dem Gesinderecht angehören. Dies gilt insbesondere auch von den Vorschriften über die Schadensersatzpflicht desjenigen, welcher Gesinde zum widerrechtlichen Verlassen des Dienstes verleitet oder in Kenntnis eines noch bestehenden Gesindeverhältnisses in Dienst nimmt oder ein unrichtiges Dienstzeugnis erteilt.“ 13l So bestimmte bereits der Art. 1382 des Code civil' die Haftung für jede schuldhafte Vermögensschädigung: Jede Handlung eines Menschen ohne Unterschied, durch welche einem anderen Schaden verursacht wird, verbindet denienigen zum Ersatz, durch dessen Schuld der Schaden entstanden ist. Ebenso Art. 50 des Schweizer Obligationenrechts: Wer einem anderen widerrechtlich Schaden zufügt, sei es aus Vorsatz, sei es aus Fahrlässigkeit, ist zum Ersatz verpflichtet. 14) Nicht zufällig kehrt das Beispiel des Vertragsbruchs in der Literatur immer wieder, wenn auch versucht wird, möglichst harmlose Fälle zur Veranschaulichung zu wählen (z. B. L a r e n z , Vertrag und Unrecht, Zweiter Teil, Hamburg 1937, S. 37 wobei ln dem angeführten Fall doch schon der gesetzliche Maßstab der Fahrlässigkeit Hilfe geboten hätte). I®) H. A. Fischer, Die Rechtswidrigkeit mit besonderer Berücksichtigung des Privatrechts, München 1911, S. 156. 13;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 13 (NJ DDR 1954, S. 13) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 13 (NJ DDR 1954, S. 13)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

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