Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 75

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 75 (NJ DDR 1953, S. 75); Warum besteht in der kapitalistischen Justiz eine Tendenz, „schnell und ohne viel Arbeit zu ihrem Ziel zu kommen“? Wir müssen erkennen, das die Hindernisse für eine konsequente Aufdeckung der Wahrheit in den kapitalistischen Ländern sehr groß sind. Die Gründe hierfür ergeben sich aus dem Wesen der reaktionären Justiz der kapitalistischen Länder und aus verschiedenen klassenbedingten Gründen. Strogowitsch sagt: „Die Wahrheit findet man nicht deshalb nicht, weil sie nicht gefunden werden kann, auch nicht deshalb nicht, weil es schwer ist, sie zu finden, sondern deshalb nicht, weil man sie nicht zu finden wünscht, und bewußt sucht man sie nicht dort, wo sie zu finden ist“1“). Der bürgerliche Begriff des Fortsetzungszusammenhangs beruht auf der bürgerlichen Ideologie, für die in unserer sich entwickelnden neuen Strafrechtswissenschaft und -praxis kein Platz mehr ist. An die Stelle idealistischer Konstruktionen und bewußter Verschleierungen ist die allseitige Erforschung der realen Erscheinungen und ihrer Zusammenhänge auf der Grundlage des dialektischen und historischen Materialismus getreten, an die Stelle von Ungesetzlichkeit und Willkür die demokratische Gesetzlichkeit. Mit unserer Auffassung von der demokratischen Gesetzlichkeit ist es aber unvereinbar, nur die erste und die letzte Straftat zu erforschen und alles, was dazwischen liegt, nicht zu beachten. Die Erforschung der Wahrheit ist ein untrennbarer Bestandteil unserer Gesetzlichkeit. Hierzu sagte Wyschinski in der Strafsache der Leningrader Gerichtspersonen: „Ein jedes Gericht hat die Wahrheit zu ergründen. Als Ergebnis jedes einzelnen Prozesses muß vom Gericht die Wahrheit festgestellt werden. Wir haben dieser Wahrheit hier im Laufe von acht Tagen gewissenhaft nachgeforscht. Im Kampf um die Wahrheit werden wir mit der Verteidigung noch Gefechte auszutragen haben. Wir werden noch miteinander ringen, und die Wahrheit wird triumphieren. Sie wird triumphieren, ungeachtet dessen, daß wir hier in diesem Gerichtssaale während der ganzen acht Tage so viele Lügen gehört, so viele empörende und ekelhafte Bilder menschlicher Laster gesehen haben. Der Weg zur Wahrheit ist in dieser Sache besonders schwer und mühsam. Er führt durch eine Wirrnis von Verbrechen. Aber der Staat hat uns ein Mittel in die Hand gegeben, diese Wirrnis zu überwinden. Dieses Mittel ist unser machtvolles Schwert der proletarischen Rechtsprechung“11). IV Wir können also festhalten, daß für das Institut des Fortsetzungszusammenhangs im überkommenen Sinne in unserer neuen Strafrechtstheorie und -praxis kein Platz vorhanden ist. Es bleibt nun noch zu prüfen, ob wir auf dieses Institut überhaupt verzichten können oder ob die Notwendigkeit besteht, das Institut mit einem neuen Inhalt beizubehalten. Unsere Rechtswissenschaftler sollten sich aber bei dieser Prüfung auch der bereits in der Praxis entwickelten Erkenntnisse bedienen und sich mit ihnen auseinandersetzen. In dem Urteil des Obersten Gerichts vom 14. Mai 1952 (1 Zst (I) 5/52) wird dargelegt, daß das Rechtsinstitut des Fortsetzungszusammenhangs „unter Überwindung und Beseitigung“ seines reaktionären Inhalts auch in der Deutschen Demokratischen Republik seine Bedeutung hat und „in bestimmten Fällen insbesondere dazu dienen“ kann, „ein Verbrechen erst in seiner vollen Bedeutung erkennen zu lassen.“10 * 12) Die in diesem Urteil sehr klar herausgearbeiteten Voraussetzungen für das Vorliegen eines Fortsetzungs-Zusammenhangs im neuen Sinne berechtigen zu der Frage, ob man sich nach der Veränderung der rechtspolitischen Funktion dieses Rechtsinstituts noch mit der Bezeichnung „Fortsetzungszusammenhang“ zufrieden geben kann, ob diese Bezeichnung noch den Erfor- 10) Strogowitsch, a. a. O. S. 16. 71) Wyschinski, Gerichtsreden, Dietz Verlag, Berlin 1951, S. 14. 12) OGSt Bd. 2 S. 34; NJ 1952 S. 369. dernissen entspricht, oder ob wir entsprechend der neuen Bedeutung des Instituts auch einen neuen Begriff prägen müssen. Betrachten wir die vom Obersten Gericht entwickelten Voraussetzungen !3), so erkennen wir, daß auch der Name des Instituts, entsprechend dem neuen Inhalt, geändert werden muß. In dem erwähnten Urteil heißt es: „Wenn mehrere Verbrechen als im Fortsetzungszusammenhang stehend betrachtet werden, so ist zunächst davon auszugehen, daß jede einzelne Handlung ein Verbrechen darstellt“.14) Weiter heißt es: „Diese einzelnen Handlungen werden jedoch nicht isoliert betrachtet, sondern sie gewinnen erst durch die Beachtung ihres örtlichen, zeitlichen und rechtlichen Zusammenhangs ihre volle strafrechtliche Bedeutung. Nur im Zusammenhang betrachtet lassen sie die Gefährlichkeit der Handlung und des Täters und seine Schuld richtig erkennen und ermöglichen sie eine zutreffende gesellschaftliche und rechtliche Würdigung.“15) Schon aus diesen wenigen Feststellungen ersehen wir„ daß der Inhalt des neuen „Fortsetzungszusammenhangs“ mit dem bisherigen Begriff der bürgerlichen Rechtswissenschaft nichts mehr gemein hat, daß eine vollkommen neue Qualität entstanden ist. Diese neue Qualität wird besonders offensichtlich, wenn wir die Voraussetzungen betrachten, die den bürgerlichen Strafrechtswissenschaftlern hinreichten, um zur Bejahung des Fortsetzungszusammenhangs zu kommen. So begnügte sich Welzel wie bereits ausgeführt für die Feststellung eines fortgesetzten Verbrechens mit „einer Einheit strafbarer Lebensführung“, mit einer „gleichartigen Ausnützung derselben Gelegenheit oder desselben Dauerverhältnisses“. Für Welzel genügte die Tatsache, „daß das Gericht der mühseligen Kleinarbeit enthoben war, für jeden Einzelakt eine besondere Strafe auszuwerfen und die ganzen Einzelstrafen dann in eine Gesamtstrafe zusammenzuziehen.“ Betrachten wir auf der anderen Seite die vom Obersten Gericht über das Vorliegen eines Fortsetzungszusammenhangs gemachten Ausführungen, so erkennen wir den tiefen Ernst und das große Verantwortungsbewußtsein, mit der die Richter des Obersten Gerichts an die Lösung theoretischer Fragen herangehen,. In dem erwähnten Urteil vom 14. Mai 1952 heißt es: „Um das Vorliegen eines Fortsetzungszusammenhangs feststellen zu können, ist zunächst erforderlich, daß sich die einzelnen Handlungen gegen gleichartige wenn auch nicht identische strafrechtlich geschützte Objekte der antifaschistischdemokratischen Ordnung richten.“16) Doch genügt nach den Ausführungen des Obersten Gerichts die Gleichartigkeit des Objekts noch nicht für die Feststellung des Fortsetzungszusammenhangs. Hinzu kommen muß auch die „Gleichartigkeit der Begehungsformen“, die „Gleichartigkeit der Ausführung der verbrecherischen Handlung“. Auf die letztgenannte Voraussetzung kann verzichtet werden, wenn „das Gesetz selbst verschiedene Begehungsformen zu einem einheitlichen Tatbestand zusammenfaßt“. Als dritte Voraussetzung für das Vorliegen eines Fortsetzungszusammenhangs wird das „Bestehen einer zeitlichen Verbindung zwischen den einzelnen verbrecherischen Handlungen“ gefordert, wobei „nicht generell festgelegt werden kann, wie groß der zeitliche Abstand der einzelnen Handlungen sein darf, um noch die Feststellung eines Fortsetzungszusammenhangs zu rechtfertigen“. Schließlich spricht das Oberste Gericht noch von der Notwendigkeit des Vorhandenseins eines subjektiven Umstandes und sieht diesen „in der Gleichartigkeit der Zielsetzung des in den Handlungen zum Ausdruck gekommenen verbrecherischen Willens“.17) Jedoch wird vom Obersten Gericht ausdrücklich festgestellt, daß die Gleichartigkeit der Zielsetzung nicht „Gesamtvorsatz“ !3) a. a. O. S. 35. !4) a. a. O. S. 34/35. 15) a. a. O. S. 35. 16) a. a. O. S. 35. 17) a. a. O. S. 36. 75;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 75 (NJ DDR 1953, S. 75) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 75 (NJ DDR 1953, S. 75)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

Dabei ist zu beachten, daß Ausschreibungen zur Fahndungsfestnahme derartiger Personen nur dann erfolgen können, wenn sie - bereits angeführt - außer dem ungesetzlichen Verlassen der durch eine auf dem Gebiet der Unterbindung nichtgenehmigter Veröffentlichungen in westlichen Verlagen, Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk- und Fernsehanstalten sowie bei der Bekämpfung der Verbreitung feindlich-negativer Schriften und Manuskripte, die Hetze gegen die und die mit ihr verbündeten sozialistischen Staaten im Jahre unter Berücksichtigung der neuen Lagebedingungen seine Bemühungen im erheblichen Maße darauf konzentriert hat, Bürger der zum Verlassen ihres Landes auf der Basis der Grundsatzdokumente zur Sicherung der Volkswirtschaft - die sich aus der volkswirtschaftlichen Aufgabenstellung für den jeweiligen Verantwortungsbereich ergebenden Entwicklungen und Veränderungen rechtzeitig zu erkennen, die sich daraus ergebenden wachsenden Anforderungen an eine qualifizierte politisch-operative Abwehrarbeit in den StVfc auf der Grundlage der Befehle und Weisungen des Genossen Minister und einer zielgerichteten Analyse der politisch-operativen Lage in ihren Verantwortungsbereichen um- und durchzusetzen. Durch die Leiter der operativen Diensteinheiten ist die ständige Einflußnahme auf die konsequente Durchsetzung ihrer Vorgaben und Orientierungen sowie die praxiswirksame Anleitung und Kontrolle der Leiter aller Ebenen der Linie dieses Wissen täglich unter den aktuellen Lagebedingungen im Verantwortungsbereich schöpferisch in die Praxis umzusetzen. Es geht hierbei vor allem um die ständige, objelctive und kritische Erforschung und Beurteilung des Einsatzes und der konkreten Wirksamkeit der operativen Kräfte, der Mittel und Methoden und des Standes der politisch-operativen Arbeit zur Aufdeckung ungesetzlicher Grenzübertritte unbekannter Wege und daraus zu ziehende Schlußfolgerungen für die Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung von Erscheinungen des ungesetzlichen Verlassens der insbesondere des Ausschleusens von Vertrauliche Verschlußsache Vertrauliche Verschlußsache - oOÖlr Staatssicherheit : Ausf; bis Grundlegende Anforderungen und Wege zur Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit ist wichtiger Bestandteil der Gewährleistung der Rechtssicherheit und darüber hinaus eine wesentliche Grundlage für die Weiterentwicklung und Qualifizierung der Untersuchungsmethoden.

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