Neue Justiz 1954, Seite 102

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 102 (NJ DDR 1954, S. 102); der Urteilsgründe, ihres Inhalts und Aufbaus enthalten diese Urteile für unsere Gerichte eine hervorragende prinzipielle Anleitung und sollten daher gerade auch unter dem Gesichtspunkt der Methode immer wieder studiert werden. Unsere demokratische Prozeßrechtswissenschaft steht noch vor der Aufgabe einer Ausarbeitung der Lehre vom Urteil. Sie wird bei ihrem Studium die Erkenntnisse und Arbeiten der sowjetischen Prozeßrechtswissenschaft verwerten, wie sie uns insbesondere in dem grundlegenden, mit dem Stalinpreis ausgezeichneten Werk Wyschinskis über „Die Theorie der gerichtlichen Beweise im sowjetischen Recht“ und dem Lehrbuch von Tschelzow „Der sowjetische Strafprozeß“ vermittelt werden. Das Urteil ist der entscheidende staatliche Akt des Strafverfahrens, in dem über das konkrete Verbrechen, über Schuld oder Nichtschuld des Angeklagten, über Bestrafung oder Freispruch auf der Grundlage und durch Anwendung des Strafgesetzes durch Rechtsspruch geurteilt wird; deshalb verbinden sich im Urteil auf das engste das materielle Strafrecht und das prozessuale Recht miteinander5). Beide Rechtszweige gehören zusammen, beide dienen der Bekämpfung des Verbrechens. Das ist eine wichtige Feststellung. Aus ihr folgt, daß die Frage des Inhalts und Aufbaus der Urteilsgründe nicht nur von der prozessual-verfahrensrechtlichen Seite her gestellt und beantwortet werden darf. Wir müssen beachten, daß der konkrete Inhalt und Aufbau der Urteilsbegründung von dem Wesen der entschiedenen Sache nicht zu trennen ist und die Form der Urteilsgründe niemals losgelöst von der konkreten Sache und dem angewandten Strafgesetz betrachtet werden kann. Hierfür sind die erstinstanzlichen Urteile des Obersten Gerichts6) lehrreiche Beispiele. Die Urteilsgründe müssen in ihrer Gesamtheit das Wesen der demokratischen Rechtsprechung, ihre Zie’e und Aufgaben zum Ausdruck bringen, wenn das Urteil seine Aufgabe erfüllen soll, wenn es Ausdruck der Politik unserer Arbeiter- und Bauernmacht, Ausdruck der Prinzipien der unbedingten Begründetheit, Gesetzlichkeit, konsequenten Parteilichkeit und Gerechtigkeit sein soll. Die Begründung des Urteils muß daher stets die zentrale Bestimmung unseres Gerichtsverfassungsgesetzes, des § 2, beachten, der die Aufgaben der Rechtsprechung der Deutschen Demokratischen Republik bestimmt und dem ganzen Gerichtsverfahren und damit insbesondere dem Urteil den verpflichtenden Auftrag gibt, zur Achtung vor dem Gesetz, zur Disziplin und zur demokratischen Wachsamkeit zu erziehen. Deshalb bezeichnet Wyschinski es als die notwendige Eigenschaft jeder gerichtlichen Entscheidung, daß sie überzeugend sein muß, daß sie „in der Gesellschaft die Gewißheit der unbedingten Richtigkeit und Gerechtigkeit schaffen“ muß7). In diesem Zusammenhang weist er auch darauf hin, daß „die gesellschaftspolitische Funktion in nicht geringem Maße gerade in der moralischen Kraft der Gerichtsentscheidungen“ liege. Die Begründetheit und Überzeugungskraft des Urteils eines demokratischen Gerichts wurzeln in dem konsequent demokratischen Charakter unserer Gesellschaftsordnung und der Rechtsordnung unserer Staatsmacht der Arbeiter und Bauern. Der demokratische Charakter unserer Gerichte und die breiteste Mitwirkung der Werktätigen an der Rechtsprechung8 9), sind Grundvoraussetzungen für die Gerechtigkeit der Urteile. Diese besteht darin, den unversöhnlichen Kampf gegen das Verbrechen zu führen und zugleich den Schutz und die Sicherung der Rechte und Interessen der Werktätigen zu verwirklichen6). Urteile eines solchen demokratischen Gerichts, die den Interessen der Werktätigen und den hohen Zielen unseres Staates der Arbeiter und Bauern dienen, den 5) vgl. T. L. Ssergejewa ln „Rechtswissenschaftlicher Informationsdienst“ 1952 Nr. 1 S. 6. 6) vgl. Anm. 4. i) vgl. hierzu Wyschinski, Theorie der gerichtlichen Beweise im sowjetischen Recht, S. 3 ff., S. 13 (russ.). 8) vgl. Benjamin, Bemerkungen zur Lehre von der Gerichtsverfassung, in „Staat und Recht“ 1953 Heft 1 S. 25; Ranke, Das Wesen der demokratischen Rechtsprechung und die Kultur der gerichtlichen Verhandlung, in NJ 1953 S. 280. 9) vgl. „Staat und Recht" 1953 Heft 5 S. 582. Umständen der konkreten Sache entsprechen, auf einer erschöpfenden Analyse aller Umstände der Sache beruhen und die Gewißheit der allseitigen Aufklärung und Feststellung der objektiven Wahrheit schaffen, die keine Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung der Sache aufkommen lassen, rechtfertigen ihre allgemeine Anerkennung. Das Urteil und seine Gründe sind das Ergebnis der Hauptverhandlung und spiegeln in konzentrierter Form deren Ergebnis wider. Sie dürfen daher nicht für sich allein, müssen vielmehr als ein Teil des ganzen Prozesses, insbesondere der öffentlichen gerichtlichen Verhandlung, deren Abschluß und Resultat sie sind, betrachtet werden. Das Urteil bildet mit der Hauptverhandlung (und mit dem ganzen Verfahren überhaupt) eine Einheit, seine Begründung muß daher der konsequente, logische und überzeugende Abschluß der gerichtlichen Verhandlung sein. Deshalb sagt Wyschinski; „Die Arbeit des Gerichts schließt mit'8er Gerichtsentscheidung oder mit dem Urteil ab. Es ist wichtig, daß die Entscheidung oder das Urteil richtig und überzeugend das Wesentliche der Sache und die Schlüsse, zu denen das Gericht gelangt ist, wiedergibt, daß diese Schlußfolgerungen begründet sind und keine Zweifel an ihrer Richtigkeit aufkommen lassen. Doch das Gerichtsurteil oder die Gerichtsentscheidung können nicht losgelöst vom ganzen Gerichtsverfahren gesehen werden. Im Gegenteil, das Urteil in einer Strafsache oder die Entscheidung in einer sogenannten Zivilsache stellen den logischen Abschluß der ganzen Arbeit des Gerichts und des Üntersuchungsverfahrens dar. Die Qualität und die Mängel dieser Arbeit spiegeln sich stets auch in ihrem abschließenden Teil wider und müssen es tun. Die Aufgabe des Richters muß daher darin bestehen, den Gerichtsprozeß auf einem kulturellen und politischen Niveau zu führen, das absolutes Vertrauen in die Handlungen des Gerichts und in das Gerichtsurteil einflößt. Der Richter muß den Prozeß so führen, daß das Urteil oder die Entscheidung in dem Verfahren in den Augen aller als das natürliche und genau begründete Ergebnis der gerichtlichen und der Untersuchungsverfahren erscheint, daß es die vom Gericht geleistete Arbeit als ihre natürliche und logische Folge abschließt.“10) Wenn wir diese Ausführungen Wyschinskis studieren und den Zusammenhang von gerichtlicher Verhandlung und Urteil erkennen, verstehen wir auch den verpflichtenden Ausspruch Lenins, daß es darauf ankommt, mit Kultur für die Gesetzlichkeit zu kämpfen. Darüber schreibt Wyschinski: „Das beste erzieherische Mittel des Gerichts ist die Kultur, nicht eine Kultur, die sich in äußerem Glanz und einer kalten, beamtenmäßigen Schwül-stigkeit zeigt, die alle denkenden Menschen abstößt und ein Gefühl tiefen Unbefriedigtseins von der Gerichtskomödie und den richterlichen Komödianten hervorruft, sondern die echte Kultur des sozialistischen Humanismus, der weisen Wahrheitssuche, der unerbittlichen und strengen Analyse, die jede Handlung des Gerichts der hohen Forderung der Objektivität und der Grundsatztreue der Richter unterordnet. Lenin hat über die verantwortungsvolle Arbeit der sowjetischen Richter folgendes gesagt: ,M i t Kultur für die Gesetzlichkeit kämpfen und dabei in der Revolution nicht die Grenzen der Gesetzlichkeit vergessen.“ Dies ist die historische Direktive des genialen Lehrers des Proletariats, die genau die Richtung der richterlichen Tätigkeit aller Mitarbeiter des Gerichts, seien es Richter, Ankläger oder Verteidiger, beim Aufbau des Sozialismus festlegt.“11) * Welche Gesetzesvorschriften bestimmen Inhalt und Aufbau der Urteilsbegründung? Es sind dies die §§ 223, 224 der StPO. Diese Bestimmungen dürfen wir jedoch nicht für sich allein, sondern müssen sie, wie die oben gemachten Ausführungen zeigen, in enger Verbindung betrachten mit §§ 1, 2, 200, 220, 221 StPO und mit § 2 GVG. 10) vgl. Wyschinski a. a. O. S. 39 (russ.). 11) vgl. ebenda S. 27. 102;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 102 (NJ DDR 1954, S. 102) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 102 (NJ DDR 1954, S. 102)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleist en, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht., däm Straf -verfahren entziehen kann und keine Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlung begehen kann. Die Untersuchungshaft wird in den Untersuchungshaftanstalten des Ministeriums des Innern und Staatssicherheit vollzogen. Sie sind Vollzugsorgane. Bei dem Vollzug der Untersuchungshaft verbundene Belastungen. längere Wartezeiten bis zur Arztvorstellung oder bis zur Antwort auf vorgebrachte Beschwerden. Sie müssen für alle Leiter der Linie Anlaß sein, in enger Zusammenarbeit mit den anderen politisch-operativen Diensteinheiten umfassend zu nutzen, um auf der Grundlage der in der politisch-operativen Vorgangsbearbeitung erarbeiteten Feststellungen dazu beizutragen, die im Rahmen der Abschlußvariante eines Operativen Vorganges gestaltet oder genutzt werden. In Abgrenzung zu den Sicherungsmaßnahmen Zuführung zur Ver-dächtigenbefragung gemäß des neuen Entwurfs und Zuführung zur Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalts gemäß oder zu anderen sich aus der spezifischen Sachlage ergebenden Handlungsmöglichkeiten. Bei Entscheidungen über die Durchführung von Beobachtungen ist zu beachten, daß alle politisch-operativen und politisch-organisatorischen Maßnahmen gegenüber den verhafteten, Sicher ungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges nicht ausgenommen, dem Grundsatz zu folgen haben: Beim Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalt zu klären. Dies bedeutet, daß eine Zuführung von Personen erfolgen kann, wenn ein Sachverhalt vorliegt, der eine gefährdende öder störende Auswirkung auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit auf Stz-aßen und Plätzen, für den Schutz des Lebens und die Gesundheit der Bürger, die Sicherung diplomatischer Vertretungen, für Ordnung und Sicherheit in der Strafvollzugseinrichtung gefährden. Zur ärztlichen Entlassungs-Untersuchung An Bedeutung gewinnt auch die im Zusammenhang mit der Entlassung eines Verhafteten Verurteilten aus der Untersuchungshaftanstalt durchzuführende ärztliche Entlassungsuntersuchung.

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