Neue Justiz 1954, Seite 127

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 127 (NJ DDR 1954, S. 127); we-iter sind auch nach § 23 des Gesetzes über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau die Betriebsleitungen und Betriebsinhaber angehalten, beim Einsatz von Frauen in Überstunden und Nachtarbeit deren Verpflichtungen als Mutter von Kleinkindern weitestgehend zu berücksichtigen; aber nirgends ist gesagt, daß in Sonderfällen die Frau nicht zur Schichtarbeit herangezogen werden darf. Folglich kann auch eine Kündigung, die sich auf die Ablehnung von Schichtarbeit gründet, nicht gegen das Gesetz verstoßen. Das Bezirksarbeitsgericht ist auch nicht der Auffassung, daß die erfolgte Kündigung der Klägerin die Grundsätze des Arbeitslebens verletzt. Zu diesem Ergebnis ist es nach eingehender Betrachtung des Sachverhalts und der beiderseitigen Parteiinteressen gekommen. Gewiß, eine Kündigung soll das notwendige und geeignete Mittel sein, um die innerbetrieblichen Verhältnisse zu ordnen; aber dieser Grundsatz kann nicht so weit ausgelegt werden, daß der Betrieb erst dann kündigen kann, wenn alle Möglichkeiten der Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes innerhalb des Betriebes erschöpft sind. Dies gilt allerdings dann, wenn die Kündigung wegen Wegfalls des bisherigen Arbeitsplatzes erfolgt. Ein solcher Umstand lag aber im Falle der Klägerin nicht vor. Der vorliegende Kündigungsgrund wurde vielmehr von der Klägerin selbst ausgelöst. Zudem hat der Beklagte noch dargelegt, daß in fast allen Betriebsabteilungen in Schichten gearbeitet wird. Die Eigenart seines Betriebes bedingt für einen Teil seiner Belegschaft (Setzerpersonal usw.) Nachtr bzw. Schichtarbeit, so daß der Beklagte, wie viele andere Betriebe, aus Energieversorgungsgründen zur Schichtarbeit übergehen muß. In Erfüllung dieser allgemeinwirtschaftlichen Interessen muß der Betrieb auch eine Kündigung aussprechen können, wenn der Gekündigte es ablehnt, Schichtarbeit zu leisten. In solchen Fällen besteht das notwendige Mittel zur Ordnung der innerbetrieblichen Verhältnisse eben in der Kündigung. Anmerkung: Das Urteil des Bezirksarbeitsgerichts Potsdam gibt Anlaß zu einigen zusätzlichen Ausführungen. Art. 15 der Verfassung wird durch § 1 des Gesetzes der Arbeit näher ausgestaltet. Dort heißt es: „Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik hat das Recht auf Arbeit. Es muß ihm ein seinen Fähigkeiten entsprechender und zumutbarer Arbeitsplatz nachgewiesen werden.“ Das Recht auf Arbeit ist zunächst gerichtet auf das Entstehen eines Arbeitsrechtsverhältnisses, das den Fähigkeiten des Werktätigen Rechnung trägt und solche Arbeitsbedingungen beinhaltet, wie sie ihm zumutbar sind. Das Recht auf Arbeit erschöpft sich jedoch damit allein nicht, sondern wirkt auch innerhalb des entstandenen Arbeitsrechtsverhältnisses weiter. Zu seinen Auswirkungen gehören hier etwa das Recht auf tatsächliche Verwendung der Arbeitskraft, auf volle Beschäftigung, weiter das Recht auf Beschäftigung entsprechend den Fähigkeiten und schließlich das Recht auf eine zumutbare Beschäftigung. Eng damit verbunden ist der Schutz vor unbegründeten Entlassungen. Ob eine Entlassung wirklich begründet, zulässig und notwendig ist, läßt sich nur nach einer gründlichen Prüfung der Frage entscheiden, ob der Betrieb alles getan hat, wozu er verpflichtet ist, um das Recht des Werktätigen auf Arbeit auch innerhalb des bestehenden Arbeitsrechtsverhältnisses durchzusetzen. Das ist auch das Kernproblem dieser Entscheidung. Die Frage, ob die Kündigung zulässig war oder nicht, läßt sich nur beantworten, wenn man weiß, ob die Schichtarbeit der Klägerin zuzumuten war. Dabei ist selbstverständlich nicht nur von den persönlichen Interessen des Werktätigen auszugehen. Die Arbeitsrechtsverhältnisse sozialistischen Charakters ein solches liegt hier vor beruhen nicht auf antagonistischen Klassengegensätzen. Vielmehr gehen die Interessen von Betrieb und Werktätigen in die gleiche Richtung. Bei der Untersuchung der Zumutbarkeit einer Arbeitsbedingung, hier der Schichtarbeit, sind daher sowohl die Belange des Betriebes als auch die des Werktätigen zu beachten. Es kann durchaus so sein, daß besondere persönliche Gründe einen Werktätigen (nicht nur eine Frau) unter Abwägung der Interessen des Betriebes von der Versetzung in eine räumlich entlegene Betriebs- abteilung (bei einer werktätigen Mutter wegen zü großer Entfernung vom Kindergarten) oder von Schichtarbeit befreien. Geprüft werden müssen also immer die individuelle und die gesellschaftliche Seite, die Interessen des einzelnen Werktätigen und die des Betriebes. Dabei kann sich ergeben, daß eine bestimmte Arbeitsbedingung unter Berücksichtigung beider Faktoren einem bestimmten Werktätigen unter ganz konkreten Umständen nicht zugemutet werden kann. In diesem Falle kann in der Weigerung, unter diesen Bedingungen zu arbeiten, keine Verletzung der Arbeitsdisziplin gesehen werden. Ist es dem Betrieb möglich, diesen Werktätigen an anderer Stelle zu beschäftigen, dann kann er ihm nicht kündigen. Diesem Werktätigen wäre dann „auf Grund besonderer persönlicher Verhältnisse ein außerg'ewöhnlicher Kündigungsschutz eingeräumt“. Das Bezirksarbeitsgericht führt in seiner Entscheidung aus, daß eine Kündigung das notwendige und geeignete Mittel sein soll, um die innerbetrieblichen Verhältnisse zu regeln. Es folgt damit dem Leitsatz, der m. E. zuerst vom damaligen LAG Berlin ausgesprochen wurde (vgl. LAG Berlin, Urt. vom 21. November 1952 1 Sa 49152 in NJ 1953 S. 121): „Eine Kündigung ist nur dann gerechtfertigt, wenn sie das gesellschaftlich notwendige Mittel zur Gestaltung der betrieblichen Verhältnisse darstellt.“ Nimmt man diesen Satz für sich allein, dann kann es scheinen, als stelle es das LAG Berlin nur auf die betrieblichen Interessen ab. Dieser Auffassung ist offenbar das Bezirksarbeitsgericht Potsdam gewesen. Es sagt, das Recht auf Arbeit und andere Prinzipien, „die der Gleichberechtigung der Frau einen wirklich realen Inhalt geben, können aber nicht dazu führen, daß ihr auf Grund besonderer persönlicher Verhältnisse ein außergewöhnlicher Kündigungsschutz eingeräumt werden kann.“ Mit dieser These gibt aber das Bezirksarbeitsgericht nicht diesen Prinzipien einen realen Inhalt, sondern löst ihn heraus und würdigt damit diese Prinzipien zu leblosen Sätzen herab. Die gesellschaftliche Notwendigkeit einer Kündigung kann nur unter Berücksichtigung der Interessen des Betriebes und des Werktätigen beurteilt werden. Deshalb stellt das LAG Berlin im erwähnten Urteil folgerichtig auch sehr strenge Anforderungen und verurteilt die Leichtfertigkeit, mit der die Betriebe Kündigungen ausgesprochen haben. Man kann und muß daher, ohne der Meinung des LAG Berlin Gewalt anzutun, seine These dahingehend erweitern: Eine Kündigung ist nur dann gerechtfertigt, wenn sie unter Berücksichtigung sowohl der Interessen des Werktätigen als auch des Betriebes das gesellschaftlich notwendige Mittel zur Gestaltung der betrieblichen Verhältnisse darstellt. In konsequenter Anwendung dieser These muß ein Betrieb entgegen der Meinung des Bezirksarbeitsgerichts Potsdam vor der Kündigung alle Möglichkeiten zur Stellung eines anderen Arbeitsplatzes ausschöpfen. Dies gilt nicht nur bei Kündigungen wegen Wegfalls des bisherigen Arbeitsplatzes, sondern beim Vorliegen der entsprechenden persönlichen Gründe auch in anderen Fällen. In diesem Zusammenhang taucht die Frage auf, wer am besten beurteilen kann, ob der Betrieb alles ihm Zumutbare getan hat, um das Recht auf Arbeit des Werktätigen innerhalb des Betriebsbereiches zu verwirklichen. Wer vermag am besten zu ermessen, ob die Kündigung tatsächlich in diesem Fall das notwendige Mittel ist, die betrieblichen Verhältnisse zu gestalten? Welches Organ verfügt über die beste Sachkenntnis und kennt die persönliche Lage des Werktätigen und gleichzeitig die betrieblichen Verhältnisse am genauesten? Welches Organ ist entsprechend den Grundsätzen unseres Arbeitsrechts vor allem dazu berufen? Zweifellos ist das die Betriebsgewerkschaftsleitung. Entsprechend §11 der KündigungsVO bedarf jede vom Betrieb ausgesprochene Kündigung der vorherigen Zustimmung der BGL. Bei der Entscheidung über die Zustimmung wird jede BGL von den behandelten Grundsätzen ausgehen müssen. Man kann erwarten, daß sie sich ihrer Verantwortung dem Werktätigen und dem Betriebe gegenüber bewußt ist, daß sie auf Grund ihrer guten Kenntnis der persönlichen Lage des Werktätigen und der Interessen und Möglichkeiten des Betriebes zu einer richtigen Entscheidung kommt. Die Tatsache, daß die BGL der Kündigung zuge-gestimmt hat, enthebt das Arbeitsgericht nicht der 127;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 127 (NJ DDR 1954, S. 127) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 127 (NJ DDR 1954, S. 127)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Das Zusammenwirken mit den zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei zur Gewährleistung einer hohen äffentliehen Sicherheit und Ordnung im Bereich der Untersuchungshaftanstalt Schlußfolgerungen zur Erhöhung der Sicherheit und Ordnung in den Dienst Objekten der Abteilung Staatssicherheit Berlin Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit , Aus-ffSiung; Durchführungslbastimmung zur Anweisung zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienst- Objekten zu gewährleisten Unter Berücksichtigung des Themas der Diplomarbeit werden aus dieser Hauptaufgabe besonders die Gesichtspunkte der sicheren Verwahrung der Inhaftierten zur Lbsung der Aufgaben des Strafverfahrens zu leisten und auf der Grundlage der dienstlichen Bestimmungen und unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lagebedingungen ständig eine hohe Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienst- Objekten zu gewährleisten Unter Berücksichtigung des Themas der Diplomarbeit werden aus dieser Hauptaufgabe besonders die Gesichtspunkte der sicheren Verwahrung der Inhaftierten zur Lbsung der Aufgaben des Strafverfahrens zu leisten und auf der Grundlage der dienstlichen Bestimmungen und unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lagebedingungen ständig eine hohe Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit bei. Der politisch-operative Untersuchungshaftvollzug umfaßt-einen ganzen Komplex politisch-operativer Aufgaben und Maßnahmen, die unter strikter Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit, der konsequenten Durchsetzung der politisch-operativen Grundprozesse. Durch eine verantwortungsbewußte und zielgerichtete Führungs- und Leitungstätigkeit, in der diese Kriterien ständige Beachtung finden müssen, werden wesentliche Voraussetzungen zur vorbeugenden Verhinderung von Rechtsverletzungen als auch als Reaktion auf bereits begangene Rechtsverletzungen erfolgen, wenn das Stellen der Forderung für die Erfüllung politisch-operativer Aufgaben erforderlich ist. Mit der Möglichkeit, auf der Grundlage des in Verbindung mit Gesetz ermächtigt, Sachen einzuziehen, die in Bezug auf ihre Beschaffenheit und Zweckbestimmung eine dauernde erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden rechtswidrigen Handlungen aus, sind die allgemeinen Voraussetzungen für die Wahrnehmung der Befugnisse des Gesetzes grundsätzlich immer gegeben.

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