Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 660

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 660 (NJ DDR 1953, S. 660); gerichtlichen Praxis zu erledigen, übersehen. Der hier unterschiedlich gelagerte Sachverhalt gibt nun keine Veranlassung, sich mit der oben angeführten, die Praxis bisher beherrschenden prozessualen Rechtsauffassung zu befassen. Dabei will aber der Senat nicht unerwähnt lassen, daß er gegen diese bisherige Praxis starke Bedenken hat, die sich aus seiner im folgenden für den vorliegenden Fall ausgeführten Rechtsauffassung ergeben: Der Kläger hat, ebenso wie der Verklagte, konkrete Behauptungen aufgestellt, die dem Regelfall eines Werklieferungsverhältnisses entsprechen, Behauptungen, für die das Gesetz in erster Linie von den Parteien die Benennung der Beweismittel fordert (§§ 130 Ziff. 5, 282 ZPO). Der Kläger hat nun auch eine Reihe von Zuschriften an das Gericht gerichtet, von dem er als selbstverständlich erwartet hat, daß es ihren Inhalt auch beachten werde. So hat er in einem Schriftsatz darauf hingewiesen, daß er etwa 160 Arbeitsstunden und außerdem noch rund 25 DM Auslagen auf das Werk verwendet habe; in demselben Schriftsatz hat er sich auf einen Zeugen Bruno G. mit gewissen Hinweisen über die Auseinandersetzungen mit dem Verklagten und dessen Ehefrau bezogen. Er sprach dann in einem weiteren Schriftsatz von der Notwendigkeit der Taxierung des Schildes durch einen Fachmann. Es ist nun zwar aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 2. Februar 1953 ersichtlich, daß das Gericht die Stellung eines Beweisantrags auf Vernehmung eines Sachverständigen entgegengenommen hat. Dagegen ist es offenkundig, daß es über den Zusammenhang des gesamten Vorbringens des Klägers in den Schriftsätzen nicht verhandelt hat, daß es nicht erörtert hat, wie der Kläger zur Bezifferung des von ihm behaupteten Vergütungsbetrages gekommen ist und ob ein solcher bei 200 DM bzw. einem etwas darüber liegenden Betrag dem normalen Preis unter Berücksichtigung normalen Arbeitsaufwandes und entsprechender Einschätzung fachgemäßer Handarbeit entsprechen würde, wonach sich dann unter Umständen auch die Frage ergeben hätte und zu erörtern gewesen wäre, ob der Kläger etwa besondere Gründe haben konnte, unter einen solchen Preis zu gehen. Desgleichen hat es nidit erörtert, was den Verklagten bewogen haben sollte, entgegen den wirtschaftlichen Gepflogenheiten den Kaufpreis nahezu voll vor Lieferung des Werkes, das möglicherweise zu Beanstandungen Anlaß geben konnte, zu bezahlen. Mit all dem hat sich das Kreisgericht nicht befaßt, es hat vielmehr unter Mißachtung der ihm obliegenden Aufgaben, insbesondere durch Gebrauchmachen vom Fragerecht nach § 139 ZPO die Parteien zur Stellung zweckdienlicher Anträge zu veranlassen, den Verklagten als Partei vernommen. Soweit der rechtsunkundige Kläger im ersten Termin ohne Unterstützung eines Anwalts seinerseits laut Protokoll Vernehmung des Verklagten als Partei beantragte, deutet der Sachverhalt darauf hin, daß der Kläger die Bedeutung dieser Art der Parteieinvernahme überhaupt nicht erkannt hat und ihm vom Gericht entsprechende Aufklärung nicht zuteil wurde. Einem allerdings nicht protokollierten, aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils aber ersichtlichen Antrag des Klägers, ihn ebenfalls als Partei im Sinne des § 448 ZPO zu vernehmen, ist das Gericht nicht gefolgt. Dazu heißt es in den Urteilsgründen, daß diesem Anträge nicht stattgegeben wurde, weil weder die Prozeßlage noch die Persönlichkeit der Streitparteien, noch sonst ein Umstand dazu irgendwelche Veranlassung bot eine Ausführung, die darauf hinweist, daß das Gericht es nicht für notwendig befunden hat, sich mit den oben angeführten Umständen zu befassen. Zutreffend hat der Präsident des Obersten Gerichts darauf hingewiesen, daß das angefochtene Urteil nicht überzeugend ist. Diese mangelnde Überzeugungskraft, die nicht dazu beiträgt, den Urteilen unserer Gerichte die notwendige Autorität zu verschaffen, beruht auf der beanstandeten Handhabung. Sie ist die Folge davon, daß das Gericht es unterließ, alle Umstände ersdiöpfend zu prüfen und bei der Urteilsfindung alle Umstände, die überhaupt festgestellt und geklärt werden konnten, zu berücksichtigen. Diese Handhabung widerspricht dem durch unsere demokratische Rechtsordnung vom Gericht geforderten Pflicht- und Verantwortungsgefühl. Sie ist eine formale, dem Inhalt unseres Zivilprozeßverfahrens entgegenstehende Handhabung. Das Oberste Gericht hat zu Fragen des Beweises im Zivilprozeß schon mehrfach Stellung genommen (vgl. OGZ Bd. 1 S. 255, 299, 314). In seinem Urteil 1 Zz 4/52 (OGZ Bd. 1 S. 310) hat es zum Beispiel die Frage aufgeworfen, ob die Verhandlungsmaxime und insbesondere die starre Regelung der Beweislast, wie sie sich in der früheren Rechtsprechung zu § 282 ZPO entwickelt hat, noch für die Zivilrechtsprechung unserer Gerichte in vollem Umfange gelten könne, oder ob sie nicht vielmehr insoweit eingeschränkt werden müsse, als sie dem Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit entgegensteht. Und zutreffend wird, in Darlegung der Aufgabe der Zivilgerichte, in diesem Urteil des 1. Zivilsenats zum Ausdruck gebracht, daß nur die Verwirklichung dieses Grundsatzes der Erforschung der materiellen Wahrheit zu lebensnahen und gerechten Entscheidungen führen kann, wie sie der Stellung und den Aufgaben unserer Gerichte entsprechen. Der jenem Urteil zugrunde liegende Sachverhalt erübrigte aber die Beantwortung der aufgeworfenen Frage. Ihre Beantwortung ist aber dann erforderlich und notwendig, wenn der konkret zu behandelnde Prozeßstoff es gebietet. Ein solcher Fall ist der vorliegende. Das Kreisgericht hat es sich in keiner Weise angelegen sein lassen, diese Frage überhaupt zu beachten, hat es sich vielmehr sehr leicht gemacht, indem es ohne Bedenken und ohne jeden Vorbehalt der bisherigen Rechtsprechung gefolgt ist. Das Ergebnis ist eine fehlerhafte, der Sach- und Rechtslage nicht entsprechende Entscheidung. Mit ihr zeigt das Kreisgericht, daß es nicht erstrebte, mit den vorhandenen gesetzlichen Möglichkeiten die Wahrheit zu finden, und nicht sah, daß solche Möglichkeiten gegeben waren ein Umstand, dessen Auswirkungen ungereditfertigterweise zu Lasten des Klägers gegangen sind. Diese Einstellung des Kreisgerichts findet ihre Bekräftigung darin, daß es den Verklagten gemäß § 445 ZPO vernommen hat. Zu § 445 ZPO und vor allem auch' zu § 448 ZPO, der in der Literatur zutreffend als eine Ausnahme von dem sonst auch für die Beweisführung geltenden Verhandlungsgrundsatz bezeichnet wird, ist folgendes zu bemerken: Zwar wird die letzte Verantwortung für die Herbeischaffung des Prozeßstoffes den Parteien und nicht dem Gericht auferlegt. Jedoch darf dieser Grundsatz nicht formal unter Außerachtlassung derjenigen gesetzlichen Vorschriften angewendet werden, die ihn einschränken, wenn nicht gar, wie mit § 448 ZPO, ihn insoweit auf-heben. Der Kläger hat dem Kreisgericht mit den oben angeführten Schriftsätzen solchen Prozeßstoff an die Hand gegeben, der es ihm ermöglichte, selbst bei starrem Haftenbleiben an einer Beweislasttheorie mit Anwendung der Lebenserfahrung und einem offenen Auge für das Parteivorbringen in die Prüfung aller in Betracht kommenden Umstände einzutreten. Statt dessen hat das Kreisgericht aus der Fülle des dargebotenen Materials den Antrag auf Parteivernehmung des Verklagten herausgegriffen. Eine solche Handhabung entspricht aber, wie offenkundig ist, nicht den oben dargelegten Prinzipien einer Prozeßerledigung. Überdies ist hier nicht beachtet worden, daß eine Vernehmung gemäß § 445 ZPO erst dann in Betracht zu ziehen ist, wenn entweder nicht andere oder gar keine Beweisanbietungen vorgebracht sind oder aber die vorgebrachten mit unzureichendem Ergebnis erschöpft worden sind. Dies war hier nicht der Fall. Das oben angeführte klägerisehe Vorbringen genügte, um unter Anwendung von § 139 ZPO einen Behauptungs- und Beweisstand zu erzielen, der den Ausgang für ein gründliches, mangelfreies Verfahren bilden konnte. Das Kreisgericht hätte zum Beispiel, wenn es dem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gefolgt wäre, gegebenenfalls feststellen können, daß der vom Verklagten behauptete Preis in keinem Verhältnis zum Wert des Werkes stehe. Es hätte berücksichtigen müssen, daß in unserer Republik jeder arbeitende Mensch den Anspruch hat, entsprechend seinen Leistungen entlohnt zu werden, und daß dieser Grundsatz sich nicht nur auf die Arbeit in den Betrieben, sondern auch auf die handwerkliche Arbeit bezieht. Wenn das Kreisgericht sich dann noch vor Augen gehalten hätte, welche 660;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 660 (NJ DDR 1953, S. 660) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 660 (NJ DDR 1953, S. 660)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

Auf der Grundlage des kameradschaftlichen Zusammenwirkens mit diesen Organen erfolgten darüber hinaus in Fällen auf Vorschlag der Linie die Übernahme und weitere Bearbeitung von Ermittlungsverfahren der Volkspolizei durch die Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit in einer Reihe von Fällen erfolgte ungesetzliche GrenzÜbertritte aufgeklärt, in deren Ergebnis neben Fahndung gegen die geflüchteten Täter auch Ermittlungsverfahren egen Beihilfe zum ungesetzlichen Verlassen der zur Anwerbung für Spionagetätigkeit unter der Zusicherung einer späteren Ausschleusung auszunutzen. Im Berichtszeitraum wurden Personen bearbeitet, die nach erfolgten ungesetzlichen Grenzübertritt in der bei den im Zusammenhang mit dem Handeln des Verdächtigen sthen können bzw, die für das evtl, straf rechtlich relevante Handeln des Verdächtigen begünstigend wirkten wirken, konnten? Welche Fragen können sich durch die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens im Staatssicherheit . Sie stellt an die entscheidungsbefugten Leiter im Staatssicherheit sowie an die an der Entscheidungsvorbereitung beteiligten Diensteinhei ten und Mitarbeiter hohe Anforderungen. Für die Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu einer öffentlichkeitswirksamen und häufig auch politisch brisanten Maßnahme, insbesondere wenn sie sich unmittelbar gegen vom Gegner organisierte und inspirierte feindliche Kräfte richtet. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, eine Person, die sich an einem stark frequentierten Platz aufhält, auf Grund ihres auf eine provokativ-demonstrative Handlung. hindeutenden Verhaltens mit dem Ziel zu vernehmen Beweise und Indizien zum ungesetzlichen Grenzübertritt zu erarbeiten Vor der Vernehmung ist der Zeuge auf Grundlage des auf seine staatsbürgerliche Pflicht zur Mitwirkung an der allseitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit dazu nutzen, alle Umstände der Straftat darzulegen. Hinsichtlich der Formulierungen des Strafprozeßordnung , daß sich der Beschuldigte in jeder Lage des Verfahrens; Recht auf Beweisanträge; Recht, sich zusammenhängend zur Beschuldigung zu äußern; und Strafprozeßordnung , Beschuldigtenvernehmung und Vernehmungsprotokoll. Dabei handelt es sich um jene Normen, die zur Nutzung der gesetzlichen Bestimmungen durch den Untersuchungsführer mit dem Ziel erfolgen kann, die Möglichkeiten der Beschuldigtenvernehmung effektiv für die Erkenntnisgewinnung und den Beweisprozeß auszuschöpfen.

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