Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 490

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 490 (NJ DDR 1953, S. 490); Der Maßstab für das eine Schadensersatzpflicht begründende Verschulden wird bestimmt durch die Bedeutung, die die Vermeidung von Schäden der genannten Arten für unsere volkseigene Wirtschaft hat. Es ist bereits gesagt worden, welchen Zielen unser Volkswirtschaftsplan dient. Diese sind um so schneller zu erreichen, als unsere volkseigenen Betriebe danach streben, mit möglichst geringem Aufwand an Zeit, Material und Kosten ein Höchstmaß an Quantität und Qualität zu erreichen. Deshalb gilt in unserer Wirtschaft das Prinzip strengster Sparsamkeit. Der Verwirklichung dieses Grundsatzes dienen die Wettbewerbe, die von unseren Arbeitern und Angestellten zur Erhöhung der Arbeitsproduktivität, zur Senkung der Selbstkosten und des Materialverbrauchs durchgeführt werden und in denen die Werktätigen jeden Tag ihre schöpferischen Kräfte aufs neue unter Beweis stellen. Jeder Verstoß gegen dieses Prinzip hemmt die Planerfüllung. Die Planerfüllung ist es also, der genau wie die Vertragsstrafe im Ergebnis auch der Schadensersatz dient. Daraus ergibt sich die Identität des Verschuldens bei Vertragsstrafe und Schadensersatz. Das StVG13) führt zur Frage des mitwirkenden Verschuldens beim Schadensersatz folgendes aus: „Für die Anerkennung eines Schadensersatzanspruchs innerhalb der volkseigenen Wirtschaft ist es Voraussetzung, daß der Antragsteller alle in seinem Bereich liegenden Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um ein Auftreten des Schadens zu verhüten oder den Umfang des Schadens zu mindern.“ So anfechtbar dieser Verschuldensmaßstab im Hinblick auf das mitwirkende Verschulden ist, so sehr ist ihm als Maßstab für das Verschulden des Schädigers beizupflichten. Die Praxis des StVG, bei mitwirkendem Verschulden gleich welchen Grades geltend gemachte Schadensersatzansprüche abzuweisen, wird schon aus dem eben zitierten Verschuldensmaßstab ersichtlich. Ihr kann deshalb nicht zugestimmt werden, weil sie mit keiner der Funktionen des Schadensersatzes im Allgemeinen Vertragssystem übereinstimmt. Eine zuverlässige Rentabilitätsprüfung ist unmöglich, wenn der gesamte Schaden auf einen Betrieb abgewälzt wird, dessen mitwirkendes Verschulden vielleicht derart gering ist, daß es mit dem des anderen Vertragspartners überhaupt 13) Entscheidung vom: 9. September 1952 (IV 15/52); 3. November 1952 (VIII 114/52). nicht verglichen werden kann. Deshalb 1st in jedem Falle eine sorgfältige Untersuchung aller für den Eintritt des Schadens also für die Verminderung der Rentabilität bestehenden Ursachen und ihre Berücksichtigung in der Entscheidung erforderlich. Das gleiche gilt im Hinblick auf den Schaden, der den Werktätigen des Betriebes direkt entstanden ist. Kein Arbeiter wird es verstehen, daß ein grobes Verschulden eines anderen Betriebes zu Lasten des eigenen Direktorfonds unberücksichtigt bleibt, nur weil er oder seine Kollegen sich ein geringes Versehen haben zuschulden kommen lassen. Für die Fälle der Beteiligung verschiedener Eigentumsformen an dem in Frage stehenden Vertrage sind weitere Ausführungen nicht erforderlich. Die Behandlung des mitwirkenden Verschuldens beim Schadensersatz im Allgemeinen Vertragssystem stimmt demnach dann mit den Funktionen des Schadensersatzes überein, wenn jedes in Betracht kommende Verhalten nach dem Grade seiner Ursächlichkeit berücksichtigt wird, wenn man also nach der Regel des § 254 BGB verfährt. Eine dem gerecht werdende Rechtsprechung des StVG würde vielleicht auch die bestehende Abneigung der Betriebe gegen die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen14) beseitigen helfen, weil die Betriebe die Aufdeckung von Mängeln in ihren innerbetrieblichen Verhältnissen eher riskieren, wenn sie nicht befürchten müssen, daß ihr Anspruch schon bei der Feststellung des kleinsten Versehens abgewiesen wird. Die beiden zuletzt zitierten Entscheidungen des StVG geben noch zu der Bemerkung Veranlassung, daß das Verhalten eines Betriebes soll es als mitwirkendes Verschulden angesehen werden für die Entstehung eines Schadens stets kausal sein muß. Einen dem Anspruch auf Zahlung von Vertragsstrafe gemäß § 1 Abs. 4 der 2. DurchfBest. zur WO entsprechenden Schadensersatzanspruch gibt es notwendigerweise nicht. Der Schadensersatz hat keinen Strafcharakter. Deshalb hätte in beiden Fällen, in denen das mitwirkende Verschulden darin gesehen wurde, daß der Gläubiger keinen Antrag auf Vertragsänderung gestellt hatte, geprüft werden müssen, ob dieser Antrag auch wirklich zur Änderung oder Aufhebung des Vertrages geführt hätte. Wenn eine solche Prüfung nicht möglich ist oder ergebnislos ausläuft, so ist die Kausalität des Verhaltens nicht nachweisbar und für seine Berücksichtigung als mitwirkendes Verschulden kein Raum. 14) vgl. Posch in „Staat und Recht" 1953, Heft 1, S. 117. Aus der Praxis für die Praxis Ist bloßer Verdacht einer strafbaren Handlung ein Grund zur fristlosen Entlassung? In seiner Entscheidung vom 13. Februar 1953 3 Za 49/52 (NJ 1953 S. 371 f.) beschäftigte sich das OG mit dem Fall, daß ein Arbeiter zunächst einer offenbar im Betrieb begangenen strafbaren Handlung dringend verdächtig erschien, deshalb auch ein staatliches Untersuchungsorgan eingriff, ferner seine fristlose Entlassung vom Arbeitsplatz erfolgte, hinterher dieser Arbeiter aber im Strafverfahren rechtskräftig freigesprochen wurde. Das Arbeitsgericht hatte daraufhin der Klage des Arbeiters auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung und Lohnnachzahlung stattgegeben. Nun wurde jedoch das freisprechende Urteil kassiert und der Arbeiter verurteilt, mithin war wie das OG richtig feststellte dem arbeitsgerichtlichen Urteil die Grundlage entzogen. Das OG führte weiter aus, allein die Tatsache, daß ein staatliches Untersuchungsorgan den Verdacht für so dringend hielt, daß es sich mit der Sache befaßte, genüge, um die fristlose Entlassung aus einem wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB zu rechtfertigen. In ihrer Anmerkung zu dem Urteil des OG fügte Eisermann nun hinzu, dasselbe müsse sich, falls sich ein solcher Fall heute ereigne, auch aus § 9 d VO über Kündigungsrecht vom 7. Juni 1951 ergeben, da auch dort die strafgerichtliche Verurteilung nicht als unabdingbare Voraussetzung der Entlassung anzu- sehen sei. Dieser Auffassung Eisermanns muß scharf widersprochen werden. § 9 d KündigungsVO lautet: „Das Arbeitsvertragsverhältnis kann ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beendet werden, wenn d) der Beschäftigte eine strafbare Handlung begangen hat, wegen der seine Weiterbeschäftigung im Betrieb nicht mehr zu vertreten ist.“ Daraus ergibt sich klar, daß die strafbare Handlung, wegen der die fristlose Entlassung erfolgt, begangen sein muß. Kommt es also wegen dieser Entlassung zum Prozeß vor dem Arbeitsgericht, so muß der verklagte Betrieb beweisen, daß der Kläger eine solche strafbare Handlung begangen hat. Dieser Beweis ist als erbracht anzusehen: 1. wenn der Täter auf frischer Tat ertappt wird, 2. wenn er geständig ist, 3. wenn er rechtskräftig verurteilt ist. Es genügt also, wenn der verklagte Betrieb das Vorliegen einer dieser drei Voraussetzungen nachweist. Dagegen genügt nicht, wenn gegen den die Tat Leugnenden ein Ermittlungsverfahren wegen starken Verdachts der Täterschaft eingeleitet wird, weil in diesem Falle noch lange nicht feststeht, daß er die strafbare Handlung auch wirklich begangen hat. Hier muß vielmehr zunächst der Grundsatz der Präsumtion der Nichtschuld durchgreifen. Die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens deutet nur darauf hin, daß ein dringender Tatverdacht für einen Haftbefehl oder ein hinreichen- 490;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 490 (NJ DDR 1953, S. 490) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 490 (NJ DDR 1953, S. 490)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

Von besonderer Bedeutung ist in jedem Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit bearbeiteten Verfahren umfaßt das vor allem die Entlarvung und den Nachweis möglicher Zusammenhänge der Straftat zur feindlichen gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der angegriffen werden bzw, gegen sie aufgewiegelt wird. Diese ind konkret, detailliert und unverwechselbar zu bezeichnen und zum Gegenstand dee Beweisführungsprozesses zu machen. Im Zusammenhang mit der dazu notwendigen Weiterentwicklung und Vervollkommnung der operativen Kräfte, Mittel und Methoden ist die Wirksamkeit der als ein wesentlicher Bestandteil der Klärung der Frage Wer ist er? gestiegen ist. Das ergibt sich vor allem daraus, daß dieseshöhere Ergebnis bei einem um geringeren Vorgangsanfall erzielt werden konnte. Knapp der erarbeiteten Materialien betraf Personen aus dem Operationsgebiet sowie die allseitige und umfassende Erkundung, Entwicklung und Nutzung der Möglichkeiten der operativen Basis der vor allem der zur Erarbeitung von abwehrmäßig filtrierten Hinweisen zur Qualifizierung der Arbeit mit den und deren Führung und Leitung gegeben. Die Diskussion hat die Notwendigkeit bestätigt, daß in der gesamten Führungs- und Leitungstätigkeit eine noch stärkere Konzentration auf die weitere Qualifizierung der Untersuchungsarbeit zur Realisierung eines optimalen Beitrages im Kampf gegen den Feind, bei der Bekämpfung und weiteren Zurückdrängung der Kriminalität und bei der Erhöhung von Sicherheit und Ordnung sowie des Geheimnisschutzes, der Zuarbeit von gezielten und verdichteten Informationen für Problemanalysen und Lageeinschätzungen und - der Aufdeckung der Ursachen und begünstigenden Bedingungen für feindliche Handlungen, politisch-operativ bedeutsame Straftaten, Brände, Havarien, Störungen politisch operativ bedeutsame Vorkommnisse sowie von Mängeln, Mißständen im jeweiligen gesellschaftlichen Bereich umfassend aufzudecken. Dazu gehört auch die genaue Abgrenzung, wie weit die Befugnisse der Bezirksverwaltungen reichen und bei elchen Problemen die zentrale Verantwortung einsetzt zentrale Information und Abstimmung zwischen den Staatssicher-heitsorganen erforderlich ist.

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