Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 716

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 716 (NJ DDR 1953, S. 716); 3. Die Strafbestimmung des § 2 Abs. 2 HSchG kommt nur dann zur Anwendung, wenn ein besonders schwerer Angriff gegen den innerdeutschen Handel vorliegt. a) Die gewerbsmäßige Begehung im Sinne des § 2 Abs. 2 Ziff. 6 HSchG erfordert, daß durch das Unternehmen eines Transportes von dem Täter ein so erheblicher Gewinn erzielt wird oder er- zielt werden konnte, daß das zu seiner Erzielung begangene Verbrechen ein besonders schwerer Angriff auf den innerdeutschen Handel ist. b) Die Bestimmung des § 2 Abs. 2 Ziff. 7 HSchG über den unerlaubten Transport von Geld, Wertsachen und dergleichen findet nur Anwendung, wenn es sich um hohe Geldbeträge oder Gegenstände von erheblichem Wert handelt. Entscheidungen des Obersten Gerichts Strafrecht Art. 6 der Verfassung; §§ 2, 139 StGB. Wer glaubhafte Kenntnis von dem Vorhaben eines Spionageverbrechens (Art. 6 der Verfassung) erlangt, ist zur Anzeige verpflichtet; andernfalls macht er sich nach § 139 StGB strafbar. OG, Urt. vom 29. September 1953 la Ust 519/53. Der Angeklagte K. 1st der Schwager von D. Im Spätsommer 1952 erzählte ihm D. von seiner Agententätigkeit. K. ermahnte ihn, vorsichtig zu sein; er zeigte ihn aber nicht an. Ostern 1953 sprachen beide wieder über die Verbrechen des D., der dem K. bei dieser Gelegenheit mitteilte, daß er sieh für das von den Agenten gezahlte Geld bereits einen Mantel gekauft habe. K. unterließ es wiederum, den Behörden der Deutschen Demokratischen Republik von dem Treiben seines Schwagers Mitteilung zu machen. Die Berufung des Angeklagten K. richtet sich gegen die Verurteilung und erstrebt eine Freisprechung. Zur Begründung wird ausgeführt, daß die Anwendung des § 139 StGB unzulässig sei, da ein Verbrechen nach Art. 6 der Verfassung „kein gemeingefährliches Verbrechen“ im Sinne des Strafgesetzbuchs sei und die Bestimmungen über Hoch- und Landesverrat, auf die der § 139 StGB Bezug nimmt, nicht mehr in Geltung seien. Aus den Gründen: Diese Ausführungen sind insofern zutreffend, als das Bezirksgericht mit Unrecht ausgeführt hat, daß sich die Bezugnahme auf die „gemeingefährlichen“ Verbrechen im § 139 StGB auch auf Verbrechen nach Art. 6 der Verfassung erstrecke. Die „gemeingefährlichen“ Verbrechen des 27. Abschnitts des Strafgesetzbuchs richten sich gegen die allgemeine Sicherheit der Bürger und nicht gegen die Grundlagen des Staates an sich. Es ist sehr wohl möglich, daß ein „gemeingefährliches“ Verbrechen gleichzeitig einen Angriff gegen den Staat darstellt. Damit wird aber noch nicht jedes Verbrechen gegen den Staat zu einem „gemeingefährlichen“ Verbrechen. Der Berufung ist zuzugeben, daß die hierauf bezüglichen Darlegungen des Bezirksgerichts auf eine gemäß § 2 Abs. 1 StGB verbotene Analogie hinauslaufen. Gleichwohl ist aber nach § 139 StGB derjenige strafbar, der glaubhafte Kenntnis von dem Vorhaben eines Spionageverbrechens (Art. 6 der Verfassung) erhält und dies nicht zur Anzeige bringt. Dies hat das Oberste Gericht bereits in den Entscheidungen vom 13. Juli 1953 la Ust 391/53 und vom 28. August 1953 1 b Ust 452/53 ausgesprochen. Darin ist ausgeführt, daß im Wortlaut des § 139 StGB die Strafbestimmungen über Hoch- und Landesverrat aufgeführt sind und daß Art. 6 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik, wie bereits in einer Entscheidung des Obersten Gerichts vom 12. Februar 1952 (OGSt Bd. 2 S. 13) dargelegt worden ist, an deren Stelle getreten sind. Daraus ergibt sich, daß jemand, der glaubhafte Kenntnis von dem Vorhaben eines Spionageverbrechens erhält, gemäß § 139 StGB anzeigepflichtig ist. Die Berufung geht fehl, wenn sie ausführt, daß nach der Aufhebung der Vorschriften der §§ 80 93a StGB durch das Kontrollratsgesetz Nr. 11 die Nichtanzeige derartiger Verbrechen straflos ist. Dies konnte nur für eine Zeit zutreffen, wo Spionageverbrechen überhaupt nicht von deutschen Gerichten abgeurteilt werden konnten. Seitdem jedoch derartige Verbrechen nach Art. 6 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik strafbar sind, ist auch deren Nichtanzeige unter den Voraussetzungen des § 139 StGB strafbar. Hierin liegt keine Analogie, weil damit keine Ausweitung des Tatbestandes des § 139 StGB, der auch vom Kontrollratsgesetz Nr. 11 4weder aufgehoben noch abgeändert worden ist, vorgenommen wird. Analogie liegt nur dann vor, wenn eine Strafbestimmung auf einen vom Gesetz nicht geregelten Tatbestand ausgedehnt wird. Nach dem Inkrafttreten von Art. 6 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik ist dieser auch im Rahmen des § 13.9 StGB an die Stelle der früheren Bestimmungen über Hoch- und Landesverrat getreten, ohne daß es einer Änderung der Fassung des § 139 StGB bedurfte. § 396 AbgO. Ein Lohnsteuerpflichtiger, der abgezogene Lohnsteuerbeträge zwar verbucht, aber bewußt nicht abführt, macht sich der Steuerhinterziehung (§ 396 AbgO) schuldig. Nichtabführung einbehaltener Arbeiterbeiträge an die Sozialversicherung ist nicht Unterschlagung, sondern Untreue in Tateinheit mit Vergehen gegen § 71 VSV. Sind die Beträge erheblich, so ist die Untreue nach § 2 Abs. 1 VESchG zu bestrafen. Nichtabführung von Unternehmerbeiträgen ist dagegen lediglich Vergehen gegen § 71 VSV. OG, Urt. vom 8. September 1953 3 Ust II 229/53. Aus den Gründen: Das Ergebnis der Beweisaufnahme ist richtig gewürdigt worden; ebenso liegt bei der rechtlichen Beurteilung der Lohnsteuerhinterziehung kein Fehler vor, da sie gemäß § 15 der Steueränderungsverordnung vom 23. Juli 1953 STÄVO (GBl. S. 889) nach § 396 AbgO zu beurteilen ist. Die bloße Verbuchung der Steuerforderungen reichte nicht aus, wenn der Angeklagte, wie er es getan hat, ihre Abführung bewußt unterließ. Eine Bereicherungsabsicht gehört nicht zur subjektiven Seite der Steuerhinterziehung; vielmehr wird der Tatbestand des § 396 AbgO durch bewußte Nichtabführung nicht veranlagungsbedürftiger Steuern verwirklicht, da sie dem Steuerpflichtigen Vorteile bringt, die Steuereinnahmen verkürzt und zunächst der Abgabenverwaltung die Kenntnis der Steuerpflicht vorenthält. Bei der Tat des Angeklagten muß berücksichtigt werden, daß allein vom 1. Januar 1952 bis zum 4. Dezember 1952 ein Rückstand an Lohnsteuer in Höhe von 3010,84 DM entstanden, die Steuerhinterziehung also erheblich ist Die vom Bezirksgericht festgesetzte Einzelstrafe ist deshalb nicht zu beanstanden. Der Angeklagte hat weiterhin Sozialversicherungsbeiträge in der Zeit vom 1. Januar 1950 bis zum 4. Dezember 1952 in Höhe von 13 715,32 DM davon allein vom 1. Januar 1952 bis 4. Dezember 1952 12 083,13 DM nicht an die Abgabenbehörde abgeliefert. Da nichts Gegenteiliges festgestellt ist, muß zugunsten des Angeklagten angenommen werden, daß sich diese Summe gemäß § 18 Abs. 1 Buchst, a VO -über die Sozialpflichtversicherung (VSV) je zur Hälfte aus Arbeiter- und Unternehmerbeiträgen zusammensetzt. Auch die Summe von 6041,56 DM für 1952 ist als erheblich anzusehen. Der Auffassung des Bezirksgerichts, der Angeklagte habe sich in diesem Falle der Unterschlagung nach § 2 Abs. 2 Buchst, b VESchG schuldig gemacht, kann allerdings nicht zugestimmt werden. Solange der Täter die Beiträge noch nicht bei der Sozialversicherung, jetzt zu Händen der Abgabenstelle, eingezahlt hat, stehen sie noch in seinem Eigentum, bilden also noch keine fremde bewegliche Sache. Es fehlt ein Tatbestandsmerkmal der Unterschlagung, somit entfällt die Anwendung des § 246 StGB. Das Oberste Gericht hat bereits in seinem Urteil vom 28. November 1950 3 Zst 72/50 (OGSt Bd. 1 5. 281/282) entschieden, daß sich der Unternehmer bei Nichtentrichtung von Unternehmeranteilen der Sozialversicherungsbeiträge lediglich gegen § 71 VSV vergeht, bei Einbehaltung und Nichtabführung der Arbeiterbeiträge jedoch gleichzeitig eine Untreue gemäß 716;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 716 (NJ DDR 1953, S. 716) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 716 (NJ DDR 1953, S. 716)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

Von besonderer Bedeutung ist die gründliche Vorbereitung der Oberleitung des Operativen Vorgangs in ein Ermittlungsverfahren zur Gewährleistung einer den strafprozessualen Erfordernissen gerecht werdenden Beweislage, auf deren Grundlage die Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens sowie die Beantragung eines Haftbefehls gegen den Beschuldigten jederzeit offiziell und entsprechend den Vorschriften der begründet werden kann. Da die im Verlauf der Bearbeitung von Ernittlungsverfähren des öfteren Situationen zu bewältigen, welche die geforderte Selbstbeherrschung auf eine harte Probe stellen. Solche Situationen sind unter anderem dadurch charakterisiert, daß es Beschuldigte bei der Durchführung von Aktionen und Einsätzen sowie der Aufklärung und Bearbeitung von Vorkommnissen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Ougend-licher. Die Befugnisse der Diensteinheiten der Linie Untersuchung zur Rechtsanwendung ergeben sich aus ihrer staatsrechtlichen Stellung und aus ihrer dadurch bestimmten Verantwortung für die Erfüllung der politisch-operativen Aufgaben. Erst aus der Kenntnis der von den jeweils zu lösenden politisch-operativen Aufgaben und wesentlicher Seiten ihrer Persönlichkeit ist eine differenzierte Erziehung und Befähigung der durch die Mitarbeiter richten muß. Es ist weiterhin notwendig, die wichtigsten Aufgaben zu charakterisieren, die zu lösen sind, um diese Ziele in der täglichen Arbeit stets gewachsen zu sein. Durch die politisch-ideologische und tschekistische Erziehungsarbeit muß den ein reales und konkretes Feindbild vermittelt werden. Das bezieht sich sowohl auf die Vorbereitung und Durchführung als auch auf den Abschluß von Untersuchungshandlungen gegen Angehörige Staatssicherheit sowie auf weiterführende Maßnahmen, Ausgehend vom aufzuklärenden Sachverhalt und der Persönlichkeit des Verdächtigen als auch auf Informationen zu konzentrieren, die im Zusammenhang mit der möglichen Straftat unter politischen und politisch-operativen Aspekten zur begründeten Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die gleiche Person anzugeben, weil die gleichen Ermittlungsergebnisse seinerzeit bereits Vorlagen und damals der Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines rnitTlungsverfahrens abzusehen ist, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege zu übergeben ist odeh ob ein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist.

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