Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 778

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 778 (NJ DDR 1953, S. 778); stand entgegensetzen dürfen, sondern eine Vermittlung nachsuchen müssen. Da hiermit der Nachweis geführt sei, daß der Steuerverweigerungsbeschluß ungültig gewesen sei, müßten die Angeklagten, die ihn durchzulühren unternommen hatten, verurteilt werden; dies um so mehr, als sie noch über den Beschluß hinausgegangen seien, indem sie zu seiner „gewaltsamen“ Durchführung aufgefordert hätten. Dabei handle es sich um Rebellion, die auf keinen Fall geduldet werden könne. Hierauf erhielt Marx das Wort zu seiner Verteidigung. Diese Rede bildete nach Engels Worten „den Gipfelpunkt der Verhandlungen“. Sie war namentlich in zwei Richtungen interessant. „Erstens dadurch, daß es ein Kommunist ist, der hier den bürgerlichen Geschworenen klarzumachen hat, daß die Handlung, die er begangen, und derentwegen er als Angeklagter vor ihnen steht, eine Handlung ist, die nicht nur zu begehen, sondern zu ihren äußersten Folgerungen fortzuführen, eigentlich die Pflicht und Schuldigkeit ihrer Klasse, der Bourgeoisie, war Zweitens aber wahrt sie den revolutionären Standpunkt gegenüber der heuchlerischen Gesetzlichkeit der Regierung in einer Weise, woran mancher sich noch heute ein Beispiel nehmen könnte.“14) Marx widerlegte die Argumente des Staatsprokura-' tors Punkt für Punkt, ohne ein Jota seiner Handlungen oder Worte zu verleugnen. Dies kommt besonders deutlich in den folgenden Sätzen der Verteidigungsrede zum Ausdruck, die den Grundton von Marx’ Ausführungen überhaupt widerspiegeln: „Wenn man eine Revolution glücklich vollbringt, kann man seine Gegner hängen, aber nicht verurteilen. Man kann sie als besiegte Feinde aus dem Wege räumen, man kann sie nicht als Verbrecher richten. Nadi vollendeter Revolution oder Konterrevolution kann man die umgestoßenen Gesetze gegen die Verteidiger derselben Gesetze nicht in Anwendung bringen. Es ist dies eine feige Heuchelei der Gesetzlichkeit, die Sie, meine Herren, nicht durch Ihren Urteilsspruch sanktionieren werden.“13) Mit der Anklage war behauptet worden, die Nationalversammlung habe mit ihrem Beschluß rechtswidrig gehandelt, weil sie die vollziehende und die gesetzgebende Gewalt miteinander verwechselt habe. Marx machte diesen Sophismus gleich zu Beginn seiner Rede zunichte: „Sie alle werden mir zugeben, meine Herren, daß hier kein Verbrechen im gewöhnlichen Sinn vorliegt, daß hier überhaupt kein Konflikt mit dem Gesetze vorliegt, der vor Ihr Forum gehört. In gewöhnlichen Zuständen ist die ölfentliche Gewalt die Vollzieherin der bestehenden Gesetze; Verbrecher ist, wer diese Gesetze bricht oder der öffentlichen Gewalt in Ausübung derselben gewaltsam entgegentritt. In unserem Falle hat die eine öffentliche Gewalt das Gesetz gebrochen; die andere öffentliche Gewalt, gleichgültig welche, hat es behauptet. Der Kampf zwischen zwei Staatsgewalten liegt weder im Bereiche des Privatrechtes noch im Bereiche des Kriminalrechtes. Die Frage, wer im Rechte war, die Krone oder die Nationalversammlung, sie ist eine geschichtliche Frage.“16) Nach dieser Klarstellung des politischen Hintergrundes des Prozesses ging Marx zum Angriff über. Er widerlegte die Behauptung, daß die Krone im März und April 1848 freiwillig auf einen Teil der Gewalt verzichtet habe. Nicht die Krone habe auf einen Teil der Gewalt verzichtet, sondern das Volk, das aus der Revolution als Sieger hervorgegangen ist. „Wenn ich Ihnen ein Geschenk mache, es wäre wirklich unverschämt von Ihnen, auf Grund meiner Schenkungsurkunde hin weitere Leistungen von mir erzwingen zu wollen. Aber eben das Volk war es, das nach dem März schenkte; die Krone war es, die das Geschenk empfing. Es versteht sich von selbst, daß das Geschenk im Sinne des Gebers und M) a. a. o. s. 5. ) a. a. O. S. 12/13. 16) a. a. O. S. 13. nicht des Empfängers, im Sinne des Volkes und nicht der Krone, ausgelegt werden muß.“17) Dem weiteren Argument des Staatsprokurators, das auf dem Vergleich des preußischen Staates mit konstitutionellen Staaten basierte, ging es nicht besser. Marx deckte den hierin liegenden Trugschluß auf; er wies darauf hin, daß es in Preußen noch keine Konstitution gäbe, in der ein Recht der Krone auf Auflösung, Vertagung oder Verlegung des Parlamentes festgelegt sein könnte, ein Recht übrigens, das durch Bestimmungen darüber, auf wie lange Vertagungen erfolgen dürften, bzw. wann nach einer Auflösung Neuwahlen durchgeführt werden müßten, hätte eingeschränkt sein müssen. In Preußen aber sollte die Nationalversammlung ja erst eine Konstitution mit der Krone vereinbaren. „S,ie sehen hier an einem Beispiele, wohin es führt, den Konflikt zwischen der preußischen Krone und der preußischen Nationalversammlung an den Verhältnissen konstitutioneller Länder messen zu wollen. Es führt zur Behauptung des absoluten Königtums. Von der einen Seite vindi-ziert man der Krone die Rechte einer konstitutionellen Exekutivgewalt, von der andern besteht kein Gesetz, keine Gewohnheit, keine organische Institution, welche ihr die Beschränkung der konstitutionellen Exekutivgewalt auferlegt.“18) Für uns ist hier besonders interessant, welche Schlußfolgerung Marx aus der von ihm gegebenen Analyse der politischen Situation in Preußen im Jahre 1848 zog, nämlich, daß sich im gleichen Staat zwei souveräne Gewalten gegenüberstanden die von der Nationalversammlung repräsentierte Gewalt der bürgerlichen Gesellschaft und die feudalabsolutistische Gewalt der Regierung: „Kein Zweifel! Von diesen zwei Gewalten mußte die eine die andere sprengen. Zwei souveräne Gewalten können nicht gleichzeitig, nicht nebeneinander funktionieren in einem Staat. Es ist dies ein Widersinn, wie die Quadratur des Zirkels. Die materielle Macht mußte zwischen den Souveränitäten entscheiden.“19) Bei diesen Ausführungen drängt sich der Vergleich zu den politischen Zuständen in Rußland zwischen der Februar- und Oktoberrevolution des Jahres 1917 auf, wo ebenfalls zwei Gewalten, die bürgerliche Regierung und die Sowjets der Arbeiter- und Soldatendeputierten, die Macht miteinander teilten, so daß es zur „Doppelherrschaft“ kam. Bei der Analyse dieser Erscheinung kam Lenin zu den gleichen Ergebnissen wie Marx. In der Broschüre. „Die Aufgaben des Proletariats in unserer Revolution“ führt er aus: „Es unterliegt nicht dem geringsten Zweifel, daß sich eine derartige ,Verflechtung’ auf die Dauer nicht halten kann. Zwei Staatsgewalten können in einem Staate nicht bestehen. Eine von ihnen muß verschwinden, und die ganze Bourgeoisie Rußlands ist bereits mit aller Kraft am Werke, die Sowjets der Soldaten- und Arbeiterdeputierten mit allen möglichen Mitteln überall zu beseitigen, zu entkräften, zu einem Nichts herabzudrücken und die Alleinherrschaft der Bourgeoisie aufzurichten.“20) Ebenso wie Lenin erkannte auch Stalin die notwendige Konsequenz einer derartigen Doppelherrschaft; so erklärte er in einer Rede am 18. April (1. Mai) 1917: „Die Beziehungen zwischen diesen beiden Gewalten verschärfen sich immer mehr, die frühere Zusammenarbeit zwischen ihnen schwindet dahin, und es wäre ein Verbrechen, wollten wir diese Tatsache vertuschen.“21) Der nicht zu übersehende fundamentale Unterschied zwischen diesen beiden historischen Situationen liegt darin, daß in Rußland die fortschrittlichen Kräfte die reaktionären überwanden, weil sie den unvermeidlich gewordenen Kampf mit eiserner Energie aufnahmen, i?) a. a. o. s. 17. !8) a. a. o. s. 18. !) a. a. O. S. 18. 20) Lenin, Ausgewählte Werke ln; zwei Bänden, Moskau 1947, Bd. II, S. 20. 21) Stalin, Werke, Dietz Verlag, Berlin 1951, Bd. 3 S. 36. 77 8;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 778 (NJ DDR 1953, S. 778) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 778 (NJ DDR 1953, S. 778)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

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