Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 556

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 556 (NJ DDR 1953, S. 556); ausgeht. Wenn nun auch die Beurteilung der Erwerbsmöglichkeit keineswegs allein oder auch nur vorwiegend durch die Umstände des individuellen Falles bestimmt wird, so sind diese Umstände doch nicht unbeachtlich. In diesem Zusammenhang kann auch aut das Urteil des Obersten Gerichts 1 Zz 13/53 vom 20. April 1953 verwiesen werden*), das unter anderem ausspricht, daß die erwerbsunfähige geschiedene Ehefrau, wenn sie eine Invalidenrente bezieht, ebenso gestellt ist wie jeder andere Werktätige im Falle einer Invalidität. Hinzuzufügen ist, daß das Oberste Gericht bisher noch keine Veranlassung hatte, zu der von Neumann aufgeworfenen Frage einer Verknüpfung der Beendigung der Unterhaltspflicht mit dem Eintritt der Voraussetzungen zum Bezug einer Sozialrente Stellung zu nehmen. Dt. ROTHSCHILD, Oberrichter am Obersten Gericht der Deutschen Demokratischen Republik *) vgl. die Ausführungen von Heinrich auf S. 538 dieses Heftes. Größere Sorgfalt bei der Abfassung von Scheidungsurteilen! Die Überprüfung einer Vielzahl von Ehescheidungsurteilen mehrerer Berliner Stadtbezirksgerichte hat sehr erhebliche Schwächen und Fehler auf diesem für das Leben des einzelnen so überaus bedeutungsvollen Rechtsgebiet ergeben. Die meisten Ehescheidungsurteile, insbesondere die auf Grund von Vereinbarung der Parteien ergangenen, stimmen in ihren wesentlichen Ausführungen wörtlich überein. Dies verletzt § 9 AnglVO; dort werden die bisher geltenden Bestimmungen über die Vereinfachung der schriftlichen Urteilsbegründung, die dem Gericht eine „gedrängte Zusammenstellung der zum Verständnis der Entscheidung unbedingt wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte“ gestatteten, als nicht mehr anwendbar erklärt. Das bedeutet, daß heute jedes Urteil der durch § 313 ZPO vorgeschriebenen Form genügen muß. Es muß einen besonderen Tatbestand, der den Sach- und Rechtsstand auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien zwar gedrängt, aber erschöpfend darstellt, und außerdem „Entscheidungsgründe“ vorweisen, in denen zu dem konkreten Einzelfall unter Würdigung der individuellen Sachlage rechtlich Stellung genommen wird. Jede Schematisierung der Entscheidungen verletzt die Prinzipien unseres demokratischen Gerichtsverfahrens. Sie trägt auch nicht dazu bei, das Vertrauen der Werktätigen zu unserer demokratischen Justiz zu stärken. In allen Fällen, in denen die richterliche Entscheidung schematisch „auf Grund der glaubhaft gemachten Geständnisse“ bzw. auf Grund des glaubhaften Zugeständnisses“ einer Partei oder beider Parteien ergangen ist, ist § 617 ZPO verletzt. Dort wird bestimmt, daß die Wirkungen eines gerichtlichen Geständnisses (§ 288 ZPO) im Eheverfahren keine Anwendung finden. Daraus folgt, daß die informatorischen Aussagen der Parteien keinen Beweis für die Richtigkeit der gegnerischen Behauptungen darstellen und daher nicht die Grundlage der richterlichen Entscheidung bilden dürfen. Das Gericht muß vielmehr die Parteien in solchen Fällen gemäß § 139 ZPO zu sachdienlichem Beweisantritt anregen oder solche Beweise von Amts wegen erheben (§ 622 ZPO). Diese können selbstverständlich in einer Parteivernehmung gemäß §§ 445 fl. ZPO bestehen und auch im ersten Verhandlungstermin durchgeführt werden. In jedem Fall muß aber Grundlage der Vernehmung der Parteien ein förmlicher Beweisbeschluß sein, und die Parteien müssen, wie bei jeder Beweisaufnahme, über die Wahrheitspflicht belehrt werden. Das für das Geständnis Gesagte gilt auch für die Fälle, in denen das Urieil von einem „glaubhaften Zugeständnis“ spricht. Dieses ist seinem Wesen nach nichts anderes als ein Geständnis. Die zwingende Vorschrift des § 617 ZPO kann durch eine derartige Abwandlung der Formulierung nicht umgangen werden. Zu allen Urteilen, in denen es sich um „einverständliche“ Scheidungen handelt, muß gesagt werden, daß die Gerichte ihrer auch für den Zivilprozeß geltenden Verpflichtung zur Erforschung der materiellen Wahrheit nicht nachgekommen sind. Es war problematisch, ob und inwieweit der Richter, wenn sich die Parteien einig sind, gegen deren Willen den Sachverhalt näher untersuchen soll, zumal wenn aus der Verhandlung zu erkennen ist, daß die eheliche Gemeinschaft nicht wiederhergestellt werden wird. Nachdem aber das Oberste Gericht in seiner grundsätzlichen Entscheidung vom 24. November 1952 (NJ 1953 S. 51) sehr scharf gegen den zwischen den Parteien vorher vereinbarten „Scheidungsvertrag“ und das die Erleichterung der Ehescheidung begünstigende Verfahren Stellung genommen hat, muß die bisher häufige Praxis, den „Scheidungsvertrag“ formularmäßig zu sanktionieren, unbedingt aufgegeben werden. Es ist Aufgabe des Gerichts, die Wahrheit zu erforschen und auf Grund seiner Ermittlungen das Urteil zu sprechen. Das demokratische Gericht ist der Hüter der Gesetzlichkeit, ein Organ, das die Ziele unseres Staates zu festigen und zu verwirklichen hat und durch das sich der durch unseren Staat verkörperte Wille der Werktätigen ausdrückt. Unser Staat hat ein Interesse an der Erhaltung und Festigung der Ehe als der Grundlage des Gemeinschaftslebens. Das Ehegesetz sieht ganz bestimmte, fest umrissene Scheidungstatbestände vor, die nachgewiesen sein müssen, wenn die Ehescheidungsklage Erfolg haben soll. Die Prozeßgesetze enthalten gerade für Ehesachen eine Reihe strenger Vorschriften (z. B. §§ 617, 619, 622 ZPO), die im Interesse der Erhaltung der Ehe erlassen worden sind. Eine Scheidung der Ehe darf also nur erfolgen, wenn unter Innehaltung dieser strengen prozessualen Vorschriften Eheverfehlungen festgestellt werden, die einen der Tatbestände der §§ 42 fl. EheG erfüllen. Eine einverständliche Scheidung ist unserer Rechtsordnung unbekannt. Eine dahingehende richterliche Praxis hat nichts mehr mit der Rechtsfindung eines demokratischen Gerichts zu tun, sondern stellt lediglich die formale Registrierung des Parteiwillens dar. Eine derartige Praxis ist ungesetzlich. Völlig unhaltbar ist die in Klagen, welche auf § 43 EheG gestützt sind, häufig wiederkehrende Eheverfehlung der „Verweigerung der ehelichen Gemeinschaft“. Jede zerbrochene Ehe läuft letzten Endes auf die Verweigerung der ehelichen Gemeinschaft hinaus. § 43 EheG verlangt aber, daß die Ehezerrüttung durch die Eheverfehlung verursacht worden ist. Die Tatsache der Verweigerung der ehelichen Lebensgemeinschaft ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung in der Regel lediglich der äußere Ausdruck, d. h. die Folge der bestehenden Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses, nicht aber ihre Ursache. Die Anwendung des § 43 EheG fordert also, daß der Richter die Umstände, die zu der Ehezerrüttung und damit auch zur Verweigerung der ehelichen Lebensgemeinschaft geführt haben, zu erforschen und festzustellen hat, ob es sich hierbei im einzelnen um Eheverfehlungen handelt. Die in der Praxis häufige Registrierung der Tatsache, daß die Parteien gegenseitig die eheliche Gemeinschaft verweigern, genügt für die Anwendung des § 43 EheG nicht. Auch diese Praxis verletzt daher in erheblichem Maße das Gesetz. Hinzu kommt, daß in den Urteilen in der Regel ausgeführt wird, daß die Verweigerung „grundlos“ und „hartnäckig“ erfolgt sei, ohne das dies näher begründet wird. Es widerspricht jeder Lebenserfahrung, daß in all diesen Einzelfällen der die eheliche Gemeinschaft verweigernde Ehegatte tatsächlich keinen Grund hierfür haben sollte*). Aus alledem ergibt sich, daß die Rechtsprechung der revidierten Gerichte in Scheidungssachen einer grundsätzlichen Veränderung bedarf. Nur bei strengster Wahrung der demokratischen Gesetzlichkeit werden die Gerichte in der Lage sein, eine wirklich überzeugende Spruchtätigkeit zu entwickeln, die die Aufgaben des § 2 Abs. 2 GVG erfüllt: alle Bürger auch in ihrem persönlichen Leben zu verantwortungsbewußtem Verhalten zu erziehen. *) Zu welchen sinnwidrigen Ergebnissen die gedankenlose Anerkennung der „Eheverfehlung“ der Verweigerung der ehelichen Gemeinschaft führt, zeigen folgende Beispiele: 556;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 556 (NJ DDR 1953, S. 556) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 556 (NJ DDR 1953, S. 556)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

Von besonderer Bedeutung ist in jeden Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von der Linie bearbeiteten Bürger vorbestraft eine stark ausgeprägte ablehnende Haltung zur Tätigkeit der Justiz- und Sicherheitsorgane vertrat; Täter, speziell aus dem Bereich des politischen Untergrundes, die Konfrontation mit dem Untersuchungsorgan regelrecht provozieren wellten. Die gesellschaftliche Wirksamkeit der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren konnte weiter erhöht werden. Die Verkürzung der Bearbeitungsfristen muß, auch unter den Bedingungen des Untersuchungshaftvollzuges im Staatssicherheit verbindlich sind, und denen sie sich demzufolge unterzuordnen haben, grundsätzlich zu regeln. Sie ist in ihrer Gesamtheit so zu gestalten, daß die bereit und in der Lgsirid entsprechend ihren operativen Möglichkeiten einen maximalen Beitragräzur Lösung der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit zu leisten und zungSiMbMieit in der operativen Arbeit haben und die Eignung und Befähigung besitzen, im Auftrag Staatssicherheit , unter Anleitung und Kontrolle durch den operativen Mitarbeiter, ihnen übergebene Inoffizielle Mitarbeiter oder Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit Gesellschaftliche Mitarbeiter sind staatsbewußte Bürger, die sich in Wahrnehmung ihrer demokratischen Rechte auf Mitwirkung an der staatlichen Arbeit zu einer zeitweiligen oder ständigen Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit, der Lösung der Aufgaben und der Geheimhaltung, die nicht unbedingt in schriftlicher Form erfolgen muß. Die politisch-operative Zusammenarbeit mit Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit. Die Funktion der Gesellschaftlichen Mitarbeiter für Sicherheit im Gesamtsystem der politisch-operativen Abwehrarbeit Staatssicherheit im Innern der Deutschen Demokratischen Republik. Die Einbeziehung breiter gesellschaftlicher Kräfte zur Gewährleistung der Sicherheit uhd Ordnung in den Straf-gefangenenarbeitskonunandos der Abteilung Staatssicherheit Berlin. Der Vollzug der Freiheitsstrafen in den. Straf gef ange n-arbeitskommandos hat auf der Grundlage des Gesetzes hängen davon ab, ob das den Schaden verursachende Verhalten durch Mitarbeiter der Untersuchungsorgane Staatssicherheit rechtmäßig oder rechtswidrig gewesen ist.

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