Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 704

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 704 (NJ DDR 1953, S. 704); Die westdeutschen Juristen, die sich so bitter über das „Rechtsvacuum“ beklagen, haben so scheint es uns die ganze Größe ihrer Verantwortung gegenüber der unterdrückten Frau noch gar nicht erkannt. Sonst müßten sie darüber Klage führen, daß es nicht genug ist, dem Familienrecht einen anderen Inhalt zu geben, solange die ökonomischen und gesellschaftlichen Verhältnisse und Auffassungen nicht grundsätzlich so geändert werden, daß von einer wahren Gleichberechtigung der Frau die Rede sein kann. Großenteils in einer formalistischen Denkweise befangen und ohne Kenntnis des dialektischen Materialismus, kann es den westdeutschen Gerichten nicht gelingen, mit ihren Entscheidungen die Lage der Frau zu verbessern. Der schleppende Ablauf der Prozesse bringt es mit sich, daß richtungweisende höchstinstanzliehe Urteile überaus lange auf sich warten lassen. Und bei der Rechtswissenschaft suchen die Richter, wie wir dargelegt haben, vergeblich nach Anleitung in dieser Frage. So erregen die ersten Monate Gerichtspraxis in Westdeutschland hinsichtlich der Gleichberechtigung der Frau große Besorgnis. Die Arbeitsgemeinschaft der Rechtsanwaltskammern des Bundesgebiets hat sich zu einem Appell an den Gesetzgeber veranlaßt gesehen, in dem es heißt: „Durch das in Art. 117 GG bestimmte Außerkrafttreten aller Gesetze, die dem Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau widersprechen, ist seit dem 1. April 1953 ein Zustand der Rechtsunsicherheit und -Verwirrung eingetreten, der einem Rechtschaos gleichkommt. Die zum Teil schon eingetretenen und die noch drohenden Schäden sind außerordentlich. Der Lebensunterhalt von Frau und Kindern ist in erheblichem Umfang gefährdet. Besonders sind die minderbemittelten Bevölkerungskreise durch die Verworrenheit der Lage betroffen. Zu diesen katastrophalen Verhältnissen können die deutschen Rechtsanwälte nicht schweigen “23) 23) Die Erklärung ist in vollem Wortlaut veröffentlicht in „Die Justiz“ 1953, Heft 5, S. 279 (Zeitschrift der Arbeitsgemeinschaft demokratischer Juristen). Den gleichen Vorwurf erhebt Dr. Karl Canter, Senatspräsident beim BGH, Karlsruhe (NJW 1953, Heft 24, S. 850): „Die gesetzgebende Gewalt hat es dahin kommen lassen, daß ihre Aufgabe an die hierzu nicht berufene Rechtsprechung abgegeben worden ist. Damit hat sie auch die politische Verantwortung für das Gesetz von sich abgeschoben, einen anderen zum Gesetzgeber in unzulässiger Weise ermächtigt und sich wider den Geist der Demokratie versündigt." Es entsteht der Eindruck, daß die gleichen Kräfte innerhalb der westdeutschen Regierung, die seit Jahren das rechtzeitige Zustandekommen eines fortschrittlichen familienrechtlichen Gesetzentwurfes verhindert haben, es jetzt bewußt an einer Anleitung der Rechtsprechung fehlen lassen. Vielleicht erwarten sie, daß die sich nun entwickelnde Unübersichtlichkeit und Widersprüchlichkeit der Entscheidungen so viel berechtigte Unzufriedenheit in breiten Kreisen der Bevölkerung hervorrufen wird, daß der Bundestag eine zweite Regierungsvorlage für das von der Verfassung verlangte neue Familienrecht kritik- und widerspruchslos annehmen wird. Andererseits ist doch mit dem Auftrag zur unmittelbaren Verwirklichung des Prinzips der Gleichberechtigung für viele Richter und Rechtsanwälte sowie für eine Anzahl fortschrittlicher gesellschaftlicher Organisationen der Impuls gegeben, neue Wege der Rechtsprechung zu suchen und die gefundenen Lösungen in der Fach- und sonstigen Presse sowie auch in Vorträgen und Konferenzen zur Aussprache zu stellen und zu verteidigen. Die mobilisierende Wirkung der neu entstandenen Rechtslage drückt Prof. Bosch treffend mit den Worten aus: „Es ist begrüßenswert, daß uns eine durch übereilten Bonner Beschluß herbeigeführte Gesetzgebungskatastrophe erspart geblieben ist Besser ein Zustand ohne überall verbindliche lex scripta als ein Gesetz ohne hinreichende Überlegung. Was die zur Gesetzgebung Berufenen (zumindest teilweise) versäumt haben nämlich eine wirklich im breitesten Rahmen durchgeführte prinzipielle Erörterung der fraglichen Probleme: mit Vertretern der Rechtspraxis und der Rechtswissenschaft, mit den großen Organisationen des religiösen, des übrigen geistigen und des Soziallebens , diese Aufgabe ist jetzt dem gesamten Juristenstand und allen Interessierten gestellt. Die Aufgabe ist lösbar, wenn sie nur richtig angepackt wird.“24) Diese mobilisierende Wirkung erscheint den regierenden Kreisen in der Bundesrepublik derart unerwünscht, daß der Vorsitzende der CDU-Fraktion, von Brentano, anläßlich der Bundestagsdebatte über die Regierungserklärung betonte, die auf dem Gebiete der Gleichberechtigung von Mann und Frau bestehende Rechtsunsicherheit müsse raschestens, gegebenenfalls auf dem Wege einer Änderung des Grundgesetzes beseitigt werden25). 24) Bosch, „Ehe und Familie in der Rechtsprechung ab 1. April 1953“, in „Der Deutsche Rechtspfleger“ 1953, Heft 6, S. 273. 25) Bundesanzeiger vom 29. Oktober 1953 (Nr. 209). Aus der Praxis für die Praxis Gibt es ein von Grund und Boden getrenntes Eigentumsrecht an Gebäuden? Eine Reihe von Prozessen, in denen um das Eigentumsrecht an einem auf Pachtland errichteten Eigenheim gestritten wurde, gibt Veranlassung, sich mit der Frage zu beschäftigen, welchen Inhalt § 95 BGB in unserer Gesellschaftsordnung bekommen hat. Die frühere „herrschende Meinung“ in der Rechtsprechung zu § 95 BGB ging dahin, als ein „Recht an einem fremden Grundstück“ im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 2 BGB nur dingliche Rechte anzuerkennen. Danach konnte also auf Grund von Miet- oder Pachtverträgen ein von Grund und Boden getrenntes Eigentumsrecht am Gebäude nach § 95 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht erworben werden. Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören aber nach § 95 Abs. 1 Satz 1 BGfe auch solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. Hier ist heftig umstritten, in welchen Fällen die Verbindung einer Sache des vom Mieter oder Pächter errichteten Gebäudes mit dem Boden nur zu einem vorübergehenden Zwecke erfolgt. Das ehemalige Reichsgericht hat es hier im wesentlichen auf die Absicht des Pächters abgestellt und eine Verbindung im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB dann als vorübergehend angesehen, wenn sie von vornherein mit der Absicht, sie später wieder aufzu- heben, vorgenommen wurde, oder der Wegfall doch nach der Natur des Zweckes mit Sicherheit zu erwarten war, wobei es nicht auf die Dauer der Zeit ankam, in der sich der beabsichtigte Zweck erreichen ließ. Auf das Fehlen der Absicht der späteren Trennung wurde oft dann geschlossen, wenn die Verbindung nur unter wesentlicher Beschädigung gelöst werden konnte. Allerdings entsprach eine weite Auslegung des § 95 BGB eher den Interessen der kapitalistischen Pächter. Während man nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch bei Errichtung eines Hammerwerkes oder von Bergwerksanlagen kaum einen vorübergehenden Zweck annehmen würde, hat hier das ehemalige Reichsgericht den vorübergehenden Zweck bejaht1). Der Klassen- f) z. B. in RGZ 61/192: auf Pachtland errichtete Wasserhaltungsanlage für Bergwerksbetrieb, da dieser aufhört, sobald die Ausbeute des Bergwerks erschöpft; in RGZ 55/282: bei Anbau zum Ziegeleimaschinenhaus auf Pachtland, da dieser für sich erfolgt, auch wenn das Grundstück auf längere Zeit zum Zwecke der gewerblichen Ausnutzung seines Tonlagers gepachtet war; RG in Gruchot 59/111: bei Errichtung eines Hammerwerks auf städtischem Pachtland, da Pächter sich vorgestellt habe (!), die Anlage spätestens bei Beendigung des Pachtverhältnisses zu entfernen. Im übrigen mußte das ehemalige RG z. B. auch den anfänglichen strengen Bestandteilsbegriff bei Maschinen aufgeben, da das Interesse der Maschinenbauindustrie bei Lieferungen unter Eigentumsvorbehalt forderte, daß die im Fabrikgebäude eingebauten Maschinen bewegliche Sachen blieben. 704;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 704 (NJ DDR 1953, S. 704) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 704 (NJ DDR 1953, S. 704)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

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