Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 766

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 766 (NJ DDR 1953, S. 766); Traditionen eine gelegentliche Entgleisung darstellen oder zu denen sie von gewissenlosen Elementen verführt worden sind, weniger gesellschaftsgefährlich. Deshalb muß für solche Menschen eine Strafe gefunden werden, die in ihrer Art und Höhe1 zur Erziehung des Rechtsbrechers und auch anderer schwankender und zurückgebliebener Werktätiger notwendig und ausreichend ist. Hierbei sind die in der Entschließung des 15. Plenums des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands analysierten Veränderungen in unserer Arbeiterklasse zu beachten, durch die nach 1945 viele bürgerliche, kleinbürgerliche und faschistische Elemente in die Arbeiterklasse gelangten, und auf deren Bedeutung für unsere Strafrechtspraxis bereits in unserem Artikel über das Verbrechenssubjekt hingewiesen wurde.10) Besonders wichtige Anhaltspunkte für die mit der Bestrafung zu verfolgenden Ziele gibt die bisherige gesellschaftliche Arbeit des Angeklagten beim gesellschaftlichen Aufbau in unserer Republik. So kann die bisherige gute gesellschaftliche Arbeit, die Auszeichnung als Bestarbeiter, Aktivist usw. ein Hinweis darauf sein, daß es sich bei den Verfehlungen des Angeklagten nur um eine Entgleisung im Verlaufe seiner bisher positiven gesellschaftlichen Entwicklung handelt und deshalb seine Erziehung durch die Strafe im Vordergrund zu stehen hat. Diese Umstände können insofern ein Anhaltspunkt dafür sein, daß der Erziehungszweck durch eine verhältnismäßig geringe Strafe verwirklicht werden kann. Diese Umstände können jedoch im Zusammenhang mit dem zur Aburteilung stehenden Verbrechen den Angeklagten auch als einen gefährlichen Feind unserer demokratischen Ordnung, als Agenten, Provokateur oder üblichen Karrieristen entlarven, der sich unter der Maske des fortschrittlichen Menschen in die Partei der Arbeiterklasse oder andere verantwortungsvolle Funktionen in unserem gesellschaftlichen Leben eingeschlichen hat. Solche Elemente sind durch eine harte Bestrafung zu unterdrücken. Ein weiteres, mit dem Verbrechenssubjekt in Zusammenhang stehendes Moment, das wegen seines Einflusses auf die Gefährlichkeit und Verwerflichkeit des begangenen Verbrechens bei der Strafzumessung Beachtung finden muß, sind die konkrete gesellschaftliche und politische Funktion des Verbrechers im gesellschaftlichen Leben und seine sich daraus ergebenden Pflichten. Diese Funktionen analysiert Wyschinski in seinen „Gerichtsreden“ auf ihren Einfluß auf die Gesellschaftsgefährlichkeit und moralisch-politische Verwerflichkeit des Verbrechens meisterhaft. So führte er z. B. in der Strafsache des antisowjetischen „Blocks der Rechten und Trotzkisten“ aus: „Jagoda ist der Hauptorganisator und die Seele dieser ungeheuerlichen Verbrechen. Seine Verantwortung ist um so größer und ernster, als Jagoda nicht einfach Jagoda ist. Er ist der ehemalige stellvertretende Vorsitzende der OGPU, faktisch der Vorsitzende derselben. Das ist ein Mann, dem der Schutz der staatlichen Sicherheit anvertraut war. Wenn Jagoda von denjenigen Verbrechen, die er beging und die er gestand, auch nur den millionsten Teil begangen hätte, so würde ich auch dann das Recht haben, vom Gericht die Erschießung Jagodas zu fordern.“11) In einem anderen Fall charakterisiert Wyschinski die moralisch-politische Verwerflichkeit von Verbrechen, die von Staatsfunktionären begangen wurden: „Es sei hier gleich vorausgeschickt, daß wir gegen Staatsangestellte, die ihre Pflicht gegenüber dem Staat verletzten, jedes Vaterlandsgefühl verloren und ihre Pflicht gegenüber ihrem sozialistischen Vaterland vergessen haben, auf das strengste Vorgehen müssen und Vorgehen werden ,“12) Ebenfalls für eine höhere Bestrafung sprechen verantwortliche Funktionen innerhalb der Volkswirtschaft und auch innerhalb des Betriebes, in kulturell-erzieherischen Institutionen usw., sofern nicht andere Momente des Verbrechens gegen eine solche sprechen. Ferner muß der Richter bei der Bemessung der Strafe auch die individuellen Fähigkeiten der Täter, wie z. B. langjährige Berufserfahrung, besondere Spezialausbildung 1°) a. a. O., S. 672. U) Wyschinski, a. a. O. S. 709/710. 12) a. a. O. S. 420. auf Lehrgängen u. ä. berücksichtigen, wenn diese in einer Beziehung zum begangenen Verbrechen stehen. Dies wurde in einem Urteil des Obersten Gerichts vom 16. Juli 1953 anschaulich demonstriert: „Alle Angeklagten waren auf Grund ihrer fachlichen Vorbildung und fachlichen Kenntnisse in der Lage, zu erkennen, daß die Vernachlässigung ihrer für den einzelnen Geschäftsbereich festgelegten Pflichten zur völligen Unübersichtlichkeit des gesamten Betriebes und damit zu weitgehenden finanziellen Verlusten führen mußte. Den Angeklagten war insbesondere bekannt, daß die sachgemäße Buchführung der Schlüssel für den reibungslosen Ablauf eines so umfangreichen Handelsunternehmens ist, wie es die HO mit einem Warenumsatz von mehreren Millionen DM im Monat darstellt. Lediglich auf Grund einer einwandfreien Buchführung konnten die Angeklagten in der Lage sein, alle Geschäftsvorgänge so zu überwachen, daß Verluste vermieden wurden, die im Ergebnis die werktätige Bevölkerung zu tragen hat. Durch die Vernachlässigung dieser elementaren Pflichten haben die Angeklagten den Bemühungen unserer Regierung entgegengewirkt, die um die ständige Verbesserung der Lebenshaltung der werktätigen Bevölkerung besorgt ist.“13) Diese Erkenntnisse waren nicht nur für die Tatbestandsmäßigkeit der Handlungen der Angeklagten nach SMAD-Befehl Nr. 160 ausschlaggebend, sondern mußten ihren Niederschlag auch bei Bemessung der Strafe finden. Bei der Beurteilung des Subjekts darf man schließlich unter keinen Umständen in den Fehler verfallen, negative Charaktereigenschaften, besonders rückständige Gewohnheiten des Täters, mangelnde Erkenntnis der Gesellschaftsgefährlichkeit des Handelns u. ä. als Strafmilderungsgründe auf seiten des Subjekts anzusehen. So hat es beispielsweise ein Kreisgericht fertiggebracht, ein sehr ausgeprägtes Überheblichkeitsgefühl des Angeklagten, der als Staatsangestellter ein schweres Verbrechen gegen das Volkseigentum begangen und damit das Vertrauen der Werktätigen in ihre Staatsorgane erschüttert hatte, als Grund für die Nichtanwendung des VESchG und dementsprechend für eine mildere Bestrafung anzusehen, weil diese Überheblichkeit ihn angeblich gehindert habe, das Gesellschaftsschädigende seines Handelns zu erkennen. Selbst wenn die Überheblichkeit dieses Angeklagten ihn an der Einsicht in die Gefährlichkeit und Verwerflichkeit seines Handelns tatsächlich gehindert haben sollte, so wäre es die Aufgabe des Gerichts gewesen, ihm durch eine Zuchthausstrafe nach § 1 des VESchG zur Überwindung seiner verwerflichen Überheblichkeit und zur besseren Einsicht in das Gefährliche und Verwerfliche seiner Handlungsweise zu verhelfen. Zum Einfluß des Subjekts auf die Strafzumessung muß abschließend darauf hingewiesen werden, daß auch das Verhalten des Angeklagten nach der Begehung des Verbrechens zu berücksichtigen ist, sofern es Anhaltspunkte für die mit seiner Bestrafung zu verfolgenden Ziele (Erziehung oder Unterdrückung) gibt. Auf die diesbezüglichen Ausführungen in unserem Artikel über die Bedeutung des Verbrechenssubjekts wird verwiesen.11) Untrennbar mit der Beurteilung der Persönlichkeit ist die Beurteilung der subjektiven Einstellung des Verbrechers verbunden, die diesen zum verbrecherischen Handeln bestimmt hat, d. h. also die Schwere der Schuld des Verbrechers. Bei der Beurteilung des Grades der Schuld auf Grund der verschiedenen Schuld/ormen müssen wir uns hüten, durch eine schematische Gegenüberstellung von Vorsatz und Fahrlässigkeit den richtigen Blick für den Einfluß der Schuldform auf die Schwere der Schuld zu verlieren15 16). Wenn eine Strafrechtsnorm den gleichen Strafrahmen sowohl für die vorsätzliche als auch für die fahrlässige Begehung eines Verbrechens vorsieht (z. B. § 6 Abs. 2 HSchG, § 30 Abs. 1 Jagdgesetz), kann für die Strafzumessung der Grundsatz gelten, daß unter wesentlich gleichen Bedingungen die Fahrlässigkeit weniger schwer wiegt als der Vorsatz. Im übrigen jedoch kann dieser Grundsatz keine 15) Urteil des OG vom 16. Juli 1953 2 Ust II 273/53. 14) a. a. O. S. 673. 16) vgl. hierzu Lekschas ln NJ 1952 S. 351 ff. und Renneberg in NJ 1959 S. 484 ff. und 537 ff. 766;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 766 (NJ DDR 1953, S. 766) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 766 (NJ DDR 1953, S. 766)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

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