Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 687

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 687 (NJ DDR 1953, S. 687); Grund des Strafgesetzbuches oder anderer Strafbestimmungen erkannt wird. Erkennt das Gericht auf eine verhältnismäßig hohe Freiheitsstrafe, so muß es ohne Rücksicht darauf, ob es die Mindeststrafgrenzen des Gesetzes zum Schutze des Volkseigentums und anderen gesellschaftlichen Eigentums erreicht oder überschreitet, begründen, warum es das Volkseigentumsschutzgesetz nicht anwendet. Dabei ist es jedoch verfehlt, bei der Anwendung anderer Strafbestimmungen auf eine Strafe zu erkennen, die die im Gesetze zum Schutze des Volkseigentums angedrohten Mindeststrafen wesentlich überschreitet, wie dies in einer Entscheidung des Kreisgerichts Dresden-Land vom 10. September 1953 Ds 299/53 geschehen ist. Der Angeklagte, ein Feuerwehrmann, hatte bei nächtlichen Kontrollgängen im VEB Sachsenwerk Radeberg 31 verschiedene Rundfunkzubehörteile, Werkzeuge und sonstige Materialien entwendet. Die Anwendung des Gesetzes zum Schutze des Volkseigentums wurde mit der Begründung abgelehnt, daß ein „nicht erheblicher Schaden“ vorläge. Die Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren und sechs Monaten läßt vermuten, daß das Gericht eine besondere Gefährlichkeit dieser Entwendung in der Tatsache gesehen hat, daß der Täter Angehöriger der Werkfeuerwehr war und als solcher eine besondere Vertrauensstellung innehatte. In diesem Falle wäre aber die Anwendung des Gesetzes zum Schutze des Volkseigentums geboten gewesen. 3. Wenn eine unbedeutende Gefährdung gesellschaftlichen Eigentums vorliegt, ist auch die Möglichkeit einer Einstellung des Verfahrens nach dem noch geltenden § 153 StPO von 1877 in der Fassung von 1924 zu prüfen. Eine so geringfügige Gefährdung des Volkseigentums, die eine Einstellung nach § 153 a. a. O. gerechtfertigt hätte, lag z. B. dem Urteil des Kreisgerichts Worbis vom 19. Februar 1953 1 Ds 45/53 VE zugrunde, indem dieses Gericht eine Angeklagte, die in einer besonderen Notlage war, wegen des Diebstahls von vier Scheiten Holz aus dem Wald zu einer Zuchthausstrafe von einem Jahr gemäß § 1 des Gesetzes zum Schutze des Volkseigentums verurteilt hat. Demgegenüber hat das Kreisgericht Frankfurt (Oder) durch Beschluß vom 25. August 1953 2 Ds 185/53 zu Recht ein Verfahren eingestellt, in dem eine 76jährige Rentnerin wegen Diebstahls von einem Paar Strümpfen angeklagt war. Der Diebstahl wurde bemerkt und die Strümpfe sofort zurückgegeben. Die Einstellung des Verfahrens wird auch zu rechtfertigen sein, wenn z. B. geringe Beträge von Verkäufern der Staatlichen Handelsorganisationen oder der Konsumgenossenschaften unterschlagen werden, insbesondere, wenn der Schaden bereits wieder ersetzt worden ist. 4. Bei der Bestrafung von mehreren Beteiligten ist von dem Grundsatz auszugehen, daß jeder nach dem Grade seiner persönlichen Verantwortlichkeit zu beurteilen ist, wobei auch die Art der Teilnahme im einzelnen zu bewerten ist. Das kann zur Folge haben, daß von mehreren Beteiligten nicht alle nach dem Gesetz zum Schutze des Volkseigentums zu bestrafen sind. III Einer besonderen Klärung bedarf jedoch die Anwendung der Bestimmung des § 2 Abs. 2 Buchst, b des Volkseigentumsschutzgesetzes, und zwar sowohl hinsichtlich des Begriffes der „Gruppe“ wie des „mehrfachen Begehens“. Die unrichtige Annahme gerade dieser beiden erschwerenden Merkmale eines Verbrechens gegen gesellschaftliches Eigentum hat in beträchtlichem Umfange zu unrichtigen Ergebnissen in der Anwendung des Gesetzes beigetragen, denen mit der Rundverfügung vom 26. Mai 1953 entgegengetreten wurde. Voraussetzung für die Annahme der erschwerenden Merkmale der „Gruppe“ und des „mehrfachen Begehens“ ist, daß für das zur Anklage stehende Verbrechen seiner Schwere nach die Anwendung des Volkseigentumsschutzgesetzes überhaupt gerechtfertigt ist. 1 1. Das Oberste Gericht hat die Auffassung vertreten, daß das erschwerende Merkmal des Handelns in einer Gruppe schon immer dann vorliegt, wenn das Verbrechen von nur zwei Personen als Mittäter, Täter und Gehilfe oder Täter und Anstifter begangen ist (OG, Urt. vom 12. Februar 1953, NJ 1953 S. 144). Es erscheint jedoch notwendig, eine Abgrenzung des im Strafgesetzbuch nicht enthaltenen Begriffs der „Gruppe“ von den im Strafgesetzbuch geregelten Formen der Teilnahme und Mittäterschaft auf der einen Seite und der „Bande“ auf der anderen Seite vorzunehmen. Der Begriff der „Gruppe“ ist mit dem Begriff der „Bande“ insofern verwandt, als auch für das Handeln in einer „Gruppe“ Voraussetzung ist, daß sich die Täter vor oder bei Begehung der Tat zu ihrer gemeinsamen Durchführung verabredet und zusammengeschlossen, d. h. sich in diesem Sinne organisiert haben. Im Gegensatz zu dem Begriff der „Bande“, den das Strafgesetzbuch nur vereinzelt und bei den Verbrechenstatbeständen, die vom Gesetz zum Schutze des Volkseigentums erfaßt werden, nur beim Diebstahl § 243 Ziff. 6 , als erschwerendes Merkmal nennt, ist das Handeln in einer Gruppe auch bei einer gegen gesellschaftliches Eigentum gerichteten Unterschlagung, Urkundenfälschung, einem Betrug oder Beiseiteschaffen möglich. Das Strafgesetzbuch bestraft das Handeln als „Bande“ jedoch nur, wenn der Zusammenschluß zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl erfolgte. Diese Beschränkung ist im Hinblick auf die Gesellschaftsgefährlichkeit eines Angriffs gegen das Volkseigentum oder anderes gesellschaftliches Eigentum im Rahmen des Volkseigentumsschutzgesetzes jedoch nicht gerechtfertigt. Es genügt bereits der Zusammenschluß zur Begehung eines einzigen Verbrechens gegen das Volkseigentum, um ein Handeln als „Gruppe“ festzustellen. Wird Handeln in einer Gruppe festgestellt, dann muß die Anwendung der Bestimmungen des Strafgesetzbuchs für die verschiedenen Teilnahmeformen auf die einzelnen Mitglieder der Gruppe entfallen. 2. Um das erschwerende Merkmal des „mehrfachen Begehens“ (§ 2 Abs. 2 Buchst, b VESchG) festzustellen, ist erforderlich, daß mindestens zwei Handlungen vorliegen, von denen jede die Anwendung des Volkseigentumsschutzgesetzes erfordert. Im Zusammenhang hiermit ist zu klären, wie sich das Vorliegen des mehrfachen Begehens eines Verbrechens zum sogenannten Fortsetzungszusammenhang verhält. Im Hinblick auf die bei den Gerichten immer wieder festzustellende Unklarheit und Neigung, einen sogenannten Fortsetzungszusammenhang zu konstruieren, ist auf folgendes hinzuweisen: Der Begriff der „fortgesetzten Handlung“ ist im Strafgesetzbuch nicht enthalten. Er hat sich allein in der Lehre und in der Rechtsprechung entwickelt. Es ist bereits verschiedentlich auch vom Obersten Gericht darauf hingewiesen worden, daß die Anwendung des sogenannten fortgesetzten Handelns nicht dazu dienen darf, daß das Gericht sich die genaue Aufklärung des Sachverhalts erspart; es wurde weiter darauf hin gewiesen, daß in gewissen Fällen der Begriff der „fortgesetzten Handlung“ dazu dienen kann, die Gesellschaftsgefährlichkeit eines Verbrechens besonders zu kennzeichnen, wie z. B. bei einer Reihe von Angriffen gegen gesellschaftliches Eigentum, die sich als ein fortgesetztes Verbrechen nach § 1 darstellen können, ohne daß § 2 Abs. 2 Buchst, b VESchG angewendet werden kann, weil nicht mindestens zwei Teilhandlungen so schwerwiegend sind, daß jede einzelne von ihnen die Anwendung des § 1 VESchG erfordert. Dieser im Strafgesetzbuch nicht festgelegte Begriff der fortgesetzten Handlung kann dann aber keine Anwendung finden, wenn ein Gesetz ausdrücklich eine Regelung über die Bestrafung mehrfach begangener Verbrechen trifft. In einem solchen Fall ist für die Anwendung dieses allein aus der Lehre und der Rechtspraxis entwickelten Begriffs kein Raum. Es ist unzulässig, durch die Annahme des sogenannten Fortsetzungszusammenhanges die Anwendung der ausdrücklich gegebenen gesetzlichen Vorschrift des § 2 Abs. 2 Buchst, b VESchG auszuschließen. Für die mehrfachen Verbrechen gegen §§ 1, 2 Abs. 2 Buchst, b VESchG wird nur eine Strafe festgesetzt, ohne daß eine Anwendung des § 74 StGB möglich ist, da für die mehrfach begangenen Handlungen die erhöhte Strafandrohung des § 2 VESchG gilt. 687;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 687 (NJ DDR 1953, S. 687) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 687 (NJ DDR 1953, S. 687)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

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