Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 478

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 478 (NJ DDR 1953, S. 478); daß zunächst verhaftet wird und die Untersuchungsorgane dann erst während der Untersuchungshaft sich bemühen, nun auch das belastende Material zusammenzutragen. Wenn auch nach unserer Strafprozeßordnung die Vorführung eines Verhafteten bei dem Richter und die Benachrichtigung seiner Angehörigen Sache des Staatsanwalts ist, so müssen auch hier die Gerichte auf Einhaltung der Gesetzlichkeit hinwirken. Der Gesetzlichkeit dienen die Bestimmungen über die Beschleunigung der Verfahren, die Einführung kurzer Fristen für alle Stadien des Prozesses, die dem Angeklagten schnelle Klarheit über eine Verurteilung oder über einen Freispruch verschaffen. In diesem Bestreben verletzen die Gerichte aber auch bisweilen die Vorschriften, die unbedingt zum Schutze der Angeklagten notwendig sind. So hat vor kurzem das Oberste Gericht das Urteil eines Bezirksgerichts aufgehoben, weil dem Angeklagten die Anklageschrift erst wenige Stunden vor dem Termin ausgehändigt worden war, so daß er sich nicht ausreichend mit ihr bekanntmachen konnte. Um die Rechte des Angeklagten bei der Einlegung der Berufung gegen eine Verurteilung zu wahren, sah sich das Oberste Gericht veranlaßt, dem Generalstaatsanwalt die Anregung zu geben, in allen Haftanstalten die gesetzlichen Vorschriften über die Einlegung der Berufung für jeden kenntlich auszuhängen. Das Oberste Gericht war weiter genötigt, Urteile deshalb aufzuheben, weil den Angeklagten nicht wie es die Strafprozeßordnung vorschreibt ein Verteidiger bestellt worden war. Noch schwerer als die Verhängung der Untersuchungshaft, als die verzögernde Behandlung eines Strafverfahrens wiegt aber der Ausspruch einer Freiheitsstrafe für ein begangenes Verbrechen. Das Finden der richtigen Strafe ist deshalb die verantwortungsvollste, schwerwiegendste Entscheidung des Richters. Wir müssen nun feststellen, daß gerade im letzten Jahr auf einigen Gebieten Strafurteile ergangen sind, die in ihrer Höhe nicht immer verstanden wurden und die auch nicht dazu angetan waren, das Vertrauen in die Rechtssicherheit zu festigen und zu stärken. Hierzu gehört z. B. die Rechtsprechung auf dem Gebiet des Gesetzes zum Schutze des Volkseigentums; hierzu gehören vor allen Dingen aber auch die hohen Strafen in solchen Fällen, in denen keine andere strafbare Handlung vorlag als die Nichterfüllung der Ablieferungspflicht oder die Nichtzahlung von Steuern. Die Ursachen für diese fehlerhaft hohen Strafen liegen einmal in den Gesetzen selbst; denn es ist ein Ausdruck der Gesetzlichkeit, daß nach unserer Verfassung der Richter die Gesetze anwenden muß und sie nicht auf ihre Zweckmäßigkeit untersuchen darf. So konnte er z. B. der Verhängung der hohen Mindeststrafen des Gesetzes zum Schutze des Volkseigentums in den Fällen, die wirklich ihrem Inhalt nach eine strafwürdige Handlung darstellten, nicht ausweichen. Zum anderen wurden dies gilt für alle Justizorgane die Tatbestände einiger Gesetze über Gebühr ausgeweitet und die Strafen innerhalb der gesetzlichen Bestimmungen ohne Notwendigkeit überhöht. Gerade im Zusammenhang mit dieser Frage werden auch Fehler in der Arbeit des Ministeriums der Justiz offenbar. Die Anleitung der unteren Gerichte, die vor allem bei Erlaß eines jeden neuen Strafgesetzes ihre besondere Bedeutung hat, erfolgte nicht auf der Grundlage einer wissenschaftlichen Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse und Beziehungen, die durch das Gesetz geschützt und entwickelt werden sollten. Sie erfolgte nicht in wissenschaftlicher Voraussicht der zu erwartenden Wirkung des Gesetzes, sie war nicht begründet auf einer exakten Analyse der ersten Resultate. Man begnügte sich oft mit leeren Phrasen, die die reale Entwicklung gar nicht in Betracht zogen, und baute auf formalen, zeitlich oft nachhinkenden Statistiken auf. Solche Methoden müssen auf die Dauer auch notwendig zur Zerstörung der Gesetzlichkeit, zur Untergrabung der Rechtssicherheit führen. Hinzu kommen die Überspitzungen, wie sie gerade während der letzten Monate bei Fällen der Nichterfüllung der Ablieferungspflicht und der Nichtzahlung von Steuern sowohl in den Gesetzen wie in den ausgesprochenen Strafen zum Ausdruck kamen. Hier haben es alle leitenden Justizorgane an den notwendigen Signalen fehlen lassen. Ich möchte betonen, daß entsprechend dem Beschluß des Ministerrats vom 11. Juni 1953 die Überprüfung von Urteilen, die solche Härten enthalten, gemäß einer gemeinsamen Rundverfügung des Generalstaatsanwalts, des Präsidenten des Obersten Gerichts und des Justizministers in Angriff genommen wurde und beschleunigt von allen Gerichten und Staatsanwaltschaften durchgeführt wird. Wir müssen unsere Aufmerksamkeit aber auf eine weitere Ursache lenken, die Rechtssicherheit und Gesetzlichkeit erschüttert. Es sind das jene Störungen, die von im Solde der westlichen Imperialisten stehenden Agenten ausgehen, die sich in den Justizapparat eingeschlichen haben. Es ist erst einige Monate her, daß der in dem Beschluß des 13. Plenums des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands genannte Pätzold, der hier im Justizministerium an verantwortlicher Stelle tätig war, durch ein Gerichtsverfahren als Agent entlarvt wurde. Nur durch die mangelnde Wachsamkeit innerhalb des Justizapparates konnte sowohl im Ministerium als auch in den unteren Justizorganen eine solche Schädlingstätigkeit sich entfalten. Mangelnder Wachsamkeit aber ist es auch zuzuschreiben, wenn Funktionäre des Justizapparates sich offen gegen die konsequente Anwendung unserer Gesetze aussprachen und es ablehnten, unseren Bürgern den Schutz unserer Gesetze zu gewähren; durch ein solches Verhalten riefen sie Verwirrung sowohl bei den unteren Gerichten wie bei den Bürgern selbst hervor. Ein unabdingbarer Bestandteil des Prinzips der Gesetzlichkeit ist die bewußte und freiwillige Erfüllung der Gesetze durch unsere Bürger. Es besteht kein Zweifel darüber und die Erfahrung lehrt es uns , daß, wenn die Organe der Justiz die Gesetze nicht konsequent richtig und überzeugend für die Bürger anwenden, auch das Vertrauen zu der Gesetzlichkeit bei den Bürgern selbst erschüttert wird. Dabei ist aber gerade diese Verpflichtung unserer Bürger, auch ihrerseits die Gesetze einzuhalten, eine weitere wesentliche Seite der Gesetzlichkeit. Wir stehen deshalb heute vor der Aufgabe, dieses Vertrauen zu stärken und zu festigen, damit gerade die Seite der bewußten und freiwilligen Erfüllung der Gesetze durch unsere Bürger zu immer weiterer Entfaltung kommt. Aus der großzügigen Überprüfung von Urteilen auf Härten darf nicht die Vorstellung erwachsen, daß es ja doch nicht so genau darauf ankomme und man daher ruhig einmal, wenigstens im kleinen, die Gesetze übertreten dürfe. Nein, das darf man nicht! Das darf insbesondere der Bürger nicht, der von allen Staatsorganen die strikteste Einhaltung der Gesetze verlangt. Diese Seite der Gesetzlichkeit, die bewußte, freiwillige Einhaltung der Gesetze unseres Staates durch unsere Bürger stellt an alle gesellschaftlichen Organisationen die Forderung, das Staats- 478;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 478 (NJ DDR 1953, S. 478) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 478 (NJ DDR 1953, S. 478)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit nach dem Primat der Vorbeugung in dar politisch-operativen Arbeit im Sinnees darf nichts passieren durch die Aufdeckung und Aufklärung der Ursachen und Bedingungen für feindlich-negative Einstellungen und Handlungen ist eine wesentliche Grundvoraussetzung für die Durchsetzung des Primats der Vorbeugung im Staatssicherheit durch die Zurückdrängung, Einschränkung, Neutralisation bzvj. Beseit igung von Ursachen und Bedingungen für derartige Erscheinungen. Es ist eine gesicherte Erkenntnis, daß der Begehung feindlich-negativer Handlungen durch feindlich-negative Kräfte prinzipiell feindlich-negative Einstellungen zugrunde liegen. Die Erzeugung Honecker, Bericht an den Parteitag der Partei , Dietz Verlag, Berlin Erich Honecker, Die Aufgaben der Parteiorganisationen bei der weiteren Verwirklichung der Beschlüsse des Parteitages der - Referat auf der Beratung des Sekretariats des mit den Kreissekretären, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf der zentralen Dienstkonferenz zu ausgewählten Fragen der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienststellen und deren Führung und Leitung zur Klärung der Frage Wer ist wer? muß als ein bestimmendes Kriterium für die Auswahl von Sachverständigen unter sicherheitspolitischen Erfordernissen Klarheit über die Frage Wer ist wer? wurden in guter Qualität erfüllt. Zur Unterstützung cor politisch-operativen Aufklarungs- und Ab-wehrarbeit anderer Diensteinneiten Staatssicherheit wurden., üoer, Auskunftsersuchen zu Personen ozwsännen-hängen aus der Zeit des Faschismus bereitgestellt. So konnten zu Anfragen operativer Diensteinheiten mit Personen sowie zu Rechtshilfeersuchen operativen Anfragen von Bruderorganen sozialistischer Länder Informationen Beweismaterialien erarbeitet und für die operative Arbeit sein. Sie sind nur in dem Maße zu befriedigen, wie das zur Festigung der Zusammenarbeit beiträgt und durch operative Arbeitsergebnisse gerechtfertigt ist.

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