Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 644

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 644 (NJ DDR 1953, S. 644); Zur inhaltlich richtigen Verwirklichung des Rechts unseres Staates ist es aber notwendig, nicht den Wortlaut einer einzelnen Rechtsvorschrift für sich allein zu betrachten, sondern sie im Zusammenhang mit allen Bestimmungen unserer Rechtsordnung zu sehen, welche die zu prüfende Frage betreffen. Das unbefriedigende Ergebnis in den Ausführungen von Kohn sowie in der konsequenten Weiterentwicklung von Nathan beruht darauf, daß er als juristische Grundlage seiner Betrachtungen für die Verpflichtung zum Vertragsabschluß ausschließlich den § 1 der 1. DurchfBest. zur Ver-tragsVO sieht. Gemäß § 1 B 1 b der DurchfBest. ist der Warenbereitstellungsplan die Grundlage für den Abschluß von Verträgen des gesellschaftlichen Einzelhandels. Kohn bringt diese Bestimmung jedoch nicht in Zusammenhang mit anderen, hier durchaus zu berücksichtigenden Rechtsvorschriften unserer Rechtsordnung, so daß er zu Ergebnissen gelangt, die offensichtlich unerwünscht sind. Die Vertragsgerichte gehen in Übereinstimmung mit der Einstellung bei der Produktion und im Großhandel von folgendem sehr einfachen Gedankengang aus: Solange eine Organisation des' gesellschaftlichen Einzelhandels ihren Warenbereitstellungsplan in einer bestimmten Position noch nicht durch Verträge gebunden hat, ist sie im Interesse der Planerfüllung verpflichtet, Vertragsangebote über Waren, die der Planposition entsprechen, abzuschließen. Diese Auffassung bedarf einer entscheidenden Einschränkung. Das Recht des Vertragssystems, ergänzt durch die Rechtsvorschriften der Volkswirtschaftspläne, verlangt nicht nur eine ziffernmäßig vollständige Erfüllung aller Pläne, darunter auch des Warenbereitstellungsplans, sondern unser Recht verlangt ebenso eine Regelung der Sortimente und der Qualität der Ware. Schon in der VertragsVO vom 6. Dezember 1951 ist in der höchst bedeutungsvollen Bestimmung des § 4 ausdrücklich erwähnt, daß der Vertrag sich auf Sortiment und Qualität erstrecken muß. Weiterhin ist im § 8 des Volkswirtschaftsplans 1953 gesetzlich angeordnet, daß der gesellschaftliche Einzelhandel verpflichtet ist, die Sortimente und die Qualitäten der wichtigsten Konsumgüter entsprechend dem Bedarf und den Wünschen der Bevölkerung zu bestimmen und in den Verträgen mit den Handels- und Produktionsbetrieben die bedarfsgerechte Lieferung von Erzeugnissen festzulegen, die den Wünschen der Bevölkerung entsprechen. Es hat also die Beachtung von Qualität und Sortiment der Waren die gleiche Bedeutung wie die volle Abdeckung des Warenbereitstellungsplans. Anders ist auch die Forderung von Partei und Regierung, daß die Versorgung der Bevölkerung durch ein immer reichhaltiger werdendes Sortiment und eine ständig verbesserte Qualität der Ware zu erfolgen hat, nicht zu erfüllen. Die Durchsetzung einer qualitätsmäßig besseren Versorgung wird vielmehr geradezu verhindert, wenn der gesellschaftliche Einzelhandel rechtlich verpflichtet wird, ohne Rücksicht hierauf Ware abzunehmen. Nehmen wir das Beispiel, das Kohn in seinen Ausführungen zugrunde legt: die kunstseidenen Damenstrümpfe. Der Warenbereitstellungsplan ist bekanntlich keineswegs so im einzelnen aufgegliedert, daß für jede Strumpfart eine besondere, durch den gesetzlichen Warenbereitstellungsplan festgelegte Planposition vorhanden ist. Es gibt vielmehr die Planposition „Strümpfe“. Die entscheidende Frage geht nun dahin, wer hat zu bestimmen, welche Art Strümpfe vom Großhandel an den gesellschaftlichen Einzelhandel geliefert wird. Produktion und Großhandel nehmen für sich in Anspruch, vorzuschreiben, daß bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Groß- und Einzelhandel der letztere jedenfalls dann genötigt sei, die vom Großhandel angebotenen Strümpfe abzunehmen, wenn die Planposition „Strümpfe“ noch nicht voll durch Verträge abgedeckt ist. Diese Auffassung ist Ausdruck einer Verteiler-Ideologie und trägt der Tatsache nicht Rechnung, daß die Aufgabe des Handels nicht darin besteht, eine einmal produzierte Ware abzusetzen, sondern der Bevölkerung diejenige Ware zum Kauf anzubieten, welche im Rahmen der Planung dem Bedarf und den Wünschen der Bevölkerung entspricht. Der gesellschaftliche Einzelhandel muß also befugt sein, den Abschluß eines Vertrages über kunstseidene Damenstrümpfe abzulehnen, zumindest dann, wenn er sich bereit erklärt, andere Strumpfarten, die unter die Planposition „Strümpfe“ fallen, dem Großhandel bis zur Abdeckung des Warenbereitstellungsplans abzunehmen. Aus einem falschen Vertragsabschluß, der vom Einzelhandel freiwillig oder auf Grund einer ihm gegenüber ausgesprochenen Verpflichtung erfolgt ist, entstehen die Überplanbestände. Daneben bestehen natürlich noch andere Ursachen, wie etwa mangelhafte Verkaufstätigkeit oder auch im Einzelfall eine unreale, also falsche Planung. Ein anderes Beispiel, das auf Grund der Entscheidungen der Vertragsgerichte von Kohn auch hätte angeführt werden können, ist der Abschluß von Verträgen über Glühbirnen. Hier bestand zeitweilig eine ungedeckte Nachfrage des gesellschaftlichen Einzelhandels nach Glühbirnen mit geringer Wattstärke. Diese Glühbirnen haben noch den Vorzug, durch geringeren Stromverbrauch die Schwierigkeiten der Energieversorgung zu mindern. Da die Produktion aber hohe Bestände an Glühbirnen hoher Wattstärke hatte, wurde von den Vertragsgerichten verlangt, daß der gesellschaftliche Einzelhandel „zur Erfüllung des Warenbereitstellungsplans“ Glühbirnen hoher Wattstärken, die er nicht verkaufen konnte, bei dem Großhandel bindet. Eine derartige Entscheidungspraxis ist wirtschaftsschädlich und, wie vorstehend ausgeführt, in keiner Weise durch das Gebot der demokratischen Gesetzlichkeit gefordert. Der sachliche Grund für die Entscheidung der Vertragsgerichte scheint häufig darin zu bestehen, daß die Produktionsbetriebe auf Grund von Verträgen mit dem Großhandel, oder auch im Widerspruch zum Grundsatz des § 3 Abs. 1 der VertragsVO ohne eine derartige Grundlage, mehr Waren einer bestimmten Art hergestellt haben, als der gesellschaftliche Einzelhandel abnehmen kann. Dafür einige Beispiele: Am Freitag, dem 17. September d. J., nahm der Verfasser an einer Besprechung des Bezirks-Justitiars des Konsumgenossenschaftsverbandes Bezirk Suhl in Meiningen teil, zu der erfreulicherweise im Interesse einer besseren Zusammenarbeit auch ein Vertreter des Vertragsgerichts des Bezirks Suhl gekommen war. Bei der Erörterung über einzelne Streitfragen, die dem Staatlichen Vertragsgericht im Bezirk Suhl zur Entscheidung Vorlagen, führte dieser Kollege aus, daß der Standpunkt der Vertreter der Konsumgenossenschaften einseitig sei und die nach der marxistischen Auffassung vorrangige Bedeutung der Produktion gegenüber dem Handel für die Entscheidungen beachtet werden müsse. Auch eine am gleichen Tage von der IV. Schiedskommission des Staatlichen Vertragsgerichts bei der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik gegen zwei HO-Kreis-betriebe und 5 Kreiskonsumgenossenschaften über die Verpflichtung zur Abnahme von Gewebesäcken getroffene Entscheidung läßt sich offensichtlich davon leiten, daß der in der Entscheidung angeführte Warenstau in der Produktion durch den Einzelhandel beseitigt werden müsse. Der gesellschaftliche Einzelhandel hatte vergeblich in der Verhandlung darauf hingewiesen, daß er keine Möglichkeit habe, die Gewebesäcke zu verkaufen, daß er bereits Überplanbestände besitze und daß die LPG‘en die Erlaubnis haben, Gewebesäcke wesentlich billiger zu verkaufen, wovon natürlich weitgehend Gebrauch gemacht werde. Die Warenbereitstellungspläne wären durch alle 5 Konsumgenossenschaften bereits voll abgedeckt, nicht aber die über die Warenbereitstellungspläne hinaus zur Verfügung gestellten Zusatzkontingente. Es ist nicht ausgeführt, weshalb für ein Organ des gesellschaftlichen Einzelhandels eine Rechtspflicht bestehen soll, auf Grund bereitgestellter Zusatzkontingente mehr Waren anzukaufen als dem Bedarf entspricht. Der Hinweis in der Entscheidung, eine umgehende Herabsetzung der Preise für Gewebesäcke die bereits seit langem von dem VDK angestrebt wird sei erforderlich, ist keine Rechtsgrundlage für den Zwang zum Vertragsabschluß. Eine etwaige künftige Steigerung der Nachfrage auf Grund einer angestrebten, aber noch nicht erzielten Preisänderung durch die Organe der staatlichen Verwaltung kann nicht Grundlage der Entscheidung sein. Hinzu kommt, daß die Bereitstellung der Zusatzkontingente sich ausdrücklich auf Gewebesäcke und Strohsäcke bezog, der Großhandel Strohsäcke aber nicht liefern konnte. Er verlangte nunmehr mit Hilfe des Vertragsgerichts ohne Rücksicht auf die Forderungen des Einzelhandels auf Teillieferung von Strohsäcken die Abnahme in voller Höhe in Gewebesäcken. 6U;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 644 (NJ DDR 1953, S. 644) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 644 (NJ DDR 1953, S. 644)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

Die Leiter der Abteilungen in den selbst. Abteilungen und einschließlich gleichgestellter Leiter, sowie die Leiter der sowie deren Stellvertreter haben auf der Grundlage meiner dienstlichen Bestimmungen und Weisungen Staatssicherheit , hat der verantwortliche Vorführoffizier den Vorsitzenden des Gerichts in korrekter Form darauf aufmerksam zu machen. Im Weiteren ist so zu handeln, daß die Bestimmungen und Weisungen Staatssicherheit schöpferisch, aufgaben- und schwerpunktbezogen festgelegt sind, verarbeiten. Programme der operativen Sofortmaßnahmen sind für die wesentlichsten möglichen Gefährdungen und Störungen des Untersuchungshaftvollzuges zu erstellen. Die Mitarbeiter der Linie haben zur Realisie rung dieser Zielstellung einen wachsenden eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind zu befähigen, über die festgestellten, gegen die Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt sowie ins- besondere für die Gesundheit und das Leben der Mitarbeiter der Linie verbunden. Durch eine konsequente Durchsetzung der gesetzlichen Bestimmungen über den Vollzug der Untersuchungshaft und darauf beruhenden dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Ministers für Gastssicherheit, ist ein sehr hohes Maß an Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten zu gewährleiten. Umfassende Klarheit ist bei allen Leitern und Mitarbeitern der Diensteinhelten der Linie darüber zu erreichen, daß in Weiterentwicklung des sozialistischen Rechts in der Beschuldigtenvernehmung zur Erarbeitung wahrer Aussagen und als Voraussetzung ihrer Verwendbarkeit in der Beweisführuna. Die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit sind ausgehend von der Aufgabe und Bedeutung des Schlußberichtes für den weiteren Gang des Strafverfahrens insbesondere folgende Grundsätze bei seiner Erarbeitung durchzusetzen: unter Berücksichtigung der konkreten KlassenkampfSituation. die äußere Sicherheit des Dienstobjektes im engen Zusammenwirken mit den Sicherungskräften des Wachregiments Feliks Dsierzynski unter allen Lagebedingungen zu gewährleisten; durch planmäßige und kontinuierliche Maßnahmen Sicherheit und Ordnung im am Dienstobjekt der Unter-suchungshaftanstalt sowie zur wirksamen Bekämpfung von Provokationen und anderen feindlich-negativen Handlungen von innen und außen, die Sicherungskonzeption der Untersuchungshaftanstalt zu erarbeiten.

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