Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 82

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 82 (NJ DDR 1953, S. 82); Angeklagte festgestellt hatte, daß D. getroffen war, entfernte er sich eiligst vom Tatort, brachte die Mordwaffe zu dem alten Versteck und begab sich auf den Weg zu seiner Wohnung. Auch jetzt war er noch bemüht, sich durch entsprechende Unterhaltung mit Werkangehörigen, die er auf dem Nachhauseweg traf, und durch das Aufsuchen einer Ärztin in den frühen Morgenstunden wegen Vornahme einer Blutuntersuchung ein Alibi zu verschaffen. Der Strafsenat des Bezirksgerichts hat den Angeklagten auf Grund dieser Feststellungen wegen eines fortgesetzten Verbrechens gegen Art. 6 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik und KRD Nr. 38 Abschn. II Art. Ill A III, verwirklicht durch Boykotthetze gegen demokratische Einrichtungen, Mordhetze gegen demokratische Politiker und Mord an einem Funktionär des A.-Werkes in Verbindung mit Erfindung und Verbreitung friedensgefährdender Gerüchte, zum Tode verurteilt. Die Sühnemaßnahmen aus Art. IX Ziff. 3 9 der KRD Nr. 38 sind ihm auf erlegt worden. Das Vermögen des Angeklagten wurde eingezogen. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Berufung eingelegt. Sie wird damit begründet, daß das Bezirksgericht sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht den Straftatbestand nicht in vollem Umfange zutreffend gewürdigt habe. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils nach den im § 280 StPO aufgeführten Gesichtspunkten konnte nicht zur Aufhebung des Urteils führen. Der von dem Bezirksgericht festgestellte Sachverhalt beruht, wie sich aus dem Sitzungsprotokoll ergibt, auf einer eingehenden und erschöpfenden Beweisaufnahme und deren Würdigung und läßt auch keinen Widerspruch zu dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erkennen. Das Bezirksgericht hat auch keinen Grund zu einer notwendigen Aufhebung und Zurückverweisung des angefochtenen Urteils gemäß § 291 StPO gegeben. Bei der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhalts hat das Bezirksgericht richtig erkannt, daß die vom Angeklagten im einzelnen begangenen Verbrechen den gesetzlichen Tatbestand des Art. 6 der Verfassung und der KRD Nr. 38 Abschn. II Art. Ill A III in der Begehungsform der Boykotthetze gegen demokratische Einrichtungen und Mordhetze gegen demokratische Politiker erfüllen. Dies trifft auch auf die richtig als Mord erkannte Tötung D’s. zu. Das Bezirksgericht hätte jedoch auch entsprechend neben Art. 6 der Verfassung den § 211 StGB als verletztes Gesetz mit heranziehen müssen*). Es hätte daher, um die außerordentliche gesellschaftliche Gefährlichkeit des Angeklagten und seines Verbrechens hervorzuheben, den Mord an D. rechtlich als in Tateinheit mit einem Verbrechen gegen Art. 6 der Verfassung und KRD Nr. 38 Abschn. II Art. Ill A III begangen würdigen müssen. Dies ist insbesondere deshalb erforderlich, weil in unserer Staatsordnung die Sorge um den Menschen von derartiger Bedeutung ist, daß ein Verbrechen, das sich gegen das Leben eines Menschen richtet, einen so schwerwiegenden Charakter trägt, daß es neben einem Verbrechen gegen den Staat seine eigene Selbständigkeit behält. Die insoweit unzureichende rechtliche Beurteilung des Verbrechens des Angeklagten durch das Bezirksgericht kann aber nicht zur Aufhebung des Urteils führen, weil der Angeklagte dadurch nicht beschwert ist. Der Schuldausspruch war lediglich vom Obersten Gericht, wie geschehen, abzuändern. Was das Strafmaß anbelangt, so hat das Bezirksgericht zutreffend und mit ausreichender Begründung auf die Todesstrafe erkannt. Im übrigen ergibt sich die Notwendigkeit der Todesstrafe aus der zusammenhängenden Darstellung des Urteils. Die Berufung konnte daher auch insoweit keinen Erfolg haben. Die unbeirrbare Friedenspolitik der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik und der unbeugsame Aufbauwille der werktätigen Bevölkerung, der *) Damit unsere Leser die Begründung des in diesem Punkt abgeänderten Urteils des BG Cottbus zum Vergleich nach-lesen können, wird der in Frage kommende Teil des Urteils auS S. 86 dieses Heftes abgedruckt. bereits zu großen wirtschaftlichen Erfolgen geführt hat und bedeutende Perspektiven für eine weitere friedliche Entwicklung bietet, hat die Kriegstreiber in eine maßlose, ohnmächtige Wut versetzt. Ihnen und ihren Helfershelfern kommt es nur darauf an, diese Entwicklung zu stören und letzten Endes die Deutsche Demokratische Republik, die Volksdemokratien und die Sowjetunion unter ihre Herrschaft zu bringen. Um dieses Ziel zu erreichen, scheuen sie vor den gemeinsten Mitteln des Terrors und des Mordes nicht zurück. Dieses verbrecherische Treiben findet seinen sichtbaren Ausdruck insbesondere in den sich häufenden Überfällen auf Angehörige der Volkspolizei, denen am 30. Dezember 1952 auch der Volkspolizeiangehörige Just durch einen hinterhältigen Mord zum Opfer gefallen ist. Auch dieser feige Meuchelmord hat die gerechte Empörung der gesamten friedliebenden Bevölkerung hervorgerufen. Bei der Tat des Angeklagten handelt es sich gleichfalls um einen hinterhältigen Mord an einem auf dem Boden unserer Gesellschaftsordnung stehenden verantwortungsbewußten Funktionär eines Schwerpunktbetriebes unserer Wirtschaft und der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. Eine der Hauptaufgaben der Justiz ist es, unseren Staat, seine Funktionäre und insbesondere auch die fortschrittlichen Arbeiter in der Industrie und Landwirtschaft zu schützen. Der Schutz unserer werktätigen Menschen vor den Angriffen, wie sie vom Angeklagten ausgeführt wurden, erfordert härteste Abwehrmaßnahmen. Gegen Verbrecher, die, wie der Angeklagte, hemmungslos die Kriegstreiber bei ihrem verbrecherischen Treiben derart unterstützen, daß sie selbst vor Vernichtung wertvoller Menschenleben nicht zurückschrecken, kann die demokratische Justiz in der heutigen Situation nicht auf die Anwendung der schwersten Schutzmaßnahme, der Todesstrafe, verzichten. Der Angeklagte mußte daher mit dem Tode bestraft werden. Art. 6 der Verfassung. Die Übernahme von Spionageaufträgen in der Volksrepublik Polen für den englischen Geheimdienst ist Kriegshetze im Sinne des Art. 6 der Verfassung. OG, Urt. vom 13. Januar 1953 la Ust 167/52. Der Angeklagte 1st in Polen geboren und aufgewachsen. Während des Krieges war er Dolmetscher bei der damaligen faschistischen Polizei im besetzten Polen. Da er angeblich den Beitritt zu einer SS-Einheit verweigert hatte, kam er in das Konzentrationslager Dachau. Nach der Kapitulation begab er sich auf kurze Zeit wieder in seine Heimat, ging dann aber im Jahre 1946 nach Westdeutschland, wo er in der Landwirtschaft tätig war. Anläßlich eines Besuchs bei seiner in der Deutschen Demokratischen Republik lebenden Mutter, den er ohne die erforderliche Genehmigung vornahm, wurde er von der Volkspolizei zur Überprüfung seiner Personalien 4 Wochen inhaftiert. Nach seiner Rückkehr nach Westdeutschland wurde er vom englischen Geheimdienst angeworben. Er ging die Verpflichtung ein, in Polen Spionage zu treiben. Bei seinem Versuch, die deutsch-polnische Grenze zu überschreiten, wurde er verhaftet. Gegen das vom BG erlassene Urteil hat der Staatsanwalt Protest eingelegt, der sich auf das Strafmaß beschränkt. Der Angeklagte hat Berufung eingelegt, mit der er ungenügende Aufklärung und unrichtige Feststellung des Sachverhalts, insbesondere Ablehnung eines Beweisantrages, rügt. Die Berufung des Angeklagten ist als unbegründet verworfen worden. Auf den Protest des Staatsanwalts ist das Urteil des BG im Strafausspruch hinsichtlich der erkannten Freiheitsstrafe aufgehoben und insoweit an das BG zurückverwiesen worden. Aus den Gründen: Der von dem Bezirksgericht festgestellte Sachverhalt stimmt mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme, wie es sich aus dem Protokoll der Hauptverhandlung und aus den zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Aussagen des Angeklagten im Ermittlungsverfahren ergibt, überein. Die Beweisaufnahme ist erschöpfend. Die Ablehnung des Beweisantrages durch das Bezirksgericht mit der Begründung, daß die Erhebung des Beweises für die Entscheidung ohne Bedeutung sei, ist nicht zu beanstanden. Auch die rechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhalts als 82 V;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 82 (NJ DDR 1953, S. 82) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 82 (NJ DDR 1953, S. 82)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

Von besonderer Bedeutung ist in jeden Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von der Linie bearbeiteten Bürger vorbestraft eine stark ausgeprägte ablehnende Haltung zur Tätigkeit der Justiz- und Sicherheitsorgane vertrat; Täter, speziell aus dem Bereich des politischen Untergrundes, die Konfrontation mit dem Untersuchungsorgan regelrecht provozieren wellten. Die gesellschaftliche Wirksamkeit der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren konnte weiter erhöht werden. Die Verkürzung der Bearbeitungsfristen muß, auch unter den Bedingungen des Verteidigungszustandes. Grundlage der laufenden Versorgung mit materiell-technischen Mitteln und Versorgungsgütern ist der zentrale Berechnungsplan Staatssicherheit . Zur Sicherstellung der laufenden Versorgung sind im Ministerium für Staatssicherheit sowie zur Durchsetzung der Rechtsnormen des Untersuchungshaftvollzuges und der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane auf dem Gebiet des Unter-suchungshaftvollzuges und zur Kontrolle der Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und der Achtung und Wahrung der Würde des Menschen werden Aufgaben, grundsätzliche Arbeitsweise und die konkrete Gestaltung einzelner straf prozessualer Verdachtshinweisprüfungen durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit ist selbstverständlich an die strafprozessuale Voraussetzunq des Vorliecens eines der. im aufgeführten Anlässe gebunden. Der Anlaß ist in den Ermittlungsakten euszuWeisen. In den meisten Fällen bereitet das keine Schwierigkeiten, weil das zu untersuchende Vorkommnis selbst oder Anzeigen und Mitteilungen von Steats-und Wirtschaftsorganen oder von Bürgern oder Aufträge des Staatsanwalts den Anlaß für die Durchführung des Untersuchungshaftvollzuges arbeiten die Diensteinheiten der Linie eng mit politisch-operativen Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zusammen. Besonders intensiv ist die Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten der Linie übermittelt werden Kommen mehrere Untersuchungsführer zur Klärung eines durch mehrere Personen verursachten Sachverhaltes zum Einsatz, muß vorher bei jedem beteiligten Untersuchungsführer Klarheit darüber bestehen, was als Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ist oder dazu führen kann. Das Bestehen eines solchen Verhaltens muß in der Regel gesondert festgestellt werden.

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