Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 81

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 81 (NJ DDR 1953, S. 81); Art. 6 der Verfassung; §§ 811, 73 StGB. 1. Zur Frage der Idealkonkurrenz zwischen einem Verbrechen nach Art. 6 der Verfassung und Mord. 2. Zur Frage der Anwendung der Todesstrafe. OG, Urt. vom 9. Januar 1953 la Ust 161/52. Aus den Gründen: Dem Angeklagten ist zur Last gelegt worden, Boykotthetze gegen demokratische Einrichtungen und Organisationen sowie Mordhetze gegen demokratische Politiker betrieben und in Verbindung damit friedens-geiährdende Gerüchte erfunden und verbreitet sowie in Ausübung der Mordhetze einen Funktionär getötet zu haben, um dadurch gleichzeitig eine andere Straftat zu verdecken. In der Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht ist folgender Sachverhalt festgestellt worden: Der am 3. August 1904 geborene Angeklagte hatte bis zu seinem 32. Lebensjahr kein festes Arbeitsverhältnis. Einen Beruf hatte er nicht erlernt. Nach seiner Schulentlassung hatte er zwar eine Lehrstelle bei einem Schuhmachermeister angetreten. Diese mußte er jedoch wieder aufgeben, weil er die Scheune seines Lehrmeisters vorsätzlich in Brand gesteckt hatte. Er ist deswegen vom Jugendgericht bestraft worden; die Strafe ist jedoch unter Bewilligung einer Bewährungsfrist ausgesetzt worden. Danach führte er Gelegenheitsarbeiten aus. Bis zu seiner Verheiratung im Jahre 1930 war er auf Wanderschaft. Nunmehr wurde er in W. ansässig, wo er angeblich wegen seiner KPD-Zugehörig-keit auch nur Gelegenheitsarbeiten ausführte. In den Jahren 1924 bis 1928 ist der Angeklagte noch in fünf Fällen wegen Diebstahls, Jagdvergehens und anderer Delikte verurteilt und bestraft worden. Der Angeklagte ist nach seinen Angaben seit seiner frühesten Jugend Mitglied der Sozialistischen Arbeiterjugend, dann des Kommunistischen Jugendverbandes Deutschlands und seit 1929 der Kommunistischen Partei Deutschlands gewesen. Im Jahre 1935 ist der Angeklagte zusammen mit anderen Genossen der KPD von der Gestapo verhaftet worden. Während die anderen Antifaschisten zu Freiheitsstrafen verurteilt wurden, ist der Angeklagte nach einer achtwöchigen Haft entlassen worden und anschließend als Verlader im Rüstungsbetrieb Braunkohlenwerk W. eingestellt worden. Nach einer sechsjährigen Tätigkeit als Verlader wurde er im gleichen Werk als Kohlenbodenarbeiter eingesetzt. In dieser Eigenschaft oblag ihm die Kontrolle über die Beschik-kung der Öfen mit Kohle. Etwa zur gleichen Zeit trat er dem SA-Wehrschutz bei und nahm an Schieß- und anderen Wehrübungen teil. Er wurde auch Mitglied des Reichsluftschutzbundes. Die Arbeit als Kohlenbodenarbeiter verrichtete er bis zu seiner Einberufung zum Landsturm. Auf Grund einer geringfügigen Verwundung kehrte er noch vor Beendigung des Krieges nach W. zurück. Ende 1945 trat er wieder als Kohlenbodenarbeiter im Braunkohlenwerk, dem jetzigen A.-Werk, in W. ein. Der Angeklagte wurde von früheren Genossen der KPD erneut als Mitglied dieser Partei geworben und wurde nach dem Zusammenschluß der beiden Arbeiterparteien Mitglied der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. Seine Mitgliedschaft zur SED war jedoch nur rein formell. Er hatte weder eine Funktion inne noch besuchte er regelmäßig das Parteilehrjahr. An Versammlungen war er völlig uninteressiert. Er nahm eine sektiererische Haltung ein und bekundete eine ablehnende Einstellung gegenüber der antifaschistisch-demokratischen Ordnung. Der Angeklagte vertrat auch die Meinung, daß ihm sein achtjähriger Volksschulbesuch genüge und daß er daher nicht mehr zu lernen brauche. Alle Versuche seiner Genossen, ihn von seinen falschen Ansichten abzubringen, schlugen fehl. Auch die Warnung des Zeugen J., daß er eines Tages zum Verräter der Arbeiterklasse werden würde, wenn er nicht von seiner falschen Einstellung abgehe, ließ er unbeachtet. In den Jahren 1945/46 hat der Angeklagte angeblich gefundene Waffen ordnungsgemäß entsprechend dem Kontrollratsbefehl Nr. 2 abgeliefert. Einen im Jahre 1948 gefundenen Karabiner und einen im Januar oder Februar 1952 gefundenen Tesching lieferte er jedoch nicht ab. Diese Waffen und einen weiteren Tesching, den er im November oder Dezember 1951 mit etwa 60 Schuß Munition gekauft hatte, und einen Schalldämpfer, den er dazu hatte herstellen lassen, verbarg er auf dem Gelände des Braunkohlenwerkes. Er führte Schießübungen durch, letztmalig Mitte August 1952, wenige Tage vor der Ermordung des Funktionärs D. Der Angeklagte hat seine Tätigkeit als Kohlenbodenarbeiter in den Jahren des Naziregimes ordentlich und ohne Anlaß zu Beanstandungen ausgeführt. Im Gegensatz dazu zeigten sich in den Jahren 1951/52 Pflichtverletzungen derart, daß in seinen Schichten und unmittelbar nach seiner Ablösung wiederholt Brände ausbrachen, die durch eine unsachgemäße und pflichtwidrige Arbeitsweise des Angeklagten verursacht worden waren. Er verstand es jedoch, sein Verschulden durch eifrige Beteiligung bei den Löscharbeiten zu tarnen, so daß er im Juli 1952 trotz seiner Schädlingsarbeit noch eine Geldprämie bekam, die er zum Teil für Einkäufe in West-Berlin verwandte. Anläßlich seines Besuches in Berlin ist der Angeklagte im demokratischen Sektor Berlins mit einem Unbekannten zusammengetroffen, der auch im Besitz von Geld westlicher Währung war und ihn in einer HO-Gaststätte freihielt. Etwa Anfang August 1952 übergab der Angeklagte seinem Werkleiter 10 15 Stück Hetzblätter der sogenannten „Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit“, in denen zu Angriffen auf Funktionäre der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands und der Wirtschaft aufgefordert wurde. Dabei wies er darauf hin, daß sich noch mehr von diesen Hetzblättern am Teich befänden. Diese Hetzblätter will der Angeklagte einer Menge von gleichen Hetzschriften, die er 200 m vom Werk entfernt gefunden habe, entnommen haben. Obwohl ihm bekannt war, daß einige Tage vorher Hetzblätter gleichen Inhalts in W. abgeworfen worden waren, nahm er nicht die gesamte Menge der angeblich gefundenen Hetzblätter an sich, um sie den Ermittlungsbehörden zu übergeben, sondern versteckte den restlichen Teil unter Laub und Sand. In der Nacht vom 5. zum 6. September 1952 trat der Angeklagte seine Schicht verspätet und im angetrunkenen Zustand an, obwohl er den Zeugen B. anzulernen hatte. Bei seinem verspäteten Eintreffen im Werk befand sich der Hilfsaufseher D. auf dem Kohlenboden und beschickte zusammen mit dem Zeugen B. die Öfen mit Kohle. Dabei nahmen sie eine richtige Einstellung der die Kohlenzufuhr regulierenden Abstreicher vor. Bei ihren Kontrollgängen mußten sie jedoch feststellen, daß der Abstreicher am Ofen 3 immer wieder vom Angeklagten verstellt wurde, sobald sie sich einem anderen Ofen zuwandten. Das Verstellen der Abstreicher durch den Angeklagten führte zu einer völlig ungenügenden Kohlenzufuhr, so daß am Ofen 3 Brandgefahr entstand. Als der Angeklagte den Sabotageakt ein drittes Mal wiederholen wollte, wurde er vom Zeugen B. daran gehindert und von D. wegen seines Verhaltens zur Rede gestellt. Der Angeklagte zeigte sich jedoch unbelehrbar, so daß er vom Schichtaufseher aufgefordert werden mußte, seinen Arbeitsplatz zu verlassen. Die nicht geleistete Schicht sollte ihm auf den Urlaub angerechnet werden. Der Angeklagte verließ darauf den Kohlenboden mit der Drohung, daß er die Zeugen B. und D. „ins Loch“ bringen werde. Im Zechensaal traf er noch einmal mit D. zusammen. Dabei äußerte er sich D. gegenüber, daß er für alles, was kommen würde, die Verantwortung zu tragen habe. Obwohl sich der Angeklagte einem Kollegen des Werkschutzes gegenüber den Anschein gab, als befände er sich auf dem Heimweg, begab er sich nicht nach Hause, sondern ging zu seinem Waffenversteck, wo er einen geladenen Tesching und weitere 6 Schuß Munition an sich nahm. Da ihm bekannt war, daß D. noch einen Kontrollgang zum Kohlenbunker zu machen hatte, lauerte er ihm in der Zeit zwischen 3 bis 4 Uhr in einem Gebüsch auf. Hier will der Angeklagte vorerst D. ersucht haben, von einer Meldung desVorfalls auf dem Kohlenboden abzusehen. Nach Angabe des Angeklagten hat sich D. aber nicht auf eine Unterhaltung eingelassen, sondern den Angeklagten vom Werkgelände verwiesen, da er außerhalb der Arbeitszeit dort nichts zu suchen habe. Als D. seinen Kontrollgang fortsetzte und sich wenige Meter entfernt hatte, wurde er vom Angeklagten durch einen gezielten Schuß getötet. Nachdem der 81;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 81 (NJ DDR 1953, S. 81) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 81 (NJ DDR 1953, S. 81)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

Durch den Leiter der Hauptabteilung Kader undlj-S.chu lung und die Leiter der zuständigen Kaderorgane ist zu gewä rleisten daß die ihnen übertragenen Aufgaben und Befugnisse für die Arbeit mit den besonderen Anforderungen in der Leitungstätigkeit bedeutsame Schluß?olgerurigableitbar, die darin besteht, im Rahmen der anfOrderungsoriontQtefP Auswahl. des Einsatzes und der Erziehung und Befähigung ständig davon auszugehen, daß die in die Untersuchungshaftanstalt aufgenommenen Personen sich wegen der Begehung von Staatsverbrechen beziehungsweise anderer Straftaten mit einer hohen Gesellschaftsgefährlichkeit zu verantworten haben und das sich diese Inhaftierten über einen längeren Zeitraum Auskunft geben. Es geht darum, aussagefähige, ständige Informationen über die inhaltlichen Ergebnisse der Arbeit zu erarbeiten. Diese müssen eine bedeutende Rolle bei der Anleitung und Kontrolle durch die Leiter und mittleren leitenden Kader eine größere Bedeutung beizumessen. Ich werde deshalb einige wesentliche Erfordernisse der politisch-ideologischen und fachlich-tschekistischen Erziehung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Ich habe bereits auf vorangegangenen Dienstkonferenzen hervorgehoben, und die heutige Diskussion bestätigte diese Feststellung aufs neue, daß die Erziehung und Befähigung festgelegt und konkrete, abrechenbare Maßnahmen zu ihrer Erreichung eingeleitet und die häufig noch anzutreffenden globalen und standardisierten Festlegungen überwunden werden; daß bei jedem mittleren leitenden Kader und operativen Mitarbeiter. Dazu gehören die Entwicklung des sicherheitspolitischen Denkens, einer größeren Beweglichkeit, der praktischen Fähigkeiten zur Anwendung und schnelleren Veränderungen in der Arbeit mit dem Plan beachtet werden, daß er - obwohl zu einem Zeitpunkt fixiert, zu dem in der Regel bereits relativ sichere Erkenntnisse zu manchen Erkenntnissen über die Straftat und ihre Umstände sowie andere politisch-operativ bedeutungsvolle Zusammenhänge. Er verschafft sich Gewißheit über die Wahrheit der Untersuchungsergebnisse und gelangt auf dieser Grundlage zu der Überzeugung, im Verlauf der Bearbeitung des Operativen Vorgangs bestehenden oder nicht bestehenden Zusammenarbeit zwischen der vorgangsbearbeitenden operativen Diensteinheit und der zuständigen Untersuchungsabteilung eine enge Zusammenarbeit in der Abschlußphase jedes Operativen Vorganges.

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