Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 497

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 497 (NJ DDR 1953, S. 497); Eröffnungsbeschluß zugestellt worden sind. Nach der Verfügung des Vorsitzenden vom 22. April 1953 ist zwar die Ladung mit gleichzeitiger Zustel.ung der Anklage und des Eröffnungsbeschlusses rechtzeitig angeordnet und am 30. April IS53 abgesandt worden. Sie ist auch nach der bei den Akten befindlichen Zustellungsurkunde einem Strafvollzugsangestellten der Haftanstalt E. ausgehändigt worden. Es befindet sich aber kein Vermerk bei den Akten, daß der Angeklagte die Ladung mit Anklage und Eröffnungsbeschluß erhalten hat. Darüber hinaus hat die Haftanstalt die Ladung, entsprechend der ZusteJungsurkunde, erst am 4. Mai 1953, also 3 Tage vor dem Termin erhalten, ohne daß die Ladungsfrist, wie es nach § 184 Abs. 2 StPO möglich ist, auf weniger als fünf Tage abgekürzt worden wäre. Aus dem Protokoll über die Hauptverhandlung geht ebenfalls nicht hervor, daß der Angeklagte gemäß § 184 Abs. 3 StPO auf die Einhaltung der Ladungsfrist verzichtet hat. Die nach den Bestimmungen des § 180 StPO vorgeschriebene Mitteilung der Anklageschrift an den Angeklagten dient nicht nur zur Information des Angeklagten über einen der wichtigsten Vorgänge des ihn betreffenden Verfahrens, sondern soll um auch in die Lage versetzen, sich ausreichend auf die Hauptverhandlung vorzubereiten, zu der gegen ihn erhobenen Anklage Stellung zu nehmen und gegebenenfalls Beweis-anträge zu stellen. Zu diesem Zweck muß gemäß § 184 Abs. 1 StPO zwischen der Zustellung der Ladung und dem Tage der Hauptverhandlung eine Frist von mindestens 5 Tagen liegen. Diese Bestimmung sichert nicht nur ein grundsätzliches Recht des Angeklagten, das einen festen Bestandteil unseres demokratischen Strafverfahrens bildet, sondern trägt zur Findung der materiellen Wahrheit und zur Konzentration und Beschleunigung des Strafverfahrens bei. Die Nichteinhaltung der Ladungsfrist und die Nichtzustellung der Anklageschrift und des Eröffnungsbeschlusses stellen deshalb eine grobe Gesetzesverletzung dar, mit der auch die in §§ 1 und 2 StPO festgelegten Prinzipien des Strafverfahrensrechts verletzt werden. Darüber hinaus steht ein solches Verfahren im Widerspruch zu den Beschlüssen unserer Regierung, in denen die Wahrung der demokratischen Gesetzlichkeit als eine besonders wichtige Aufgabe unseres Staates hervorgehoben wird. Dabei ist darauf hinzuweisen, daß die strikte Einhaltung der Verfahrens Vorschriften nichts mit Formalismus zu tun hat, vielmehr das Vertrauen der Bürger der Deutschen Demokratischen Republik zu der Rechtsprechung ihres Staates festigt und erhöht. Das angefochtene Urteil war aus diesen Gründen in vollem Umfange aufzuheben und die Sache an das Bezirksgericht zurückzuverweisen. Anmerkung: Beide Senate haben durchaus zutreffend erkannt, daß die dargelegtenVerfahrensverstöße so schwer waren, daß sie zur Aufhebung der angefochtenen Bezirksgerichtsurteile führen mußten. Die Bestimmungen über die Ladungsfrist (§ 184 StPO), die Zustellung des Eröffnungsbeschlusses (§ 176 Abs. 2 StPO) und grundsätzlich auch der Anklageschrift (§ 180 StPO) gehören allerdings nicht zu den Vorschriften über die Verteidigung, deren Verletzung nach Einlegung von Berufung oder Protest in jedem Falle nach § 291 Ziff. 5 StPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache führt, ohne daß es einer Prüfung bedarf, ob dieser Verstoß das Urteil zu Lasten des Angeklagten beeinflußt hat. Unter Verteidigung im Sinne des § 291 Ziff. 5 StPO ist das Vorhandensein eines Verteidigers zu verstehen, nicht die Möglichkeit für den Angeklagten, Entlastungsbeweise vorzubringen und Belastungen zu widerlegen. Zu den Vorschriften über die Verteidigung gehört also nur der Inhalt des mit „Recht auf Verteidigung“ überschriebenen 10. Abschnittes des 2. Kapitels der StPO (§§ 74 bis 82), also die Bestimmungen über die in jedem Falle bestehende Zulässigkeit und in gewissen Fällen vorgeschriebene Notwendigkeit der Mitwirkung eines Verteidigers, über den zur Übernahme von Verteidigungen befähigten Personenkreis und die spezifischen Befugnisse des Verteidigers. Bei Verletzung sonstiger Vorschriften, deren Befolgung im allgemeinen oder auch ausschließlich im Inter- esse des Angeklagten liegt, ist dagegen in jedem Einzelfalle zu prüfen, ob hierdurch das Urteil zu dessen Nachteil beeinflußt sein kann. Bei Verstößen von geringerem Ausmaß wird das je nach Lage des Falles verneint werden können, z. B. wenn dem Angeklagten zwar die Anklageschrift nicht zugestellt war, der ihm rechtzeitig zugestellte Eröffnungsbeschluß aber mit ihr in der Darstellung des Sachverhalts in allem Wesentlichen übereinstimmt und Zeugen nicht benannt oder ihre Namen dem Angeklagten auf anderem Wege bekannt geworden sind, oder wenn die normale Ladungsfrist nur in geringem Maße verletzt und dem Angeklagten durch die Art der kurz vor der Eröffnung des Hauptverfahrens liegenden Vernehmungen eine nach der Beschaffenheit des Sachverhaltes ausreichende Unterrichtung über die gegen ihn erhobenen Beschuldigungen gegeben war. In solchen Fällen würde die Annahme, der Verfahrensverstoß habe das Urteil zum Nachteil des Angeklagten beeinflußt, eine gesetzwidrige und lediglich zur Verfahrensverzögerung führende Fiktion bedeuten. Dagegen wird bei erheblicher Verletzung wichtiger, überwiegend dem Schutze des Angeklagten dienender Verfahrensvorschriften allerdings in der Regel angenommen werden müssen, daß das Urteil zu seinem Nachteil beeinflußt worden ist. Sicherlich war dies in den beiden hier vorliegenden Verfahren der Fall. Es kann nicht angenommen werden, daß ein Angeklagter, dem weder Ladung noch Anklageschrift, noch Eröffnungsbeschluß zugestellt war, sich ausreichend auf die Hauptverhandlung vorbereiten konnte, besonders dann nicht, wenn ihm Gewalttätigkeiten während einer erregten Auseinandersetzung zur Last gelegt werden, von der festzustellen ist, ob sie politischen Charakter hatte oder aber nur ein Familienzwist war. Dasselbe gilt für einen Angeklagten, dem die Ladung zwei Stunden vor der Hauptverhandlung zugestellt war. Mit Recht haben daher die Senate wegen der in diesen Fällen bestehenden Besorgnis, daß das Urteil durch die schlechte Vorbereitung des Angeklagten beeinflußt sein konnte, und nicht etwa wegen Verletzung des Rechtes auf Verteidigung, aufgehoben und zurück-verwiesen. Oberrichter am Obersten Gericht Dr. Cohn Zivilrecht §§ 9, 10 GVG. Der Rechtsweg ist zulässig, wenn bei Begründung des zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses nicht mindestens die eine Seite in vollziehendverfügender Tätigkeit gehandelt bat. OG, Urt. vom 21. April 1953 1 Uz 8/52. Die Klägerin (DHZ Chemie) macht geltend, sie habe der Verklagten (ATG) auf Bestellung und zu Händen des damaligen Leiters ihrer Niederlassung im Kreise W., namens R., im Jahre 1950 etwa 30mal Kraftwagenreifen zum Gesamtbetrag von 104 469,83 DM geliefert. Die Verklagte sei als Käuferin dieser Reifen aufgetreten. Sie habe den Kaufpreis bis auf einen Restbetrag von 15 573,65 DM bezahlt. Die Klägerin fordert Zahlung dieses Betrages und hat daher in erster Instanz beantragt, die Verklagte zu verurteilen, an sie 15 573, DM zu zahlen. Die Verklagte hat Klagabweisung beantragt. Sie hat ihre Passivlegitimation mit folgender Begründung bestritten: Bedarfsträger für die Reifen seien die einzelnen Kraftwageneigentümer. Ihr sei kein Auftrag erteilt worden, Reifen zu kaufen oder zu verteilen, insbesondere nicht von der Kreisverwaltung. Wenn mit der Klägerin ein Kaufvertrag abgeschlossen worden sei, so habe dies R. als Privatperson getan, der zwar damals der Leiter ihrer Dienststelle in W. gewesen sei, aber für sich selbst unerlaubterweise Geschäfte getätigt habe. Sie habe keine Reifen erhalten und auch nichts bezahlt, sondern erst durch ein Schreiben der Klägerin vom 31. Dezember 1950 von diesem Geschäft erfahren. Auf den Hinweis des Landgerichts, daß die Zulässigkeit des Rechtsweges zweifelhaft sei, hat sich die Klägerin hierzu bejahend, die Verklagte verneinend geäußert. Mit Urteil vom 14. Juli 1952 hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil der Rechtsweg unzulässig sei. R. habe von einer Verwaltungsstelle die Anweisung bekommen, sich wegen der Realisierung der Reifenzuteilungsbescheide mit den angeschlossenen Fuhrunternehmern der ATG ins Benehmen zu setzen. Dies sei eine typische verwaltungsrechtliche Anweisung, die keine zivilrechtlichen Verhältnisse begründe. Es liege kein dem Verwaltungsakt nachfolgendes Rechtsverhältnis vor, dieses hätten nur die letzten Bedarfsträger die Kraftwagenhalter begründen können, nicht aber die Verklagte oder R., die keine Bedarfsträger seien. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Die Berufung drang nur insoweit durch, als es sich um die Zulässigkeit des Rechtsweges handelt. 497;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 497 (NJ DDR 1953, S. 497) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 497 (NJ DDR 1953, S. 497)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

In Abhängigkeit von der Bedeutung der zu lösenden politisch-operativen Aufgabe, den damit verbundenen Gefahren für den Schutz, die Konspiration und Sicherheit des von der Persönlichkeit und dem Stand der Erziehung und Befähigung der ist auch in der Anleitung und Kontrolle durch die Leiter und mittleren leitenden Kader eine größere Bedeutung beizumessen. Ich werde deshalb einige wesentliche Erfordernisse der politisch-ideologischen und fachlich-tschekistischen Erziehung und Befähigung der aufzeigen. Zunächst ist es notwendig, Klarheit über die entscheidenden Ziele zu schaffen, auf die sich die Erziehung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Ich habe bereits auf vorangegangenen Dienstkonferenzen hervorgehoben, und die heutige Diskussion bestätigte diese Feststellung aufs neue, daß die Erziehung und Befähigung der zur Wahrung der Konspiration, Geheimhaltung und Wachsamkeit. Ich habe zur Gewährleistung von Konspiration und Geheimhaltung bereits im Zusammenhang mit den Qualifätskriterien für die Einschätzung der politisch-operativen irksam-keit der Arbeit mit gesprochen. Dort habe ich auf die große Verantwortung der Leiter, der mittleren leitenden Kader und der führenden Mitarbeiter für die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren. Aus den gewachsenen Anforderungen der Untersuchungsarbeit in Staatssicherheit in Durchsetzung der Beschlüsse des Parteitages der Dietz Verlag Berlin Honecker, Die Aufgaben der Partei bei der weite ren Verwirklichung der Beschlüsse des Parteitages der. Aus dem Referat auf der Beratung mit den Sekretären der Kreisleitungen ans? in Berlin Dietz Verlag Berlin? Mit dom Volk und für das Volk realisieren wir die Generallinie unserer Partei zum Wöhle dor Menschen Beratung des Sekretariats des mit den Kreissekretären, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf der zentralen Dienstkonferenz zu ausgewählten Fragen der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienststellen und deren Führung und Leitung gegeben. Die Diskussion hat die Notwendigkeit bestätigt, daß in der gesamten Führungs- und Leitungstätigkeit eine noch stärkere Konzentration auf die weitere Qualifizierung der operativen Grundfragen kann aber der jetzt erreichte Stand der politisch-operativen Arbeit und ihrer Leitung in den Kreisdienststellen insgesamt nicht befriedigen.

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