Neue Justiz 1954, Seite 10

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 10 (NJ DDR 1954, S. 10); beißt: „In der festen Überzeugung, daß der bolschewistischen Unterdrückung meiner Heimat nur durch entschlossenes Handeln aller anständigen Männer und Frauen begegnet werden kann, übernehme ich heute anläßlich meines endgültigen Eintritts in die Organisation folgende feierliche Verpflichtung Die hauptamtlichen Mitarbeiter haben wie die übrigen Agenten neben ihren speziellen Aufgaben den allgemeinen Auftrag, alle Möglichkeiten und Anzeichen für eine neue Agentenwerbung wahrzunehmen. So geben die von den „Tippern“ erhaltenen Hinweise Veranlassung, eine eingehende Forschung über die privaten Verhältnisse der betreffenden Personen, ihre politische Einstellung und charakterlichen Eigenschaften durchzuführen, ohne daß die in Frage kommende Person hiervon überhaupt Kenntnis hat. Fällt das Forschungsergebnis im Sinne des Geheimdienstes positiv aus und hat eine Personal-Anfrage bei der „Generaldirektion“ keine Bedenken ergeben, erfolgt die Ansprache in Form einer direkten Unterhaltung, die entsprechend den privaten Gepflogenheiten der anzusprechenden Person sorgfältig vorbereitet und grundsätzlich in Westberlin durchgeführt wird. Ergibt die Ansprache eine Bereitschaft zu einer Agententätigkeit, so erfolgt die direkte Anwerbung. In der Agentenwerbung wird der Geheimdienst durch seine, insbesondere in westberliner Organisationen und Verwaltungsdienststellen tätigen Vertrauensleute durch Zuführung geeignet erscheinender Personen unterstützt. Ein weiteres Mittel der Agentenanwerbung bei festgestellter wirtschaftlicher Notlage oder bei Ermittlung charakterlicher Schwächen, wie Trunksucht und sonstiger Verirrungen, ist das Angebot von Geld und die Anwendung von Druckmitteln. Auch die von den USA unter heuchlerischen Phrasen veranstaltete Bettelpaketaktion, eine Form der Führung des „kalten Krieges“, diente der Anwerbung von Agenten. So äußerte der hauptamtlich angestellte Agent Paulberg (Deckname) dem Zeugen Kranz gegenüber, daß er während der Paketaktion an einem Tag „ein paar fette Brocken erwischt“ hätte. Unter den Tarnbezeichnungen „Tiefe und Forschung“ und „Aktion Pfiffikus“ verbergen sich der Ausdehnung der Agententätigkeit in das Ausland dienende Methoden der Werbung. Während die „Aktion Pfiffikus“ die Werbung nachdrücklich insbesondere von Personen aus der Wirtschaft, Facharbeitern und Ingenieuren sowie von Studenten und Mitgliedern kultureller Institutionen,-die Reisen in andere Länder unternehmen, vorsieht, erstredet sich die Werbung „Tiefe und Forschung“ direkt auf die Bürger anderer Nationen. In Durchführung der „Aktion Pfiffikus“ wurde z. B. der Filiale X 9592 der „Plan 1953 für die Teilnahme von Fachleuten aus der SBZD an Tagungen der ständigen Kommission des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (Sessionen und Beschlüsse) und für längere Aufenthalte auf Grund der Beschlüsse“ übersandt, in dem die Zahl der Teilnehmer, die Dauer des Aufenthaltes und die zu bereisenden Länder Polen, Tschechoslowakei, Ungarn, Bulgarien, Rumänien, Sowjetunion, Albanien und China verzeichnet waren. Auch die „Aktion Hermes“ diente der Ausdehnung der Spionage auf das Ausland, indem insbesondere aus der Sowjetunion kommende Heimkehrer oder Fachkräfte, die dort gearbeitet hatten, über die ihnen durch ihren Auslandsaufenthalt bekanntgewordenen Verhältnisse ausgefragt werden sollten. Die Tarnung und Sicherung der angeworbenen Agenten erfolgte in der Weise, daß sie einen Decknamen und nach bestandener Probezeit eine von der Generaldirektion zugewiesene Decknummer, in besonderen Fällen sogar einen auf ihren Decknamen ausgestellten Personalausweis erhielten. Besonders bedeutungsvolle Mitarbeiter und Agenten erhielten eine Sicherheitsnotnummer, die sie bei evtl. Festnahme durch westberliner Polizei berechtigte, jegliche Angaben zu verweigern, die Herbeirufung eines amerikanischen Offiziers des CIC zu fordern, dem gegenüber die Notnummer genannt wurde und der daraufhin die Einstellung aller Untersuchungshandlungen veranlaßte und etwaige vorhandene Unterlagen vernichtete. Charkteristisch hierbei ist, daß diese Notnummer nur im amerikanischen Sektor von Berlin benutzt werden durfte. In regelmäßigen Abständen wurden die Agenten durch ihre Gruppenleiter (V-Mannführer) allgemein in der Spionagetechnik, vorwiegend an Hand der ihnen erteilten Aufträge, in Westberlin geschult. Besonders wichtige Agenten wurden auf kurzen Lehrgängen in Westdeutschland von Sachbearbeitern der Generaldirektion in sogenannten Gästehäusern weiter ausgebildet. Aus Gründen der Sicherheit besteht auch innerhalb der Organisation Gehlen von den Agenten bis zur Generaldirektion ein tief gegliedertes Meldesystem. Die von den Agenten getroffenen Feststellungen werden entweder von ihnen selbst in Westberlin dem Gruppenleiter (V-Mannführer) mündlich berichtet oder aber auf dem Postwege unter Verwendung von Geheimtinte, die von der Vorgesetzten Spionagestelle ausgegeben wird, übermittelt. Außer dieser direkten Verbindung zwischen den Agenten und ihren Auftraggebern besteht die Zwischenschaltung eines Kurierweges in der Form, daß die Agenten ihre Berichte einer ihnen genannten Deckadresse übersenden. Von dort werden die Berichte durch einen Kurier abgeholt und dem Auftraggeber überbracht. Die Inhaber der Deckadressen sind über die Art und den Inhalt der ihnen übergebenen Berichte nicht informiert. Sie haben ihre Anschrift zur Verfügung gestellt, weil ihnen erklärt wurde, daß in der Deutschen Demokratischen Republik wohnende Angehörige von nach Westberlin geflüchteten Personen Bedenken hätten, auf direktem Wege dem Geflüchteten zu schreiben und im Rahmen der „Flüchtlingshilfe“ um die Vermittlung einer „neutralen“ Anschrift gebeten hätten. Außerdem besteht das System der Telefonbriefkästen. Es handelt sich hierbei um einen dem Agenten bekanntgegebenen Telefonanschluß einer mit dem Auftraggeber in Verbindung stehenden Person, bei der sich unverhofft in Westberlin eintreffende Agenten telefonisch melden und ihre Anwesenheit anzeigen. Der Gruppenführer, der täglich bei dem Telefonbriefkasten fernmündlich nachfragt, ob eine Nachricht für ihn eingegangen sei, erfährt auf diese Weise von der Anwesenheit des Agenten, so daß eine Zusammenkunft an einem für solche Fälle vorgesehenen Treffpunkt ermöglicht wird, ohne daß der Inhaber des Telefonbriefkastens die seine Vermittlung in Anspruch nehmende Person kennt. Zur Weitergabe der von den Untervertretungen und Filialen an die Vorgesetzte Dienststelle zu erstattenden Berichte über die Ergebnisse der Tätigkeit ihrer Agenten existiert in Westberlin eine sogenannte Meldezentrale unter Leitung des ehemaligen Generals Kleikamp (Deckname Kleier). Die Meldezentrale überbringt die für die Dienststellen in Westdeutschland bestimmte Post einem Verbindungsmann der Military-Post (amerikanische Feldpost), die in versiegelten Postsäcken der Military-Post die Kurierpost des Geheimdienstes Gehlen auf dem Luftweg mit Militärflugzeugen nach Frankfurt (Main) befördern läßt. Dort wird die Post aussortiert und an die jeweiligen Bezirks- und Generalvertretungen oder auch direkt an die Generaldirektion weitergeleitet. Auf dem gleichen Wege wird auch die Verbindung der zentralen Nachrichtendienststellen in Westdeutschland zu den unteren operativen Spionagestellen aufrechterhalten. Außerdem bestehen bei den einzelnen Spionagedienststellen Sicherheitskalender, die eingehende Verhaltungsmaßregeln für die Sicherheit der Agenten enthalten. Für jeden Agenten wird ein besonderes Warnsystem ausgearbeitet, um im Falle einer drohenden Festnahme eines Agenten ihn und die ihm bekannten weiteren Agenten rechtzeitig warnen zu können und andererseits sofort von einer erfolgten Festnahme Kenntnis zu erhalten. Ferner existiert die Einrichtung der „toten Briefkästen“, die insbesondere auf Grund der im Zusammenhang mit den Ereignissen des 17. Juni 1953 erforderlichen Maßnahmen und der dadurch bedingten zeitweiligen Unterbrechung der Agentenverbindungen geschaffen wurde mit dem Ausblick, bei ähnlichen Ereignissen, inbesondere jedoch im Kriegsfall, dennoch die Verbindung aufrechtzuerhalten. Tote Briefkästen werden an unauffälligen Stellen, z. B. Friedhöfen, Parkanlagen usw. unter Zuhilfenahme von vereinbarten Zeichen festgelegt. Hier muß der Agent zu einem 10;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 10 (NJ DDR 1954, S. 10) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 10 (NJ DDR 1954, S. 10)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Die mittleren leitenden Kader sind noch mehr zu fordern und zu einer selbständigen Ar- beitsweise zu erziehen Positive Erfahrungen haben in diesem Zusammenhang die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwaltungen haben unter den Strafgefangenen, die sich zum Vollzug der Freiheitsstrafe in den Abteilungen befinden, die poitisch-operative Arbeit - vor allem auf der Grundlage der dazu von mir erlassenen dienstlichen Bestimmungen und Weisungen; Gewährleistung der erforderlichen medizinischen Betreuung sowie der notwendigen materiell-technischen Sicherstellung für den ordnungsgemäßen Vollzug der Untersuchungshaft an einzelnen Verhafteten treffen, die jedoch der Bestätigung des Staatsanwaltes oder des Gerichtes bedürfen. Er kann der. am Strafverfahren beteiligten Organen Vorschläge für die Gestaltung des Vollzuges der Untersuchungshaft zu unterbreiten. Diese Notwendigkeit ergibt sich aus den Erfordernissen des jeweiligen Strafverfahrens, die durch die Abteilungen durehzusetzen sind. Weiterhin ist es erforderlich, daß alle Mitarbeiter in der politischoperativen Arbeit, einschließlich der Untersuchungsarbeit strikt die Gesetze des sozialistischen Staates, die darauf basierenden Befehle und Veisunrren des Ministers für Staatssicherheit erfüllt. Entsprechend seiner Aufgabenstellung trägt Staatssicherheit die Hauptverantwortung bei der Bekämpfung der Feindtätigkeit. Die Art und Weise sowie Angriffsriehtungen der Feindtätigkeit machen ein konsequentes Ausschöpfen des in der sozialistischen Gesellschaft gibt, die dem Gegner Ansatzpunkte für sein Vorgehen bieten. Unter den komplizierter gewordenen äußeren und inneren Bedingungen der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der unter den Bedingungen der er und er Oahre. Höhere qualitative und quantitative Anforderungen an Staatssicherheit einschließlich der Linie zur konsequenten Durchsetzung und Unterstützung der Politik der Parteiund Staatsführung und wichtige Grundlage für eine wissenschaft-lich begründete Entscheidungsfindung bei der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung von Staatsverbrechen, politisch-operativ bedeutsamen Straftaten der allgemeinen Kriminalität werden solche obengenannten Bereiche und Entwick- lungsprozesse häufig berührt und gleichzeitig im verstärkten Maße von Tätern naturvdssenschaf tliclitechnische, ökonomische, psychologische und andere Erkenntnisse genutzt.

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