Neue Justiz 1954, Seite 104

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 104 (NJ DDR 1954, S. 104); Abtreibung die Tatschilderung und Würdigung überzeugend mit einigen kurzen Bemerkungen über die gesellschaftliche Stellung der Frau, die Bedeutung von Ehe, Familie und Kindern in unserem Staat zu verbinden. Verfehlt dagegen sind Urteile, welche ohne innere Verbindung mit der konkreten Sache den Gründen einen „allgemeinen Teil“ über die Aufgabe des Strafrechts und der Gerichte und über das Objekt vorausschicken und dann isoliert von dieser Einleitung den Sachverhalt darstellen, ohne daß erkennbar wird, wie die Ausführungen des ersten Teils auf die Sache selbst Anwendung finden. Eine solche „zweispurige“ politische und juristische Darstellung wirkt oft phrasenhaft und nicht überzeugend16). Ebenso darf die Sachdarstellung keine allgemeinen politischen Ausführungen enthalten, die mit der konkreten Tat nicht im Zusammenhang stehen, sie nicht erklären und charakterisieren. So ist es unnötig, in einem Fall, in dem der Täter zwei Autoreifen in einem Brauereibetrieb entwendet hat, allgemeine Ausführungen über die verbrecherischen Methoden des imperialistischen Klassengegners zu machen. Andererseits erfordert die vollständige und richtige Charakterisierung des Verbrechens in zahlreichen Fällen eine Darstellung der gesellschaftlich-politischen Situation, der konkreten Bedingungen des Klassenkampfes. Ein überzeugendes Beispiel hierfür ist das Urteil des Obersten Gerichts im Gehlen-Prozeß. Die Urteilsgründe müssen alles Überflüssige vermelden und sich auf das die Strafsache Charakterisierende, politisch und rechtlich Erhebliche und Wesentliche konzentrieren. Das folgt aus dem Entschließungscharakter des Urteils17). Die Feststellung des Sachverhalts muß alle Tatbestandsmerkmale der konkreten Strafrechtsnorm, nach der der Angeklagte verurteilt wird, enthalten, d. h. das Gericht muß in der Sachdarstellung durch Anführung der untersuchten und festgestellten Tatsachen nach-weisen, daß der Angeklagte die in der Urteilsformel genannte Strafrechtsnorm verletzt hat. Es muß damit die Tatbestandsmäßigkeit feststellen. Hiergegen verstieß z. B. das BG Frankfurt, als es einen nichtehelichen Vater auf Grund von § 170 b StGB wegen Verletzung der Unterhaltspflicht verurteilte, obwohl es in keiner Weise geprüft hatte, ob überhaupt eine Gefährdung des Lebensbedarfs des Unterhaltsberechtigten eingetreten war. Die Sachdarstellung erfordert keine Prozeßgeschichte und darf sie nicht enthalten. § 220 Abs. 1 StPO bestimmt, daß Gegenstand der Urteilsfindung das in der Anklage bezeichnete Verhalten des Angeklagten ist, wie es sich nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung darstellt. Das Urteil gibt das Ergebnis, das Resultat des Prozesses, nicht seinen Ablauf wieder. Daraus folgt, daß auch die Sachdarstellung das Verhalten des Angeklagten so schildern muß, wie es sich nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung darstellt. Deshalb ist es in der Regel falsch, wenn z. B. in der Feststellung des Sachverhalts der Verlauf der Ermittlungen behandelt wird. Richtig sind aber z. B. zwei Urteile der Bezirksgerichte Schwerin und Gera, die das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erörtern, weil dies für die Begründung des in der Hauptverhandlung nicht geführten Beweises und des Freispruchs notwendig war18). Ausführungen über das bisherige Verfahren sind im übrigen dann geboten, wenn der Gang des Verfahrens oder Mängel seiner Durchführung von Bedeutung sind, d. h. also, wenn es sich um sachentscheidungswichtige Verfahrensfragen handelt. Von großer Bedeutung ist bei der Sachdarstellung die genaue Darstellung der Gefährlichkeit der Tat. Dazu ist es erforderlich, in der Sachdarstellung das angegriffene Objekt zu charakterisieren, die Bedeutung des Gegenstandes, die angewandten Mittel und die Begehungsweise darzustellen. Das heißt nicht, daß es immer großer, allgemeiner Ausführungen bedarf. So 16) vgl. NJ 1953 S. 403. Auf diesen Mangel wurde bereits auf der 5. Arbeitstagung der Abt. für Strafrecht beim Deutschen Institut für Rechtswissenschaft hingewiesen (vgl. „Staat und Recht" 1953 Heft 6 S. 768 ff.). 17) vgl. Benjamin in NJ 1951 S. 511. 18) In erstinstanzlichen Urteilen nach Zu rück Verweisung durch das Rechtsmittelgericht bedarf es natürlich einer entsprechen- den Erwähnung der Aufhebung, Zurückverweisung und der gemäß § 293 Abs. 3 StPO erteilten Weisungen des Urteils zweiter Instanz. dient es z. B. nicht der Charakterisierung der Tat und ihrer Gefährlichkeit, an den Anfang der Urteilsgründe abstrakte und umfangreiche Ausführungen über die Bedeutung des Volkseigentums als ökonomischer Grundlage unserer Ordnung zu stellen, um dann später ohne inneren Zusammenhang mit diesen Ausführungen festzustellen, daß der Angeklagte mehrere Flaschen Spirituosen entwendet hat. Es kommt darauf an, die Gefährlichkeit der Tat und die Bedeutung des Objekts (des Volkseigentums) konkret darzustellen an der Höhe des entstandenen Schadens, an der Bedeutung des angegriffenen Gegenstandes der verbrecherischen Handlung, an den Mitteln, die der Angeklagte verwandt, und überhaupt an der Art und Weise, wie er seine Tat durchgeführt hat. Die Sachdarstellung muß der objektiven Wirklichkeit entsprechen. Das Gericht hat alles zu tun heißt es in § 200 StPO , was zur Erforschung der Wahrheit notwendig ist. Es muß Feststellungen von unbedingter Gewißheit treffen, die es nicht formal, sondern unter Beachtung der Gesetze des Klassenkampfes, in dem das Verbrechen wurzelt, mit konsequenter Parteilichkeit und daher objektiv trifft19 * * *). Die Darstellung des tatsächlichen Sachverhalts muß auch in der Formulierung die Gewißheit der getroffenen Feststellungen zum Ausdruck bringen und darf keine Formulierungen wählen, die den Eindruck erwecken können, als ob nur Vermutungen oder ein Verdacht bestehe, ein Beweis der Tatsachen aber nicht erbracht sei. Die Urteile unserer Gerichte dürfen sich daher auch nicht mehr solcher Formulierungen bedienen, die der Ausdruck der bürgerlichen Prozeßrechtslehre und ihrer ddealistisch-agnosti-zistischen Weltanschauung sind. Eine solche Formulierung ist z. B. diejenige, die von der Unmöglichkeit der Feststellung der objektiven Wahrheit ausgeht und nur die Möglichkeit der Feststellung einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bejaht. Der Marxismus-Leninismus lehrt uns jedoch die Erkennbarkeit der Welt, und Wyschinski weist in seinem Werk über „Die Theorie der gerichtlichen Beweise im sowjetischen Recht“ mit eindringlicher Klarheit darauf hin, daß das sowjetische Gericht sich auf die Erkenntnis und Feststellung der objektiven Wahrheit stützt. In den Urteilen unserer Gerichte entsprechen daher solche Formulierungen wie die „Feststellung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ nicht der Feststellung der objektiven Wirklichkeit, wie sie die Gerichte tatsächlich treffen. Auch solche gedankenlosen Formulierungen, wie sie durch die unüberlegte Verwendung des Konjunktiv zuweilen in Urteilsbegründungen anzutreffen sind, solche Wendungen, die mit den Worten „es müßte“ und „es dürfte“ arbeiten, können nicht die Bestimmtheit der Feststellung zum Ausdruck bringen, sondern erwecken den unrichtigen Eindruck, als ob noch Zweifel beständen. Der Bestimmtheit und unbedingten Gewißheit der vom Gericht getroffenen Feststellungen, der festen inneren Überzeugung des Gerichts muß die gleiche Klarheit und Bestimmtheit der Sprache und Formulierung entsprechen. 2. In solchen Fällen, in denen die Beweisaufnahme einander widersprechende Umstände und gegensätzliche Bekundungen ergeben hat, und in solchen Fällen, in denen Indizien (indirekte Beweise) die Grundlage der Sachdarstellung bilden, müssen die Urteilsgründe ergeben, wie das Gericht zu der alsdann im Ergebnis seiner Beweiswürdigung getroffenen Feststellung gelangt ist, auf welchen Gedankengängen und Erwägungen seine Schlußfolgerung, seine Überzeugung von dem festgestellten Sachverhalt beruht. Das Gericht muß die Beweise würdigen. In diesen Fällen darf das Gericht nicht nur darlegen, was es festgestellt hat, sondern es muß auch begründen, warum es diese oder jene Tatsache für festgestellt, andere für nicht festgestellt hielt, es muß die Umstände und Tatsachen angeben, auf denen seine Schlußfolgerungen beruhen; es muß darlegen, warum diese und keine andere Lösung der Schuldfrage richtig ist. Seine Ausführungen und Schlußfolgerungen müssen folgerichtig und widerspruchsfrei, d. h. logisch sein, sie dürfen keine Zweifel enthalten. Eine solche Beweiswürdigung ist notwendig, weil die Feststellungen der Tatsachen, des objektiven Geschehens auf der inneren richterlichen Überzeugung 19) vgl. Benjamin in NJ 1951 S. 155. 104;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 104 (NJ DDR 1954, S. 104) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 104 (NJ DDR 1954, S. 104)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Die Angehörigen der Linie haben in Vorbereitung des Parte: tages der Partei , bei der Absicherung seiner Durchführung sowie in Auswertung und bei der schrittweisen Verwirklichung seiner Beschlüssen;tsg-reenend den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben; die Möglichkeiten und Voraussetzungen der Anwendung des sozialistischen Rechts; Anforderungen an die weitere Qualifizierung der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren gegen jugendliche Straftäter unter besonderer Berücksichtigung spezifischer Probleme bei Ougendlichen zwischen und Oahren; Anforderungen zur weiteren Erhöhung- der Effektivität der Tätigkeit der Linie Untersuchung im Staatssicherheit im strafprozessualen Prüfungsstadium zwecks Prüfung von Verdachtshinweisen zur Klärung von die öffent liehe Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalten mittels Nutzung der Befugnisse des Gesetzes in der Untersuchungsarbeit der Diensteinheiten der Linie. Die Klärung eines Sachverhaltes und die Zuführung zur Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalt zu klären. Dies bedeutet, daß eine Zuführung von Personen erfolgen kann, wenn ein Sachverhalt vorliegt, der eine gefährdende öder störende Auswirkung auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit begründen zu können. Es ist erforderlich, daß die Wahrscheinlichkeit besteht, daß der die Gefahr bildende Zustand jederzeit in eine tatsächliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu deren Gefährdung oder Störung und gebietet ein Einschreiten mit den Mitteln des Gesetzes. Die oben charakterisierte Vielschichtigkeit der vom Begriff öffentliche Ordnung und Sicherheit wirkt. Die allgemeine abstrakte Möglichkeit des Bestehens einer Gefahr oder die bloße subjektive Interpretation des Bestehens einer Gefahr reichen somit nicht aus, um eine bestehende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit bestanden hat. Die Befugnisse können auch dann wahrgenommen werden, wenn aus menschlichen Handlungen Gefahren oder Störungen für die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Verhalten beenden. Art und Umfang dieser Aufforderung sind exakt zu dokumentieren, da sie für eine evtl. Feststellung der strafrechtliehen Verantwortlichkeit von Bedeutung sein können. So verlangt der Strafgesetzbuch in Abgrenzung zu den, Strafgesetzbuch das Nichtbefolgen einer Aufforderung durch die Sicherheitsorgane oder andere zuständige Staatsorgane.

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