Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 482

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 482 (NJ DDR 1953, S. 482); beiden Seiten. Es ist das unbestreitbare Verdienst von Lekschas, daß er die Erkenntnisse des historischen Materialismus in dieser Frage herausstellt und auf die wichtigsten in Frage kommenden Äußerungen von Marx und Engels, von Lenin und Stalin hinweist, wobei auch Hegel in starkem Maße herangezogen wird. Im übrigen stützt sich der Verfasser weitestgehend auf den bekannten sowjetischen Psychologen Kornilow. Damit gibt uns Lekschas eine wertvolle Grundlage für strafrechtliche Untersuchungen und bewahrt uns vor zweierlei Gefahren, denen wir vielleicht alle bis zu einem gewissen Grade unterliegen: auf der einen Seite idealistischen Vorstellungen zu verfallen, eine völlige Unabhängigkeit des Willens anzunehmen und die Kausalität der Handlung zu verkennen; auf der anderen Seite mechanistischen Materialismus zugrunde zu legen und die menschliche Handlung einem physikalisch-chemischen Prozeß gleichzusetzen. Beiden Gefahren werden wir entgehen, wenn wir uns die von Lekschas herausgearbeitete Erkenntnis von Hegel und Engels zu eigen machen, daß die Freiheit des Willens in der Einsicht in die Notwendigkeit besteht oder anders ausgedrückt in der Fähigkeit, mit Sachkenntnis entscheiden zu können. Hier liegt die Wurzel der richtigen Erkenntnis der Handlung von der subjektiven Seite aus. Auch bei der Untersuchung der objektiven Seite der Handlung kommen wir zu wichtigen Erkenntnissen, so vor allem der, daß der Mensch, um das vorgestellte Ziel eine Veränderung der Außenwelt zu verwirklichen, Mittel in Bewegung setzt, sei es,'daß er seine eigenen Organe zweckentsprechend einsetzt, sei es, daß er Handwerkszeug oder Maschinen benutzt, sei es, daß er Vorgänge der Außenwelt in seinen Dienst nimmt. Diese beiden Fragen sind hier herausgegriffen, um die Vorzüge, aber auch die großen Schwächen der Schrift von Lekschas ja, der meisten unserer bisher erschienenen rechtstheoretischen Schriften zu beleuchten. Die Theorie ist nur von Wert, wenn und soweit sie den Praktikern eine Richtschnur für die praktische Tätigkeit gibt, die Theorie muß wenn sie mehr als Professorengeschwätz sein will immer wieder in die Praxis einmünden und an der Praxis gemessen werden. Niemand hat das so vorbildlich getan wie unsere großen marxistischen Lehrmeister in all ihren Schriften. Auch Lekschas hebt die Bedeutung der Verbindung von Theorie und Praxis hervor. Aber er zieht selbst keine Konsequenzen. Er bleibt bei seinen Untersuchungen im Abstrakten, im luftleeren Raum, so daß bei aller Tiefgründigkeit der Untersuchung der praktische Wert der Schrift für den Strafrichter und Staatsanwalt nur gering ist. Es genügt nicht, die Verbindung zur Praxis durch einige mehr oder minder abstrakte Beispiele herzustellen (z. B. die Feststellung S. 15 , es werde niemand Sand für ein Nahrungsmittel halten), sondern es müssen Schlußfolgerungen gezogen werden. Eine leider nicht gezogene Schlußfolgerung aus der oben erwähnten Behandlung der Willensfreiheit als der Einsicht in die Notwendigkeit wäre z. B. die, daß ein Täter nur strafrechtlich verantwortlich ist, wenn und soweit er die Einsicht in die Gesetzmäßigkeit von Natur bzw. Gesellschaft besitzt, d. h., daß den primitiveren Menschen eine geringere strafrechtliche Verantwortung trifft. Und an dieser Stelle wäre es am Platze gewesen, die besonderen Probleme zu beleuchten, denen der heutige Strafrichter in der Deutschen Demokratischen Republik gegenübersteht. Welche Bedeutung hat es, daß wir uns in einer Epoche sprunghafter gesellschaftlicher Entwicklung befinden und in einem Lande, dessen einer Teil den Kapitalismus weitestgehend überwunden hat, während der andere Teil noch völlig im Imperialismus steckt? Auch bei der Darstellung von der Schaffung und Einsetzung der Mittel fehlen die Schlußfolgerungen oder sind zum mindesten nicht genügend entwickelt. Wenn der Mensch zur Verwirklichung seiner Zwecke Mittel in Bewegung setzt, wenn darin der Zweck erste objektive Gestalt annimmt, so folgt daraus, daß hier der Anfang der Ausführung liegt, daß hier der Versuch beginnt. Das hätte ausgesprochen und durch Beispiele verdeutlicht werden müssen. Gewiß, es soll nicht verkannt werden, daß Lekschas die Bedeutung der Mittel auch für den Richter im Strafprozeß andeu- tet: als Beweis für Umfang und Intensität der Zwecksetzung. Dies hätte er aber veranschaulichen und weiter entwickeln müssen. Ein weiterer Mangel der Schrift ist der, daß jene Fragen, die dem Strafrichter in der Praxis die meisten Schwierigkeiten bereiten, jeweils nur in einem einzigen allgemein gehaltenen, für den Praktiker wenig besagenden Absatz behandelt werden. Da ist die Frage der Unterlassungsdelikte. Lekschas begnügt sich damit, ein Untätigwerden als kausal für den Erfolg anzusehen, wenn jemand „einen objektiven Vorgang in seinen Dienst genommen und dadurch ein bestimmtes Ziel verwirklicht hat“ (S. 31). Was heißt das: ohne besonders tätig zu werden, einen objektiven Vorgang in seinen Dienst nehmen? Das von Lekschas zitierte Beispiel für Verursachen durch Unterlassen der Streik der Arbeiter in den kapitalistischen Ländern ist schon deshalb kein glückliches Beispiel, weil ein Streik sich nicht in Nichtarbeiten erschöpft, sondern aktive Handlungen in sich schließt (Aufstellen von Streikposten, Leitung des Streiks, Aufstellung von Parolen, Ausgabe von Streikgeldern usw.). Aber die entscheidende Frage ist doch überhaupt die: wann liegt auf der objektiven Seite ein In-seinen-Dienst-stel-len vor? Muß das nicht durch Handlungen manifestiert werden? Unter welchen Bedingungen genügt ein reines Untätigbleiben? Weiter: Lekschas behandelt auch die viel erörterte Frage nach der Kausalität. Ursache ist sagt er , was gemäß den Gesetzen der objektiven Außenwelt auf das vorgestellte Ziel hinwirkt, und meint dann, daß sich so die bewußt verwirrte Frage nach dem Kausalzusammenhang auf der objektiven Seite der Handlung „in die einfache Frage nach den objektiven Zusammenhängen zwischen den einzelnen Gliedern einer Kausalreihe“ auflöse. Aber so einfach ist diese Frage doch nicht. Der Richter weiß deshalb z. B. noch nicht, ob Verursachung des Todes eines Menschen vorliegt, wenn der Täter diesen angeschossen hat und der Verwundete dann auf der Straße von einem Auto überfahren und erst dadurch zu Tode gekommen ist. Um Mißverständnissen vorzubeugen: von unseren Theoretikern soll nicht verlangt werden, daß sie dem Praktiker Formeln und Definitionen geben, die der Richter nur anzulegen braucht, um jede Frage einwandfrei zu lösen. Aber die Theoretiker sollen den Richtern Hinweise und Anleitungen auch für die Praxis geben, die diese befähigen, sich in der Praxis entsprechend den der demokratischen Justiz gestellten Aufgaben zurechtzufinden. Die Erkenntnis z. B., daß es keine besondere juristische Kausalität gibt und geben kann, ist gewiß von großer Bedeutung, aber hilft doch dem Richter nur wenig bei der Beantwortung der Frage, ob im konkreten Fall Kausalität vorliegt oder nicht, denn die Frage ist doch mit der von Lekschas gegebenen Lösung nur von einem Gebiet auf das andere verschoben. Der Satz, daß es ohne richtige Theorie keine richtige Praxis geben kann, gilt gerade in der heutigen Etappe, wo die Festigung unserer Rechtsordnung und die Stärkung unserei Rechtssicherheit von entscheidender Bedeutung sind, mehr denn je auch für das Gebiet des Rechts. Lekschas hat hier in einer wichtigen Frage eine Grundlage gegeben, auf der weiter aufgebaut werden kann, aber auch aufgebaut werden muß. Die Handlung nach der objektiven wie nach der subjektiven Seite hin unterliegt objektiven Gesetzen, zu deren Aufdeckung Lekschas beigetragen hat. Nach der subjektiven Seite wurzelt die Handlung in dem erkannten Bedürfnis, das die Herausbildung von bewußten Beweggründen von Motiven zur Folge hat, die schließlich zu einem Tätigwerden in bestimmter Richtung drängen; es folgt das Stadium der Zwecksetzung, in dem der Mensch die Befriedigung seiner Bedürfnisse durch Einwirkung auf ein bestimmtes Objekt der Außenwelt erstrebt. Hier liegen wichtige Anhaltspunkte für weitere nutzbringende Forschung, ist doch wie Lekschas auch hervorhebt die Beschaffenheit der konkret vom Menschen gesetzten Zwecke abhängig von den bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen, in denen der Mensch lebt. Diese zu erforschen, ist mithin auch eine wichtige Aufgabe des Richters, will er der Handlung des Täters gerecht werden. Schließlich untersucht Lekschas, wie die Zwecksetzung in eine objektive Bewegung umschlägt, wie der Mensch Mittel in Bewegung setzt und schließ- 482;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 482 (NJ DDR 1953, S. 482) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 482 (NJ DDR 1953, S. 482)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

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