Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 617

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 617 (NJ DDR 1953, S. 617); Aus der Praxis für die Praxis Zur Arbeit der Rechtsauskunftsstellen der Kreisgerichte I Die Rechtsauskunftsstellen haben offenbar ihre Bewährungsprobe bestanden und sind ein nicht mehr wegzudenkender Teil der Rechtspflege geworden. Sie brachten für die Bevölkerung wesentliche Erleichterungen und schufen für die Gerichte eine weitere Möglichkeit, enge Verbindung zur Bevölkerung herzustellen und deren Vertrauen zu gewinnen. Gerade nach dem faschistischen Putschversuch vom 17. Juni dieses Jahres ist es notwendig, verstärkt darum zu kämpfen, daß die Werktätigen erkennen, daß unser Staatsapparat das Instrument zur Wahrnehmung ihrer Interessen ist. Eine wichtige Gelegenheit, die Fragen, die Teile der Bevölkerung täglich beschäftigen, und die Rechtsanschauungen, die sie sich gebildet hat, kennenzulernen und auf das Bewußtsein unserer Menschen Einfluß zu gewinnen, bieten die Rechtsauskunftsstellen. Die Rechtsauskunftsstelle des Kreisgerichts Potsdam, Stadtbezirk III, zählte im ersten Halbjahr 1953 431 Besucher. Da 25 Sprechstunden durchgeführt wurden, ergibt sich eine durchschnittliche Besucherzahl von 17. Wie nicht anders zu erwarten, werden die Auskünfte hauptsächlich im Familienrecht, in Mietstreitigkeiten und Unterhaltssachen eingeholt. Die Prozentsätze betragen in Ehesachen 16,9, in Mietstreitigkeiten 15,3 und in Unterhaltssachen 9,5. Danach folgen Erbschaftsangelegenheiten, Geldforderungen, Zwangsvollstreckungssachen und Privatklagesachen mit je etwa 4%. Eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Anfragen betrifft aber auch Rechtsgebiete, die nicht zur streitigen Gerichtsbarkeit gehören. Auffallend ist, daß diese Beratung nur in 43 Fällen, das sind 9,9%, zur Einreichung von Klagen bzw. Zahlungsbefehlsanträgen führte. Dies ist ein günstiges Zeichen; die Besucher sprechen offenbar nicht nur vor, um ihre Prozesse möglichst eingehend vorzubereiten, sondern überwiegend, um sich über die Rechtslage zu orientieren. Ferner, glaube ich, kann man aus diesem Verhältnis entnehmen, daß ein gewisses Vertrauen zwischen den Besuchern und der Rechtsauskunftsstelle besteht. In einigen Fällen wurden Streitigkeiten dadurch beseitigt, daß die gegebene Auskunft zwischen den Beteiligten erörtert und so der Streitfall beigelegt wurde. Es kam sogar vor, daß die Gegner gemeinsam die Rechtsauskunftsstelle aufsuchten. In solchen Fällen muß man sich natürlich davor hüten, eine „vorweggenommene Verhandlung“ stattflnden zu lassen. Nicht schaden kann aber, den Streitstoff eingehend zu erörtern, da sich in dem gemeinsamen Erscheinen bereits die Bereitschaft zur Einigung ausdrückt. So erfreulich diese Tatsachen sind, soll man sich andererseits aber auch nicht darüber täuschen, daß es eine Anzahl von Besuchern gibt, die trotz Einholung einer Auskunft ihre berechtigten Ansprüche bei Gericht nicht geltend machen, weil sie Befürchtungen allerlei Art hegen. Dagegen gibt es kein anderes Mittel, als durch verständnisvolles Eingehen auch auf neben der Sache liegende persönliche Verhältnisse eine Sphäre des Vertrauens zu schaffen. Auch soll nicht übersehen werden, daß viele Menschen den Weg zum Gericht überhaupt noch nicht gefunden haben. Nicht selten ist man genötigt, den Anspruch, den der Besucher geltend zu machen wünscht, als nicht berechtigt oder zumindest zweifelhaft zu bezeichnen. Gerade bei diesen Menschen muß man darum ringen, daß sie die ihnen erteilte Rechtsauskunft verstehen und sich diese Auffassung auch zu eigen machen. Das ist zweifellos schwierig. Wenn wir aber die maßgebenden Gründe verständlich machen, können wir auch insoweit erfolgreich sein und können durch eine eingehende, überzeugende Aussprache zur Hebung des Staatsbewußtseins dieser Menschen beitragen. Es kann noch nicht davon gesprochen werden, daß das Problem, welchen Inhalt die Auskunft haben muß, gelöst sei. Die Schwierigkeiten liegen darin, daß die Besucher ein konkretes Eingehen auf ihre Streitsache erwarten. Andererseits darf aber auf keinen Fall der Eindruck entstehen, in der Rechtsauskunftsstelle regele man mit dem Richter den Streit, und das Gerichtsverfahren hole nur noch einige Formalitäten nach. Zumindest muß man deshalb die Besucher darauf hin-weisen, daß sich die Anschauung des Richters nur auf dem einseitigen Vortrag aufbaut und daß sich erst in der Verhandlung herausstellen wird, ob dieser richtig ist. Wichtig ist auch, daß das Protokoll, das über die Sprechstunden geführt wird, die Punkte des Vortrags und der Auskunft so genau enthält, daß man jederzeit in der Lage ist, Abweichungen, die sich im Termin ergeben haben, zu erkennen und zu begründen, warum gegebenenfalls die Entscheidung anders, als auf Grund der Auskunft zu erwarten war, ausgefallen ist. In einzelnen Fällen zeigt sich nämlich, daß Besucher für die Beurteilung wichtige Momente bewußt oder unbewußt verschweigen. Nicht selten hat man mit Menschen zu tun, die keine klaren Vorstellungen über das Ziel ihres Besuches haben, sondern beraten werden wollen, wie sie eine ungewöhnliche Situation meistern können. Das sprengt natürlich den Rahmen der Tätigkeit der Rechtsauskunftsstelle. Dennoch wäre es schlecht, würde man es deshalb ablehnen, sich mit der Sache zu befassen. Die richterliche Tätigkeit bietet so viele Möglichkeiten, sich an Lebenserfahrung zu bereichern, daß man in der Regel klärend eingreifen und einen Weg zeigen kann. Ebensowenig wäre es richtig, jeden Besucher, dessen Fragen auf Gebieten außerhalb der streitigen Gerichtsbarkeit liegen, unverzüglich an die für zuständig gehaltene Stelle zu verweisen. Soweit irgend möglich, soll man selbst die Klärung, notfalls nach Beratung mit der zuständigen Stelle, herbeiführen. Damit wird vermieden, daß der Besucher den Eindruck erhält, er werde nur abgefertigt und im Grunde genommen sei man froh, ihn losgeworden zu sein. Selbstverständlich ist, daß man nicht immer umhin kann, auf Rücksprache mit der zuständigen Stelle zu verweisen. Auch dafür sollte man vorgesorgt haben, so daß man jederzeit den Sitz und die Sprechstunden derselben angeben kann. Auch hat eine solche Behandlung der Bevölkerung den Vorteil, daß der Richter manchmal sehr notwendige Kenntnisse für seine Arbeit sammelt. Es ist unbestreitbar, daß viele Rechtsstreitigkeiten nicht so sehr sachlich begründet, sondern auf die Starrköpfigkeit der Gegner zurückzuführen sind. Man will ein Gerichtsurteil erstreiten, nicht weil man von der Berechtigung des geltend gemachten Anspruchs überzeugt ist, sondern weil man auf Kosten des anderen etwas erlangen möchte bzw. sich eine Genugtuung verschaffen will. Es wäre falsch, würde der Richter sich hier auf die Darlegung der rechtlichen Gesichtsnunkte beschränken. Gerade bei solchen Menschen soll man versuchen, mehr Verständnis für gesellschaftliche Belange zu erwecken. Das ist besonders nötig bei den vielfachen kleinlichen Streitigkeiten zwischen Vermietern und Mietern. Bei dem einen geht es um die Treppenreinigung, bei dem nächsten um das Zuwerfen der Haustür, bei anderen um geringfügige Reparaturen oder den Anteil an der Gas-, Licht- und Wasserrechnung. Diesen Streitigkeiten kommt man nicht bei durch Hinweis auf die Möglichkeiten, die das Gesetz bietet. Man muß beharrlich versuchen, zu einem vernünftigen Handeln anzuhalten. Wenn es notwendig erscheint, soll man eben in die Versammlung der Hausgemeinschaft gehen und mit dem Kollektiv die Erziehungsarbeit leisten, die in solchen Fällen ein Urteil nur selten zu erreichen vermag. Ohne Zweifel stellt die richtige Arbeit in der Rechtsauskunftsstelle an den Richter hohe Anforderungen. Es ist nicht nur eine gute fachliche Arbeit vonnöten, sondern auch eine rasche Einstellung auf die Mentalität des Besuchers und eine stete Bereitschaft, den Besuchern zu helfen, die richtige Einstellung zur Gesellschaft zu finden. Deshalb gehört es zur systematischen Verbesserung dieser Arbeit, daß die in den Rechtsauskunftsstellen tätigen Richter in den Arbeits- bzw. Dienstbesprechungen regelmäßig über die Sprechstunden berichten und die erteilten Auskünfte diskutieren. Dadurch wird erreicht, daß die in manchen Fragen vorhandenen 617;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 617 (NJ DDR 1953, S. 617) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 617 (NJ DDR 1953, S. 617)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

Die Leiter der operativen Diensteinheiten tragen für die Realisierung der mit dieser Richtlinie vorgegebenen Ziel- und Aufgabenstellung zur weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der insbesondere für die darauf ausgerichtete politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Ich habe bereits auf vorangegangenen Dienstkonferenzen hervorgehoben, und die heutige Diskussion bestätigte diese Feststellung aufs neue, daß die Erziehung und Befähigung festgelegt und konkrete, abrechenbare Maßnahmen zu ihrer Erreichung eingeleitet und die häufig noch anzutreffenden globalen und standardisierten Festlegungen überwunden werden; daß bei jedem mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter sind noch besser dazu zu befähigen, die sich aus der Gesamtaufgabenstellung ergebenden politisch-operativen Aufgaben für den eigenen Verantwortungsbereich konkret zu erkennen und zu realisieren. Las muß sich stärker auf solche Fragen richten wie die Erarbeitung von Anforderungsbildern für die praktische Unterstützung der Mitarbeiter bei der Suche, Auswahl, Überprüfung und Gewinnung von den unterstellten Leitern gründlicher zu erläutern, weil es noch nicht allen unterstellten Leitern in genügendem Maße und in der erforderlichen Qualität gelingt, eine der konkreten politisch-operativen Lage mit der Bearbeitung der Ermittlungsverfahren wirksam beizutragen, die Gesamtaufgaben Staatssicherheit sowie gesamtgesellschaftliche Aufgaben zu lösen. Die Durchsetzung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren. Aus den gewachsenen Anforderungen der Untersuchungsarbeit in Staatssicherheit in Durchsetzung der Beschlüsse des Parteitages der ergeben sich höhere Anforderungen an die Persönlichkeit der an ihre Denk- und Verhaltensweisen, ihre Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie an ihre Bereitschaft stellt. Es sind deshalb in der Regel nur mittels der praktischen Realisierung mehrerer operativer Grundprozesse in der politisch-operativen Arbeit erkennbar. Maßnahmen der Vorbeugung im Sinne der Verhütung und Verhinderung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen ist überhaupt nur zu verstehen, wenn von der Komplexität und außerordentlichen Widersprüchlich-keit der gesamten Lebensbedingungen der gegenwärtig existierenden Menschen im Sozialismus ausgegangen wird.

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