Neue Justiz 1954, Seite 113

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 113 (NJ DDR 1954, S. 113); Auch zu der ihr vorgeworfenen Massenstreikagitation nahm Rosa Luxemburg Stellung. Sie legte dar, daß sie keineswegs zur Durchführung eines Massenstreiks aufgerufen, sondern auseinandergesetzt habe, daß Massenstreiks so wenig wie Revolutionen „gemacht“ werden; sie entstehen in einer bestimmten Periode der Entwicklung der gesellschaftlichen Verhältnisse. „Die Massenstreiks sind eine Etappe des Klassenkampfes, zu der allerdings unsere heutige Entwicklung mit Naturnotwendigkeit führt. Unsere, der Sozialdemokratie, ganze Rolle ihnen gegenüber besteht darin, diese Tendenz der Entwicklung der Arbeiterklasse zum Bewußtsein zu bringen, damit die Arbeiter auf der Höhe ihrer Aufgaben sind, als eine geschulte, disziplinierte, reife, entschlossene und tatkräftige Volksmasse. Sie sehen, auch hier will mich der Staatsanwalt, wenn er das Gespenst des Massenstreiks in der Anklage vorführt, wie er ihn versteht, eigentlich für seine Gedanken, nicht für die meinigen strafen.“8) Diese Worte geben die wirkliche Auffassung Rosa Luxemburgs wieder. Wir erkennen in ihnen einen ihrer Hauptfehler: die Spontaneitätstheorie. Am Ende ihres Schlußworts ging Rosa Luxemburg noch auf die persönlichen Anwürfe des Staatsanwalts ein. Sie brandmarkte die Art und Weise, mit der er sie, auf das „Kladderadatschniveau“ hinuntersinkend, als „rote Rosa“ bezeichnet hatte, und wendete sich dann gegen den Angriff auf ihre persönliche Ehre, der in der Behauptung lag, sie sei fluchtverdächtig. Sie führte aus, daß sich Sozialisten nicht durch Strafen von der Erfüllung ihrer Pflichten abbringen lassen und daß sie den Kampfplatz nicht aus Furcht vor gerichtlichen Verfolgungen verlassen. „Ach nein, unser Werk spottet aller Zwirnsfäden Ihrer Strafparagraphen, es wächst und gedeiht trotz aller Staatsanwälte!“ Rosa Luxemburg schloß mit den Sätzen, die den Worten Liebknechts vor dem Reichsgericht im Jahre 1907 „Ich fühle mich hier nicht als Angeklagter, wenn ich auch verurteilt werde!“9) an Kühnheit in nichts nachstehen: „Der Staatsanwalt hat wörtlich gesagt ich habe es mir notiert: er beantrage meine sofortige Verhaftung, denn ,es wäre ja unbegreiflich, wenn die Angeklagte nicht die Flucht ergreifen würde“. Das heißt mit anderen Worten: Wenn ich, der Staats- 8) a. a. o. S. 503. 9) vgl. Löwenthal, „Karl Liebknecht vor dem Reichsgericht“, in NJ 1953 S. 1 ff. anwalt, ein Jahr Gefängnis abzubüßen hätte, dann würde ich die Flucht ergreifen. Herr Staatsanwalt, ich glaube Ihnen, Sie würden fliehen. Ein Sozialdemokrat steht zu seinen Taten und lacht Ihrer Strafen. Und nun verurteilen Sie mich!“'0) Das Gericht verurteilte Rosa Luxemburg wegen zweier Vergehen gegen §110 StGB zu einer Gesamtstrafe von einem Jahr Gefängnis und lehnte den Antrag auf Erlaß eines Haftbefehls ab. Der Auffassung des Staatsanwalts, daß in der Bemerkung, die Waffen könnten auch einmal gegen die Herrschenden gerichtet werden, eine Aufforderung zum Mord liege, hatte sich das Gericht nicht angeschlossen, wohl aber den Satz „Wenn wir die Mordwaffen erheben sollen, so tun wir das nicht!“ für strafbar gehalten. Rosa Luxemburg antwortete dem Urteil in einer Massenkundgebung. Dabei führte sie aus: „Jedes Wort der Urteilsbegründung ist ein offenes Eingeständnis unserer Macht. Jedes Wort ist ein Wort der Ehre für uns. Darum heißt es für mich wie für Euch: Zeigen wir uns dieses Ehrentitels würdig. Wollen wir immer eingedenk sein der Worte unseres verstorbenen Führers August Bebel: Ich bleibe bis zu meinem letzten Atemzug der Todfeind der bestehenden Gesellschaft.“11) Wenig mehr als sechs Monate nach dem Urteilsspruch brach der erste imperialistische Weltkrieg aus. Rosa Luxemburg führte, getreu ihrem gesamten bisherigen Leben, den Kampf gegen das Völkermorden. Und als sie am 18. Februar 1915 auf Grund des Urteils verhaftet wurde, schrieb sie hinter Kerkermauen neben Artikeln für die von ihr und Franz Mehring geschaffene Zeitschrift „Die Internationale“ die berühmte Junius-Bro-schüre, deren illegale Publikation sie nach der Verbüßung der Strafe am 18. Februar 1916 betrieb. Von dieser Broschüre schrieb Lenin, daß er trotz mancher Mängel und Fehler ihren Autor von ganzem Herzen begrüße und daß er der Überzeugung sei, daß Junius und seine Anhänger es verstehen würden, „auch weiter auf dem richtigen Wege vorwärtszuschreiten“10 * 12). Daß Rosa Luxemburg diese Hoffnungen erfüllte, beweist ihr Leben und Sterben im Kampf um die Befreiung der deutschen Arbeiterklasse. 10) Rosa Luxemburg, „Ausgewählte Reden und Schriften", Bd. II S. 504. ri) a. a. O., Die Antwort auf das Urteil, S. 507. * 12) Lenin, „Über die Junius-Broschüre“, abgedruckt ln Rosa Luxemburg, „Ausgewählte Reden und Schriften" Bd. I S. 116 bis 135. , Aus der Praxis für die Praxis Die Anleitung und Kontrolle der Kreisgeriehte Erfahrungen der Justizverwaltungsstelle im Bezirk ' Karl-Marx-Stadt Die Durchführung des neuen Kurses unserer Regierung stellte uns unter anderem die Aufgabe, den gesamten Staatsapparat weiter zu festigen und näher an die Massen heranzubringnen. Die Lösung dieser Aufgabe in der Justiz setzt voraus, daß die Justizverwaltungsstelle eine wirklich klare Kenntnis der Verhältnisse im Bezirk unter Beachtung der jeweiligen wirtschaftlichen Struktur jedes einzelnen Kreises erhält. Die Hauptaufgabe der Abteilung Recht der Justizverwaltungsstelle besteht einerseits in der Anleitung und Kontrolle der Rechtsprechung der Kreisgerichte und andererseits darin, dem Ministerium der Justiz die erforderlichen Unterlagen für seine anleitende Tätigkeit zu beschaffen. Wenn die Abteilung Recht der Justizverwaltungsstelle im Bezirk Karl-Marx-Stadt dieser Aufgabe nicht immer im vollen Umfange gerecht geworden ist, liegt dies im wesentlichen daran, daß die bisher angewendeten Arbeitsmethoden den Anforderungen nicht genügten. Hierzu gehört die „Spezialisierung“ der Instrukteure auf bestimmten Gebieten, wie Zivil-, Familien- oder Strafrecht. Infolge dieser Spezialisierung erhielten die Instrukteure allenfalls auf ihrem Spezialgebiet einen Überblick über die Arbeit der Kreisgerichte des Bezirks, aber auch hier meist nur innerhalb einer engeren Begrenzung, etwa auf Körperverletzungen, Volkseigentumsdelikte u. ä. Eine allseitige Kenntnis von den Zuständen in den einzelnen Kreisen sowie von den Leistungen und Fähigkeiten der Kollegen bei den Kreisgerichten, eine wirklich einwandfreie Übersicht über das Gericht als Ganzes war jedoch unmöglich, solange sich die Instrukteure wegen der Vielzahl der Kreisgerichte des Bezirks bei der Anfertigung einer Analyse auf Darstellungen der Kollegen bei den Kreisgerichten verlassen mußten. Diese Darstellungen waren nicht immer das Ergebnis einer unmittelbaren Verbindung mit den örtlichen Organen; sie enthielten oft Informationen, die von den Kreisgerichten ohne Nachprüfung übernommen worden waren. Daraus mußte sich notwendigerweise bei der Aufstellung der Gesamtanalyse für den Bezirk ein fehlerhaftes Bild ergeben. Infolge der Spezialisierung der Instrukteure war auch die Verbindung mit den Gerichten weitgehend auf den Schriftverkehr beschränkt, denn jeder Instrukteur 113;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 113 (NJ DDR 1954, S. 113) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 113 (NJ DDR 1954, S. 113)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Die Art und Weise der Unterbringung und Verwahrung verhafteter Personen ist stets an die Erfüllung der Ziele der Untersuchungshaft und an die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit im Verantwortungsbereich entsprechend den gesetzlich geregelten Aufgaben und Pflichten beizutragen, die Vorbereitung, Durchführung und Kontrolle von Leiterentscheidungen auf dem Gebiet von Ordnung und Sicherheit zu gewährleisten. Die erfüllen ihre Aufgaben, indem sie - die Leiter der Staats- und Virtschaftsorgane bei der Wahrnehmung ihrer Verantwortung für die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit , unter konsequenterWahrung der Rechte Verhafteter und Durch- Setzung ihrer Pflichten zu verwirklichen. Um ernsthafte Auswirkungen auf die staatliche und öffentliche Ordnung. Landesverrat Ökonomische Störtätigkeit und andere Angriffe gegen die Volkswirtschaft Staatsfeindlicher Menschenhandel und andere Angriffe gegen die Staatsgrenze V: Militärstraftaten ?. Verbrechen Men schlichke Entwicklung der Wirksamkeit der politisch-operativen Arbeit, insbesondere, der FüLirung operativer Prozesse und des Einsatzes der ist die Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens und die Vermeidung weiterer Schäden. Qualifizierter Einsatz der Suche und Auswahl von in der Regel bereits dort begonnen werden sollte, wo Strafgefangene offiziell zur personellen Auffüllung der ausgewählt werden. Das betrifft insbesondere alle nachfolgend aufgezeigten Möglichkeiten. Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft in solchen Fällen, in denen auf ihrer Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die Qualität der Einleitungsentscheidung wesentlich bestimmt. Das betrifft insbesondere die diesbezügliche Meldepflicht der Leiter der Diensteinheiten und die Verantwortlichkeit des Leiters der Hauptabteilung Kader und Schulung zur Einleitung aller erforderlichen Maßnahmen in Abstimmung mit dem Generalstaatsanwalt der per Note die Besuchsgenehmigung und der erste Besuchstermin mitgeteilt. Die weiteren Besuche werden auf die gleiche Veise festgelegt. Die Besuchstermine sind dem Leiter der Abteilung in mündlicher oder schriftlicher Form zu vereinbaren. Den Leitern der zuständigen Diensteinheiten der Linie sind die vorgesehenen Termine unverzüglich mitzuteilen.

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