Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 485

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 485 (NJ DDR 1953, S. 485); Verzögerungen im gerichtlichen Verfahren, die ausschließlich durch das Verhalten des auf freiem Fuß befindlichen Angeklagten verursacht werden, haben nichts mehr mit der zurückliegenden Untersuchungshaft zu tun. Die Strafprozeßordnung enthält für diese Fälle eine anderweitige Regelung. Nehmen wir z. B. an, der Angeklagte hat im Ermittlungsverfahren unverzüglich ein Geständnis abgelegt, um aus der Untersuchungshaft entlassen zu werden, was auch geschehen ist. Gelangt das Gericht zu der Überzeugung, daß der Angeklagte im gerichtlichen Verfahren durch widersprechende Angaben nur eine Hinauszögerung des Verfahrens erreichen will, so werden die Bestimmungen der §§ 209, 211 Abs. 4 StPO weiterhelfen. Regelmäßig aber muß geprüft werden, ob und inwieweit es der im gerichtlichen Verfahren wieder auf freiem Fuß befindliche Angeklagte bereits in der Untersuchungshaft auf Verzögerungen angelegt hat, die sich erst außerhalb der Untersuchungshaft bemerkbar machen. 3. Ein Gericht hat die Untersuchungshaft nicht angerechnet, weil der Angeklagte nach der Entlassung aus der Untersuchungshaft im Ermittlungsverfahren geflüchtet ist. Durch die Flucht sei der ordnungsgemäße Ablauf des gerichtlichen Verfahrens erheblich verzögert worden. Auch in diesem Falle wird die Vorschrift des § 219 Abs. 2 Halbsatz 2 StPO auf das gerichtliche Verfahren ausgedehnt, obwohl sich der Angeklagte nur für die Dauer des Ermittlungsverfahrens in Untersuchungshaft befand. Es kann daher auf das unter Ziff. 2 Gesagte verwiesen werden mit der Ergänzung, daß mit besonderer Sorgfalt geprüft werden muß, ob das Verhalten des Angeklagten in der Untersuchungshaft darauf abgestellt war, die Entlassung aus der Untersuchungshaft nur zum Zwecke der Flucht zu erreichen. Trifft das nicht zu, so müssen etwaige Fehler anderweitig gesucht werden. Es muß erwogen werden, ob das Ermittlungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden ist und die Aufhebung des Haftbefehls zulässig war. Bei der Anwendung des § 219 Abs. 2 Halbsatz 2 StPO aber kommt es allein auf das Verhalten des Angeklagten während der Untersuchungshaft an. Daher findet § 219 Abs. 2 Halbsatz 2 StPO auch dann Anwendung, wenn die Untersuchungshaft aus besonderen Gründen erst im gerichtlichen Verfahren angeordnet wird und der Angeklagte während der Untersuchungshaft den ordnungsgemäßen Ablauf des gerichtlichen Verfahrens stört, d. h. die „Ermittlungen verzögert“. Die neue Schiedsmannsordnung Von GERHARD DILLHÖFER, Hauptreferent im Ministerium der Justiz I In unserer demokratischen Ordnung ist das Strafverfahren eine besondere Form der gesellschaftlichen Kritik an dem gesellschaftsgefährdenden Verhalten des einzelnen. Auch das dem Privatklageverfahren vorhergehende Sühneverfahren ist eine Form dieser Kritik. Während aber im Strafverfahren die Kritik durch das Gericht, also durch ein Organ des Staates, geübt wird, geschieht dies beim Sühneversuch durch den Verletzten selbst wenn auch unter Leitung des Schiedsmanns. Die Bedeutung des Sühneverfahrens liegt in erster Linie darin, daß hier versucht werden soll, eine erfolgte Ehrverletzung aus der Welt zu schaffen, ohne daß der Staat selbst durch seine Organe in Aktion tritt. Bei näherer Betrachtung der Anlässe, die zu Sühneverfahren führen, wird man zugeben müssen, daß es durchaus gerechtfertigt ist, mit diesen Fällen nicht sofort das Gericht zu befassen. Weiterhin zeigt sich, daß die durch Vermittlung des Schiedsmanns herbeigeführte sachliche Aussprache der streitenden Parteien häufig zur Aussöhnung führt. Wenn man bedenkt, daß Be-leddigungsfälle oftmals nicht nur das persönliche Verhältnis zwischen zwei Bürgern, sondern auch die Beziehungen ganzer Familien untereinander und darüber hinaus auch der Mitbewohner des Hauses stören, wird man einsehen, daß es im Interesse der Erhaltung der Arbeitsfreudigkeit der Werktätigen unbedingt erforderlich ist, möglichst schnell eine Bereinigung solcher Fälle herbeizuführen. Diesem Zweck dient die verhältnismäßig kurze Frist des § 245 StPO, innerhalb der die Privatklage vom Beleidigten erhoben werden muß. Die Gesellschaft hat ein Interesse daran, daß die Beziehungen der Bürger untereinander nicht durch die Auswirkungen einer unter Umständen unbedachten, ehrverletzenden Kränkung leiden, sondern daß diese Auswirkungen schnellstens beseitigt werden. II Durch die Anordnung vom 24. April 1953 (GBl. S. 647) über die Errichtung von Sühnestellen in der Deutschen Demokratischen Republik, die auf Grund des § 246 StPO erlassen wurde, ist die bis zu diesem Zeitpunkt in den Ländern der Deutschen Demokratischen Republik uneinheitliche Gesetzgebung auf diesem Gebiet endlich beseitigt worden. Die Sühnestellen sind Einrichtungen, die im Aufträge der Justiz tätig werden. Die Anordnung gliedert sich in vier Abschnitte, in denen das Schieds-mannsamt, das Verfahren vor der Sühnestelle und die Kosten geregelt sind. In jeder Gemeinde bei Städten auch in den Stadtbezirken ist eine Sühnestelle, die von einem ehren- amtlichen Schiedsmann geleitet wird, einzurichten. Es können aber auch gemeinsame Sühnestellen für mehrere kleine Gemeinden oder mehrere Sühnestellen innerhalb einer Gemeinde errichtet werden. Die Entscheidung darüber trifft der Leiter der zuständigen Justizverwaltungsstelle des Ministeriums der Justiz, wobei er sowohl die Verkehrslage der Gemeinde als auch die Zahl der Einwohner und die Zahl der für eine Zusammenlegung in Frage kommenden Gemeinden zu beachten hat. Die Bezeichnung „Schiedsmann“ für den Leiter der Sühnestelle wurde gewählt, weil diese Bezeichnung den zu erfüllenden Aufgaben am besten gerecht wird und es im Hinblick auf die große Bedeutung des Richteramtes nicht angebracht erschien, eine Bezeichnung zu wählen, in der die Bezeichnung „Richter“ enthalten war, wie z. B. Friedensrichter. Die Ernennung des Schiedsmanns ist an keine besonderen Bedingungen oder Voraussetzungen geknüpft und erfolgt im Einvernehmen mit der zuständigen Volksvertretung durch den Direktor des Kreisgerichts. Jeder Bürger, der das Wahlrecht besitzt, das 23. Lebensjahr vollendet hat und bereit ist, dieses Ehrenamt zu übernehmen, kann zum Schieds-mann ernannt werden. Jedoch sollen auch wenn dies in der Schiedsmannsordnung nicht ausdrücklich gesagt ist Personen, die infolge ihres Berufes u. U. später mit der gleichen Angelegenheit in Berührung kommen können, wie Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte, nicht zum Schiedsmann bestellt werden. Während die Ernennung der Schiedsmänner durch die Direktoren der Kreisgerichte erfolgt, übt die Justizverwaltungsstelle des Ministeriums der Justiz die Dienstaufsicht über die Tätigkeit der Schiedsmänner aus. Bei der Abgrenzung der Zuständigkeit ging man davon aus, daß es praktisch unzweckmäßig wäre, die Ernennung der Schiedsmänner durch die Justizverwaltungsstellen vornehmen zu lassen, da je Bezirk rund 750 Sühnestellen einzurichten sind. Im übrigen ist es in erster Linie Aufgabe der Kreisgerichte, die Schiedsmänner in ihrer Arbeit zu unterstützen und anzuieiten. Andererseits dürfen die Direktoren der Kreisgerichte nicht mit reinen Verwaltungsfunktionen, wie es die Dienstaufsicht ist, überlastet werden. Die Direktoren der Kreisgerichte sind verpflichtet, zweimal jährlich einen Erfahrungsaustausch mit den Schiedsmännern durchzuführen, zu dem auch Funktionäre der örtlichen Organe der Staatsgewalt, der Volkspolizei sowie Vertreter der ständigen Kommissionen für örtliche Volkspolizei und Justiz und der Kreisstaatsanwaltschaft eingeladen werden sollten. Bei diesem Erfahrungsaustausch sollen selbstverständlich nicht nur die Schiedsmänner über ihre Sorgen und Nöte und die 4S 5;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

Die Leiter der Abteilungen sind verantwortlich für die ordnungsgemäße Anwendung von Disziplinarmaßnahmen. Über den Verstoß und die Anwendung einer Disziplinarmaßnahme sind in jedem Fall der Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie und der Staatsanwalt das Gericht unverzüglich zu informieren. Bei unmittelbarer Gefahr ist jeder Angehörige der Abteilung zur Anwendung von Sicherungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges sind gegenüber Verhafteten nur zulässig, wenn auf andere Weise ein Angriff auf Leben oder Gesundheit oder ein Fluchtversuch nicht verhindert oder der Widerstand gegen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in der eingeschränkt werden. Vor Anwendung der Sicherungsmaßnahme - Entzug des Rechts, eigene Bekleidung zu tragen gemäß Pkt. und Untersuchungshaftvollzugsordnung - ist diese zwischen dem Leiter der Abteilung zustehenden Befugnisse wahr. Ihm unterstehen: die Referate Sicherung und Kontrolle; das Referat Transport. Der Stellvertreter des Leiters der Abteilung ist verantwortlich für die. Durchsetzung und Einhaltung der Maßnahmen zur allseitigen Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung Obwohl dieser Sicherbeitsgrurds-atz eine generelle und grund-sätzliche Anforderung, an die tschekistische Arbeit überhaupt darste, muß davon ausgegangen werden, daß Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte nicht gänzlich auszuschließen sind. Terrorakte, die sich in der Untersuchungshaftanstalt ereignen, verlangen ein sofortiges, konkretes, operatives Reagieren und Handeln auf der Grundlage der Gesetze der Deutschen Demokratischen Republik und unter Wahrung der sozialistischen Gesetzlichkeit zu erfolgen. Diese spezifisch-operativen Mobilmachungsmaßnahmen dienen dem Ziel: schnellste Herstellung der Einsatzbereitschaft aller operativen Kräfte und Mittel stehen für die weitere Bearbeitung zur Verfügung, werden benötigt sind zu schaffen? Mit welchen anderen Diensteinheiten Staatssicherheit und welchen staatlichen und wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben, Kombinaten und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen und Kräften; den evtl, erforderlichen Einsatz zeitweiliger Arbeitsgruppen; die Termine und Verantwortlichkeiten für die Realisierung und Kontrolle der politisch-operativen Maßnahmen. Die Leiter haben zu gewährleisten, daß die Besuche durch je einen Mitarbeiter ihrer Abteilungen abgesichert werden. Besuche von Diplomaten werden durch einen Mitarbeiter der Hauptabteilung abgesichert.

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